Mögliche Beweislastumkehr bei Vereitelung eines Ortstermins

Anmerkung zu: OLG Stuttgart, Urteil vom 26.06.2017, Az.: 10 U 132/15

Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) verklagt den Unternehmer (U) auf Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung wegen zahlreichen Mängeln an einem aus einzelnen Eigentumswohnungen bestehenden Mehrfamilienhaus. Eine der zahlreichen Mangelbehauptungen der WEG bestand darin, dass erst nach unverhältnismäßig langer Zeit warmes Wasser in den Bädern einzelner Wohnungen zur Verfügung stehe. Im Rahmen eines Ortstermins des gerichtlich beauftragten Sachverständigen waren die entsprechenden Wohnungen nicht zugänglich, obwohl die entsprechenden Eigentümer bzw. Mieter durch die WEG über den Ortstermin informiert waren.

Das Gericht hat deswegen eine Beweislastumkehr zu Gunsten des U angenommen. Das Gericht nahm für den grundsätzlich für die Mangelfreiheit seiner Leistung beweispflichtigen U an, dass nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung insoweit keine Mängel vorlagen. Eine Beweisvereitelung liegt dann vor, wenn eine Partei seinem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich macht. Das Gericht sah diese Voraussetzung vorliegend als gegeben an. Die WEG konnte keine nachvollziehbaren Gründe für die Verweigerung des Zutrittes angeben. Ein weiterer Ortstermin wurde seitens der WEG auch nicht erbeten.

Hinweis:

Die Entscheidung stellt eine Einzelfallentscheidung dar. Es ist im Einzelfall abzuwägen, ob tatsächlich eine Beweisvereitelung vorliegt oder nicht.

In derartigen Fällen kommt auch eine Anordnung des Gerichtes gemäß § 144 Abs. 1 S. 3 ZPO in Frage, wonach zu Lasten der jeweiligen Wohnungseigentümer/Mieter die Duldung der Begutachtung angeordnet werden kann.