Anmer­kung zu: OLG Ros­tock, Beschluss vom 03.05.2017, Az: 4 U 110/15

Nach Abnah­me tre­ten an dem vom AN errich­te­ten Schwimm­be­cken in einer Hotel­an­la­ge Ris­se auf. Außer­dem kann der AN die bau­auf­sichts­recht­li­che Zulas­sung für das Becken nicht beibringen.

Nach frucht­lo­sem Frist­ab­lauf lässt das Hotel von einem ande­ren Unter­neh­mer ein neu­es Schwimm­be­cken instal­lie­ren. Die damit ver­bun­de­nen Kos­ten klagt das Hotel beim AN ein. Der AN ver­tei­digt sich damit, dass die Ris­se nicht durch sei­ne Leis­tun­gen ver­ur­sacht wor­den, son­dern viel­mehr auf eine nicht hin­rei­chend trag­fä­hi­ge Fun­da­ment­plat­te zurück­zu­füh­ren sei­en, die ein ande­res Unter­neh­men aus­ge­führt hat. Die feh­len­de bau­auf­sichts­recht­li­che Zulas­sung hält der AN für unschäd­lich, da die­se die Ris­se nicht ver­ur­sacht habe.

Der AN verliert!

Ob die Ris­se auf die Fun­da­ment­plat­te zurück­zu­füh­ren sind, kann offen­blei­ben. Die vom AN erbrach­ten Leis­tun­gen sind auch dann man­gel­haft, wenn die Ris­se auf die Beschaf­fen­heit der Vor­leis­tung eines ande­ren Unter­neh­mers zurück­zu­füh­ren sind. Das gilt sowohl nach VOB/B als auch im BGB-Werk­ver­trag. Auch das Feh­len einer bau­auf­sichts­recht­li­chen Zulas­sung begrün­det einen Bau­man­gel. Ein Mit­ver­schul­den des Bau­herrn kommt nur in Fra­ge, wenn die­ser den rele­van­ten Feh­ler bei einer lai­en­haf­ten Bewer­tung erken­nen konn­te oder musste.

Hin­weis:

Das OLG folgt der vom BGH ent­wi­ckel­ten stren­gen Linie. Danach ist ein Werk immer man­gel­haft, wenn es ent­we­der die ver­ein­bar­te oder die nach Ver­trag still­schwei­gend vor­aus­ge­setz­te Funk­ti­on nicht erfüllt. Der AN haf­tet auch, wenn der Man­gel auf die Beschaf­fen­heit der Vor­leis­tung eines ande­ren Unter­neh­mers zurück­zu­füh­ren ist. Ledig­lich für frem­de Man­gel­ur­sa­chen, die auch ein kun­di­ger und sorg­fäl­ti­ger Unter­neh­mer nicht erken­nen kann, wird nicht gehaf­tet. Das hat das OLG hier nicht geprüft, da es vom AN nicht gel­tend gemacht wurde.

 

Anmer­kung zu: OLG Frank­furt, Urteil vom 28.04.2017, Az: 29 U 166/16

Der Auf­trag­ge­ber (AG) beauf­tragt den Auf­trag­neh­mer (AN) mit der Aus­füh­rung von Flie­sen­ar­bei­ten auf der Grund­la­ge eines VOB/B‑Bauvertrages. Gemäß den Beson­de­ren Ver­trags­be­din­gun­gen (BVB) des AG ist die­ser zur Fest­le­gung des Aus­füh­rungs­be­gin­nes befugt. Der Ver­trag wur­de am 22.04.2013/29.04.2013 unter­zeich­net. Nach­dem der AG die Arbei­ten des AN nicht abge­ru­fen hat­te, kün­dig­te der AN den Bau­ver­trag am 05.08.2013. Dar­auf­hin for­der­te der AG den AN auf, bis 08.08.2013 zu erklä­ren, dass er den Ver­trag erfül­len wird. Der AN wies dies am 07.08.2013 zurück. Der AG kün­dig­te sei­ner­seits am 08.08.2013. Der AG ver­langt vom AN schließ­lich Vor­schuss für Fertigstellungsmehrkosten.

