OLG Hamburg, Urteil vom 27.11.2020, Az: 8 U 7/20

Der AN soll Bodenbelagsarbeiten zu einem Pauschalpreis ausführen. Die Leistungen sollen spätestens Ende März bzw. Anfang Mai 2015 vom AG abgerufen werden. Wegen verzögerter Vorgewerke kann der AN die Arbeiten erst ab Februar 2016 ausführen. Er verlangt deshalb wegen gestiegener Materialpreise eine um 7,5 % erhöhte Vergütung.

Erfolglos!

Ein Mehrvergütungsanspruch steht dem AN bereits deshalb nicht zu, weil die Störung des Vertrages wegen der Verzögerung der Bauausführung nicht als Anordnung des AG gewertet werden kann. Der AN hat deshalb keinen Mehrvergütungsanspruch aus § 1 Abs. 3 i. V. m. § 2 Abs. 5 VOB/B.

Gleiches gilt für die Mitteilung des AG, es lägen veränderte Bauzeitumstände vor.

Es besteht auch kein Schadensersatzanspruch, weil dieser Verschulden des AG voraussetzen würde. Der AG muss sich aber das Verschulden des Vorunternehmers nicht zurechnen lassen.

Ein Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB scheitert daran, dass dieser Entschädigungsanspruch nicht die Mehrkosten umfasst, die erst nach Beendigung der Bauablaufstörung anfallen.

Hinweis:

Bauzeitnachträge sind regelmäßig sehr schwierig durchzusetzen. Der AN sollte deshalb auch eine Kündigung des Vertrages wegen Annahmeverzug (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B) in Betracht ziehen. Diese Kündigungsmöglichkeit besteht neben der Kündigungsmöglichkeit aus § 6 Abs. 7 VOB/B und setzt keine dreimonatige Unterbrechung voraus. Die Kündigung ist gemäß § 9 Abs. 2 S. 2 VOB/B erst zulässig, wenn dem AG ohne Erfolg eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung gesetzt und die Kündigung angedroht wurde.

OLG München, Beschluss vom 23.10.2020, Az: 27 U 2211/20 Bau

Der Erwerber eines im Rahmen eines Bauträgervertrages errichteten Reihenhauses stellt Mängel fest und lässt diese Mängel durch Privatgutachten dokumentieren. Die Mängel werden vom Bauträger nicht beseitigt. Vom Kaufpreis in Höhe von 420.000,00 € macht der Erwerber deshalb 33.800,00 € Einbehalt geltend und verlangt Übertragung des Eigentums. Der Bauträger bestreitet die Mängel und ist der Meinung, dass der Einbehalt von der Kaufpreisforderung erheblich sei und er deshalb gegenüber dem Anspruch des Erwerbers auf Eigentumsübertragung ein Leistungsverweigerungsrecht habe.

Der Erwerber erhebt daraufhin Klage.

Mit Erfolg!

Der Erwerber hat zwar lediglich 92 % des Kaufpreises bezahlt. Das Gericht erachtet den 8%igen Einbehalt als „geringfügig“ i. S. d. § 320 Abs. 2 BGB. Bei der gebotenen Einzelfallabwägung ist angesichts des Privatgutachtens das Vorhandensein der Mängel nicht von vornherein ausgeschlossen.

Einer abschließenden Beweisaufnahme zu jeder einzelnen Mangelfrage bedarf es nicht, zumal der Bauträger mehrere Mängel bzw. von ihm nicht erbrachte Leistungen nicht in Abrede stellt, sondern nur die erforderlichen Mangelbeseitigungskosten. Es ist deshalb eine umfassende Beweisaufnahme zur exakten Ermittlung der genauen Höhe der Gegenansprüche entbehrlich.

Im Rahmen des § 320 BGB geht es nicht darum, die Ansprüche des Erwerbers betragsmäßig exakt zu beziffern.

Hinweis:

Die Entscheidung entspricht der Rechtsprechung. Das OLG Hamburg hat sogar 10 % als „geringfügig“ beurteilt. Dabei hat es zu Gunsten des Erwerbers in die Waagschale geworfen, dass es dem Bauträger während eines Zeitraumes von nahezu acht Jahren nicht gelungen war, den gerügten Mangel zu beseitigen.