Anmer­kung zu: OLG Hamm, Urteil vom 30.07.2013, Az. 21 U 84/12

Ein Tief­bau­un­ter­neh­mer macht Ent­schä­di­gungs­an­sprü­che nach § 642 BGB gel­tend. Sei­ne Boden­aus­hub­ar­bei­ten soll­ten auf Abbruch­ar­bei­ten auf­bau­en, die ver­spä­tet erfolgt sind. Unter ande­rem wird gel­tend gemacht, dass ver­zö­ge­rungs­be­dingt erhöh­te Depo­nie­kos­ten ange­fal­len sind. Er habe mit zwei Depo­nien zeit­lich befris­te­te Son­der­kon­di­tio­nen aus­ge­han­delt. Auf­grund der ver­spä­te­ten Vor­leis­tung hät­ten Nor­mal­kon­di­tio­nen bezahlt wer­den müssen.

Der Auf­trag­ge­ber (AG) wen­det ein, dass der Auf­trag­neh­mer (AN) auf­grund der Grö­ße des Bau­ge­län­des ohne wei­te­res in der Lage gewe­sen wäre, dort zur glei­chen Zeit mit dem Vor­un­ter­neh­mer, dem der Abbruch oblag, Boden­aus­hub­ar­bei­ten vorzunehmen.

Ent­schei­dung:

Das OLG Hamm hält den Sach­vor­trag, dass die Boden­aus­hub­ar­bei­ten auf den Abbruch­ar­bei­ten auf­bau­en soll­ten, nicht für aus­rei­chend. Der AN muss dar­le­gen ob und inwie­weit die­se Stö­rung tat­säch­lich auch zu einer Behin­de­rung bei der Aus­füh­rung der eige­nen Arbei­ten geführt hat. Art und Umfang der Behin­de­rung sind zudem mög­lichst kon­kret zu beschrei­ben. Es muss außer­dem vor­ge­tra­gen wer­den, wie lan­ge die Behin­de­rung ange­dau­ert hat. Zum schlüs­si­gen Sach­vor­trag gehö­ren dabei auch Tat­sa­chen, die gegen eine rele­van­te Behin­de­rung etwa auf­grund der Mög­lich­keit zur Arbeits­um­stel­lung sprechen.

Prin­zi­pi­ell stel­len ver­zö­ge­rungs­be­dingt ange­fal­le­ne höhe­re Depo­nie­kos­ten einen ersatz­fä­hi­gen Nach­teil dar.

Hin­weis:
Die Aus­füh­run­gen des OLG Hamm zur Sub­stan­ti­ie­rungs­pflicht bei Bau­ab­lauf­stö­run­gen sind zutref­fend. Es muss jedem AN nahe­ge­legt wer­den, die Stö­rung und die Aus­wir­kun­gen auf den Bau­ab­lauf mög­lichst genau zu dokumentieren.

Für die Berech­nung der Ent­schä­di­gung nach § 642 BGB ist noch nicht geklärt, ob ein Aus­gleich für die Dau­er des Annah­me­ver­zugs geleis­tet wer­den muss oder auf­grund des Annahmeverzuges.

Anmer­kung zu: OLG Stutt­gart, Urteil vom 29.11.2011, Az: 10 U 58/11 — BGH, Beschluss vom 16.05.2013, Az: VII ZR 256/11

Der AN ist mit Rohr­vor­triebs­ar­bei­ten beauf­tragt. Am 12.05. teilt der AG mit, dass sich die Vor­triebs­stre­cke ver­län­gert. Der AN bestellt dar­auf­hin zusätz­li­che Roh­re, die er erst am 02.06. gelie­fert erhält. Er mel­det am 26.05. Behin­de­rung an und stellt die Arbei­ten ein, da alle ver­füg­ba­ren Roh­re ver­baut sind. Vom AG ver­langt der AN Ersatz sei­ner Stillstandskosten.

Mit Erfolg!