Mit Erfolg!

Die Kün­di­gung des AN war unwirk­sam und lös­te für den AG einen wich­ti­gen Kün­di­gungs­grund aus. Der AN hat­te vor Ablauf der 3‑Monatsfrist des § 6 Abs. 7 VOB/B gekün­digt. Der AG durf­te nach sei­nen BVB den Leis­tungs­be­ginn nach bil­li­gem Ermes­sen bestimmen.

Die Rege­lung in den BVB hat den AN auch nicht gemäß § 307 BGB unan­ge­mes­sen benach­tei­ligt. Im Ver­trag war als vor­aus­sicht­li­cher Zeit­punkt der Leis­tungs­auf-for­de­rung April/Mai 2013 genannt.

Auch unter Berück­sich­ti­gung des Auf­trags­vo­lu­mens (Errich­tung von drei Mehr­fa­mi­li­en­häu­sern) stand dem AN im vor­lie­gen­den Fall ein wei­te­rer Dis­po­si­ti­ons­zeit­raum von drei Mona­ten ab Ende Mai zum Leis­tungs­a­bruf zur Ver­fü­gung. Der AG befand sich mit­hin auch nicht in Ver­zug. Inso­fern greift auch die Rege­lung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B nicht. Da der AN sich am 07.08.2013 aus­drück­lich wei­ger­te, sei­ne Leis­tung zu erbrin­gen, war die Kün­di­gung des AG rechtmäßig.

Pro­ble­ma­tisch im vor­lie­gen­den Fall war die Ent­schei­dung des Beru­fungs­ge­rich­tes hin­sicht­lich des zuer­kann­ten Vor­schuss­an­spru­ches betref­fend die Fer­tig­stel­lungs-mehr­kos­ten. Zu einem der­ar­ti­gen Anspruch hat sich der BGH bis­lang nicht positioniert.

Hin­sicht­lich der Ver­wen­dung vor­for­mu­lier­ter Rege­lun­gen zur ein­sei­ti­gen Bestim-mung des Leis­tungs­be­ginns wird den­noch zur Vor­sicht gera­ten. Ent­schei­dend ist jeweils die kon­kre­te Aus­ge­stal­tung des Ein­zel­fal­les – gera­de auch im Hin­blick auf das Auftragsvolumen.

Anmer­kung zu: OLG Dres­den, Urteil vom 27.04.2017, Az: 10 U 881/14

Der Auf­trag­neh­mer (AN) ist mit Ver­klin­ke­rungs- und Ver­fu­gungs­ar­bei­ten beauf­tragt wor­den. Er ver­langt eine zusätz­li­che Ver­gü­tung für das Aus­füh­ren von Anschluss­fu­gen mit einer Mehr­stär­ke bis 30 mm. Laut LV ist ledig­lich das Abdich­ten von Anschluss­fu­gen mit einer Brei­te von max. 10 – 20 mm vor­ge­se­hen. Der Auf­trag­ge­ber (AG) ver­wei­gert die Zah­lung der zusätz­li­chen Ver­gü­tung mit der Begrün­dung, der AN habe den Anspruch auf Zusatz­ver­gü­tung nicht vor Beginn der Arbei­ten angekündigt.

Das OLG spricht dem AN die zusätz­li­che Ver­gü­tung aus­nahms­wei­se zu. Die Ankün­di­gung nach § 2 Abs. 6 Nr. 1 S. 2 VOB/B ist aus­nahms­wei­se ent­behr­lich, wenn sie im kon­kre­ten Fall für den Schutz des Auf­trag­ge­bers nicht erfor­der­lich und daher ohne Funk­ti­on war. Für den AG war ohne Wei­te­res ersicht­lich, dass das Abdich­ten von Anschluss­fu­gen mit einer Fugen­brei­te von mehr als 20 mm zwangs­läu­fig erfor­der­lich ist.

