Auflassung und Eintragungsbewilligung trotz Einbehalt!

OLG München, Beschluss vom 23.10.2020, Az: 27 U 2211/20 Bau

Der Erwerber eines im Rahmen eines Bauträgervertrages errichteten Reihenhauses stellt Mängel fest und lässt diese Mängel durch Privatgutachten dokumentieren. Die Mängel werden vom Bauträger nicht beseitigt. Vom Kaufpreis in Höhe von 420.000,00 € macht der Erwerber deshalb 33.800,00 € Einbehalt geltend und verlangt Übertragung des Eigentums. Der Bauträger bestreitet die Mängel und ist der Meinung, dass der Einbehalt von der Kaufpreisforderung erheblich sei und er deshalb gegenüber dem Anspruch des Erwerbers auf Eigentumsübertragung ein Leistungsverweigerungsrecht habe.

Der Erwerber erhebt daraufhin Klage.

Mit Erfolg!

Der Erwerber hat zwar lediglich 92 % des Kaufpreises bezahlt. Das Gericht erachtet den 8%igen Einbehalt als „geringfügig“ i. S. d. § 320 Abs. 2 BGB. Bei der gebotenen Einzelfallabwägung ist angesichts des Privatgutachtens das Vorhandensein der Mängel nicht von vornherein ausgeschlossen.

Einer abschließenden Beweisaufnahme zu jeder einzelnen Mangelfrage bedarf es nicht, zumal der Bauträger mehrere Mängel bzw. von ihm nicht erbrachte Leistungen nicht in Abrede stellt, sondern nur die erforderlichen Mangelbeseitigungskosten. Es ist deshalb eine umfassende Beweisaufnahme zur exakten Ermittlung der genauen Höhe der Gegenansprüche entbehrlich.

Im Rahmen des § 320 BGB geht es nicht darum, die Ansprüche des Erwerbers betragsmäßig exakt zu beziffern.

Hinweis:

Die Entscheidung entspricht der Rechtsprechung. Das OLG Hamburg hat sogar 10 % als „geringfügig“ beurteilt. Dabei hat es zu Gunsten des Erwerbers in die Waagschale geworfen, dass es dem Bauträger während eines Zeitraumes von nahezu acht Jahren nicht gelungen war, den gerügten Mangel zu beseitigen.