OLG München, Urteil vom 26.09.2017, Az: 28 U 2834/09

 

Der AN wird während der Bauphase mit verschiedenen Änderungs- und Zusatzleistungen beauftragt. Hierzu reicht er jeweils Nachtragsangebote ein, die der AG auch annimmt. Der AN meldet aber weder Behinderung an, noch enthalten seine Nachtragsangebote Hinweise auf die mit der Ausführung der Nachtragsleistungen verbundenen Bauzeitverlängerungen. Nach Abschluss der Arbeiten macht er Mehrkosten infolge von Bauablaufstörungen in Höhe von ca. 1,8 Mio. € geltend.

Ohne Erfolg!

Bei vereinbarten Nachträgen sind etwaige Kosten einer verlängerten Bauzeit als in der Regel mit der Nachtragsvereinbarung abgegolten anzusehen. Demzufolge muss sich der AN etwaige Mehrvergütungsansprüche für die verlängerte Bauzeit bereits bei Abschluss der Nachtragsvereinbarung erkennbar vorbehalten. Tut er dies nicht, kann der AG das Nachtragsangebot so verstehen, dass mit diesem Angebot alle mit der Leistungsänderung oder -ergänzung entstehenden Kosten abgedeckt sein sollen. Das Argument des AN, dass im Moment des Nachtrags die verzögerungsbedingten Schäden noch nicht abgeschätzt werden können, greift nicht durch. Würde man dem folgen, würde das Kalkulationsrisiko einseitig auf den AG abgewälzt werden, der erst recht nicht weiß, welche Auswirkungen die Umsetzung des Nachtrags auf die Arbeitsabläufe haben.

Hinweis:

Der Grundsatz „Kein Nachtrag zum Nachtrag“ ist ständige Rechtsprechung. Dementsprechend sollte bei Nachtragsangeboten seitens des AN ein entsprechender Vorbehalt erfolgen.

BGH, Urteil vom 30.01.2020, Az: VII ZR 33/19

 

Die Frage, welchen Inhalt der Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB hat, insbesondere anhand welcher Kriterien er zu berechnen ist, ist bislang ungeklärt gewesen. Der BGH hat hierzu nun eine Grundsatzentscheidung gefällt, die die zu diesem Problem bestehende Orientierungslosigkeit in Praxis und Rechtsprechung zumindest zum Teil beseitigen dürfte.

Im Ausgangsfall, entschieden durch das KG Berlin (Urteil vom 29.01.2019, Az: 21 U 122/18), wurden von einem öffentlichen Auftraggeber Trockenbauarbeiten für den Erweiterungsbau einer Ge-meinschaftsschule im Jahr 2016 ausgeschrieben. Diese Trockenbauarbeiten waren in drei unterschiedlichen Gebäuden zu erbringen. Für den Gebäudeteil „Schulerweiterung“ stellte das Kammer-gericht in der teilweise aufgehobenen Entscheidung zwar einen Annahmeverzug des Auftraggebers fest, da dieser das Baugrundstück nicht termingerecht zur Ausführung der vereinbarten Arbei-ten überlassen hat. Es lässt den Entschädigungsanspruch des Auftragnehmers jedoch daran scheitern, dass die Entstehung eines Nachteils in Form von Vorhaltekosten für vergeblich bereitgehal-tene Produktionsmittel als anspruchsbegründende Voraussetzung für eine angemessene Entschädigung nach § 642 BGB nicht nachgewiesen sei.

Hiergegen wendet sich der BGH:

Nach Ansicht des BGH ist das Entstehen eines solchen Nachteils in Form von Vorhaltekosten für Produktionsmittel keine anspruchsbegründende Voraussetzung den Entschädigungsanspruch. Dies kann nach Ansicht des BGH weder dem Wortlaut des § 642 BGB entnommen werden noch dem Regelungszusammenhang. Vielmehr ist die angemessene Entschädigung im Ausgangspunkt daran zu orientieren, welche Anteile der vereinbarten Gesamtvergütung einschließlich Wagnis + Gewinn sowie Allgemeine Geschäftskosten auf die vom Unternehmer während des Annahme-verzuges unproduktiv bereitgehaltenen Produktionsmittel entfallen. Der Tatrichter hat – so der BGH – festzustellen, inwieweit der Unternehmer während des Annahmeverzuges Produktions-mittel unproduktiv bereitgehalten hat und die hierauf entfallenden Anteile aus der vereinbarten Gesamtvergütung zu berücksichtigen. Der BGH fordert den Tatrichter ausdrücklich dazu auf, nach § 287 ZPO zu schätzen.

