OLG Schles­wig, Urteil vom 25.08.2023, Az: 1 U 85/21

Der Auf­trag­ge­ber (AG) beauf­tragt den Arbeit­neh­mer (AN) mit Sanitär‑, Hei­zungs- und Lüf­tungs­ar­bei­ten. Dazu gehört auch der Ein­bau einer Wohn­raum­be­lüf­tungs­an­la­ge. Nach Inbe­trieb­nah­me der Anla­ge rügt der AG, dass die­se zu laut sei. Er meint, es sei erkenn­bar gewe­sen, dass das neue Gebäu­de geho­be­nen Ansprü­chen genü­gen sol­le. Daher habe der AN zu einer Anla­ge raten müs­sen, die eine gerin­ge­re Schall­ent­wick­lung auf­weist. Der AN wen­det ein, er habe genau die beauf­trag­te Lüf­tungs­an­la­ge ein­ge­baut und dabei kei­nen erhöh­ten Schall­schutz berück­sich­ti­gen müssen.

Der AG erhebt Kla­ge und ver­langt Vor­schuss für die Man­gel­be­sei­ti­gung in Höhe von 15.000,00 €.

Mit Erfolg!

Das OLG meint, die ein­ge­bau­te Lüf­tungs­an­la­ge sei man­gel­haft, weil sie die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­ten Wer­te für Schall­emis­sio­nen nicht einhält.

Zwar sei kei­ne aus­drück­li­che Beschaf­fen­heit hin­sicht­lich des ein­zu­hal­ten­den Schall­schut­zes ver­ein­bart wor­den. Den­noch ergibt die Ver­trags­aus­le­gung, dass ein ein­zu­hal­ten­der Schall­schutz ver­ein­bart wor­den ist. Min­des­tens ver­spricht der Unter­neh­mer dem Bau­herrn still­schwei­gend die Ein­hal­tung der Regeln der Tech­nik. Für die Fra­ge, wel­cher Schall­schutz geschul­det ist, kommt es auf das Vor­stel­lungs­bild der Par­tei­en vom Bau­werk an. Es sind daher nicht in jedem Fall die Min­dest­an­for­de­run­gen an den Schall­schutz nach DIN 4109 ent­schei­dend. Beson­de­re Qua­li­täts­an­for­de­run­gen kön­nen sich aus dem Ver­trags­text erge­ben, aber auch aus erläu­tern­den und prä­zi­sie­ren­den Erklä­run­gen und sons­ti­gen ver­trags­be­glei­ten­den Umstän­den, den kon­kre­ten Ver­hält­nis­sen des Bau­werks und sei­nes Umfelds, dem qua­li­ta­ti­ven Zuschnitt, dem archi­tek­to­ni­schen Anspruch und der Zweck­be­stim­mung des Gebäudes.

All­ge­mein wird der Bau­herr eine Aus­füh­rung erwar­ten, die einem übli­chen Qua­li­täts- und Kom­fort­stan­dard ent­spricht. Das bedeu­tet in Bezug auf den Schall­schutz die Anwen­dung der Schall­schutz­stu­fen II und III der VDI-Richt­li­nie 4100 oder des Bei­blatts 2 zur DIN 4109.

Erhöh­ter Schall­schutz bedarf kei­ner aus­drück­li­chen Ver­ein­ba­rung, son­dern kann sich aus den Umstän­den erge­ben. Danach muss­te hier der AN eine Anla­ge anbie­ten, die geho­be­nen Anfor­de­run­gen an den Schall­schutz gerecht wird. Es war näm­lich erkenn­bar, dass es sich bei dem geplan­ten Haus um ein sol­ches geho­be­ner Bau­wei­se han­delt. Dies ergab sich schon allein aus dem Grund­riss des Gebäu­des und dem wohl recht üppi­gen Raum­pro­gramm. Auch die Lage des Gebäu­des sprach dafür, dass ein geho­be­ner Schall­schutz erwar­tet wurde.

Hin­weis:

Die Ent­schei­dung ent­spricht der BGH-Recht­spre­chung. Neben der Leis­tungs­be­schrei­bung sind auch Umstän­de des aus­ge­schrie­be­nen Vor­ha­bens für die Aus­le­gung des Ver­tra­ges bedeutsam.