Hin­weis:

Bei ange­ord­ne­ten Zusatz­leis­tun­gen (§ 1 Abs. 4 i.V.m. § 2 Abs. 6 VOB/B ist eine Ankün­di­gung des Ver­gü­tungs­an­spruchs erfor­der­lich. Bei einer Ände­rung des Bau­ent­wurfs (§ 1 Abs. 3 VOB/B) folgt der Anspruch auf Preis­an­pas­sung auto­ma­tisch aus § 2 Abs. 5 VOB/B.

Nach wel­chen Kri­te­ri­en die Unter­schei­dung zu erfol­gen hat, ist umstrit­ten. Nach Ansicht des BGH sind nicht ver­ein­bar­te Leis­tun­gen i.S.v. § 1 Abs. 4 S. 1 VOB/B zur Errich­tung eines funk­ti­ons­taug­li­chen und zweck­ent­spre­chen­den Wer­kes erfor­der­li­che, aber nicht in der Leis­tungs­be­schrei­bung ent­hal­te­ne Leistungen.

Der AN soll­te, damit sein Anspruch nicht an For­ma­li­en schei­tert, einen Anspruch auf Mehr­ver­gü­tung immer ankün­di­gen und zwar unab­hän­gig davon, ob die­ser auf einer geän­der­ten oder einer zusätz­li­chen Leis­tung beruht. Zudem soll­te die Ankün­di­gung einen Hin­weis auf mög­li­che Bau­zeit­ver­län­ge­rungs­an­sprü­che enthalten.

Die Ankün­di­gung nach § 2 Abs. 6 Nr. 1 VOB/B ist ech­te Tat­be­stands­vor­aus­set­zung für den beson­de­ren Vergütungsanspruch.

Anmer­kung zu: OLG Düs­sel­dorf, Urteil vom 24.10.2014 – 22 U 2/12 BGH, Beschluss vom 20.04.2017 – VII ZR 288/14

Ein Inves­tor lässt sich von einem Archi­tek­ten auf­grund eines münd­li­chen Auf­tra­ges beim Bau eines Ein­kaufs­zen­trums unter­stüt­zen. Im Zusam­men­hang mit der Rech­nungs­prü­fung erhielt der Archi­tekt Kennt­nis davon, dass der Tief­bau­er einen Erd­aus­tausch vor­nahm und Stahl­werk­schla­cke als Boden­grund für Gebäu­de und Park­flä­che ein­brach­te. Mehr als 5 Jah­re nach Abnah­me de Bau­leis­tung stell­te sich her­aus, dass die ein­ge­bau­te Schla­cke nicht hin­rei­chend raum­be­stän­dig war, was zu einer Auf­wöl­bung des Park­plat­zes und zu Längs­ris­sen im Gebäu­de führ­te. Der Inves­tor nimmt u.a. den Archi­tek­ten auf Scha­dens­er­satz in Anspruch. Die­ser wen­det ein, dass er nicht mit der Bau­über­wa­chung beauf­tragt war. Außer­dem sei ein Anspruch gegen ihn verjährt. 

Der Archi­tekt wehrt sich ohne Erfolg!

Zwar besteht kei­ne Hin­weis­pflicht auf dro­hen­de Schä­den für einen Archi­tek­ten, der nicht umfas­send mit Bau­pla­nung oder Bau­lei­tung des betref­fen­den Gewerks befasst ist. In beson­de­ren Aus­nah­me­fäl­len kann sich jedoch aus Treu und Glau­ben den­noch eine sol­che Ver­pflich­tung erge­ben. Eine der­ar­ti­ge Auf­klä­rungs­pflicht besteht dann, wenn ein unkun­di­ger Ver­trags­part­ner der Gefahr aus­ge­setzt ist, Umstän­de nicht zu erken­nen, die geeig­net sind, die Bau­durch­füh­rung ins­ge­samt zu ver­ei­teln. Die Schla­cke hät­te auf­grund ihres Quell­po­ten­ti­als nicht als Unter­grund ein­ge­setzt wer­den dür­fen. Für den Park­platz hät­te sie nur nach umfas­sen­den Qua­li­täts­si­che­rungs­maß­nah­men ver­wen­det wer­den dür­fen. Die vom Archi­tek­ten geprüf­te Abrech­nung ent­hält weder text­lich, noch abrech­nungs­tech­nisch einen Hin­weis, dass eine bau­tech­ni­sche Prü­fung vor Ein­bau durch­ge­führt wor­den war. Damit war es dem rei­nen Zufall über­las­sen, ob das Werk dau­er­haft Bestand haben wird.

