Anmerkung zu: OLG Stuttgart, Urteil vom 29.11.2011, Az: 10 U 58/11 – BGH, Beschluss vom 16.05.2013, Az: VII ZR 256/11

Der AN ist mit Rohrvortriebsarbeiten beauftragt. Am 12.05. teilt der AG mit, dass sich die Vortriebsstrecke verlängert. Der AN bestellt daraufhin zusätzliche Rohre, die er erst am 02.06. geliefert erhält. Er meldet am 26.05. Behinderung an und stellt die Arbeiten ein, da alle verfügbaren Rohre verbaut sind. Vom AG verlangt der AN Ersatz seiner Stillstandskosten.

Mit Erfolg!

Dass die Anzeige vom 26.05. verspätet erfolgt ist, steht dem nicht entgegen. Der AN hat die Behinderung unverzüglich anzuzeigen, damit der AN hier gegebenenfalls abhelfen und Schäden vermeiden kann. Deshalb ist eine Mitteilung erforderlich, sobald der AN die Behinderung erkennt oder eine begründete Vermutung besteht. Der AN hätte hier angesichts der üblichen Lieferzeiten schon bei Anordnung der zusätzlichen Leistungen Behinderung anmelden können.

Der AG hätte der Behinderung aber auch bei früherer Anzeige nicht abhelfen können. Deshalb wirkt sich die verspätete Anzeige nicht aus und der AN erhält die entsprechenden Kosten erstattet.

Hinweis:
Nach § 6 Abs. 1 VOB/B ist eine Behinderungsanzeige immer erforderlich. Wird sie unterlassen, hat der AN nur Anspruch auf Berücksichtigung der behinderten Umstände, wenn diese offenkundig sind. Weitere Ausnahmen sind nicht vorgesehen. Es erscheint daher zweifelhaft, wenn das OLG eine Behinderungsanzeige auch dann für entbehrlich hält, soweit die Behinderung ohnehin nicht beseitigt werden kann. Außerdem dient die Behinderungsanzeige nicht nur dazu, dem AG Gelegenheit zur Abhilfe zu geben. Er soll auch informiert und gewarnt werden.

Anmerkung zu: OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.03.2011, Az: 9 U 94/10 – BGH, Beschluss vom 16.05.2013, Az: VII ZR 96/11

Der AN hat Erdbauarbeiten ausgeführt und verlangt als Ausgleich für Mengenunterschreitungen (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B) 157.000,00 €. Der AG weigert sich zu zahlen und meint, bei der Ausgleichsberechnung seien sämtliche angefallenen Mehrmengen und erteilte Nachträge mit zu berücksichtigen.

Der AN klagt. Er ist der Ansicht, für die Beurteilung des Ausgleiches müsste ein Vergleich von Einzelpositionen erfolgen. Ferner seien nur solche Ausgleichsbeträge zu berücksichtigen, die zeitlich parallel einen Ausgleich geschaffen hätten. Es sei zu keinem Ausgleich gekommen, da eine Bauzeitverlängerung eingetreten sei, die zur Erhöhung der AGK und der BGK geführt hätte, was einem Ausgleich entgegenstünde.

Die Klage hat keinen Erfolg!

Der AN muss sich auf seine Ansprüche wegen Mengenunterschreitungen als Ausgleich die zusätzlich erwirtschafteten AGK und BGK aufgrund der Mehrmassen in anderen Positionen und der beauftragten Nachträge anrechnen lassen. Die angefallenen Mehrleistungen und die erteilten Nachträge sind bei einer Ausgleichsberechnung zu berücksichtigen, auch wenn sie andere – nicht vergleichbare – Positionen betreffen, als die, bei denen es zu Mindermengen gekommen ist. Der Ausgleich erfolgt auftrags- und nicht einzelpositionsbezogen. Zweck des § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B ist es zu verhindern, dass die Erhöhung des Einheitspreises wegen Mindermengen zu einer Überdeckung, insbesondere der BGK und AGK führt.

Das aber sei der Fall, wenn diese Kosten bereits wegen Mehrmengen in anderen Positionen oder Nachträgen gedeckt sind.

Für die Ausgleichsberechnung sind daher sowohl alle anderen Positionen des LV und alle Nachträge, die dasselbe Bauvorhaben betreffen, heranzuziehen. Das ist trotz Bauzeitverlängerung so, denn der AN hat jedenfalls nicht hinreichend dargelegt, dass es wegen der Mehrleistungen oder wegen der Nachträge zu einer Bauzeitverlängerung gekommen ist.

Hinweis:
In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass der Ausgleich mit Mehrmengen und Nachträgen nicht stattfindet, wenn es zu einer Bauzeitverlängerung kommt und dadurch selbst wieder AGK und BGK entstehen. Weitere BGK entstünden schon deshalb, weil die Baustelleninfrastruktur über einen weiteren Zeitraum aufrechterhalten werden muss. Hinsichtlich der AGK wird angenommen, dass ein Ausgleich nicht stattfindet, wenn der AN diese Kosten umsatz- und nicht auftragsbezogen kalkuliert hat.