Zu den Vergütungsanteilen für unproduktiv bereitgehaltene Produktionsmittel gehören nach Auffassung des BGH nicht die infolge des Annahmeverzuges ersparten Aufwendungen einschließlich darauf entfallender Anteile für Allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis + Gewinn.

Ferner ist zu prüfen, ob der Unternehmer während des Annahmeverzuges diese Produktionsmittel anderweit produktiv eingesetzt hat oder einsetzen konnte. Dabei soll es unbeachtlich sein, ob es sich hierbei um einen „echten Füllauftrag“, also einen Auftrag, der nur wegen des Annahmeverzuges angenommen und ausgeführt werden konnte, handelt oder nicht. Dieses aus § 649 BGB a.F. (jetzt § 648 BGB) entnommene Kriterium sei für den Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB irrelevant.

Darlegungs- und beweisbelastet für die obigen Kriterien ist nach den allgemeinen Grundsätzen der Unternehmer als Anspruchssteller, wobei hier nochmals unterstrichen wird, dass diese Darle-gungsvoraussetzungen dadurch erleichtert werden, dass der Tatrichter zur Schätzung nach § 287 ZPO berechtigt ist. Auf der Grundlage des vom Unternehmer Vorgetragenen soll dann der Tatrich-ter eine Abwägungsentscheidung treffen und die angemessene Entschädigung bestimmen.

Hinweis:

Das Urteil des BGH dürfte die Geltendmachung und Durchsetzung von Entschädigungsansprüchen wegen Bauverzögerungen erheblich erleichtern.

Zu beachten ist aber nach wie vor, dass für den Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB ein Annahmeverzug des Bestellers Anspruchsvoraussetzung ist. Diese muss durch ein wörtliches Angebot herbeigeführt werden. Für ein solches Angebot der Leistung genügt eine Behinderungsanzeige. Diese ist aber auch unbedingt erforderlich. Nur in seltenen Fällen ist eine Behinderungsanzeige we-gen Offenkundigkeit entbehrlich.

Im Zusammenhang mit der Corona-Krise drängt sich die Frage auf, ob diese als ein Fall der höheren Gewalt einzuordnen ist. Unter höherer Gewalt versteht die höchstrichterliche Rechtsprechung ein betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder Handlungen dritter Personen herbeigeführtes Ereignis, das nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbar ist, mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch äußerste, nach der Sachlage vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet oder unschädlich gemacht werden kann und auch nicht wegen seiner Häufigkeit vom Betriebsunternehmen in Kauf zu nehmen ist (BGH, Urteil vom 22.04.2004, Az: III ZR 108/03). Die Corona-Krise ist von der WHO als Pandemie eingeordnet worden. Es dürfte also von höherer Gewalt auszugehen sein. Bei Verträgen, welche danach oder kurz zuvor geschlossen wurden, dürfte das Kriterium der Unvorhersehbarkeit allerdings nicht mehr vorliegen. Folglich ist jeder Fall besonders zu betrachten.

Im Wesentlichen dürften in diesem Zusammenhang Auswirkungen auf den Bauablauf, also auf die vertraglichen Pflichten zur Einhaltung von Terminen, in Betracht kommen. Zu beachten ist hierbei, dass schon das geringste Verschulden höhere Gewalt ausschließt. Beim Eintritt höherer Gewalt wird die betroffene Vertragspartei von ihren vertraglichen Leistungspflichten frei, ohne dass hieraus Ansprüche der anderen Vertragspartei resultieren. Vorstellbar ist eine Unterbrechung wegen dem Ausfall von Arbeitskräften aufgrund von Quarantäne, der Einrichtung von Schutzzonen, dem Zusammenbrechen von Lieferketten oder weil ausländische Arbeitnehmer an einer Einreise gehindert werden. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 1c VOB/B werden in solchen Fällen die Ausführungsfristen verlängert. Bei extremen Verzögerungen müssen diese unter Umständen sogar neu vereinbart werden. Vertragsstrafe bzw. Verzugsschaden scheiden ebenfalls aus, wenn wegen höherer Gewalt vertraglich vereinbarte Termine vom Auftragnehmer nicht eingehalten werden.

Ganz gravierende Sondersituationen können auch zum Wegfall der Geschäftsgrundlage führen. Allerdings ist hier erst zu prüfen, ob nicht durch Vertragsanpassung das ursprüngliche Risikogefüge wiederhergestellt werden kann.

