Anmer­kung zu: OLG Karls­ru­he, Urteil vom 15.01.2016, Az: 19 U 133/14

Die Erwer­be­rin (E) erwirbt vom Bau­trä­ger (BT) Son­der­ei­gen­tum. E wünscht an-stel­le der vor­ge­se­he­nen Radia­to­ren­hei­zung eine Fuß­bo­den­hei­zung. Der Nach-unter­neh­mer des BT führt die Fuß­bo­den­hei­zung aus und rech­net den Auf­preis für die­se direkt gegen­über E ab.

Die E lei­tet ein selbst­stän­di­ges Beweis­ver­fah­ren ein, weil das Wohn­haus nicht aus­rei­chend beheizt wer­den kann. Ein Sach­ver­stän­di­ger stellt einen ent­spre­chen-den Man­gel fest und emp­fiehlt u.a. den Ein­bau von Raum­ther­mo­sta­ten. Der BT ist der Auf­fas­sung, dass er nicht für die von sei­nem Nach­un­ter­neh­mer ver­ur­sach­ten Aus­füh­rungs­feh­ler ver­ant­wort­lich ist. Zwi­schen E und sei­nem Nach­un­ter­neh­mer sei ein selbst­stän­di­ger „Son­der­wunsch­ver­trag“ geschlos­sen. Dies war zwi­schen den Par­tei­en unstreitig.

Der Rechts­auf­fas­sung des BT wider­spricht das OLG Karlsruhe.

Den BT trifft als Sach­wal­ter gegen­über der E eine Koor­di­nie­rungs­pflicht. Selbst bei eigen­stän­di­gen Ver­trä­gen zwi­schen den Erwer­bern und den aus­füh­ren­den Unter-neh­men ist der Bau­trä­ger ver­pflich­tet, sicher zu stel­len, dass sich der Son­der-wunsch in das Gesamt­kon­zept stö­rungs­frei ein­fügt. Den BT traf hier eine Über-prü­fungs­pflicht und ggf. die Pflicht zur Anwei­sung in pla­ne­ri­scher Hin­sicht. Der BT muss für das stö­rungs­freie Funk­tio­nie­ren bei­der Bestand­tei­le im Rah­men des Gesamt­wer­kes sorgen.

In der Pra­xis wird dies häu­fig über­se­hen. Der Bau­trä­ger muss mit­hin auch die Son­der­wün­sche sei­ner Erwer­ber, deren grund­sätz­li­che Rea­li­sier­bar­keit und deren tat­säch­li­che Aus­füh­rung über­wa­chen, um sei­ner Koor­di­nie­rungs­pflicht nachzukommen.

 

Anmer­kung zu: VOB-Stel­le Nie­der­sach­sen, Ent­schei­dung vom 06.01.2016 — Fall 1746

Der öffent­li­che Auf­trag­ge­ber (AG) beauf­tragt den Auf­trag­neh­mer (AN) mit Mauer‑, Stahl­be­ton- und Ver­blend­ar­bei­ten. Hier­zu war die Stel­lung von Gerüs­ten erfor­der­lich. Die zeit­li­che Rei­hen­fol­ge der aus­zu­füh­ren­den Leis­tung konn­te der AN selbst bestim­men. Er führ­te die Ver­blend- und Stahl­be­ton­ar­bei­ten an den Decken par­al­lel aus. Des­halb wur­de zur Absturz­si­che­rung eine Gerüst­ver­brei­te­rung benö­tigt. Laut LV waren alle Gerüs­te wäh­rend der Bau­zeit vom AN bei­zu­stel­len. Das LV ent­hielt auch eine eige­ne Posi­ti­on für Gerüs­te über 2 m Arbeits­hö­he. Der AN macht nun­mehr zusätz­li­che Kos­ten für die Gerüst­ver­brei­te­rung als Nach­trag gel­tend. Zu Recht?

