Anmerkung zu: OLG Naumburg vom 21.03.2012, 5 U 226/11

Der Architekt (A) plant auf der Grundlage eines durch den von ihm beauftragten Tragwerksplaner erstellten Standsicherheitsnachweises einen Tankplatz, der 40 t schwere Lkw aushalten muss. Nach Fertigstellung treten großflächige Risse auf. Der Auftraggeber (AG) nimmt den A auf Sanierungskosten in Höhe von 74.000,00 € in Anspruch. A beruft sich auf schadensursächliche Fehler des Standsicherheits-nachweises. Dieser habe unter mehreren groben und offensichtlichen Fehlern gelitten.

Der A wird in voller Höhe zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Seine Planung ist mangelhaft, da der Platz den vereinbarten Lasten nicht standhält. Er kann sich auf die statischen Berechnungen des von ihm beauftragten Tragwerksplaners nur verlassen, wenn dieser allein über die besonderen Fachkenntnisse verfüge. Es sei für bestimmte Bereiche oder Gewerke ein Sonderfachmann beauftragt, habe der A die Leistungen des anderen im Rahmen der von ihm zu erwartenden Kenntnisse zu prüfen. Die von A im Prozess selbst vorgetragenen groben Mängel hätten dem Objektplaner nicht verborgen bleiben dürfen.

Hinweis:
Der Objektplaner muss sich regelmäßig das Verschulden des Tragwerksplaners als Erfüllungsgehilfen gegenüber dem Auftraggeber zurechnen lassen.

 

Anmerkung zu: OLG München, Urteil vom 13.03.2012, 9 U 2658/11

Der Unternehmer (U) soll für den Auftraggeber (AG) eine Heizungsanlage er-neuern. Zum Abnahmetermin rügt ein Privatgutachter Mängel an der Heizungs-anlage. Mit Anwaltsschreiben übersendet der AG dem U das Gutachten des Sach-verständigen und kündigt zugleich das bestehende Vertragsverhältnis fristlos. In diesem Schreiben wird außerdem angekündigt, dass die Mangelbeseitigung von einem anderen Unternehmer ausgeführt wird. Der AG ist der Meinung, dass eine nochmalige Fristsetzung zur Mangelbeseitigung entbehrlich ist, da U bereits erfolglos Mangelbeseitigungsarbeiten durchgeführt hat. Bereits 14 Tage nach dem Kündigungsschreiben werden die Ersatzvornahmearbeiten ausgeführt.

Die Ersatzvornahmekosten macht der AG erfolglos gerichtlich geltend. Das OLG führt aus, dass die Voraussetzungen für die Erstattung von Selbstvornahmekosten nicht vorliegen, da der AG die nach § 637 Abs. 1 BGB erforderliche Frist zur Nacherfüllung nicht gesetzt hat. Erst nach fruchtlosem Ablauf der angemessenen Frist zur Nacherfüllung kann der AG die sekundären Mängelrechte geltend machen.

Die Fristsetzung war vorliegend auch nicht entbehrlich. Es gab weder eine end-gültige Verweigerung der Nacherfüllung noch lag eine Unzumutbarkeit der Nach-besserung vor. Jedenfalls hätte der AG zur Darlegung der Entbehrlichkeit einer Fristsetzung vortragen müssen, welche konkreten Mängel bereits gerügt worden waren, zu welchem Zeitpunkt die Mängelrüge erfolgte und welche Tätigkeit der U daraufhin entfaltete, um die genaue Zahl, Art und Schwere von Mängeln und die Reaktion des U verlässlich beurteilen zu können.

Hinweis:
Das Recht des U zur Nacherfüllung wird nur in wenigen Ausnahmefällen einge-schränkt. Die Beweislast für diese Ausnahmefälle trägt regelmäßig der AG. Aus diesem Grund sollte eine konkrete Aufforderung zur Mangelbeseitigung immer mit einer Fristsetzung verbunden werden.

 

Anmerkung zu: OLG München, Beschluss vom 22.02.2012, 9 U 3562/11

Der Architekt (A) soll eine beheizbare Tiefgaragenrampe planen, deren Boden-platte gegen drückendes Wasser abzudichten war. Die Heizung sollte direkt in die Bodenplatte eingebaut werden. Um eine wasserundurchlässige Bauweise zu er-reichen, sollten auftretende Risse zunächst hingenommen und anschließend mit-tels Bohrlochinjektionen verpresst werden. Eine rissbreitenbegrenzende Beweh-rung war nicht vorgesehen.