Jedenfalls ist dringend zu empfehlen, dass Behinderungsanzeigen erfolgen. Wie immer ist in der Behinderungsanzeige darzulegen, worin die Behinderung besteht und wie sich das jeweilige Ereignis auf den Produktionsprozess des Auftragnehmers auswirkt.

OLG Oldenburg, Urteil vom 20.08.2019, Az: 2 U 81/19

Der AN soll am 02.06.2014 mit den Bauarbeiten beginnen. Bauseits waren aber noch nicht alle Vorleistungen erbracht. Der AN trägt vor, dass durch seine Mitarbeiter regelmäßig mündliche Bedenkenanzeigen erteilt worden seien und bietet die Mitarbeiter als Zeugen an. Erstmals am 30.06.2014 wurde schriftlich Behinderung angezeigt. Für den Zeitraum, in dem sich der AN behindert glaubte, macht er Entschädigung nach § 642 BGB geltend.

Ohne Erfolg!

Nach gefestigter Rechtsprechung muss eine Behinderungsanzeige alle Tatsachen enthalten, aus denen sich die Hinderungsgründe ergeben. Diese Angaben müssen sich auch darauf erstrecken, ob und wann die Arbeiten des AN, die nach dem Bauablauf nunmehr ausgeführt werden müssten, nicht oder nicht wie vorgesehen ausgeführt werden können.

Behinderungsanzeigen können zwar mündlich erfolgen, aber abgesehen von der Beweisbarkeit solcher mündlichen Behinderungsanzeigen stellt sich die Frage, ob diese inhaltlich nach den Anforderungen der Rechtsprechung überhaupt erschöpfend sein können. Die Behinderungsanzeige hat den Zweck, den AN vor drohender Inanspruchnahme zu warnen und ihm Gelegenheit zu geben, Abhilfe zu verschaffen.

Offenkundig und bekannt sind die hindernden Umstände nur dann, wenn der AG nach seinem Verhalten, seinen Äußerungen oder Anordnungen zweifellos darüber unterrichtet ist. Diese Behinderungen müssen so deutlich hervortreten, dass sie selbst einem bautechnischen Laien nicht verborgen bleiben können.

Hinweis:

Verteidigt sich der AN gegen eine Vertragsstrafe oder Schadensersatz wegen Bauzeitverzuges, kann er sich auch dann auf fehlendes Verschulden berufen, wenn keine Behinderungsanzeige vorliegt. Allerdings hat der AN immer die Darlegungs- und Beweislast für die Behauptung, er habe die Fristüberschreitung nicht zu vertreten oder der Zeitplan sei insgesamt so gestört worden, dass ein Anspruch auf Vertragsstrafe und Schadensersatz insgesamt entfällt. Deshalb sind Behinderungsanzeigen schon aus Gründen der Dokumentation dringend zu empfehlen.

Anmerkung zu: OLG Köln, Urteil vom 07.06.2016, Az: 22 U 45/12

AG und AN streiten wegen der Abrechnungsmethode bei einem Baugrubenverbau. Der AG kürzt den Massenvordersatz. Nachdem die Parteien sich nicht einigen können, stellt der AN vorläufig die Arbeiten ein. In seiner Schlussrechnung macht der AN auch die Kosten des zeitweiligen Baustopps infolge der Arbeitseinstellung geltend. Der AG kürzt den Schlussrechnungsbetrag um diesen Nachtrag. Das Landgericht hält die Arbeitseinstellung für unberechtigt und verweist auf § 18 Abs. 5 VOB/B. Der AN legt Berufung ein.

Mit Erfolg!

Das OLG hebt das Urteil des Landgerichtes auf. Der AN war nach § 16 Abs. 5 Nr. 4 VOB/B zur Arbeitseinstellung bis zur Zahlung des AG berechtigt. Die Leistungen waren bereits erbracht und der AN hat sich auch zu Einigungsgesprächen bereitge-funden und ist damit seiner Kooperationspflicht hinreichend nachgekommen. Deshalb ist er zur Leistungseinstellung berechtigt. Daran ändert auch § 18 Abs. 5 VOB/B nichts. Diese Regelung soll nach Auffassung des OLG lediglich sicherstellen, dass Meinungsverschiedenheiten der Vertragsparteien über Vertragsinhalt und Bauausführung das Bauvorhaben nicht gefährden. Das Leistungsverweigerungs-recht nach § 16 Abs. 5 Nr. 4 VOB/B werde dem AN dadurch nicht abgeschnitten. Dies gilt auch bei einem öffentlichen Auftraggeber, obwohl bei diesem kein Insolvenzrisiko besteht.