Auch wenn der Archi­tekt nur abrech­nungs­tech­nisch mit der Sache befasst war, muss­te der Archi­tekt den Inves­tor auf das Risi­ko hin­wei­sen. Das OLG hat in dem unter­las­se­nen Hin­weis auch Arg­list gese­hen, sodass die Ansprü­che des AG inner­halb der regel­mä­ßi­gen Ver­jäh­rungs­frist des § 195 BGB (3 Jah­re) ver­jäh­ren. Aller­dings beginnt die regel­mä­ßi­ge Ver­jäh­rungs­frist erst mit Anspruchs­ent­ste­hung und Kennt­nis des Mangels.

 

Anmer­kung zu: OLG Mün­chen, Urteil vom 27.04.2016, Az: 28 U 4738/13 Bau BGH, Beschluss vom 20.04.2017, Az: VII ZR 141/16 (Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de wur­de zurückgewiesen)

Der Auf­trag­neh­mer (AN) und der Auf­trag­ge­ber (AG) ver­ein­ba­ren in einem VOB/B‑Bauvertrag, dass Stun­den­lohn­ar­bei­ten nur auf beson­de­re schrift­li­che Anord­nung der Bau­lei­tung aus­ge­führt wer­den dür­fen. Nach münd­li­cher Beauf­tra­gung durch die Bau­lei­tung führt der AN Stun­den­lohn­ar­bei­ten aus. Er ver­langt hier­für Ver­gü­tung in nicht uner­heb­li­chem Umfang. Der AG zahlt nicht. Die Arbei­ten sei­en nicht schrift­lich ange­ord­net wor­den. Der AN erhebt Kla­ge. Das Land­ge­richt weist die­se ab. Der AN legt hier­ge­gen Beru­fung ein. 

Mit teil­wei­sem Erfolg!

Das Beru­fungs­ge­richt ver­ur­teilt den AG zur Zah­lung von min­des­tens 16.000,00 €. Das zwi­schen den Par­tei­en ver­ein­bar­te Schrift­form­erfor­der­nis für die schrift­li­che  Anord­nung der Aus­füh­rung von Stun­den­lohn­ar­bei­ten bleibt nicht unwirk­sam. Der AN ist durch das ver­ein­bar­te Schrift­form­erfor­der­nis nicht unan­ge­mes­sen benach­tei­ligt. Eine Ver­gü­tung nach Stun­den­lohn stellt im Ver­gü­tungs­sys­tem der VOB/B eine Aus­nah­me dar. Der AN trägt die Beweis­last dafür, dass eine sol­che Stun­den­lohn­ab­re­de getrof­fen wur­de. Des­halb benach­tei­ligt ihn das ver­ein­bar­te Schrift­form­erfor­der­nis nicht unan­ge­mes­sen. Im vor­lie­gen­den Fall war maß­geb­lich, dass das ver­ein­bar­te Schrift­form­erfor­der­nis Ansprü­che des AN aus § 2 Abs. 8 VOB/B oder §§ 677 ff. BGB nicht ausschloss.

Das Beru­fungs­ge­richt ver­ur­teil­te den AN zur Ver­gü­tung der aus­ge­führ­ten Leis­tun­gen, die tech­nisch not­wen­dig waren und zieht hier­für die Anspruchs-grund­la­ge des § 2 Abs. 8 VOB/B bzw. §§ 677 ff. BGB heran. 

Das Beru­fungs­ge­richt hat hin­sicht­lich der Höhe der Ver­gü­tung auf die Auf­trags­kal­ku­la­ti­on abge­stellt. Dies wider­spricht der Recht­spre­chung des BGH, wonach für die Aus­füh­rung auf­trags­los erbrach­ter, aber tech­nisch not­wen­di­ger Leis­tun­gen die übli­che Ver­gü­tung ver­langt wer­den kann, sofern die­se wie­der­um nicht über den Ver­trags­prei­sen liegt. 