OLG Schles­wig, Urteil vom 05.07.2023, Az: 12 U 116/22

Der Auf­trag­neh­mer (AN) errich­tet ein Metall­dach aus Alu­mi­ni­um. Unter der Alu­mi­ni­um­ein­de­ckung ver­legt er eine Mem­bran, die Feuch­tig­keit auf­sau­gen bzw. spei­chern kann. Der Auf­trag­ge­ber (AG) bean­stan­det die Mem­bran und behält Tei­le des Werk­lohns ein. Der AN bestrei­tet den Man­gel und erhebt Klage.

Ohne Erfolg!

Nach Ein­schät­zung bei­der Instan­zen und der beauf­trag­ten Sach­ver­stän­di­gen ist die strit­ti­ge Mem­bran für den Ein­satz unter einem Alu­mi­ni­um­dach unge­eig­net und damit nicht fachgerecht.

Durch die Mate­ri­al­ei­gen­schaf­ten der Mem­bran kann Kon­den­sat ent­ste­hen, das sowohl das Alu­mi­ni­um des Daches als auch das Holz der Unter­kon­struk­ti­on schä­di­gen wür­de. Vor Ort waren sol­che Schä­den aller­dings nicht festzustellen.

Es genügt jedoch für die Annah­me eines Man­gels, dass eine blo­ße Man­gel­ge­fahr vor­liegt, d. h., dass die Unge­wiss­heit besteht, ob wegen der Ver­wen­dung des für die­sen Zweck nicht gedach­ten Vlie­ses lang­fris­tig Feuch­tig­keits­schä­den drohen.

Hin­weis:

Die Ent­schei­dun­gen sind miss­ver­ständ­lich for­mu­liert. Es liegt nicht ledig­lich Man­gel­ge­fahr vor, son­dern bereits ein Man­gel, wenn die aus­ge­führ­te Bau­wei­se nicht fach­ge­recht ist. Dies gilt auch, wenn unklar ist, ob die man­gel­haf­te Bau­aus­füh­rung Fol­ge­schä­den verursacht.

Nicht fach­ge­recht aus­ge­führ­te Leis­tun­gen sind auch dann man­gel­haft, wenn sie kei­ne Fol­ge­schä­den befürch­ten las­sen. Auf die Fol­gen von Bau­män­geln kommt es allen­falls dann an, wenn der Unter­neh­mer gel­tend macht, die fach­ge­rech­te Man­gel­be­sei­ti­gung sei mit unver­hält­nis­mä­ßi­gen Kos­ten ver­bun­den. Bei der dann erfor­der­li­chen Abwä­gung spielt die Scha­dens­ge­fahr natür­lich eine maß­geb­li­che Rolle.

Jeden­falls ist ein Bau­man­gel nicht erst dann gege­ben, wenn eine feh­ler­haf­te Bau­wei­se das Risi­ko künf­ti­ger Schä­den erhöht.

OLG Düs­sel­dorf, Beschluss vom 05.09.2022, Az: 23 U 116/21

Der Auf­trag­ge­ber (AG) beauf­tragt den Arbeit­neh­mer (AN) mit Beschich­tungs­ar­bei­ten in einem Park­haus. Die­se Arbei­ten müs­sen auf­grund feh­len­der Mit­wir­kungs­hand­lun­gen des AG um zwei Mona­te ver­scho­ben werden.

Nach­dem die Arbei­ten dann auf­ge­nom­men wur­den, müs­sen sie nach eini­ger Zeit wegen des bevor­ste­hen­des Win­ters unter­bro­chen wer­den. Danach ist die Auf­nah­me der Arbei­ten wie­der­um nicht mög­lich, da Autos auf dem Park­deck ste­hen. Der AN legt ein Pri­vat­gut­ach­ten vor, wel­ches einen Ent­schä­di­gungs­an­spruch in Höhe von ca. 107.000,00 € errech­net. In die­sem Gut­ach­ten wird der Anspruch durch einen Ver­gleich der im Zeit­raum des Still­stands geplan­ten mit den tat­säch­li­chen Erlö­sen ermittelt.

Das Gut­ach­ten ist wertlos.