Nein, der hat AN kei­nen Zusatz­ver­gü­tungs­an­spruch. Die VOB-Stel­le stützt sich im Wesent­li­chen auf Abschnitt 4.1.2 der DIN 18330 für Mau­er­ar­bei­ten. Danach ist das Auf­bau­en und Vor­hal­ten der für die eige­ne Leis­tung not­wen­di­gen Gerüs­te eine ver­trag­lich geschul­de­te und somit nicht zusätz­lich zu ver­gü­ten­de Neben­leis­tung. Hier­zu gehört auch jed­we­de erfor­der­li­che Absturz­si­che­rung. Des Wei­te­ren wird Abschnitt 4.1.4 der DIN 18299 zu Schutz- und Sicher­heits­maß­nah­men aus den staat­li­chen und berufs­ge­nos­sen­schaft­li­chen Regel­wer­ken zum Arbeits­schutz her­an­ge­zo­gen. Die Ein­hal­tung die­ser Regeln schul­det der AN eben­falls als Neben­leis­tung. Auch hier­zu zählt die Absturz­si­che­rung. Ergän­zend wird die Ent­schei­dung damit begrün­det, dass der AN sei­nen Bau­ab­lauf auch anders hät­te orga­ni­sie­ren kön­nen. Wären die Ver­blend- und Stahl­be­ton­ar­bei­ten zeit­lich nach­ein­an­der aus­ge­führt wor­den, wäre eine Gerüst­ver­brei­te­rung nicht erfor­der­lich gewesen.

 

Anmer­kung zu: OLG Bran­den­burg, Urteil vom 22.12.2015 — 4 U 26/12

Der Bau­herr beauf­tragt den AN mit der Erbrin­gung von Roh­bau­ar­bei­ten ein­schließ­lich Abdich­tungs­ar­bei­ten für die Errich­tung eines Ein­fa­mi­li­en­hau­ses. Bereits vor Abnah­me der Bau­leis­tun­gen wer­den Män­gel an den Abdich­tungs-arbei­ten festgestellt.

Der AN lehnt die Haf­tung für die Män­gel mit der Begrün­dung ab, er habe sich bei der Aus­füh­rung der Abdich­tungs­ar­bei­ten an die im LV vor­ge­ge­be­ne Aus­füh­rung gehal­ten. Sein Werk sei also mangelfrei. 

Der Ein­wand des AN ist unbeachtlich. 

Das Gericht stellt fest, dass der AN aus diver­sen Umstän­den hät­te schluss­fol­gern müs­sen, dass nicht nur eine Abdich­tung gegen nicht­drü­cken­des Was­ser, son­dern eine Abdich­tung gegen auf­stau­en­des Sicker­was­ser erfor­der­lich ist. Dies hät­te er zum Anlass neh­men müs­sen, den Bau­herrn auf sei­ne Beden­ken hin­sicht­lich der im LV vor­ge­ge­be­nen Aus­füh­rung hin­zu­wei­sen. Zumin­dest habe er die Pflicht gehabt, auf den Wider­spruch zwi­schen LV und Pla­nung hin­zu­wei­sen und Klä­rung zu verlangen. 

Die­se Prü­fungs- und Hin­weis­pflicht besteht auch dann, wenn ein Fach­in­ge­nieur oder Archi­tekt die Leis­tung geplant und aus­ge­schrie­ben hat. 

Hin­weis:

Die Fach­kun­de der pla­nen­den Fach­in­ge­nieu­re oder Archi­tek­ten ent­las­tet den AN nicht. Er ist trotz­dem gehal­ten, die ihm vor­lie­gen­de Pla­nung und die Leis­tungs­ver­zeich­nis­se bzw. Aus­füh­rungs­vor­ga­ben dahin­ge­hend zu über­prü­fen, ob damit der ihm bekann­te werk­ver­trag­lich geschul­de­te Erfolg auch erreicht wer­den kann. Er muss grund­sätz­lich auf Beden­ken hin­wei­sen. Es besteht ansons­ten die Gefahr, trotz Aus­füh­rung nach den Vor­ga­ben des LV einen Man­gel zu pro­du­zie­ren und hier­für zu haften.

 

Anmer­kung zu: OLG Saar­brü­cken, Urteil vom 17.12.2015, Az: 4 U 140/14

Der AG erwirbt 2009 eine gebrauch­te Wohn­im­mo­bi­lie und beauf­tragt mit der Sanie­rung des Daches einen Archi­tek­ten sowie mit Zimmerer‑, Klemp­ner- und Dach­de­cker­ar­bei­ten einen Handwerksbetrieb.