§ 2 Abs. 10 VOB/B, wonach Stun­den­lohn­ar­bei­ten nur ver­gü­tet wer­den, wenn sie als sol­che vor ihrem Beginn aus­drück­lich ver­ein­bart wor­den sind, sieht jedoch das hier durch All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen gere­gel­te Schrift­form­erfor­der­nis für die­se Anord­nung nicht vor. Zu emp­feh­len aus Beweis­grün­den ist jedoch auch im Rah­men der Anwen­dung des § 2 Abs. 10 VOB/B das Bestehen auf einer schrift­li­chen Anord­nung vor Ableis­tung der Stundenlohnarbeiten.

 

Anmer­kung zu: BGH, Urteil vom 20.04.2017, Az. VII ZR 194/13

Der AN wird im Rah­men einer öffent­li­chen Aus­schrei­bung unter Ein­be­zie­hung der VOB/B mit der Errich­tung einer Auto­bahn­brü­cke beauf­tragt. Die Leis­tung soll spä­tes­tens am 15.05.2010 voll­endet sein. Im Janu­ar und Febru­ar 2010 gibt es eine lan­ge Win­ter­pe­ri­ode mit Frost und Schnee, die deut­lich über den Durch­schnitts­wer­ten der ver­gan­ge­nen 30 Jah­re liegt. Der AN stellt des­halb sei­ne Arbei­ten ein und nimmt sie erst am 08.03.2010 wie­der auf. Ein Nach­trags­an­ge­bot, mit dem der AN zusätz­li­che Kos­ten für Bau­stel­len­ein­rich­tung, Bau­stel­len­ge­mein­kos­ten, Per­so­nal sowie Unter­de­ckung der All­ge­mei­nen Geschäfts­kos­ten gel­tend macht, lehnt der AG ab.

Der AN ver­liert in allen drei Instan­zen. Es liegt kei­ne Anord­nung des AG vor, wes­halb ein Mehr­ver­gü­tungs­an­spruch nicht aus § 2 Abs. 5 oder 6 VOB/B abge­lei­tet wer­den kann. Ein Anspruch auf Ent­schä­di­gung nach § 642 BGB schei­det eben­falls aus. Nach die­ser Vor­schrift kann der AN eine Ent­schä­di­gung ver­lan­gen, wenn der AG eine ihm oblie­gen­de Mit­wir­kungs­hand­lung unter­lässt und hier­durch in Ver­zug der Annah­me gerät. Dem zu Grun­de lie­gen­den Ver­trag kann nicht ent­nom­men wer­den, dass es dem AG oblag, Ein­wir­kun­gen in Form von Frost, Eis oder Schnee abzu­weh­ren. Eine dar­über hin­aus­ge­hen­de all­ge­mei­ne Risi­ko­zu-wei­sung zu Las­ten des AG für außer­ge­wöhn­lich ungüns­ti­ge Wit­te­rungs­ein­flüs­se, mit denen nicht gerech­net wer­den muss­te, ergibt sich auch nicht aus dem Gesetz.

Hin­weis:

Selbst­ver­ständ­lich kann ver­ein­bart wer­den, dass der AG bei außer­ge­wöhn­li­chen, die Bau­aus­füh­rung behin­dern­den Wit­te­rungs­ein­flüs­sen geeig­ne­te Maß­nah­men zu ergrei­fen hat, um die Fort­füh­rung der Arbei­ten sicher­zu­stel­len. Wenn dies ver­trag­lich ver­ein­bart ist, wür­de eine Oblie­gen­heits­ver­let­zung vor­lie­gen, die zu Ent­schä­di­gungs­an­sprü­chen nach § 642 BGB führt.

