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Hat der Werkunternehmer sein Werk fertiggestellt, wird oftmals vergessen, mit dem Bauherrn eine Abnahme durchzuführen. Dabei kann eine fehlende oder fehlerhafte Abnahme auf beiden Seiten zu gravierenden Rechtsnachteilen führen.

Die Abnahme ist die Entgegennahme des Bauwerkes und dessen Billigung als im Wesentlichen vertragsgemäß. Die Abnahme stellt folglich eine Erklärung des Auftraggebers dar. Der Auftragnehmer ist lediglich Erklärungsempfänger. Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass die Unterschrift des Auftragnehmers unter ein Abnahmeprotokoll ein Anerkenntnis der darin aufgelisteten Mängel darstellt. Durch die Auflistung von Mängeln im Abnahmeprotokoll behält sich der Auftraggeber i. d. R. lediglich seine Mängelrechte in Bezug auf die dort konkret enthaltenen Mängel vor. Nach üblicher Gestaltung eines Abnahmeprotokolls wird mit der Unterschrift auf dem Abnahmeprotokoll somit lediglich erklärt, dass die dort aufgelisteten Mängel zur Kenntnis genommen werden – mehr nicht.

Die Abnahme hat weitreichende Folgen.
Vor der Abnahme befindet sich der Vertrag in der Erfüllungsphase. Mit Abnahme gemäß § 640 BGB wandelt sich die Erfüllungsphase in die Gewährleistungsphase um. Ab diesem Moment richten sich die Ansprüche des Auftraggebers nach § 634 BGB. Die Abnahme ist zudem Fälligkeitsvoraussetzung für den Werklohn. Mit der Abnahme beginnt außerdem die Verjährungsfrist für die Mängelrechte des Auftraggebers. Auch die Gefahr des zufälligen Unterganges des Werkes geht vom Auftragnehmer auf den Auftraggeber über; ebenso die Beweislast für die Mängelfreiheit. Nicht im Abnahmeprotokoll vorbehaltene Mängel hat der Auftraggeber folglich nach der Abnahme darzulegen und zu beweisen.
Nimmt der Auftraggeber das Werk ab und behält sich ihm bekannte Mängel im Abnahmeprotokoll (versehentlich) nicht vor, so stehen ihm wegen dieser bekannten Mängel keinerlei Mängelrechte mehr zu.

Es gibt verschiedene Formen der Abnahme.
Gesetzlich geregelt ist nur die fiktive Abnahme gemäß § 640 Abs. 2 BGB. Danach gilt ein Werk als abgenommen, wenn der Unternehmer dem Bauherrn nach Fertigstellung eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Bauherr „die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat“. Die Abnahmewirkungen können damit ohne oder sogar gegen den Willen des Auftraggebers durchgesetzt werden. Ist der Auftraggeber ein Verbraucher, muss er im Abnahmeverlangen in Textform darauf hingewiesen werden, dass er die Abnahme unter Benennung mindestens eines Mangels innerhalb der Abnahmefrist verweigern kann. Fehlt dieser Hinweis, ist eine fiktive Abnahme nach § 640 Abs. 2 BGB bei Verbrauchern nicht möglich. Es gibt weiter die ausdrücklich erklärte Abnahme, die förmliche Abnahme und die konkludente Abnahme. Die ausdrücklich erklärte Abnahme ist an keine bestimmte Form gebunden. Sie kann also auch mündlich erfolgen. Allerdings ist aus Gründen der Beweisbarkeit doch auf eine förmliche Abnahme zu drängen. Förmliche Abnahme bedeutet eine gemeinsame Zusammenkunft von Auftraggeber und Auftragnehmer am Ort der Baumaßnahme und die Ausfüllung eines Abnahmeprotokolls. Die förmliche Abnahme bedarf einer vertraglichen Vereinbarung. Auf diese vertraglich vereinbarte förmliche Abnahme kann im Nachhinein auch wieder verzichtet werden. An diesen Verzicht sind jedoch hohe Anforderungen geknüpft. Nicht jede vergessene förmliche Abnahme stellt zugleich einen Verzicht dar. Die konkludente Abnahme stellt eine Abnahme durch schlüssiges Verhalten des Auftraggebers dar. Dies kann der Bezug eines hergestellten Gebäudes oder die vorbehaltlose Zahlung der Schlussrechnung sein. Allerdings fordert hier die herrschende Rechtsprechung ein rechtsgeschäftliches Erklärungsbewusstsein. Leider unterstellen die Gerichte dies oftmals mit teilweise nicht nachvollziehbaren Begründungen. Es wird auf den Eindruck, der beim Auftragnehmer entstehen durfte, abgestellt.