Kei­ner der Betei­lig­ten erkennt den fort­ge­schrit­te­nen Befall des Dach­stuhls mit Holz­wurm. Nach Abschluss der Sanie­rung stellt ein Gut­ach­ter fest, dass die Stand­si­cher­heit des Daches gefähr­det ist. Der AG ver­langt vom Hand­wer­ker (AN) 52.000,00 € Kos­ten­vor­schuss. Der AN wen­det zutref­fend ein, er habe alle ihm vom Archi­tek­ten vor­ge­ge­be­nen und nach Ver­trag geschul­de­ten Leis­tun­gen erbracht. Der Holz­wurm­be­fall sei nicht erkenn­bar gewesen.

Der AN wird zu einem Drit­tel Haf­tung ver­ur­teilt. Das OLG begrün­det aus­führ­lich, dass ein Hand­werks­be­trieb nicht bloß die Abar­bei­tung der Leis­tungs­vor­ga­ben des AG oder Archi­tek­ten schul­det, son­dern die „Funk­ti­on“ des Wer­kes. Das beinhal­tet vor­lie­gend auch die Stand­si­cher­heit des Daches. Da die­se nicht gege­ben ist, ist das Werk des Hand­wer­kers man­gel­haft. Sei­ne haf­tungs­be­frei­en­de Prüf- und Hin­weis­pflicht hat der AN nicht erfüllt. Den Schäd­lings­be­fall hät­te der Hand­wer­ker ohne wei­te­res erken­nen kön­nen. Ent­las­tend für den AN wirkt nur das Pla­nungs­ver­schul­den des Archi­tek­ten, wel­ches sich der Bau­herr zu 2/3 anrech­nen las­sen muss.

 

Anmer­kung zu: OLG Bam­berg, Urteil vom 17.04.2013, Az: 3 U 127/12 — BGH, Beschluss vom 16.12.2015, Az: VII ZR 125/13 (Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de zurückgewiesen)

Ein öffent­li­cher Auf­trag­ge­ber (AG) lässt auf Stu­den­ten­wohn­hei­men Pho­to­vol­ta­ik-anla­gen pla­nen und errich­ten. Er schließt Strom­ein­spei­se­ver­trä­ge ab. Auf­grund einer ver­meid­ba­ren  Ver­schat­tung wird jedoch nicht die maxi­ma­le Strom­aus­beu­te erzielt. Der AG ver­klagt den AN, die Fir­ma, die die PV-Anla­gen errich­tet hat, auf Schadensersatz.

Ohne Erfolg!

Das OLG Bam­berg weist die Kla­ge ab. Den AN traf kei­ne Pflicht zur Mit­tei­lung von Beden­ken. Zwar bestehen für einen Werk­un­ter­neh­mer Auf­klä­rungs- und Bera-tungs­pflich­ten. Die­se sind aber nicht ufer­los. Letzt­lich kommt es dar­auf an, ob der AN über einen Wis­sens­vor­sprung in Bezug auf Risi­ken ver­fügt, die der AG auf­grund sei­ner eige­nen Sach- und Fach­kun­de nicht allein erken­nen kann. Soweit jedoch auf Sei­ten des AG Son­der­fach­leu­te ein­ge­schal­tet sind, ist davon aus­zu­ge­hen, dass der AG durch die­se umfas­send auf­ge­klärt wird. Der Werk­un­ter­neh­mer ist des­halb nicht ver­pflich­tet, deren Erkennt­nis­se auf ihre Rich­tig­keit hin zu über­prü­fen. Eine Aus­nah­me von die­sem Grund­satz besteht wie­der­um nur, wenn – wie das OLG Bam­berg wört­lich aus­führt – „ein Feh­ler ins Auge springt.“.

Hin­weis:

Die Ent­schei­dung ist im Ergeb­nis zutref­fend. Aller­dings sind gera­de in die­sem Bereich der Mit­tei­lung von Beden­ken Ein­zel­fall­ent­schei­dun­gen zu tref­fen. Von ent­schei­den­der Bedeu­tung dürf­te vor­lie­gend der Umstand gewe­sen sein, dass der aus­füh­ren­den Fir­ma kei­ner­lei maß­geb­li­che Umstän­de bekannt waren. Die Ver­schat­tung war der aus­füh­ren­den Fir­ma wäh­rend der Errich­tung auf­ge­fal­len. Aller­dings war ihr nicht bekannt, in wel­chem Zeit­raum sich nach Vor­stel­lung des AG die Anla­ge amor­ti­sie­ren sollte.

Wäre ihr dies bekannt gewe­sen, müss­te über die Ent­schei­dung neu nach­ge­dacht werden.