Anmer­kung zu: OLG Frank­furt, Urteil vom 03.04.2017, Az. 29 U 169/16

Der Auf­trag­ge­ber (AG) beauf­tragt den Auf­trag­neh­mer (AN) mit der Abdich­tung eines Daches. AG hält das Werk für man­gel­haft. Der AN möch­te die Män­gel besei­ti­gen, mel­det dies­be­züg­lich jedoch Beden­ken an. Eine Man­gel­be­sei­ti­gung sei nicht mög­lich, da wesent­li­che Vor­ge­wer­ke noch nicht man­gel­frei her­ge­stellt sei­en. Er setzt dem AG Frist zur man­gel­frei­en Her­stel­lung der Vor­ge­wer­ke. Der AG setzt dem AN sei­ner­seits eine Frist zur Man­gel­be­sei­ti­gung bis 07.01.2013. Vor Ablauf die­ser Frist, näm­lich am 05.01.2013 kün­digt der AN den Ver­trag frist­los, da die sei­ner­seits gegen­über dem AG gesetz­te Frist frucht­los ver­stri­chen war. Der AG lässt die Män­gel durch ein Dritt­un­ter­neh­men besei­ti­gen und nimmt den AN auf Scha­den­er­satz wegen die­ser Kos­ten in Anspruch. 

Mit Erfolg. Das OLG Frank­furt spricht dem AG den Scha­den­er­satz gem. § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB zu. Das Gericht hält die Kün­di­gung des AN für unwirk­sam. Die Kün­di­gung hat den Ver­trag nicht been­det. Bei einer Kün­di­gung wegen unter­las­se­ner Mit­wir­kung gemäß § 643 BGB ist der Ver­trag mit frucht­lo­sem Frist­ab­lauf ohne wei­te­re Erklä­rung als been­det anzu­se­hen. Hier­auf hat der AG vor­lie­gend nicht hin­ge­wie­sen. Dies ist jedoch Vor­aus­set­zung von § 643 BGB. Für eine mög­li­che Umdeu­tung in eine Kün­di­gung aus wich­ti­gem Grund man­gel­te es vor­lie­gend an dem Vor­han­den­sein eines sol­chen. Die unter­blie­be­ne Mit­wir­kung ist nicht als außer­or­dent­li­cher Kün­di­gungs­grund anzusehen. 

Hin­weis:

In ver­gleich­ba­ren Sach­la­gen ist eine ande­re Vor­ge­hens­wei­se, als die in dem vor­ste­hen­den Fall geschil­der­te, zu emp­feh­len. Wenn ein Werk­man­gel tat­säch­lich auf dem Man­gel eines Vor­ge­wer­kes beruht, ist der Aus­spruch einer Kün­di­gung durch den AN nicht zu emp­feh­len. Viel­mehr kann der AG dem AN kei­ne wirk­sa­me Frist zur Nach­er­fül­lung set­zen, solan­ge er dem AN gegen­über kein ord­nungs­ge­mä­ßes Vor­ge­werk als Schnitt­stel­le zu sei­ner Leis­tung über­lässt. Für eine Gel­tend­ma­chung eines Vor­schuss­an­spru­ches wür­de es dem AG daher bereits an dem Ablauf einer ord­nungs­ge­mä­ßen Nach­er­fül­lungs­frist feh­len. Bei Gel­tend­ma­chung eines Scha­den­er­satz­an­spru­ches durch den AG wäre der Man­gel durch den AN auf­grund des man­gel­haf­ten Vor­ge­wer­kes nicht zu vertreten.

 

Anmer­kung zu: Der Bun­des­tag hat am 10.03.2017 die Reform des Bau­ver­trags­rech­tes verabschiedet

Der Bun­des­tag hat am 10.03.2017 die Reform des Bau­ver­trags­rech­tes ver­ab­schie­det. Damit tre­ten die neu­en Rege­lun­gen zum 01.01.2018 in Kraft.

Die Ände­run­gen sind umfang­reich und ihre Aus­wir­kun­gen auf die Pra­xis wer­den weit­rei­chend sein. Zusam­men­ge­fasst stel­len sich die wich­tigs­ten Geset­zes-ände­run­gen wie folgt dar:

Bau­ver­trag, Ver­brau­cher­bau­ver­trag, Archi­tek­ten- und Inge­nieur­ver­trag sowie Bau-trä­ger­ver­trag wer­den getrennt gere­gelt. Die damit ver­bun­de­nen Geset­zes­än-derun­gen sind sehr umfangreich.

