OLG Celle, Urteil vom 01.02.2023, Az: 3 U 60/22

Ein Notar beurkundet zwischen 2013 und 2015 zehn Bauträgerverträge, wonach „mit der Prüfung der Abnahmereife ein vom zukünftigen Verwalter noch zu benennender Sachverständiger beauftragt wird und die Erwerber zur Abnahme verpflichtet sind, wenn der Sachverständige keine wesentlichen Mängel, die die Gebrauchsfähigkeit des Gemeinschaftseigentums beeinflussen, feststellt“. Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums in Anwendung dieser Klausel erfolgte am 03.11.2015.

In einem Prozess mit einem Erwerber wird der Bauträger darauf hingewiesen, dass die beurkundete Klausel unwirksam ist, weshalb der Bauträger den Notar zu einer Erklärung dahin auffordert, dass der Notar dem Bauträger die Schäden ersetzen muss, die dem Bauträger durch die unwirksamen Abnahmeklauseln entstehen.

Die Feststellungsklage hat Erfolg!

Der Notar hat seine Hinweis- und Belehrungspflichten verletzt. Er ist verpflichtet, in allen Phasen seiner Tätigkeit den sichersten Weg zu gehen. Dazu gehört auch, AGB-Klauseln, die zu Zweifeln an ihrer Wirksamkeit Anlass geben, einer näheren Prüfung zu unterziehen. Lässt sich die rechtliche Wirksamkeit einer solchen Klausel nicht zweifelsfrei klären, darf der Notar das Rechtsgeschäft erst dann beurkunden, wenn die Parteien nach Belehrung über die offene Rechtsfrage und das mit ihr verbundene Risiko auf Beurkundung bestehen.

Die Klausel ist deshalb unwirksam, weil damit die Entscheidungsfreiheit der Erwerberbei bei der Abnahme des Gemeinschaftseigentums eingeschränkt wird. Entsprechende Rechtsprechung existiert bereits seit 1985.

OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.03.2023, Az: 21 U 52/22

Der Auftragnehmer (AN) soll für den Auftraggeber (AG) Elektroarbeiten durchführen. Die VOB/B ist Vertragsbestandteil. Nach Abnahme macht der AN mit Schlussrechnung vom 01.11.2016 offenen Restwerklohn in erheblicher Höhe geltend.

Daraufhin wird die Schlussrechnung von dem vom AG beauftragten Ingenieurbüro als nicht prüfbar zurückgewiesen. Der AN übersendet daraufhin noch Aufmaßunterlagen, woraufhin die Rechnung erneut als nicht prüfbar zurückgewiesen wird. Die letzte Zurückweisung der Schlussrechnung erfolgte am 02.12.2016.

Im Jahr 2020 verklagt der AN den AG auf Zahlung des offenen Restwerklohnes. Der AG beruft sich auf Verjährung. Er meint, die Restwerklohnforderung sei bereits seit 2016 fällig geworden, weshalb diese am 31.12.2019 verjährt.

Die Verjährungseinrede hat Erfolg!

Der Werklohn ist nach Abnahme und Übermittlung der Schlussrechnung im Jahr 2016 fällig geworden. Voraussetzung für die Fälligkeit der Forderung ist neben der Abnahme eine prüfbare Schlussrechnung. Das Gericht stellt fest, dass die erteilte Schlussrechnung prüfbar war. Daran ändert auch die wiederholte Zurückweisung durch den AG nichts.

Dem AG ist insbesondere auch nicht die Verjährungseinrede deshalb verwehrt, weil er sich mehrfach auf die fehlende Prüfbarkeit berufen hat. Widersprüchliches Verhalten ist grundsätzlich zulässig und nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den Anderen ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder andere besondere Umstände vorliegen.

OLG Saarbrücken, Urteil vom 10.11.2021, Az: 2 U 63/20

Ein Ehemann (E) schließt mit einem Handelsvertreter, der Herrn A vertritt, einen Vertrag über die Lieferung und den Einbau von Fensterelementen zu einem Gesamtbetrag von 25.000,00 €. Der Handelsvertreter erteilt eine Quittung, in der es heißt: „Anzahlung von 10.000,00 € von Fam. E an Herrn A für Fenster und Montage erhalten; Restbetrag von 15.000,00 € nach Einbau“. Die Fenster werden geliefert und eingebaut und zwar von A. Dieser erteilt am 21.09.2010 eine Rechnung über 18.700,85 €. Davon zahlt E zunächst nur 15.000,00 € und später, obwohl sich bereits in den verputzten Fensterlaibungen Feuchtigkeit zeigt, noch den Restbetrag.

Wie sich herausstellt, sind die Fenster grob mangelhaft eingebaut, weshalb E Klage auf Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung in Höhe von ca. 22.000,00 €  erhebt. Im Prozess behauptet A das Vorliegen einer „Ohne-Rechnung-Abrede“. Noch vor Erteilung seiner Rechnung habe er von der Barzahlung an den Handelsvertreter erfahren und von diesem nachträglich 4.000,00 € erhalten. Das Landgericht verurteilt A trotzdem zum Kostenvorschuss, woraufhin A Berufung einlegt.

Die Berufung hat Erfolg!

Der Handelsvertreter hat A vertreten. Jedenfalls hat A mit der Entgegennahme der 4.000,00 € vor Rechnungstellung das Handeln des Handelsvertreters genehmigt. Der Werkvertrag ist daher nichtig, weil er gegen § 1 Abs. 2 SchwarzArbG verstößt.

Die Zahlung der 10.000,00 € erfolgte ohne Rechnungserstellung, weshalb E erkannt haben musste, dass für die geleistete Abschlagszahlung keine Umsatzsteuer berechnet werden sollte und er hat dies zu seinem eigenem Vorteil ausgenutzt. Das A zunächst nichts von der Abrede wusste, ist unerheblich, da er diese nachträglich genehmigt hat, so dass ihm das Wissen des Handelsvertreters zugerechnet wird.

Obwohl sich die Abrede nur auf einen Teilbetrag bezieht, erfasst sie den gesamten Vertrag.

Da der Vertrag insgesamt nichtig ist, hat E keine Mängelrechte und deshalb auch keinen Anspruch auf Kostenvorschuss.

Hinweis:

Die Entscheidung entspricht der herrschenden Meinung. Ohne-Rechnung-Abreden führen wegen Verstoßes gegen gesetzliche Vorschriften zur Nichtigkeit des Vertrages. Partner derartiger Vereinbarungen haben also keinerlei Rechtsansprüche.

Bargeldzahlungen ohne Rechnung sind gewichtige Indizien für eine Schwarzgeldabrede. Ferner muss der Verstoß gegen das SchwarzArbG bei Gericht von Amts wegen berücksichtigt werden, d. h. auch ohne dass sich eine Partei darauf berufen hat. Das Verbot gilt nicht nur für Bau- sondern auch Architektenverträge.

Auch ein fehlender Eintrag in der Handwerksrolle ist Schwarzarbeit und führt zur Nichtigkeit des Vertrages, wenn von diesem Umstand beide Vertragsparteien Kenntnis hatten.