 

Anmer­kung zu: OLG Karls­ru­he, Urteil vom 09.12.2015, Az. 6 U 174/14

Der Klä­ger führt einen Instal­la­teur­be­trieb und ist im Instal­la­teur­ver­zeich­nis der Beklag­ten ein­ge­tra­gen. Die Beklag­te ist Trä­ge­rin der öffent­li­chen Was­ser­ver-sor­gung. Der Klä­ger ist der Auf­fas­sung, schad­haf­te Trink­was­ser­lei­tun­gen kön­nen mit­tels Epoxid­harz saniert wer­den und dies ent­spre­che den aner­kann­ten Regeln der Tech­nik. Die Beklag­te for­der­te den Klä­ger auf, eine ent­spre­chen­de Sanie­rung zu unter­las­sen. Der Klä­ger klagt auf Fest­stel­lung, dass er im Ver­sor­gungs­ge­biet der Beklag­ten das Sanie­rungs­ver­fah­ren mit Epoxid­harz ein­set­zen kann. Mit Erfolg?

Nein!

Der Klä­ger schul­det sämt­li­che Leis­tun­gen gemäß den aner­kann­ten Regeln der Tech­nik. Dies sind die­je­ni­gen Prin­zi­pi­en und Lösun­gen, die sich in der Pra­xis erprobt und bewährt haben und die sich bei der Mehr­heit der Prak­ti­ker durch­ge­setzt haben. Sie müs­sen somit in Theo­rie und Pra­xis aner­kannt sein. Dies lie­ge auf­grund des fach­li­chen Dis­sen­ses bei der Rohr­in­nen­sa­nie­rung mit Epoxid­harz eben gera­de nicht vor. 

Hin­weis:

All­ge­mein aner­kann­te Regeln der Tech­nik sind kei­ne Rechts­nor­men, son­dern pri­va­te tech­ni­sche Rege­lun­gen mit Empfehlungscharakter.

DIN-Nor­men, VDI-Richt­li­ni­en, VDE-Bestim­mun­gen oder sons­ti­ge Hand­werks­re­geln kön­nen aner­kann­te Regeln der Tech­nik dar­stel­len, aber auch hin­ter die­sen zurück­blei­ben.
Bestehen sol­che tech­ni­schen Nor­men, spricht eine hohe Wahr­schein­lich­keit dafür, dass die aner­kann­ten Regeln der Tech­nik dar­in zutref­fend wie­der­ge­ge­ben wer­den. Aller­dings gehen die all­ge­mein aner­kann­ten Regeln der Tech­nik in Ein­zel­fäl­len auch über die etwa in DIN-Nor­men fest­ge­leg­ten Gren­zen hin­aus, so z.B. im Bereich des Schall­schut­zes. Jeder Unter­neh­mer schul­det auch ohne aus­drück­li­che Ver­ein­ba­rung die Ein­hal­tung der all­ge­mein aner­kann­ten Regeln der Tech­nik als qua­li­ta­ti­ves Min­dest­maß. Oft­mals wird nicht berück­sich­tigt, dass all­ge­mein aner­kann­te Regeln der Tech­nik erst dann vor­lie­gen, wenn sie sich in der Pra­xis erprobt und bewährt haben. Dies kann meist erst von Werk­stof­fen oder Her­stel­lungs­ver­fah­ren behaup­tet wer­den, die über einen län­ge­ren Zeit­raum hin­weg erfolg­reich ein­ge­setzt wurden.

 

Anmer­kung zu: OLG Bran­den­burg, Urteil vom 02.12.2015, Az: 11 U 102/12

Bei nahe­zu sämt­li­chen Bau­vor­ha­ben wer­den Leis­tun­gen nach Beginn geän­dert oder zusätz­li­che Leis­tun­gen ange­ord­net. Meist ver­langt der Auf­trag­ge­ber (AG) vom aus­füh­ren­den Unter­neh­men die Vor­la­ge eines sog. „Nach­trags­an­ge­bo­tes“. Auf des­sen Grund­la­ge soll dann die Ent­schei­dung über die Beauf­tra­gung der geän­der­ten oder zusätz­li­chen Leis­tun­gen erfol­gen. Der Auf­trag­neh­mer (AN) hat in die­sem Fall Kos­ten. In dem vom OLG Bran­den­burg ent­schie­de­nen Fall muss­te der AN ein Leis­tungs­ver­zeich­nis erstel­len. Für die­ses rech­ne­te er gegen­über dem AG 613,00 € ab. Die­ser ver­wei­ger­te die Zah­lung. Der AN erhob Klage.

