BGH, Beschluss vom 26.09.2024, Az: I ZR 161/23

Der Auftragnehmer (AN) transportiert Erdmassen ab, die bei der Herstellung eines Tunnels angefallen sind. Im LV heißt es, dass Abrechnungsgrundlage die feste Masse in Kubikmetern nach Aufmaß des Auftraggebers (AG) ist. Ein Aufmaß des AG für den mittleren und den unteren Bereich des Tunnels fehlte. Der AN erstellte eine Abrechnung, indem er die tatsächlich abgefahrenen Massen berechnete und für den Mehrausbruch 25% ansetzte. Das Berufungsgericht meinte, dieser Sachvortrag sei unschlüssig.

Der BGH sieht dies anders:

Nach seiner Auffassung genügt der AN seiner Darlegungs- und Beweislast, wenn er alle ihm zur Verfügung stehenden Umstände mitteilt, die Rückschlüsse auf den Umfang seiner Leistungen ermöglichen. Der AG hat dem AN die für die vereinbarte Abrechnung nach konkreten Mengen erforderlichen Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt. Der AN hat aber den Mehraushub von 25% anhand der ihm vorliegenden Unterlagen plausibilisiert. Dieser Vortrag des AN ist geeignet, Rückschlüsse auf den Umfang der erbrachten Leistungen zuzulassen.

Hinweis:

Ist die sichere Feststellung der erbrachten Leistungen mittels Aufmaß nicht mehr möglich, dürfen die Anforderungen an die Darlegungslast des AN nicht überspannt werden. Er genügt seiner Darlegungslast, wenn er dem Gericht Tatsachen vorträgt, die eine Schätzung der Mindestvergütung ggf. mit Hilfe eines Sachverständigen erlauben.

OLG Brandenburg, Urteil vom 05.09.2024, Az: 12 U 3/22

Der Auftragnehmer (AN) errichtet für den Auftraggeber (AG) ein Einfamilienhaus. Nach Stellung der Schlussrechnung erfolgt keine Zahlung durch den AG. Im Prozess meldet der AG Mängel an und setzt Frist zur Mangelbeseitigung bis zum 06.11.2020, woraufhin der AN erst am 23.11.2020 tätig wird. Am 25.11.2020 erteilt der AG dem AN sowie den Subunternehmern Hausverbot. Im Prozess erklärt der AG dann Aufrechnung mit den Kostenvorschussansprüchen. Der AN wendet ein, dass die Frist zur Beseitigung der Mängel zu kurz gewesen sei.

Die Aufrechnung hat Erfolg!

Der Kostenvorschussanspruch steht dem AG zu. Er hat dem AN eine Frist zur Mangelbeseitigung gesetzt, die erfolglos abgelaufen war. Nach Ablauf der Frist ist der AN gehindert, ohne Zustimmung des AG nachzubessern. Da der AN erstmals im Juni 2022 die Angemessenheit der Frist beanstandet hat, dringt er damit nicht durch. Der AG hatte nach Auffassung des OLG eine aus seiner Sicht angemessene Frist gesetzt. Der AN hat diesen Zeitraum nicht einmal genutzt, um einen Besichtigungstermin zu vereinbaren und ist erst nach Fristablauf tätig geworden. Er könne sich gegenüber einem nicht fachkundigen AG nicht mehr darauf berufen, dass die gesetzte Frist zu kurz gewesen sei, da er dies nicht unverzüglich gegenüber dem AG gerügt hat.

Hinweis:

Eine zu kurz bemessene Frist setzt zwar grundsätzlich den Lauf einer angemessenen Frist in Gang. Es hilft aber nicht, wenn vor Ablauf der angemessenen Frist der Mangel (vorschnell) beseitigt wird. Der Kostenerstattungsanspruch des AG kann also an einer zu kurzen Fristsetzung scheitern.

Aber der AN kann sich, wenn ihm eine zu kurz bemessene Frist gesetzt wird, nicht einfach zurücklehnen. Kann der AG die Angemessenheit der Frist nicht oder nur sehr schlecht abschätzen, so ist vom AN zu verlangen, dass er

  • nach der Aufforderung schleunigst mit den Arbeiten beginnt und
  • dem AG mitteilt, in welcher Zeit der Mangel beseitigt wird.

Nur so kann der AG eine angemessene Frist setzen.

Versäumt er dies,  geht auch der Ablauf einer objektiv zu kurz bemessenen Frist zu Lasten des AN.

OLG Brandenburg, Urteil vom 10.10.2024, Az: 10 U 80/23

Der Auftragnehmer (AN) soll einen Gefälleestrich für eine Terrasse herstellen, die mit Naturstein belegt wird. Der Auftraggeber (AG) macht gegenüber dem AN einen Vorschussanspruch geltend, weil der Estrich nicht mit dem erforderlichen Gefälle ausgeprägt ist, weshalb Regenwasser nicht abfließen kann und auf den Platten Kalkausbildungen entstehen.

Der AN meint, es liegt kein Mangel vor, da die Parteien ein geringeres Gefälle vereinbart hätten. Außerdem sei er nach DIN 18195-5 und der Flachdachrichtlinie auch nicht verpflichtet, ein Gefälle über 1% herzustellen.

Das OLG stellt hierzu fest, dass ein Gefälle von 0,9% nicht ausreichend ist. Eine Unterschreitung des erforderlichen Gefälles von 3% bei genutzten Terrassen sei nicht zulässig. Die vom AN behauptete Vereinbarung eines geringeren Gefälles sei nicht wirksam, da der AG über das Risiko eines zu geringen Gefälles nicht umfassend aufgeklärt worden sei.

Hinweis:

Die Parteien können Vereinbarungen dahingehend treffen, dass von den anerkannten Regeln der Technik abgewichen werden kann (Beschaffenheitsvereinbarung „nach unten“). Hieran sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Eine derartige Vereinbarung kann nur angenommen werden, wenn der AG das damit einhergehende Risiko kannte.

Der AN ist deshalb, selbst wenn er sachkundig ist, umfassend über die Risiken und die denkbaren Folgen der Bauausführung aufzuklären.

Es ist im Übrigen immer ein funktionstaugliches und zweckentsprechendes Werk geschuldet. Fehlt dem Werk die Funktionstauglichkeit, liegt auch dann ein Mangel vor, wenn es ansonsten der Leistungsbeschreibung und der vereinbarten Ausführung genügt. Auch eine Werkleistung, die den anerkannten Regeln der Technik entspricht, ist mangelhaft, wenn sie nicht funktionstauglich und zweckentsprechend ist.