Das OLG bejaht zwar einen Annah­me­ver­zug und damit dem Grun­de nach einen Anspruch auf Ent­schä­di­gung nach § 642 BGB. Der AN habe aber nicht vor­ge­tra­gen, für wel­chen Zeit­raum er Betriebs­mit­tel unpro­duk­tiv bereit­ge­hal­ten habe und wel­che nutz­lo­sen Vor­hal­te­kos­ten dar­aus erwach­sen sei­en. Die Ermitt­lung des Anspruchs im Pri­vat­gut­ach­ten ent­spre­che nicht den Vor­ga­ben des BGH. Das Gut­ach­ten stel­le für den Stö­rungs­zeit­raum den geplan­ten Umsatz dem tat­säch­li­chen Umsatz gegen­über. § 642 BGB gewäh­re aber kei­nen Aus­gleich des ent­gan­ge­nen Umsat­zes oder der nicht erwirt­schaf­te­ten Ver­gü­tung. Anhand des Gut­ach­tens sieht sich das OLG auch außer­stan­de, den Scha­den zu schät­zen, da es hier­für an einer Schätz­grund­la­ge fehle.

Hin­weis:

Die Ent­schei­dung ent­spricht der Recht­spre­chung des BGH. Das Pri­vat­gut­ach­ten ist offen­sicht­lich unbrauch­bar. Es hät­te dar­ge­legt wer­den müs­sen, wel­che Pro­duk­ti­ons­mit­tel wann hät­ten ein­ge­setzt wer­den sol­len und in wel­chen Zeit­räu­men das wegen des Annah­me­ver­zugs nicht mög­lich war und wel­che Kos­ten hier­für ent­stan­den sind. Hier­zu ist eine nach­voll­zieh­ba­re, detail­lier­te Doku­men­ta­ti­on der nutz­lo­sen Vor­hal­tung erfor­der­lich. Gibt es kei­nen ver­ein­bar­ten Ter­min­plan, ist die Ter­min­pla­nung des AN maß­ge­bend. Auch hier­zu hat­te der AN nichts vorgetragen.

OLG Mün­chen, Beschluss vom 19.04.2021, Az: 28 U 7274/20 Bau

Der Auf­trag­ge­ber (AG) ist Ver­brau­cher und wider­ruft einen vor 10 Mona­ten abge­schlos­se­nen Ver­trag über eine Dach­ein­de­ckung. Der Dach­de­cker (AN) hin­ge­gen klagt 25.000,00 € Rest­ver­gü­tung ein.

Das LG weist die Kla­ge ab, da der AN den AG nicht ord­nungs­ge­mäß über sein Wider­rufs­recht belehrt habe.

Dar­auf­hin legt der AN Beru­fung ein. Ohne Erfolg!

Die Par­tei­en haben einen Außer-Geschäfts­raum-Ver­trag geschlos­sen. Man­gels einer Wider­rufs­be­leh­rung bestand ein Wider­rufs­recht für ein Jahr und 14 Tage ab Ver­trags­ab­schluss. Der Wider­ruf 10 Mona­te nach Ver­trags­ab­schluss erfolg­te damit recht­zei­tig. Durch den Wider­ruf gilt der Ver­trag als nicht geschlos­sen. Man­gels Beleh­rung erhält der AN für sei­ne bis dahin erbrach­ten Leis­tun­gen auch kei­nen Wer­ter­satz. Auch § 357e BGB hilft ihm nicht, da die­se Vor­schrift aus­schließ­lich bei Wider­ruf eines Ver­brau­cher­bau­ver­tra­ges gilt. Ein Ver­brau­cher­bau­ver­trag liegt aber nur dann vor, wenn der Unter­neh­mer mit dem Bau eines neu­en Gebäu­des oder mit erheb­li­chen Umbau­ar­bei­ten beauf­tragt wird und nicht bereits schon dann, wenn ein Ver­brau­cher einen Werk­un­ter­neh­mer beauf­tragt. Dach­de­cker­leis­tun­gen stel­len kei­ne erheb­li­chen Umbau­maß­nah­men dar.

Der AN hat auch kei­nen Anspruch auf Her­aus­ga­be der ver­bau­ten Mate­ria­li­en, weil die­se mit Mon­ta­ge wesent­li­cher Bestand­teil des Gebäu­des gewor­den sind und der AN hier­an sein Eigen­tum von Geset­zes wegen ver­lo­ren hat.