Es kommt zu Wassereinbrüchen in dieser Rampe. Nachträgliche Abdichtungs-maßnahmen, wie z. B. eine Bohrlochinjektage, scheiden aus, weil sie die Heizung zerstören, oder – mangels erfolgter Rissbreitenbeschränkung – keine sichere Ab-dichtung mehr gewährleisten.

A wird auf Schadensersatz für Abriss und Neuherstellung in Anspruch genommen. Er verteidigt sich damit, dass durch Einbau einer 15 cm starken Innenwand und einer zusätzlichen Bodenplatte die Rampe nachbesserungsfähig sei.

Ohne Erfolg!

Die mit einem Restrisiko behaftete Werkleistung wird der Erfolgshaftung des A nicht gerecht. Er schuldet ein dauerhaftes mangelfreies und funktionstaugliches Werk. Der Besteller braucht sich nicht auf eine Nachbesserung einzulassen, für welche nicht sicher prognostiziert werden kann, dass tatsächlich ein dichtes Bauwerk entsteht. Ob die Rampe mittels nachträglicher Innenwand und zweiter Bodenplatte abgedichtet werden kann, kann dahinstehen, denn eine solche Maßnahme weiche eklatant von den vertraglichen Vereinbarungen ab und liefe auf eine Vertragsänderung hinaus, welche der Besteller nicht akzeptieren muss. Vielmehr kann er darauf bestehen, dass alle Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarung durch Nachbesserung erfüllt werden. Daher ist Abriss und Neuherstellung gerechtfertigt.

Hinweis:
Wenn das vertraglich geschuldete Werk nur durch Neuherstellung hergestellt werden kann, kommt eine andere Form der Nachbesserung nicht in Betracht. Der Besteller kann verlangen, dass alle Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarung durch die Nachbesserung auch erfüllt werden und ist deshalb berechtigt, von der vertraglich vereinbarten Optik Abweichendes abzulehnen. Der mangelbedingte Minderwert kann nach den für die vertragsgemäße Herstellung notwendigen Aufwendungen berechnet werden. Deshalb sind auch die Kosten der Neuherstellung erstattungsfähiger Schaden.

 

Anmerkung zu: OLG Koblenz, Urteil vom 21.12.2011, Az: 1 U 158/11

Der Architekt war mit Leistungen der Leistungsphasen 1 – 8 gemäß § 15 HOAI 1996 beauftragt. Nach Abschluss seiner Tätigkeit rechnete er nach den Mindestsätzen der HOAI ab und stellte 70.000,00 € in Rechnung. Der Bauherr verweigert unter Berufung auf eine Honorarvereinbarung die Zahlung.

Der Bauherr muss zahlen!

Zwar verhält sich ein Architekt widersprüchlich, wenn er nach Mindestsätzen abrechnet, obwohl er bei Abschluss der Honorarvereinbarung gewusst hat, dass entweder das Schriftformerfordernis nicht eingehalten wird oder die Mindestsätze in unzulässiger Weise unterschritten werden. Nach Treu und Glauben kann der Bauherr aber nur dann auf die Einhaltung einer unwirksamen Honorarverein-barung bestehen, wenn er schutzwürdig ist.

Hiervon ist auszugehen, wenn er auf die Wirksamkeit der Absprache vertraut hat und vertrauen durfte und die Zahlung der Differenz für ihn unzumutbar ist. Der Bauherr verfügte über Bauerfahrung und war anwaltlich begleitet und beraten worden. Als erfahrener und sachkundiger Bauherr könne er für sich kein schutzwürdiges Vertrauen in eine mündliche und den Mindestsatz unterschreitende Honorarabsprache in Anspruch nehmen.

Hinweis:
Die Entscheidung entspricht ständiger Rechtsprechung. Allerdings hat der BGH auch in einem Fall trotz positiver Kenntnis des AG vom Mindestsatzverstoß dem Planer die Abrechnung nach Mindestsätzen untersagt. Grund hierfür war die ständige Geschäftspraxis zwischen den Parteien, Verträge unterhalb der Mindestgrenze abzuschließen.

Insgesamt kommt eine Bindung an eine unwirksame Honorarvereinbarung nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht.