Anmerkung zu: BGH, Urteil vom 23.11.2017 – VII ZR 34/15

Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer (AN) streiten unter anderem nach wechselseitig erklärten Kündigungen über die Wirksamkeit dieser. Der AN forderte eine Sicherheit gemäß § 648 a BGB a.F. Der AG stellte diese nicht, woraufhin der AN gemäß § 648 a Abs. 5 Satz 1 BGB a. F. fristlos kündigte. Der AG wendet ein, der AN habe das Sicherungsverlangen lediglich als Druckmittel für Verhandlungen benutzt. Der AN hätte damit gegen das bauvertragliche Kooperationsgebot verstoßen. Der AN hätte das Sicherungsverlangen zunächst nur für den Fall der Nichteinigung zwischen den Parteien androhen müssen und erst nach Scheitern der Verhandlungen das Sicherungsverlangen stellen dürfen.

Das OLG vertritt die Auffassung, die auf § 648 a Abs. 5 Satz 1 BGB gestützten Kündigungen seien wegen unzulässiger Rechtsausübung nach § 242 BGB in Verbindung mit einem Verstoß gegen das bauvertragliche Kooperationsgebot unwirksam.

Der BGH sieht das anders!

Der BGH stellt auf die gesetzgeberische Intension bei Abfassung des § 648 a BGB a. F. ab. Gesetzeszweck war, dem Unternehmer schnellstmöglich und effektiv eine Sicherheit für die vereinbarte und nicht gezahlte Vergütung zu verschaffen. Deshalb stellt es nach dem BGH keine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn der Unternehmer neben dem Sicherungsverlangen an sich auch andere Motive verfolgt.

Ausdrücklich jedoch nicht entschieden hat der BGH, ob der Anwendungsbereich des § 648 a BGB in Fällen des offensichtlichen Rechtsmissbrauchs tatsächlich zu begrenzen ist.  

Das Urteil bestätigt erneut, dass das Sicherungsverlangen nach § 648 a BGB des Unternehmers „schärfstes Schwert“ ist. Die Regelung des § 648 a BGB a.F. ist nunmehr in § 650 f BGB zu finden. Dieses Urteil kann mithin auch zur Auslegung des neuen § 650 f BGB herangezogen werden.

 

Anmerkung zu: OLG Oldenburg, Urteil vom 21.11.2017, Az: 2 U 73/17

Ein selbstständiger Architekt vereinbart mit einem anderen Architekten als AG, dass er für diesen als freier Mitarbeiter auf Stundenhonorarbasis tätig sein wird. Nebenbei führt er ein eigenes Büro weiter. Die jeweiligen Beauftragungen erfolgen mündlich oder per E-Mail. Sechs Bauvorhaben rechnet der Architekt zunächst mit dem vereinbarten Stundenhonorar ab. Als sich die beiden Architekten streiten und die Zusammenarbeit beenden, stellt der Architekt aber eine Schlussrechnung auf Grundlage der HOAI und verlangt 178.000,00 € vom AG.

Mit Erfolg!

Die Feststellungen zur Höhe der Forderung überlässt das OLG dem Landgericht. Es hält aber an einem Grundurteil fest, dass der Anspruch dem Grunde nach besteht. Der Architekt hat gegen den AG einen Vergütungsanspruch für erbrachte Architektenleistungen nach den Mindestsätzen der HOAI. Mangels schriftlicher Vereinbarungen gelten diese trotz der Stundenhonorarabrede als vereinbart, was sich aus § 7 Abs. 5 HOAI ergibt. Eine Unterschreitung der Mindestsätze käme nicht in Betracht. Ein Ausnahmefall liege nicht vor, unabhängig davon, dass auch eine schriftliche Vereinbarung fehlt. Bei einseitiger Bindung eines Architekten durch den AG und wirtschaftlicher Abhängigkeit käme ein Ausnahmefall im wirtschaftlichen Bereich in Frage. Dagegen spricht aber schon die Fortführung des eigenen Büros durch den Architekten während der Mitarbeit beim AG.

Außerdem wäre auch eine Änderung der Vereinbarung nach Beendigung der Architektentätigkeit unterhalb der Mindestsätze grundsätzlich möglich. In einer Abrechnung nach Stundenhonorar und der Bezahlung kann aber kein Erlass der Forderung gesehen werden. Das Verhalten des Architekten sei auch nicht treuwidrig oder rechtsmissbräulich. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass der AG selbst Architekt ist, dem daher die Regelungen des § 7 HOAI bekannt sind.

 

Anmerkung zu: BGH, Urteil vom 14.11.2017 – VII ZR 65/14

Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) unter Abänderung eines bereits 2006 geschlossenen VOB/B-Vertrages im März 2007 mit der Errichtung von drei Hallen. Vereinbart wird ein Festpreis von 770.000,00 €. Für die Hallen ist in der Gebäudebeschreibung eine Schneelast von 80 kg/m² angegeben. Dies entsprach den Vorgaben der DIN 1055-5 und der im Jahr 2006 erteilten Baugenehmigung. Die DIN 1055-5 wurde geändert. Die geänderte Fassung ist vorab im Jahr 2005 im Weißdruck erschienen und sieht eine Schneelast von 139 kg/m² vor. Die Hallen wurden bis August 2007 errichtet. Nach Errichtung kommt es zu einer Durchbiegung der Dachkonstruktion. Einer Aufforderung zur Mangelbeseitigung kam der AN nicht nach. Folglich verlangt der AG Vorschuss zur Mangelbeseitigung in Höhe von 856.800,00 €. Er verlangt Ertüchtigung der Dachkonstruktion unter Berücksichtigung der in der geänderten DIN vorgesehenen Schneelast.

Das OLG gibt dem AG dem Grunde nach Recht. Der AN legt Revision ein. Die Revision hat teilweise Erfolg! Der BGH führt aus, dass das Werk den allgemeinen anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme zu entsprechen hat.

Dies gilt grundsätzlich auch bei einer Änderung der anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme. In einem solchen Fall muss der AN Bedenken anmelden. Ist dies erfolgt, kann der AG entscheiden, ob die neuen anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden sollen oder nicht und kann somit einer Verteuerung des Bauvorhabens entgegensteuern. Diesbezüglich waren die Feststellungen des OLG lückenhaft. Der Rechtsstreit wurde zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen. Das OLG wird nochmals zu überprüfen haben, ob die Parteien tatsächlich eine vertragliche Vergütungsvereinbarung getroffen haben, die nur auf die Berücksichtigung einer Schneelast von 80 kg/m² bezogen war und ob demzufolge der zusätzliche Herstellungsaufwand, der nicht von dieser Vergütungsvereinbarung erfasst war, das Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung derart stört, dass dem AN eine Nachtragsvergütung zusteht.

Damit ist festzuhalten, dass für den Fall, dass der AG auf Einhaltung der neuen anerkannten Regeln der Technik besteht und ein kostenaufwendigeres Verfahren zur Herstellung erforderlich wird, er dem AN die diesbezüglich entstehende Zusatzvergütung gemäß § 2 Abs. 5 oder 6 VOB/B zu zahlen hat.