Dass die Anzei­ge vom 26.05. ver­spä­tet erfolgt ist, steht dem nicht ent­ge­gen. Der AN hat die Behin­de­rung unver­züg­lich anzu­zei­gen, damit der AN hier gege­be­nen­falls abhel­fen und Schä­den ver­mei­den kann. Des­halb ist eine Mit­tei­lung erfor­der­lich, sobald der AN die Behin­de­rung erkennt oder eine begrün­de­te Ver­mu­tung besteht. Der AN hät­te hier ange­sichts der übli­chen Lie­fer­zei­ten schon bei Anord­nung der zusätz­li­chen Leis­tun­gen Behin­de­rung anmel­den können.

Der AG hät­te der Behin­de­rung aber auch bei frü­he­rer Anzei­ge nicht abhel­fen kön­nen. Des­halb wirkt sich die ver­spä­te­te Anzei­ge nicht aus und der AN erhält die ent­spre­chen­den Kos­ten erstattet.

Hin­weis:
Nach § 6 Abs. 1 VOB/B ist eine Behin­de­rungs­an­zei­ge immer erfor­der­lich. Wird sie unter­las­sen, hat der AN nur Anspruch auf Berück­sich­ti­gung der behin­der­ten Umstän­de, wenn die­se offen­kun­dig sind. Wei­te­re Aus­nah­men sind nicht vor­ge­se­hen. Es erscheint daher zwei­fel­haft, wenn das OLG eine Behin­de­rungs­an­zei­ge auch dann für ent­behr­lich hält, soweit die Behin­de­rung ohne­hin nicht besei­tigt wer­den kann. Außer­dem dient die Behin­de­rungs­an­zei­ge nicht nur dazu, dem AG Gele­gen­heit zur Abhil­fe zu geben. Er soll auch infor­miert und gewarnt werden.

Anmer­kung zu: OLG Naum­burg, Urteil vom 14.03.2013, Az: 2 U 44/12

Der Auf­trag­ge­ber (AG) erteil­te dem Auf­trag­neh­mer (AN) den Zuschlag zur Erbrin-gung von Stra­ßen­bau­ar­bei­ten. Das Ver­ga­be­ver­fah­ren hat­te sich ver­zö­gert. Im Auf-trag­s­schrei­ben wur­de vom AG als neue Aus­füh­rungs­frist der Zeit­raum 17.10.2005 – 03.03.2006 ange­ge­ben. Es wur­de eine Ver­trags­stra­fe in Höhe von 0,1% der Ab-rech­nungs­sum­me für jeden Werk­tag des Ver­zu­ges des AN ver­ein­bart. AN und AG einig­ten sich nach wit­te­rungs­be­ding­ter Unter­bre­chung der Arbei­ten auf den 10.07.2006 als neu­en Fer­tig­stel­lungs­ter­min. Tat­säch­lich fer­tig­ge­stellt waren die Arbei­ten am 19.08.2006.

Der AN leg­te Schluss­rech­nung. Der AG behielt unter Hin­weis auf die Ver­trags­s­tra-fen­re­ge­lung die Ver­trags­stra­fe ein. Die­sen ein­be­hal­te­nen Betrag klag­te der AN ein.

Die Kla­ge blieb in bei­den Instan­zen erfolglos!

Die Rest­werk­lohn­for­de­rung des AN war durch Auf­rech­nung mit dem Ver­trags-stra­fen­an­spruch des AG erlo­schen. Die Ver­trags­stra­fen­re­ge­lung war nach Auf­fas-sung des OLG zunächst wirk­sam. Sie galt dar­über hin­aus auch für die neue Aus­füh­rungs­frist. Das OLG stell­te dabei dar­auf ab, dass bei der Fest­le­gung des neu­en Fer­tig­stel­lungs­ter­mi­nes expli­zit nicht über die Ver­trags­stra­fen­re­ge­lung gespro­chen wur­de. Das OLG kommt zu dem Schluss, dass die Ver­trags­stra­fen­re­ge­lung des­halb ter­min­neu­tral ver­ein­bart wur­de und damit auch auf den neu­en End­fer­tig­stel­lungs-ter­min anwend­bar sein sollte.