Ohne Erfolg!

Eine ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung, auf die der AN sei­ne For­de­rung hät­te stüt­zen kön­nen, war nicht fest­zu­stel­len. Aus § 632 Abs. 3 BGB folgt, dass die Kos­ten für die Erstel­lung eines Ange­bo­tes und die hier­für not­wen­di­gen Vor­ar­bei­ten regel­mä­ßig dem AN zur Last fal­len. Dies gilt ent­spre­chend ein­hel­li­ger Auf­fas­sung auch für Nach­trags­an­ge­bo­te im Rah­men einer bereits bestehen­den bau­ver­trag­li­chen Beziehung.

Hin­weis:

Im ent­schie­de­nen Fall bestand für die Kos­ten im Rah­men der Erstel­lung des Nach­trags­an­ge­bo­tes kei­ne Rechts­grund­la­ge. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. Es ist eine Ein­zel­fall­prü­fung vorzunehmen.

Liegt z.B. dem Bau­vor­ha­ben ein aus­führ­li­ches — vom Archi­tek­ten des Bau­herrn erstell­tes — Leis­tungs­ver­zeich­nis zugrun­de, kann der AN bei Anord­nung von Zusatz-leis­tun­gen oder Anord­nung geän­der­ter Leis­tun­gen vom AG ver­lan­gen, dass ihm der Bau­herr über sei­nen Archi­tek­ten ein not­wen­di­ges Leis­tungs­ver­zeich­nis kos­ten-los zur Ver­fü­gung stellt. Auf­ga­be des AN ist es dann aller­dings, dies zu ver­prei­sen. Die Ver­prei­sung löst kei­ne Ver­gü­tung aus.

Ver­langt der Bau­herr vom AN jedoch, Zeich­nun­gen, Berech­nun­gen oder Unter-lagen zu erstel­len, die er nach dem Ver­trag nicht zu beschaf­fen hat, so ist an § 2 Abs. 9 VOB/B als Anspruchs­grund­la­ge für eine beson­de­re Ver­gü­tung zu denken.

Die­sen Anspruch soll­te der AN dem AG jedoch, bevor er mit der Nach­trags-kal­ku­la­ti­on beginnt, vor­her ankündigen.

 

Anmer­kung zu: OLG Jena, Urteil vom 26.11.2015 – 1 U 209/15

Der AN war zur schlüs­sel­fer­ti­gen Erstel­lung eines Shop­ping­cen­ters mit Park­haus ver­pflich­tet. Die Gel­tung der VOB/B war ver­ein­bart. Die Gewähr­leis­tungs­frist beträgt 5 Jah­re und die Abnah­me erfolg­te am 10.03.2008.

Der AG ver­langt nun Kos­ten­vor­schuss für Man­gel­be­sei­ti­gung in Höhe von 100.000,00 €. Das LG weist die Kla­ge wegen Ver­jäh­rung ab. Bei Ein­rei­chung der Anspruchs­be­grün­dung am 28.10.2013 sei die Ver­jäh­rungs­frist bereits abge­lau­fen gewe­sen. Es lie­ge auch kei­ne recht­zei­ti­ge schrift­li­che Auf­for­de­rung zur Man­gel­be­sei­ti­gung vor. Die E‑Mail des AN vom 20.08.2012 stell­te kein schrift­li­ches Man­gel­be­sei­ti­gungs­ver­lan­gen im Sin­ne von § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B dar. 

Hier­ge­gen wen­det sich der AG mit sei­ner Berufung. 

Ohne Erfolg!

Das OLG ist der Mei­nung, eine Ver­län­ge­rung der Ver­jäh­rungs­frist gem. § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B sei nicht ein­ge­tre­ten. Nach die­ser Bestim­mung ver­jäh­ren Män­gel, die gerügt wer­den, erst in zwei Jah­ren nach Zugang des schrift­li­chen Ver­lan­gens auf Man­gel­be­sei­ti­gung (Qua­si­un­ter­bre­chung). Der AG habe nicht bewie­sen, dass eine unter­schrie­be­ne Män­gel­rü­ge zuge­gan­gen sei. Die E‑Mail erfül­le nicht das Schrift­form­erfor­der­nis, da hier­für gem. § 126 BGB eine eigen­hän­di­ge Namens­un­ter­schrift erfor­der­lich ist. Auch wenn die­se Form nach § 126 Abs. 3 BGB durch die in § 126a BGB gere­gel­te elek­tro­ni­sche Form ersetzt wer­den kön­ne, genü­ge die E‑Mail die­sen Anfor­de­run­gen nicht. Sie sei unstrei­tig nicht unter­schrie­ben wor­den und habe kei­ne elek­tro­ni­sche Signatur.

Hin­weis:

Die Ent­schei­dung des OLG Jena ist pro­ble­ma­tisch. Gem. § 127 Abs. 2 BGB genügt zur Wah­rung der durch Rechts­ge­schäft bestimm­ten schrift­li­chen Form die tele­kom­mu­ni­ka­ti­ve Über­mitt­lung. Dazu reicht eine E‑Mail. Außer­dem ist die Kom­mu­ni­ka­ti­on per E‑Mail im Bau­ge­sche­hen üblich, sodass sich die Betei­lig­ten mög­li­cher­wei­se kon­klu­dent auf die­se Form der schrift­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­on geei­nigt haben.

Gleich­wohl zeigt die­se Ent­schei­dung wie­der­um, wie risi­ko­be­haf­tet die Kom­mu­ni­ka­ti­on ledig­lich per E‑Mail sein kann.

 

Anmer­kung zu: OLG Bran­den­burg, Urteil vom 12.11.2015, Az: 12 U 176/13

Der Auf­trag­neh­mer (AN) hat­te Instal­la­ti­ons­ar­bei­ten in einer Woh­nung vor­ge­nom-men. Wegen einer gebro­che­nen Über­gangs­muf­fe kam es zu einem Was­ser-scha­den. Es bil­de­te sich Kon­den­sat an Wän­den, Scheu­er­leis­ten und Möbeln und es trat Schim­mel­pilz­be­fall auf. Ein Vor-Ort-Ter­min mit einem Sach­ver­stän­di­gen fand statt. Im Rah­men die­ses Ter­mins wur­de ein „Maß­nah­men­pro­to­koll“ erstellt. Dar­in wur­de fest­ge­hal­ten, dass der Was­ser­scha­den auf den Bruch der Muf­fe zurück­zu-füh­ren ist. Fest­ge­legt wur­den die Maß­nah­men zur Scha­dens­be­sei­ti­gung inklu­si­ve Zeit­plan und Kos­ten­über­nah­me durch den AN. Der AN hielt den Zeit­plan nicht ein. Die Bau­her­ren lie­ßen den Schim­mel­pilz in Eigen­re­gie besei­ti­gen. Der AN ver­wei-ger­te in der Fol­ge­zeit die Kos­ten­über­nah­me. Die Ver­si­che­run­gen tra­ten für die Bau­her­ren ein und nah­men den AN gericht­lich in Anspruch.

Die Kla­ge vor dem LG hat­te Erfolg. Die vom AN hier­ge­gen ein­ge­leg­te Beru­fung hat­te kei­nen Erfolg.

Sowohl LG als auch OLG sahen in dem „Maß­nah­men­pro­to­koll“ das Vor­lie­gen eines sog. „dekla­ra­to­ri­schen Schuld­an­er­kennt­nis­ses“. Der AN hat­te gegen­über den Bau-her­ren aner­kannt, den Schim­mel­be­fall ver­ur­sacht zu haben. Das Maß­nah­men-pro­to­koll ent­hielt weder eine Fest­le­gung zur noch­ma­li­gen Auf­klä­rung der Man­gel-ursa­che, noch einen Kos­ten­vor­be­halt des AN für den Fall, dass sich nach­träg­lich eine ande­re Ursa­che für den Schim­mel­pilz­be­fall als die unzu­rei­chen­de Trock­nung durch den AN her­aus­stellt. Aner­kannt hat der AN damit die Ver­ant­wort­lich­keit dem Grun­de nach und die Über­nah­me der Kos­ten dem Grun­de nach.

Hin­weis:

Die Fol­gen eines dekla­ra­to­ri­schen Schuld­an­er­kennt­nis­ses sind bei Unter­zeich­nung meist nicht abzu­se­hen. Der Aner­ken­nen­de begibt sich grund­sätz­lich jeg­li­cher Ein­wen­dun­gen gegen die Haf­tung. Der Adres­sat des Schuld­an­er­kennt­nis­ses muss die vom Aner­kennt­nis erfass­ten Behaup­tun­gen spä­ter nicht (mehr) bewei­sen. Will der Aner­ken­nen­de den Nach­weis der Unrich­tig­keit sei­nes dekla­ra­to­ri­schen Schuld-aner­kennt­nis­ses erbrin­gen, trifft ihn dafür die vol­le Beweis­last. Dies gelingt in den sel­tens­ten Fällen.

Anmer­kung zu: OLG Frank­furt, Urteil vom 12.11.2015, Az: 3 U 4/14

Auf Grund­la­ge eines Ver­kaufs­pro­spek­tes erwarb ein Ehe­paar im Jahr 2008 von ei-nem Bau­trä­ger (BT) eine neu errich­te­te Eigen­tums­woh­nung. Im Ver­kaufs­pro­spekt wur­de die Woh­nung als „Sky­line-Wohn­kon­zept“ ange­prie­sen. Es wur­de mit einem unver­bau­ba­ren Sky­line-Blick gewor­ben. Auf der Süd­ter­ras­se wur­den die Sicht­ver-hält­nis­se der­ge­stalt beschrie­ben, dass „die Tür­me der Stadt fest im Blick“ sind.

Nach Über­ga­be bau­te der BT auf dem Nach­bar­grund­stück ein drei­ge­schos­si­ges Wohn­ge­bäu­de. Dem Ehe­paar war die Sicht auf die Frank­fur­ter Sky­line fort­an ver-sperrt. Das Ehe­paar trat vom Ver­trag zurück und ver­lang­te Rückabwicklung.

Das LG gibt der Kla­ge nahe­zu voll­stän­dig statt. Das OLG Frank­furt bestä­tigt die Entscheidung.

Das Ver­kaufs­pro­spekt war als Wer­bung i.S.v. § 434 Abs. 1 S. 3 BGB anzu­se­hen. Damit war als Beschaf­fen­heit ver­ein­bart, dass von den Wohn- und Außen­be-rei­chen ein unver­bau­ter Blick auf die Frank­fur­ter Sky­line vor­liegt. Die nach­fol-gen­de Bebau­ung hat die Sicht des Ehe­paa­res auf die Frank­fur­ter Sky­line jedoch erheb­lich ver­deckt. Die nach­träg­li­che Nach­bar­be­bau­ung durch den BT war somit eine nach­ver­trag­li­che, von die­sem zu ver­tre­te­ne Pflicht­ver­let­zung, die das Ehe­paar zur Rück­ab­wick­lung des Ver­tra­ges berechtigte.

Hin­weis:

Nach der Geset­zes­be­grün­dung spie­len Wer­be­aus­sa­gen bei der Her­stel­lung von Sachen eigent­lich kei­ne Rol­le; § 434 Abs. 1 S. 3 BGB ist damit eigent­lich nicht auf Bau­trä­ger­ver­trä­ge anwend­bar. Recht­spre­chung und Lite­ra­tur sehen dies jedoch größ­ten­teils ein­heit­lich anders. Inhalt und Umfang der Pflich­ten eines Bau­trä­gers erge­ben sich nicht nur aus der Bau­be­schrei­bung, son­dern auch aus Pro­spekt­ma-teri­al, das die berech­tig­ten Erwar­tungs­hal­tun­gen des Erwer­bers bestim­men kann. Es sind sogar ein­sei­ti­ge Vor­stel­lun­gen des Erwer­bers bezüg­lich des Inhal­tes des Ver­tra­ges maß­geb­lich, wenn der Bau­trä­ger auf­grund eige­ner oder ihm zure­chen-barer Kennt­nis des Wil­lens des Erwer­bers den Ver­trag abschließt. Sol­che Vor­stel­lun­gen kön­nen durch Äuße­run­gen von Ver­triebs­mit­ar­bei­tern her­vor­ge­ru-fen wer­den. Erst wenn sich der Bau­trä­ger kon­kret schrift­lich von Zusi­che­run­gen oder Äuße­run­gen Drit­ter in Bezug auf die kon­kre­te Bau­aus­füh­rung distan­ziert, dürf­te er nicht für even­tu­ell beim Erwer­ber gebil­de­te ein­sei­ti­ge Vor­stel­lun­gen haften.