Hin­weis:

Der Wider­ruf trifft den Unter­neh­mer nir­gends so hart wie im Werk­ver­trags­recht. Der Ver­brau­cher kann die bis zum Wider­ruf erbrach­te Leis­tung „umsonst ein­strei­chen“, also auch Abschlags­zah­lun­gen zurück­ver­lan­gen. Die Her­aus­ga­be der ver­bau­ten Mate­ria­li­en schei­tert in der Regel an der Ver­bin­dung mit dem Gebäu­de und dem Eigen­tum des AG.

Beson­de­re Vor­sicht ist auch bei Bau­stel­len-Nach­trä­gen gebo­ten. Die­se unter­lie­gen als „Außer-Geschäfts­raum-Ver­trag“ eben­falls dem Widerrufsrecht.

Dem Unter­neh­mer kann nur emp­foh­len wer­den, den Ver­trag mit dem Ver­brau­cher in den eige­nen Geschäfts­räu­men zu schlie­ßen oder eben jeden Außer-Geschäfts­raum- und jeden Fern­ab­satz-Ver­trag ein­schließ­lich Nach­trä­gen mit Wider­rufs­be­leh­rung zu ver­se­hen und die Ertei­lung zu dokumentieren.

OLG Cel­le, Urteil vom 01.02.2023, Az: 3 U 60/22

Ein Notar beur­kun­det zwi­schen 2013 und 2015 zehn Bau­trä­ger­ver­trä­ge, wonach „mit der Prü­fung der Abnah­me­r­ei­fe ein vom zukünf­ti­gen Ver­wal­ter noch zu benen­nen­der Sach­ver­stän­di­ger beauf­tragt wird und die Erwer­ber zur Abnah­me ver­pflich­tet sind, wenn der Sach­ver­stän­di­ge kei­ne wesent­li­chen Män­gel, die die Gebrauchs­fä­hig­keit des Gemein­schafts­ei­gen­tums beein­flus­sen, fest­stellt“. Die Abnah­me des Gemein­schafts­ei­gen­tums in Anwen­dung die­ser Klau­sel erfolg­te am 03.11.2015.

In einem Pro­zess mit einem Erwer­ber wird der Bau­trä­ger dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die beur­kun­de­te Klau­sel unwirk­sam ist, wes­halb der Bau­trä­ger den Notar zu einer Erklä­rung dahin auf­for­dert, dass der Notar dem Bau­trä­ger die Schä­den erset­zen muss, die dem Bau­trä­ger durch die unwirk­sa­men Abnah­me­klau­seln entstehen.

Die Fest­stel­lungs­kla­ge hat Erfolg!

Der Notar hat sei­ne Hin­weis- und Beleh­rungs­pflich­ten ver­letzt. Er ist ver­pflich­tet, in allen Pha­sen sei­ner Tätig­keit den sichers­ten Weg zu gehen. Dazu gehört auch, AGB-Klau­seln, die zu Zwei­feln an ihrer Wirk­sam­keit Anlass geben, einer nähe­ren Prü­fung zu unter­zie­hen. Lässt sich die recht­li­che Wirk­sam­keit einer sol­chen Klau­sel nicht zwei­fels­frei klä­ren, darf der Notar das Rechts­ge­schäft erst dann beur­kun­den, wenn die Par­tei­en nach Beleh­rung über die offe­ne Rechts­fra­ge und das mit ihr ver­bun­de­ne Risi­ko auf Beur­kun­dung bestehen.

Die Klau­sel ist des­halb unwirk­sam, weil damit die Ent­schei­dungs­frei­heit der Erwer­ber­bei bei der Abnah­me des Gemein­schafts­ei­gen­tums ein­ge­schränkt wird. Ent­spre­chen­de Recht­spre­chung exis­tiert bereits seit 1985.

OLG Frank­furt, Beschluss vom 13.03.2023, Az: 21 U 52/22

Der Auf­trag­neh­mer (AN) soll für den Auf­trag­ge­ber (AG) Elek­tro­ar­bei­ten durch­füh­ren. Die VOB/B ist Ver­trags­be­stand­teil. Nach Abnah­me macht der AN mit Schluss­rech­nung vom 01.11.2016 offe­nen Rest­werk­lohn in erheb­li­cher Höhe geltend.

Dar­auf­hin wird die Schluss­rech­nung von dem vom AG beauf­trag­ten Inge­nieur­bü­ro als nicht prüf­bar zurück­ge­wie­sen. Der AN über­sen­det dar­auf­hin noch Auf­maß­un­ter­la­gen, wor­auf­hin die Rech­nung erneut als nicht prüf­bar zurück­ge­wie­sen wird. Die letz­te Zurück­wei­sung der Schluss­rech­nung erfolg­te am 02.12.2016.

Im Jahr 2020 ver­klagt der AN den AG auf Zah­lung des offe­nen Rest­werk­loh­nes. Der AG beruft sich auf Ver­jäh­rung. Er meint, die Rest­werk­lohn­for­de­rung sei bereits seit 2016 fäl­lig gewor­den, wes­halb die­se am 31.12.2019 verjährt.

Die Ver­jäh­rungs­ein­re­de hat Erfolg!

Der Werk­lohn ist nach Abnah­me und Über­mitt­lung der Schluss­rech­nung im Jahr 2016 fäl­lig gewor­den. Vor­aus­set­zung für die Fäl­lig­keit der For­de­rung ist neben der Abnah­me eine prüf­ba­re Schluss­rech­nung. Das Gericht stellt fest, dass die erteil­te Schluss­rech­nung prüf­bar war. Dar­an ändert auch die wie­der­hol­te Zurück­wei­sung durch den AG nichts.

Dem AG ist ins­be­son­de­re auch nicht die Ver­jäh­rungs­ein­re­de des­halb ver­wehrt, weil er sich mehr­fach auf die feh­len­de Prüf­bar­keit beru­fen hat. Wider­sprüch­li­ches Ver­hal­ten ist grund­sätz­lich zuläs­sig und nur dann rechts­miss­bräuch­lich, wenn für den Ande­ren ein Ver­trau­en­s­tat­be­stand geschaf­fen wor­den ist oder ande­re beson­de­re Umstän­de vorliegen.

OLG Saar­brü­cken, Urteil vom 10.11.2021, Az: 2 U 63/20

Ein Ehe­mann (E) schließt mit einem Han­dels­ver­tre­ter, der Herrn A ver­tritt, einen Ver­trag über die Lie­fe­rung und den Ein­bau von Fens­ter­ele­men­ten zu einem Gesamt­be­trag von 25.000,00 €. Der Han­dels­ver­tre­ter erteilt eine Quit­tung, in der es heißt: „Anzah­lung von 10.000,00 € von Fam. E an Herrn A für Fens­ter und Mon­ta­ge erhal­ten; Rest­be­trag von 15.000,00 € nach Ein­bau“. Die Fens­ter wer­den gelie­fert und ein­ge­baut und zwar von A. Die­ser erteilt am 21.09.2010 eine Rech­nung über 18.700,85 €. Davon zahlt E zunächst nur 15.000,00 € und spä­ter, obwohl sich bereits in den ver­putz­ten Fens­ter­lai­bun­gen Feuch­tig­keit zeigt, noch den Restbetrag.

Wie sich her­aus­stellt, sind die Fens­ter grob man­gel­haft ein­ge­baut, wes­halb E Kla­ge auf Kos­ten­vor­schuss zur Man­gel­be­sei­ti­gung in Höhe von ca. 22.000,00 €  erhebt. Im Pro­zess behaup­tet A das Vor­lie­gen einer „Ohne-Rech­nung-Abre­de“. Noch vor Ertei­lung sei­ner Rech­nung habe er von der Bar­zah­lung an den Han­dels­ver­tre­ter erfah­ren und von die­sem nach­träg­lich 4.000,00 € erhal­ten. Das Land­ge­richt ver­ur­teilt A trotz­dem zum Kos­ten­vor­schuss, wor­auf­hin A Beru­fung einlegt.

Die Beru­fung hat Erfolg!

Der Han­dels­ver­tre­ter hat A ver­tre­ten. Jeden­falls hat A mit der Ent­ge­gen­nah­me der 4.000,00 € vor Rech­nung­s­tel­lung das Han­deln des Han­dels­ver­tre­ters geneh­migt. Der Werk­ver­trag ist daher nich­tig, weil er gegen § 1 Abs. 2 Schwarz­ArbG verstößt.

Die Zah­lung der 10.000,00 € erfolg­te ohne Rech­nungs­er­stel­lung, wes­halb E erkannt haben muss­te, dass für die geleis­te­te Abschlags­zah­lung kei­ne Umsatz­steu­er berech­net wer­den soll­te und er hat dies zu sei­nem eige­nem Vor­teil aus­ge­nutzt. Das A zunächst nichts von der Abre­de wuss­te, ist uner­heb­lich, da er die­se nach­träg­lich geneh­migt hat, so dass ihm das Wis­sen des Han­dels­ver­tre­ters zuge­rech­net wird.

Obwohl sich die Abre­de nur auf einen Teil­be­trag bezieht, erfasst sie den gesam­ten Vertrag.

Da der Ver­trag ins­ge­samt nich­tig ist, hat E kei­ne Män­gel­rech­te und des­halb auch kei­nen Anspruch auf Kostenvorschuss.

Hin­weis:

Die Ent­schei­dung ent­spricht der herr­schen­den Mei­nung. Ohne-Rech­nung-Abre­den füh­ren wegen Ver­sto­ßes gegen gesetz­li­che Vor­schrif­ten zur Nich­tig­keit des Ver­tra­ges. Part­ner der­ar­ti­ger Ver­ein­ba­run­gen haben also kei­ner­lei Rechtsansprüche.

Bar­geld­zah­lun­gen ohne Rech­nung sind gewich­ti­ge Indi­zi­en für eine Schwarz­geld­ab­re­de. Fer­ner muss der Ver­stoß gegen das Schwarz­ArbG bei Gericht von Amts wegen berück­sich­tigt wer­den, d. h. auch ohne dass sich eine Par­tei dar­auf beru­fen hat. Das Ver­bot gilt nicht nur für Bau- son­dern auch Architektenverträge.

Auch ein feh­len­der Ein­trag in der Hand­werks­rol­le ist Schwarz­ar­beit und führt zur Nich­tig­keit des Ver­tra­ges, wenn von die­sem Umstand bei­de Ver­trags­par­tei­en Kennt­nis hatten.

OLG Hamm, Urteil vom 06.02.2023, Az: 2 U 78/22

Der Ver­käu­fer ver­kauft an den Käu­fer ein Sport­stu­dio für 35.000,00 €. Schrift­lich wird fest­ge­hal­ten, dass ein Betrag in Höhe von 5.000,00 € gezahlt wird. Die übri­gen 30.000,00 € soll­ten in bar gezahlt wer­den. Dann erklärt der Ver­käu­fer den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Der Käu­fer ver­klagt ihn auf Rück­zah­lung von 31.000,00  €. Er habe 1.000,00 € über­wie­sen und 30.000,00 € in bar über­ge­ben. Das Land­ge­richt ver­ur­teilt den Ver­käu­fer auf Rück­zah­lung. Der Ver­käu­fer legt hier­ge­gen Beru­fung ein.

Mit Erfolg!

Der Ver­trag ist nich­tig, wenn mit ihm Steu­ern ver­kürzt wer­den soll­ten. Damit lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen für das Ent­ste­hen eines Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis­ses (wirk­sa­mer Kauf­ver­trag) nicht vor.

Unter Bezug­nah­me auf die Recht­spre­chung des Bau­se­nats des BGH zur Schwarz­ar­beit ver­neint das OLG die Ver­pflich­tung zur Rück­zah­lung der gezahl­ten Beträ­ge. Ver­bots­wid­ri­ge Ver­ein­ba­run­gen ver­die­nen gene­rell kei­nen Schutz und füh­ren zur Nich­tig­keit des Ver­tra­ges. Den Par­tei­en eines ver­bots­wid­rig geschlos­se­nen Ver­tra­ges ste­hen weder Pri­mär- noch Sekun­där­an­sprü­che gleich aus wel­chem Rechts­grund zu.

Die­se Schutz­lo­sig­keit der Ver­trags­part­ner sei gewollt und die­ne der Ein­däm­mung sol­cher Rechts­ge­schäf­te. Der vor­lie­gen­de Fall sei auch des­halb mit Ver­stö­ßen gegen das Schwarz­ar­beits­be­kämp­fungs­ge­setz ver­gleich­bar, weil auch hier der Wett­be­werb ver­zerrt wur­de. Der Ver­käu­fer habe höher dotier­te Ange­bo­te abge­lehnt und sich für das güns­ti­ge­re Bar­an­ge­bot ent­schie­den. Durch die Geld­an­nah­me hat er gegen ein gesetz­li­ches Ver­bot ver­sto­ßen, so dass die Rück­for­de­rung aus­ge­schlos­sen sei.