Hinweis:

Bei nicht vollständiger Bezahlung von Abschlagsrechnungen riskiert der AG eine Leistungseinstellung des AN und damit verbunden die Abrechnung der Bauzeit-verzögerung durch den AN (Behinderungsnachtrag).

Allerdings birgt die Leistungseinstellung für den AN erhebliche Risiken, nämlich dann, wenn die Abschlagsrechnung nicht entsprechend den vertraglichen Vorgaben erfolgt und der AG sich deshalb auf mangelnde Fälligkeit berufen kann, oder wenn Leistungsverweigerungsrechte bestehen und der AG die Abschlagsrechnung deshalb nicht in voller Höhe begleichen muss.

Anmerkung zu: OLG Hamm, Urteil vom 30.07.2013, Az. 21 U 84/12

Der Vertrag sieht als Baubeginn den 05.10.2009 vor. Als verbindlicher Fertigstellungstermin ist vereinbart 9 Wochen nach Auftragserteilung. Der AN beginnt am 05.10.2009 und zeigt baubegleitend an, dass entgegen dem Vertrag des Entsorgungsmaterial kontaminiert sei und deshalb gesondert nach Beprobung entsorgt werden müsse. Außerdem sei in Teilbereichen ein manueller Abbruch erforderlich. Das führt dazu, dass die Abbrucharbeiten erst am 22.10.2010 fertiggestellt sind.

Das Landgericht hat dem AG Schadensersatz wegen verspäteter Fertigstellung zugesprochen.

Das sieht das OLG teilweise anders und verweist die Sache an das LG zurück, um Behinderungen aufzuklären und die damit einhergehenden Verlängerungen der Ausführungsfrist. Wenn es die Ausführungsfrist verlängernde Behinderungen gegeben hat, dann konnte Verzug nur durch gesonderte Mahnung eintreten und nicht allein durch Überschreitung der vereinbarten Fertigstellungsfrist.

Anmerkung zu: OLG Hamm, Urteil vom 30.07.2013, Az. 21 U 84/12

Ein Tiefbauunternehmer macht Entschädigungsansprüche nach § 642 BGB geltend. Seine Bodenaushubarbeiten sollten auf Abbrucharbeiten aufbauen, die verspätet erfolgt sind. Unter anderem wird geltend gemacht, dass verzögerungsbedingt erhöhte Deponiekosten angefallen sind. Er habe mit zwei Deponien zeitlich befristete Sonderkonditionen ausgehandelt. Aufgrund der verspäteten Vorleistung hätten Normalkonditionen bezahlt werden müssen.

Der Auftraggeber (AG) wendet ein, dass der Auftragnehmer (AN) aufgrund der Größe des Baugeländes ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, dort zur gleichen Zeit mit dem Vorunternehmer, dem der Abbruch oblag, Bodenaushubarbeiten vorzunehmen.

Entscheidung:

Das OLG Hamm hält den Sachvortrag, dass die Bodenaushubarbeiten auf den Abbrucharbeiten aufbauen sollten, nicht für ausreichend. Der AN muss darlegen ob und inwieweit diese Störung tatsächlich auch zu einer Behinderung bei der Ausführung der eigenen Arbeiten geführt hat. Art und Umfang der Behinderung sind zudem möglichst konkret zu beschreiben. Es muss außerdem vorgetragen werden, wie lange die Behinderung angedauert hat. Zum schlüssigen Sachvortrag gehören dabei auch Tatsachen, die gegen eine relevante Behinderung etwa aufgrund der Möglichkeit zur Arbeitsumstellung sprechen.

Prinzipiell stellen verzögerungsbedingt angefallene höhere Deponiekosten einen ersatzfähigen Nachteil dar.

Hinweis:
Die Ausführungen des OLG Hamm zur Substantiierungspflicht bei Bauablaufstörungen sind zutreffend. Es muss jedem AN nahegelegt werden, die Störung und die Auswirkungen auf den Bauablauf möglichst genau zu dokumentieren.

Für die Berechnung der Entschädigung nach § 642 BGB ist noch nicht geklärt, ob ein Ausgleich für die Dauer des Annahmeverzugs geleistet werden muss oder aufgrund des Annahmeverzuges.