Hin­weis:
Im vor­lie­gen­den Fall kam das OLG Naum­burg durch Aus­le­gung zu dem Ergeb­nis, dass die Ver­trags­stra­fen­re­ge­lung fort­gel­ten soll. Dem AG ist es daher jeder­zeit zu raten, eine aus­drück­li­che Rege­lung hier­über zu tref­fen. Aus Auf­trag­neh­mer­sicht ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass bei einer von ihm nicht zu ver­tre­te­nen Bau­zeit­ver­län­ge-rung eine an einen bestimm­ten Kalen­der­tag geknüpf­te Ver­trags­stra­fe grund­sätz-lich ihre Wir­kung ver­liert. Es dürf­te im Fal­le einer Ter­min­über­schrei­tung dann schon kein Ver­zug vorliegen.

Anmer­kung zu: OLG Düs­sel­dorf, Urteil vom 19.02.2013; Az: 21 U 24/12

Der AN soll eine Stütz­wand errich­ten. Die Gel­tung der VOB/B wird nicht ver­ein­bart. Das Mate­ri­al hat der AG bereit­zu­stel­len und er kün­digt an, den Beton am 22.05.2007 um 09:00 Uhr zu lie­fern. Die Mit­ar­bei­ter des AN sind um die­se Zeit auf der Bau­stel­le. Tat­säch­lich erfolgt die Beton­lie­fe­rung erst am 31.05.2007. Der AN macht mit sei­ner Kla­ge unter ande­rem War­te­zei­ten für den Bag­ger und das Per­so­nal gel­tend. Der AG ist der Ansicht, dass er nicht zu einer punkt­ge­nau­en Lie­fe­rung ver­pflich­tet gewe­sen sei. Außer­dem sei kei­ne Behin­de­rung ange­zeigt worden.

Das OLG gibt dem AN eine ange­mes­se­ne Ent­schä­di­gung für die War­te­zei­ten auf der Bau­stel­le gemäß § 642 BGB und begrün­det dies damit, dass es an einer Mit­wir­kungs­hand­lung des AG feh­le. Für die Begrün­dung des Annah­me­ver­zu­ges reicht es aus, dass der AN sei­ne Leis­tun­gen ange­bo­ten hat, indem er sich auf der Bau­stel­le befun­den hat. Eine Behin­de­rungs­an­zei­ge ist dar­über hin­aus nicht erfor­der­lich. Der BGH hat dies nur dann für einen Annah­me­ver­zug gefor­dert, wenn die VOB/B ver­ein­bart ist.

Die Höhe des Anspru­ches wur­de vom Gericht geschätzt.

Hin­weis:
Ob § 642 BGB gene­rell einen Ver­gü­tungs- oder Scha­dens­er­satz- oder einen Anspruch eige­ner Art gewährt, ist umstrit­ten. Ent­schie­den ist ledig­lich, dass die Ent­schä­di­gung als ein Ent­gelt i.S.v. § 10 Abs. 1 UStG anzu­se­hen ist.

Eben­falls umstrit­ten ist, wie ein Anspruch nach § 642 BGB bezif­fert wer­den muss. Die hier behan­del­te Ent­schei­dung lässt den Ein­tritt einer kon­kre­ten War­te­zeit aus­rei­chen. Dem­ge­gen­über ver­langt das KG die Dar­le­gung, wel­che Aus­wir­kun­gen ein Annah­me­ver­zug auf den Bau­ab­lauf hat. Das OLG Dres­den macht kei­nen Unter­schied zu einem Anspruch nach § 6 Abs. 6 VOB/B und for­dert eine ver­glei­chen­de Dar­stel­lung zwi­schen Ver­mö­gens­si­tua­ti­on ohne Ver­zug und der tat­säch­li­chen Ver­mö­gens­si­tua­ti­on infol­ge des Ver­zu­ges. Eine Ent­schei­dung des BGH zu die­sem The­ma gibt es nicht, so dass erheb­li­che Unsi­cher­heit vor­han­den ist.