Der VII. Zivil­se­nat des BGH (Bau­se­nat) hat die Recht­spre­chung auf­ge­ge­ben, wonach ein Behal­ten des Gel­des nicht mit Treu und Glau­ben ver­ein­bar sei. Dem folgt das OLG, da dies erfor­der­lich sei, um die Ziel­set­zung des Gesetz­ge­bers zu för­dern, die Steu­er­hin­ter­zie­hung und die damit ein­her­ge­hen­de Wett­be­werbs­ver­zer­rung einzudämmen.

Hin­weis:

Das vom OLG Hamm genann­te Argu­ment der Wett­be­werbs­ver­zer­rung dürf­te auch auf Immo­bi­li­en­ge­schäf­te unter Gewer­be­trei­ben­den anzu­wen­den sein.

OLG Hamm, Urteil vom 22.09.2022, Az: 24 U 65/21

Es soll in einem Wohn­haus der Boden erneu­ert wer­den. Der Auf­trag­neh­mer (AN) ist für die Her­stel­lung der Fuß­bo­den­hei­zung ver­ant­wort­lich. Nach­dem die Fuß­bo­den­hei­zung instal­liert und der Est­rich ver­legt ist, mel­det das dar­auf­fol­gen­de Gewerk Beden­ken an,  da sei­ner Auf­fas­sung nach die Funk­tio­na­li­tät des Boden­auf­baus nicht gege­ben ist. Die Ursa­che für die Funk­ti­ons­lo­sig­keit liegt dar­in begrün­det, dass der vor dem AN aus­füh­ren­de Vor­un­ter­neh­mer kei­ne Last­ver­tei­lungs­plat­ten unter der Fuß­bo­den­hei­zung ein­ge­baut hat. Der Auf­trag­ge­ber (AG) ver­langt dar­auf­hin vom AN (nicht vom Vor­ge­werk) Scha­dens­er­satz für die Kos­ten der Man­gel­be­sei­ti­gung, da er kei­nen Beden­ken­hin­weis erteilt hat.

Mit Erfolg!

Der AN kann sich nicht dar­auf beru­fen, dass der Vor­un­ter­neh­mer und nicht er die Last­ver­tei­lungs­plat­ten hät­te ver­bau­en müs­sen. Die Leis­tung des AN ist man­gel­haft, wenn die geschul­de­te Funk­ti­on nicht gege­ben ist. Der AN hät­te vor Aus­füh­rung dar­auf hin­wei­sen müs­sen, dass die vom Vor­ge­werk her­ge­stell­te Leis­tung, von der die Funk­ti­ons­fä­hig­keit sei­ner Werk­leis­tung abhängt, Feh­ler auf­weist. Da der AN selbst Fach­un­ter­neh­mer ist, hät­te er die Feh­ler des Vor­ge­werks erken­nen und anzei­gen müssen.

Es kommt auch kei­ne Ein­schrän­kung der Haf­tung wegen Mit­ver­schul­dens des AG in Betracht, denn der Vor­un­ter­neh­mer ist nicht Erfül­lungs­ge­hil­fe des AG. Auch der Ein­wand des Mit­ver­schul­dens, da eine für die Aus­füh­rung erfor­der­li­che Pla­nungs­un­ter­la­ge nicht vor­ge­le­gen habe, führt zu kei­nem ande­ren Ergeb­nis. Selbst wenn die Pla­nung vom AG nicht bei­gebracht wur­de, hät­te der AN dies­be­züg­lich Beden­ken anmel­den müs­sen, was nicht geschehen.

Hin­weis:

Die Ent­schei­dung ist rich­tig. Die Werk­leis­tung des AN ist nicht funk­ti­ons­fä­hig und daher man­gel­haft. Wenn dafür eine feh­ler­haf­te Leis­tung des Vor­un­ter­neh­mers ver­ant­wort­lich ist und er es hät­te erken­nen müs­sen, haf­tet er für sei­ne feh­ler­haf­te Werk­leis­tung uneingeschränkt.

OLG Hamm, Urteil vom 09.02.2023, Az: 24 U 77/21

Der Auf­trag­neh­mer (AN) soll auf der Grund­la­ge eines BGB-Ver­tra­ges Putz­ar­bei­ten an einer Gar­ten­mau­er aus­füh­ren. Die Flä­che wird vom Auf­trag­ge­ber (AG) mit ca. 102,86 m² ange­ge­ben. Als Werk­lohn wer­den 5.355,00 € ver­ein­bart. Vor Aus­füh­rung kommt es zu Pla­nungs­än­de­run­gen bezüg­lich der Mau­er. Nach deren Errich­tung sol­len die Putz­ar­bei­ten aus­ge­führt wer­den. Der AN mel­det wegen unzu­rei­chen­der Vor­ar­bei­ten Beden­ken an. Unter Berück­sich­ti­gung der gering­fü­gig ver­än­der­ten Flä­che der Gar­ten­mau­er unter­brei­tet der AN ein Nach­trags­an­ge­bot über 5.980,00 €. Er macht die Arbei­ten von der Beauf­tra­gung des Nach­tragsan­ge-botes abhän­gig. Der AG erklärt dar­auf­hin die Kün­di­gung und ver­langt Erstat­tung der Mehr­kos­ten, die durch die Beauf­tra­gung eines ande­ren Put­zers entstehen.

Der AN ist nicht berech­tigt gewe­sen, sei­ne Leis­tun­gen ein­zu­stel­len bzw. gar nicht erst mit der Leis­tung zu begin­nen. Soweit Vor­ar­bei­ten nicht ord­nungs­ge­mäß erfolgt sind, berech­tigt und ver­pflich­tet das zu einem Beden­ken­hin­weis. Der AN hat jedoch kei­nen Anspruch dar­auf, dass der AG sei­nen Beden­ken Rech­nung trägt. Viel­mehr besteht sei­ne Leis­tungs­pflicht grund­sätz­lich fort, soweit der AG trotz der geäu­ßer­ten Beden­ken die Aus­füh­rung der Leis­tung ver­langt. Dass die Aus­füh­rung der Leis­tung für den AN unzu­mut­bar gewe­sen sei, ist weder vor­ge­tra­gen noch ersicht­lich. Auch in Bezug auf die Ände­rungs­an­ord­nung war der AN nicht zur Leis­tungs­ver­wei­ge­rung berechtigt.

Es kann zwar unzu­mut­bar sein, dass der AN mit sei­nen Leis­tun­gen beginnt, wenn der AG eine tat­säch­lich bestehen­de zusätz­li­che Ver­gü­tungs­pflicht von vorn­her­ein end­gül­tig in Abre­de stellt und des­halb davon aus­zu­ge­hen ist, dass die Ver­gü­tung vom AN gericht­lich durch­ge­setzt wer­den muss.

Dabei ist aber eine Abwä­gung der wech­sel­sei­ti­gen Inter­es­sen vor­zu­neh­men. Tat­säch­lich dürf­te eine der­ar­ti­ge Leis­tungs­ver­wei­ge­rung nur in sel­te­nen Fäl­len mög­lich sein.

Hin­weis:

Ent­ste­hen wäh­rend der Ver­trags­durch­füh­rung Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten müs­sen auf­grund des bestehen­den Koope­ra­ti­ons­ge­bo­tes die Ver­trags­part­ner grund­sätz­lich zunächst ver­su­chen, ihre Dif­fe­ren­zen auf dem Ver­hand­lungs­weg bei­zu­le­gen. Bei strit­ti­gen Nach­trä­gen gilt zudem der Grund­satz, dass Bau­fort­schritt vor Ver­gü­tungs­si­cher­heit geht. Der AN soll­te des­halb sorg­fäl­tig über­le­gen, ob er tat­säch­lich sei­ne Arbei­ten wegen einer nicht erfolg­ten Nach­trags­be­auf­tra­gung ein­stellt. Soll­te sich im Nach­hin­ein her­aus­stel­len, dass er dazu nicht berech­tigt gewe­sen ist, ris­kiert er wegen einer even­tu­el­len Ver­trags­kün­di­gung des AG hohe Schadensersatzansprüche.