Anmerkung zu: OLG Zweibrücken, Urteil vom 29.09.2016, Az: 6 U 6/15

Auf einer Großbaustelle kommt es zu erheblichen Bauverzögerungen. Der AN unterbreitet daher ein Beschleunigungsangebot. Als dieses Beschleunigungsan-gebot nicht angenommen wird, teilt der AN mit, dass er im Falle der Nichtannahme seines Beschleunigungsangebotes die Beschleunigungsmaßnahmen abbrechen will. Er hat aber die Arbeiten nicht eingestellt, sondern dennoch mehr Arbeiter eingesetzt und die Stundenzahl erhöht. Er hat deshalb gerade nicht vermeintliche Leistungsverweigerungsrechte eingesetzt, um Druck auszuüben.

Die vom AG ausgesprochene Kündigung aus wichtigem Grund stellt daher eine sog. ordentliche Auftraggeberkündigung nach § 649 BGB dar. Der AG kann deshalb gegen die Werklohnforderung des AN nicht mit Fertigstellungsmehrkosten aufrechnen, sondern muss die dem AN zustehende Vergütung zahlen. Für den gekündigten Teil der Werkleistung bestimmt § 649 BGB, dass auch dafür dem AN die vereinbarte Vergütung zusteht. Er muss sich jedoch das anrechnen lassen, was er aufgrund der Nichtausführung der Bauleistung erspart hat oder was er anderweitig erworben hat, weil er aufgrund der Nichtausführung der streitigen Werkleistung Gelegenheit dazu hatte.

Hinweis:

Nachträge können nur ganz ausnahmsweise ein wichtiger Kündigungsgrund sein. Voraussetzung für eine Kündigung aus wichtigem Grund ist außerdem eigene Vertragstreue.

 

 

Anmerkung zu: OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.09.2016 – 23 U 26/15

Der AN stellte Sanitärinstallationen und Regenwasserabläufe her im Zusammenhang mit dem Neubau eines Kombibades. Der AN verweigerte die Abnahme und nahm von der Schlussrechnungsforderung einen Mangeleinbehalt vor. Danach nutzte der Mieter die Installationen beanstandungsfrei. Später wurden Undichtigkeiten an den Regenwasserabläufen festgestellt. Im Rahmen des Rechtsstreits wurde festgestellt, dass ein Verlängerungsstück zum Ablauf nicht fachgerecht montiert worden war. Die Mangelbeseitigung nahm ein Drittunternehmen vor. Der AG rechnete mit den Mangelbeseitigungskosten gegenüber dem Restwerklohn auf und klagte auf Zahlung der Differenz. Im Rechtsstreit machte der AN geltend, dass der AG die Beweislast dafür trage, dass Mangel einschließlich Folgeschäden vom AN verursacht worden sei. Der AN stellte sich auf den Standpunkt, dass durch die Ingebrauchnahme der Werkleistung durch die Mieter eine konkludente Abnahme erfolgt sei.

Das Gericht stellte fest, dass die Leistung des AN nicht abgenommen worden ist. Von einer konkludenten Abnahme war nicht auszugehen, da der AG ursprünglich die Abnahme verweigert hatte und später von der Schlussrechnung einen Mangeleinbehalt vorgenommen hat. Die rügelose Nutzung des Mieters ist irrelevant, da dieser keinen Erklärungsgehalt im Verhältnis zwischen AG und AN zukommt. Demzufolge kommt es auch nicht auf die Abnahmefähigkeit an.

Allerdings war der Mangel vor Abnahme eingetreten. Deshalb sind die Mangelbeseitigungskosten mangels Fristsetzung und Kündigung des Vertrages nicht zu erstatten (§ 4 Abs. 7 S. 3 VOB/B). Allerdings hat der AG Anspruch auf Erstattung der Mangelfolgeschäden gemäß § 4 Abs. 7 S. 2 VOB/B, § 280 Abs. 1 BGB.

Hinweis:

Das Handeln eines Dritten (Mieter) kann kein konkludentes Handeln im Sinne einer Annahme darstellen. Allerdings hätte der AG, wenn er sich schon auf fehlende Abnahme beruft, nach entsprechender Fristsetzung den Auftrag entziehen müssen. Auf der anderen Seite hätte eine Abnahmeaufforderung mit Fristsetzung das Blatt für den AN vielleicht wenden können, wenn der Mangel nicht als wesentlich einzuschätzen gewesen ist und deshalb die Abnahmeverweigerung zu Unrecht erfolgte.

 

Anmerkung zu: OLG Naumburg, Urteil vom 09.04.2015, Az: 6 U 19/14 – BGH, Beschluss vom 21.09.2016, Az: VII ZR 83/15 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) mit Lieferung und Montage einer Photovoltaikanlage. Im Bauvertrag wird vereinbart, nach Aufmaß abzurechnen. Es kommt zu Mengenmehrungen. Der AG verweigert die Bezahlung dieser. Er behauptet, man habe sich auf einen Pauschalpreis geeinigt. Die Mehrmengen seien ihm außerdem nicht angezeigt worden und er habe sie nicht beauftragt. Der AN erhebt Klage.

Die Klage ist erfolgreich.

Der AG konnte seine Behauptung, es sei ein Pauschalpreis vereinbart worden, nicht beweisen. Hierfür trägt er jedoch die Darlegungs- und Beweislast. Sowohl das Angebot des AN, als auch der schriftliche Vertrag sahen eine Abrechnung nach Aufmaß vor. Grundsätzlich spricht in einem solchen Fall eine Vermutung für die Vollständigkeit der Urkunde. Auch der weitere Einwand des AG geht fehl. Sofern eine Abrechnung nach Aufmaß vereinbart ist, ist eine Anzeige von Mengen-mehrungen entbehrlich. Bei einem Einheitspreisvertrag sind die im entsprechen-den Angebot oder Leistungsverzeichnis ausgeschriebenen Vordersätze stets geschätzt. Die Ausführung der tatsächlich erforderlichen Mengen ist somit von vornherein Gegenstand des geschuldeten Bausolls. Folglich ist eine Anzeige wegen Mengenmehrung im Fall der vereinbarten Abrechnung nach Einheitspreisen nicht erforderlich.