Der Ver­brau­cher­schutz wird stark aus­ge­wei­tet und die gesetz­li­che Rege­lung weist star­ke Abwei­chun­gen zur der­zeit gül­ti­gen VOB/B auf.

Dar­über hin­aus wur­den kauf­ver­trags­recht­li­che Vor­schrif­ten die Leis­tungs­ket­te betref­fend geändert.

Wir emp­feh­len drin­gend, sich früh­zei­tig mit die­sen Rege­lun­gen zu beschäf­ti­gen, sich hier­auf ein­zu­stel­len und ins­be­son­de­re auch even­tu­ell exis­tie­ren­de Ver­trags­for-mula­re zu ändern.

Sofern Sie hier­bei Hil­fe benö­ti­gen, ste­hen wir Ihnen selbst­ver­ständ­lich gern zur Ver­fü­gung. Wir bie­ten bei­spiels­wei­se Vor­trags­ver­an­stal­tun­gen an und über­ar­bei­ten bestehen­de Vertragsmuster.

Anmer­kung zu: OLG Koblenz, Urteil vom 02.03.2017, Az: 2 U 296/16

Fol­gen­de Klau­seln in einem Fer­tig­haus­ver­trag sind wegen Ver­sto­ßes gegen §§ 308 Nr. 4, 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam:

1. „Wer­den aus bau­recht­li­chen Grün­den oder weil sich DIN-Nor­men oder die­sen ver­gleich­ba­re tech­ni­sche Vor­ga­ben geän­dert haben, Ände­run­gen erfor­der­lich, so kann das Unter­neh­men die­se vor­neh­men, sofern hier­durch kei­ne Wert­min­de­rung ein­tritt und die­se Ände­run­gen für den Bau­her­ren zumut­bar sind.“

2. „Der end­gül­ti­ge Preis wird dann anhand der jeweils gül­ti­gen Preis­lis­te vom Unter­neh­men festgelegt.“

3. „Wer­den auf­grund behörd­li­cher Auf­la­gen Leis­tungs­än­de­run­gen erfor­der­lich,
trägt der Bau­herr die dadurch even­tu­ell ent­ste­hen­den Mehrkosten.“

Der Bau­her­ren­schutz­bund hat einen gro­ßen deut­schen Fer­tig­haus­an­bie­ter wegen der Ver­wen­dung die­ser Klau­seln ver­klagt. Das OLG hält die­se Klau­seln für unwirk­sam, und zwar aus fol­gen­dem Grund:

§ 308 Nr. 4 BGB regle­men­tiert die Ver­wen­dung von Ände­rungs­vor­be­hal­ten. Nach der Recht­spre­chung des BGH sind die Anfor­de­run­gen des § 308 Nr. 4 BGB nur erfüllt, wenn für die Ände­rung ein trif­ti­ger Grund vor­liegt und die Klau­sel die­se trif­ti­gen Grün­de nennt, so dass für den Ver­brau­cher zumin­dest ein gewis­ses Maß an Kal­ku­lier­bar­keit der mög­li­chen Leis­tungs­än­de­run­gen besteht. 

Für einen wirk­sa­men Ände­rungs­vor­be­halt genü­gen fol­gen­de For­mu­lie­run­gen nicht:

„Bau­recht­li­che oder bau­tech­ni­sche Grün­de“, und zwar selbst dann nicht, wenn die Leis­tungs­än­de­rung wert­neu­tral und zumut­bar ist, weil der Vor­be­halt ufer­los ist und auch Anpas­sun­gen erfasst, die der Ver­wen­der z. B. wegen eines Pla­nungs- oder Aus­füh­rungs­feh­lers zu ver­tre­ten hat.

Fer­ner bean­stan­det das OLG das ein­sei­ti­ge Preis­be­stim­mungs­recht des Fer­tig­haus-her­stel­lers nach des­sen belie­bi­ger Kalkulation.