Aus Sicht des Auftraggebers darf die Abnahme gemäß § 640 Abs. 1 S. 2 BGB nur beim Vorliegen wesentlicher Mängel verweigert werden. Eine Definition des unwesentlichen bzw. wesentlichen Mangels gibt es im Gesetz nicht. Die Rechtsprechung bezeichnet einen Mangel als unwesentlich, wenn seine Bedeutung so weit zurücktritt, dass es unter Abwägung der beiderseitigen Interessen für den Auftraggeber/Besteller zumutbar ist, die zügige Abwicklung des gesamten Vertragsverhältnisses durch die Verweigerung der Abnahme nicht länger aufzuhalten. Dabei ist eine objektive Einschätzung vorzunehmen. Aus dieser Formulierung wird deutlich, dass die Unterscheidung, ob ein wesentlicher oder unwesentlicher Mangel vorliegt, nicht selten durch Sachverständige getroffen werden muss. Dies führt zu teilweise jahrelang zu führenden Rechtsstreitigkeiten. Weil eine Mangelverweigerung für beide Parteien gravierende Risiken birgt, hat der Gesetzgeber im seit 01.01.2018 geltenden Bauvertragsrecht die Möglichkeit einer Zustandsfeststellung geschaffen. Die Zustandsfeststellung dient dazu, den Zustand des Werkes zum Zeitpunkt des Abnahmeverlangens des Unternehmers zu dokumentieren. Nach Abnahmeverweigerung durch den Besteller kann der Unternehmer verlangen, dass der Besteller an einer gemeinsamen Feststellung des Zustandes des Werkes mitwirkt. Wirkt er mit, findet eine gemeinsame Zustandsfeststellung statt. Bleibt der Besteller einem vereinbarten Termin oder innerhalb einer angemessenen Frist vom Unternehmer bestimmten Termin zur Zustandsfeststellung fern, so kann der Unternehmer eine einseitige Zustandsfeststellung vornehmen. Hat der Besteller sein Fernbleiben dann auch noch zu vertreten, findet eine Beweislastumkehr statt. Für den Eintritt dieser Beweislastumkehr muss der Besteller im Besitz des Werkes sein. Wenn dann ein offenkundiger Mangel in der einseitigen Dokumentation des Werkunternehmers nicht enthalten ist, wird vermutet, dass dieser Mangel erst nach der Zustandsfeststellung entstanden und vom Besteller zu vertreten ist.

Ein Unternehmer sollte daher aufgrund der gravierenden Auswirkungen der Abnahme stets auf eine förmliche Abnahme hinarbeiten. Mitunter bringt bei unterbliebener förmlicher Abnahme erst ein Sachverständigengutachten im Laufe eines jahrelangen Rechtsstreites Gewissheit darüber, ob ein Werk überhaupt abnahmereif war oder nicht. Eine erhobene Werklohnklage könnte somit nach Jahren mangels Fälligkeit der Vergütung abgewiesen werden. Zu nahezu nicht mehr händelbaren Problemen führt die Abnahme im Rahmen von Bauträgerverträgen – nämlich dann, wenn größere Wohnungseigentümergemeinschaften aufgefordert werden, das Gemeinschaftseigentum abzunehmen.

Der Besteller wird – zumindest bei komplexeren Bauvorhaben – i. d. R. mit der Beurteilung, ob das Werk vertragsgemäß hergestellt ist, überfordert sein. Auch hier wird empfohlen, sich in technischer Hinsicht sachverständigen und juristischen Rat einzuholen. Die Kanzlei Leichsenring & Kollegen steht Ihnen in allen denkbaren Fallvarianten mit ihrer jahrzehntelangen Expertise im Bau- und Architektenrecht beratend zur Seite.