Einwand der Unverhältnismäßigkeit der Mangelbeseitigung steht auch dem Architekten zu!
OLG Schleswig, Urteil vom 09.03.2022, Az: 12 U 16/21
Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Architekten mit der Planung und Objektüberwachung eines Einfamilienhauses. Der Architekt weicht in der Planung vom Gebäudekonzept ab, sodass wegen der geänderten Höhenlage des Gebäudes eine Drainage erforderlich wird. Nach Ausführung weist das Gelände regelwidrig ein Gefälle zum Gebäude hin auf.
Der AG meint, für die Mangelbeseitigung sei eine Anhebung des Objektes erforderlich und verlangt Schadensersatz in Höhe von ca. 260.000,00 €.
Der Architekt wendet ein, eine derartige Mangelbeseitigung sei unverhältnismäßig.
Der Einwand ist erfolgreich. Es liegt zwar eine Pflichtverletzung des Architekten vor, weil das Objekt durch die veränderte Höhe nicht vertragsgemäß errichtet wurde. Deshalb hat der AG auch Anspruch auf Schadensersatz. Der Mangel ließe sich durch die Anhebung des Gebäudes beseitigen, was das OLG aber als unverhältnismäßig ansieht. Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit kann beim Architektenvertrag nicht auf § 635 Abs. 3 BGB gestützt werden aber auf § 251 Abs. 2 BGB. Es ist dabei regelmäßig eine Abwägung vorzunehmen. Dabei geht es nicht darum, ob die Kosten zu hoch sind oder sich in Relation zu den Herstellungskosten als zu hoch darstellen. Unverhältnismäßig ist die Mangelbeseitigung dann, wenn das Bestehen auf ordnungsgemäßer Vertragserfüllung nicht sachgerecht ist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der AG kein objektiv berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung unter Berücksichtigung des erforderlichen Aufwandes hat. Die zu ersetzenden Kosten dürfen nicht unnötig, unzweckmäßig oder überteuert sein.
Das Interesse des AG daran, dass das Gebäude in einer bestimmten Höhe liegt, hat das OLG als objektiv gering angesehen. Mit der Herstellung einer funktionsfähigen Drainage befände sich das Objekt in einem funktionsfähigen Zustand.
Hinweis:
Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit wird meistens ohne Erfolg erhoben. Dies liegt daran, dass ein objektiv berechtigtes Interesse des AG nicht verneint werden kann, wenn ein Funktionsmangel vorliegt. Es ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen. Wer einen Mangel vorsätzlich herbeiführt, wird sich nicht darauf berufen können, dass der Besteller kein objektiv berechtigtes Interesse an der Mangelbeseitigung hat.