Anmerkung zu: OLG Stuttgart, Urteil vom 29.11.2011, Az: 10 U 58/11 – BGH, Beschluss vom 16.05.2013, Az: VII ZR 256/11

Der AN ist mit Rohrvortriebsarbeiten beauftragt. Am 12.05. teilt der AG mit, dass sich die Vortriebsstrecke verlängert. Der AN bestellt daraufhin zusätzliche Rohre, die er erst am 02.06. geliefert erhält. Er meldet am 26.05. Behinderung an und stellt die Arbeiten ein, da alle verfügbaren Rohre verbaut sind. Vom AG verlangt der AN Ersatz seiner Stillstandskosten.

Mit Erfolg!

Dass die Anzeige vom 26.05. verspätet erfolgt ist, steht dem nicht entgegen. Der AN hat die Behinderung unverzüglich anzuzeigen, damit der AN hier gegebenenfalls abhelfen und Schäden vermeiden kann. Deshalb ist eine Mitteilung erforderlich, sobald der AN die Behinderung erkennt oder eine begründete Vermutung besteht. Der AN hätte hier angesichts der üblichen Lieferzeiten schon bei Anordnung der zusätzlichen Leistungen Behinderung anmelden können.

Der AG hätte der Behinderung aber auch bei früherer Anzeige nicht abhelfen können. Deshalb wirkt sich die verspätete Anzeige nicht aus und der AN erhält die entsprechenden Kosten erstattet.

Hinweis:
Nach § 6 Abs. 1 VOB/B ist eine Behinderungsanzeige immer erforderlich. Wird sie unterlassen, hat der AN nur Anspruch auf Berücksichtigung der behinderten Umstände, wenn diese offenkundig sind. Weitere Ausnahmen sind nicht vorgesehen. Es erscheint daher zweifelhaft, wenn das OLG eine Behinderungsanzeige auch dann für entbehrlich hält, soweit die Behinderung ohnehin nicht beseitigt werden kann. Außerdem dient die Behinderungsanzeige nicht nur dazu, dem AG Gelegenheit zur Abhilfe zu geben. Er soll auch informiert und gewarnt werden.

Anmerkung zu: OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.02.2013; Az: 21 U 24/12

Der AN soll eine Stützwand errichten. Die Geltung der VOB/B wird nicht vereinbart. Das Material hat der AG bereitzustellen und er kündigt an, den Beton am 22.05.2007 um 09:00 Uhr zu liefern. Die Mitarbeiter des AN sind um diese Zeit auf der Baustelle. Tatsächlich erfolgt die Betonlieferung erst am 31.05.2007. Der AN macht mit seiner Klage unter anderem Wartezeiten für den Bagger und das Personal geltend. Der AG ist der Ansicht, dass er nicht zu einer punktgenauen Lieferung verpflichtet gewesen sei. Außerdem sei keine Behinderung angezeigt worden.

Das OLG gibt dem AN eine angemessene Entschädigung für die Wartezeiten auf der Baustelle gemäß § 642 BGB und begründet dies damit, dass es an einer Mitwirkungshandlung des AG fehle. Für die Begründung des Annahmeverzuges reicht es aus, dass der AN seine Leistungen angeboten hat, indem er sich auf der Baustelle befunden hat. Eine Behinderungsanzeige ist darüber hinaus nicht erforderlich. Der BGH hat dies nur dann für einen Annahmeverzug gefordert, wenn die VOB/B vereinbart ist.

Die Höhe des Anspruches wurde vom Gericht geschätzt.

Hinweis:
Ob § 642 BGB generell einen Vergütungs- oder Schadensersatz- oder einen Anspruch eigener Art gewährt, ist umstritten. Entschieden ist lediglich, dass die Entschädigung als ein Entgelt i.S.v. § 10 Abs. 1 UStG anzusehen ist.

Ebenfalls umstritten ist, wie ein Anspruch nach § 642 BGB beziffert werden muss. Die hier behandelte Entscheidung lässt den Eintritt einer konkreten Wartezeit ausreichen. Demgegenüber verlangt das KG die Darlegung, welche Auswirkungen ein Annahmeverzug auf den Bauablauf hat. Das OLG Dresden macht keinen Unterschied zu einem Anspruch nach § 6 Abs. 6 VOB/B und fordert eine vergleichende Darstellung zwischen Vermögenssituation ohne Verzug und der tatsächlichen Vermögenssituation infolge des Verzuges. Eine Entscheidung des BGH zu diesem Thema gibt es nicht, so dass erhebliche Unsicherheit vorhanden ist.