Anmerkung zu: LG Schwerin, Urteil vom 28.06.2017, Az.: 3 O 162/16

Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Arbeitnehmer (AN) mit der Ausführung von Bauleistungen im Zusammenhang mit dem Ausbau einer Autobahn. AN und AG vereinbaren die Geltung der VOB/B. Der AG beansprucht zahlreiche geänderte und zusätzliche Leistungen. Der AN führt diese aus. Der AN berechnet Nachtragsbearbeitungskosten. Deren Bezahlung verweigert der AG. Der AN klagt.

Das LG Schwerin gibt der Klage dem Grunde nach statt. Das LG Schwerin führt zutreffend aus, dass die Nachtragsbearbeitungskosten nicht bereits durch die Gemeinkostenzuschläge im Rahmen der Auftragskalkulation der Nachträge oder im Rahmen des zu schätzenden Aufwandes der Allgemeinen Geschäftskosten abgegolten seien. Da die Nachtragsbearbeitung im Wesentlichen durch das Bauleitungspersonal erbracht wird, sind nach Auffassung des Gerichtes diese erhöhten Kosten der Bauleitung als „Quasi-Einzelkosten der Teilleistung der Nachtragsleistung“ zu behandeln.

Hinweis:

Hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten Vergütungsanspruches war noch eine ergänzende Darlegung seitens des AN notwendig.
Bei umfangreichen Nachträgen lohnt es sich mithin, diesbezüglich eine separate Vergütung für deren Erstellung und Bearbeitung geltend zu machen.

 

Anmerkung zu: OLG Stuttgart, Urteil vom 26.06.2017, Az.: 10 U 132/15

Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) verklagt den Unternehmer (U) auf Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung wegen zahlreichen Mängeln an einem aus einzelnen Eigentumswohnungen bestehenden Mehrfamilienhaus. Eine der zahlreichen Mangelbehauptungen der WEG bestand darin, dass erst nach unverhältnismäßig langer Zeit warmes Wasser in den Bädern einzelner Wohnungen zur Verfügung stehe. Im Rahmen eines Ortstermins des gerichtlich beauftragten Sachverständigen waren die entsprechenden Wohnungen nicht zugänglich, obwohl die entsprechenden Eigentümer bzw. Mieter durch die WEG über den Ortstermin informiert waren.

Das Gericht hat deswegen eine Beweislastumkehr zu Gunsten des U angenommen. Das Gericht nahm für den grundsätzlich für die Mangelfreiheit seiner Leistung beweispflichtigen U an, dass nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung insoweit keine Mängel vorlagen. Eine Beweisvereitelung liegt dann vor, wenn eine Partei seinem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich macht. Das Gericht sah diese Voraussetzung vorliegend als gegeben an. Die WEG konnte keine nachvollziehbaren Gründe für die Verweigerung des Zutrittes angeben. Ein weiterer Ortstermin wurde seitens der WEG auch nicht erbeten.

Hinweis:

Die Entscheidung stellt eine Einzelfallentscheidung dar. Es ist im Einzelfall abzuwägen, ob tatsächlich eine Beweisvereitelung vorliegt oder nicht.

In derartigen Fällen kommt auch eine Anordnung des Gerichtes gemäß § 144 Abs. 1 S. 3 ZPO in Frage, wonach zu Lasten der jeweiligen Wohnungseigentümer/Mieter die Duldung der Begutachtung angeordnet werden kann.

 

Anmerkung zu: OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2017 – 22 U 14/17

Es geht um die Planung einer Systemplatte/Dämmung einer Fußbodenheizung in einer Doppelgarage. Das OLG stellt fest, dass diese Systemplatte/Dämmung als wichtiges und gefahrenträchtiges Ausführungsdetail hätte geplant und dem Auftragnehmer (AN) detailliert vorgegeben werden müssen. Im Rahmen der Leistungsphase 5 ist der Architekt verpflichtet, die Ausführungsdetails umfassend zeichnerisch darzustellen. Das bedeutet im Regelfall, dass für alle Gewerke Ausführungspläne erstellt werden müssen und dass für zahlreiche Gewerke darüber hinaus bis ins Einzelne und in Kleinigkeiten gehend geplant werden muss. Dies trifft insbesondere die Bereiche Tragwerke und Bauphysik. Die Ausführungsplanung muss bei schadensträchtigen Details besonders differenziert und für den Unternehmer in einer jegliches Risiko ausschließenden Weise deutlich sein. Gerade bei Problemen der Wärmedämmung muss die Ausführungsplanung bis ins kleinste Detail gehen, notfalls bis zum Maßstab 1:1. Fertigt der Architekt die danach für ein konkretes Gewerk notwendigen Ausführungspläne nicht, liegt insoweit in diesem Unterlassen ein Planungsfehler.

Hinweis:

Die erforderliche Planungstiefe im Rahmen der Ausführungsplanung darf nicht unterschätzt werden. Zwar werden die beschriebenen Planungs- und Ausschreibungsanforderungen nicht auf handwerkliche Selbstverständlichkeiten anzuwenden sein.

Bei riskanten oder gar schadensträchtigen Bauweisen ist es aber unabdingbar, die konkrete Ausführung im Detail darzustellen und vorzugeben.

 

Anmerkung zu: Kammergericht, Urteil vom 13.06.2017, Az: 21 U 24/15

Der mit der Ausführung von Betonarbeiten beauftragte AN macht am 20.11.2012 eine Nachtragsforderung für den Einbau einer bereits zum Auftragsumfang gehö-renden Elementtreppe geltend und verlangt die Stellung einer § 648a-BGB-Sicherheit bis 27.11.2012. Der AG weist den Nachtrag zurück und fordert den AN auf, bis zum 22.11.2012 einen verbindlichen Termin für die Treppenmontage zu benennen. Nachdem dies nicht geschieht, kündigt der AG den Vertrag nach § 8 Abs. 3 VOB/B.

Das Kammergericht ist in zweiter Instanz der Meinung, dass die Nachtragsfor-derungen zwar unbegründet gewesen sind und der AN deshalb nicht zur Einstellung der Arbeiten berechtigt war. In Ermangelung einer angemessenen Frist zur Benennung eines verbindlichen Montagetermins ist die Kündigung jedoch unwirksam.

Der AG hat hier offenbar die Nerven verloren. Streitigkeiten über Nachträge hätten den AN nämlich grundsätzlich nicht dazu berechtigt, seine Leistungen einzustellen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der AG die Beauftragung eines berechtigten und prüfbar angebotenen Nachtrages grundlos verweigert. Der AG ist im VOB/B-Vertrag jederzeit zur Anordnung von Änderungen und Zusatzleistungen berechtigt. Den AN trifft eine Vorleistungspflicht für diese Leistungen, auch ohne Vereinbarung einer Nachtragsvergütung.

Der AG scheiterte hier daran, dass er

–    keine Frist für die Treppenmontage gesetzt hat, sondern nur eine Frist zur Bekanntgabe des entsprechenden Termins und
–    daran, dass die Frist zu kurz bemessen war.