Auch die For­mu­lie­rung „auf­grund behörd­li­cher Auf­la­gen“ wird bean­stan­det, da die­se bei man­gel­frei­er Leis­tung des Fer­tig­haus­her­stel­lers mög­li­cher­wei­se ohne­hin ergan­gen und mit­hin vom Ver­wen­der zu kal­ku­lie­ren oder ver­meid­bar gewe­sen wäre. Außer­dem wird die pau­scha­le, auto­ma­ti­sche Abwäl­zung sämt­li­cher Mehr­kos­ten beanstandet.

Hin­weis:

Ände­rungs­vor­be­hal­te sind Aus­druck der Besorg­nis, etwas über­se­hen zu haben, oder der Erkennt­nis, dass die Pla­nung noch nicht abge­schlos­sen ist. 

Dem­zu­fol­ge sind Ände­rungs­vor­be­hal­te regel­mä­ßig pau­schal for­mu­liert, um einen mög­lichst gro­ßen Anwen­dungs­be­reich abzu­de­cken. Eben­so regel­mä­ßig ver­sto­ßen sie gegen die Anfor­de­run­gen der Rechtsprechung.

Anmer­kung zu: Urteil LG Ber­lin vom 19.01.2017, Akten­zei­chen: 86 O 142/16

Der Auf­trag­ge­ber (AG) beauf­tragt den Auf­trag­neh­mer (AN) mit der Her­stel­lung einer Fas­sa­de. Der Bau­fort­schritt erfolgt nicht wie ver­ein­bart. Die Ver­ant­wort­lich­keit hier­für ist strit­tig. Der AN macht zusätz­li­che Ver­gü­tungs-ansprü­che gel­tend, u.a. fort­ge­schrie­be­ne Kos­ten der län­ger vor­ge­hal­te­nen Bau­stel­len­ein­rich­tung und zusätz­li­chen pla­ne­ri­schen Aufwand.

Der AN bezif­fert die Ansprü­che erst in der Schluss­rech­nung. Er macht Sicher­heits­leis­tung gemäß § 648 a BGB geltend.

Ohne Erfolg!

Das LG wer­tet den gel­tend gemach­ten Anspruch als Scha­den­er­satz. Die­ser kön­ne daher allen­falls nach § 648 a Abs. 1 S. 2 BGB gesi­chert werden. 

Dazu müss­te der gel­tend gemach­te Anspruch aber an die Stel­le der Ver­gü­tung tre­ten. Dies sei nach LG Ber­lin jedoch nicht der Fall. Der Anspruch tre­te viel­mehr neben den Ver­gü­tungs­an­spruch. Auch ein Ent­schä­di­gungs­an­spruch aus § 642 BGB fällt nach Ansicht des LG weder unter 648 a Abs. 1 BGB, noch unter des­sen Satz 2. Auch die­ser Anspruch tre­te nicht an die Stel­le des Ver­gü­tungs­an­spru­ches, son­dern daneben. 

Unge­ach­tet der Ein­ord­nung als Ver­gü­tungs­an­spruch oder nicht, kön­ne eine Sicher­heit aber auch des­halb nicht ver­langt wer­den, da nur dem Grun­de und der Höhe nach unstrei­ti­ge Nach­trä­ge berück­sich­tigt wer­den kön­nen. Für die Zusatz­auf­trä­ge muss aus­weis­lich des Wort­lau­tes also bereits eine Preis­ver­ein­ba­rung vorliegen.

Hin­weis:

In der Pra­xis muss daher eine strik­te Ori­en­tie­rung am Wort­laut der Norm erfol­gen. Bei Bestim­mung der Höhe der Sicher­heit soll­ten daher strei­ti­ge Ver­gü­tungs­an­sprü­che in Bezug auf Bau­ab­lauf­stö­run­gen außen vor blei­ben. Umge­kehrt blei­ben bei Bestim­mung der Höhe der Sicher­heit auch strei­ti­ge Gegen­an­sprü­che ohne Berücksichtigung.