KG, Beschluss vom 08.01.2021, Az: 21 U 1064/20

Der AG beauftragt den AN mit der Herstellung und dem Einbau von Fenstern und Türen für sein Bauvorhaben. Er beauftragt außerdem einen anderen Bauunternehmer (BU) für dasselbe Projekt mit anderen Arbeiten.

Die vom AN angelieferten Fensterbänke wurden beschädigt und der AN meint, dass Mitarbeiter des BU verantwortlich seien. Er erhebt deswegen Klage gegen den BU auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens.

Ohne Erfolg!

Ein deliktischer Schadensersatzanspruch besteht nach Auffassung des Gerichts nicht. Dafür wäre es erforderlich, dass der Schaden von einem gesetzlichen Organ oder Repräsentanten des BU verursacht worden wäre. Ein deliktischer Anspruch wegen einer Schadensverursachung durch Verrichtungsgehilfen des BU (dessen Mitarbeiter) ist ebenfalls zu verneinen. Der BU hat vorgetragen, dass die auf der Baustelle eingesetzten Mitarbeiter verlässlich und seit Jahren erprobt waren und durch seine leitenden Mitarbeiter eingewiesen und kontrolliert wurden. Damit hat sich der BU entlastet.

Es besteht auch kein vertraglicher Schadensersatzanspruch, da es kein unmittelbares Vertragsverhältnis zwischen AN und BU gibt.

Der Anspruch kann auch nicht aus dem Vertragsverhältnis zwischen dem Bauherrn und dem BU abgeleitet werden (Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter). Dies würde voraussetzen, dass der Bauherr für das „Wohl und Wehe“ des AN verantwortlich gewesen wäre oder ein erkennbares besonderes Interesse daran gehabt hätte, dass der AN in den Schutzbereich des Vertrages mit dem BU einbezogen wird. Diese Voraussetzungen sind hier aber nicht erfüllt.

OLG Frankfurt, Beschluss vom 07.12.2020, Az: 22 W 56/20

Ein Baustoffhändler verkauft einem Bauunternehmer (BU) Baustoffe. Es kommt zu Zahlungsstockungen. Nachdem der BU trotz Mahnung die Rechnung nicht bezahlte, vereinbarten die Parteien eine Ratenzahlung. Danach meldet der BU Insolvenz an. Der Insolvenzverwalter behauptet, dass die Zahlungen, die auf die Ratenzahlungsvereinbarung hin bezahlt wurden, allesamt anfechtbar seien. Der Baustoffhändler habe Kenntnis gehabt, dass Zahlungsunfähigkeit des BU vorliegt, da es bereits zu Zahlungseinstellungen gekommen sei und die Zahlungen trotz Mahnung nicht wieder aufgenommen worden seien.

Der Insolvenzverwalter will diese Zahlungen anfechten.

Ohne Erfolg!

Das Prozesskostenhilfegesuch des Insolvenzverwalters wird zurückgewiesen, da nach Auffassung des Gerichts die Kenntnis des Baustoffhändlers von einer Zahlungsunfähigkeit des BU fehlt. § 133 Abs. 1 InsO setzt die Kenntnis des Gläubigers vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Insolvenzschuldners voraus. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners droht. An dieser Kenntnis habe es auf Seiten des Baustoffhändlers gefehlt, denn es sei gerade in der Baubranche im Zusammenhang mit kleinen und mittelständigen Firmen eine vorübergehende Zahlungsstockung, die sich in einem überschaubaren Zeitraum bewege, nicht unüblich. Auch die Höhe der offenen Zahlungen habe sich in keinem auffälligen Bereich bewegt. Daher sei aus der Nichtzahlung der Rechnungen trotz Mahnung kein Schluss auf die Kenntnis des Baustoffhändlers zu ziehen.

Hinweis:

Diese Entscheidung hat große Bedeutung für die Bauwirtschaft, denn das OLG stellt fest, dass in der Baubranche das bloße Ausbleiben von Zahlungen nicht ohne Weiteres den Schluss zulässt, dass der Baustofflieferant Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Baufirma hatte. Insbesondere da wegen des BauFordSiG Einnahmen aus verschiedenen Bauvorhaben nicht „quer“ verwendet werden dürfen und der Erwerb von Baustoffen in der Regel wegen der Vorleistungspflicht des Werkunternehmers vorfinanziert werden muss, ist das Zahlungsverhalten in der Baubranche nicht vergleichbar mit anderen Wirtschaftszweigen.

LG Berlin, Urteil vom 18.12.2020, Az: 22 O 366/16

Der AN erneuert im Auftrag des AG die Betonfahrbahndecke eines Autobahnabschnittes. Nach Abnahme treten Risse und Ausbrüche auf. Nach erfolgloser Fristsetzung lässt der AG einen Teil der Schäden durch Dritte beheben und verlangt die Kosten vom AN.

Die Mängel an der Fahrbahn wurden durch eine Alkali-Kieselsäure-Reaktion (AKR) verursacht. AKR tritt bei Verwendung bestimmter Zuschlagstoffe auf. Im Vertrag hatte der AG vorgesehen, die Fahrbahn gemäß ZTV Beton-StB 01 herzustellen und Zuschlagstoffe gemäß AKR-Richtlinie zu verwenden.

Die vom AN verwendeten Zuschlagstoffe entsprachen den betreffenden Anforderungen bei Abnahme im Jahr 2005. Später wurden diese Anforderungen verschärft. Den verschärften Anforderungen entsprechen die vom AN verwendeten Zuschlagstoffe nicht.

Die Klage hat Erfolg. Es liegt ein Mangel vor. Es kann offenbleiben, ob die Fahrbahn der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit und den zur Zeit der Abnahme allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Entscheidend ist, dass sich die Fahrbahn nicht für den gewöhnlichen und vertraglich vorausgesetzten Gebrauch eignet. § 13 Nr. 1 VOB/B (2002) entlastet den AN nicht. Die vom AG vertraglich vorgegebene Bauausführung ist grundsätzlich anerkannt und technisch beherrschbar. Dass begleitende Hinweise des AG zur AKR-Vermeidung nicht ausgereicht haben, entlastet den AN nicht. Das Risiko, dass sich die verwendeten Verfahren oder Baustoffe im Nachhinein als ungeeignet erweisen, trägt der AN, sofern der AG lediglich Mindestanforderungen beschreibt und in dem so gesteckten Rahmen auch eine mangelfreie Herstellung möglich war.

Hinweis:

Diese Entscheidung entspricht der herrschenden Meinung. Danach ist von einer Erfolgshaftung des Unternehmers auszugehen, die weit über den Wortlaut des § 13 Abs. 1 VOB/B und § 633 Abs. 2 BGB hinausgeht.

Gegen das Urteil wurde allerdings Berufung eingelegt.

OLG Rostock, Beschluss vom 23.09.2020, Az: 4 U 86/19

Der AG beauftragt den AN mit der Erstellung eines sog. „Warmdaches“. Das soll ein nicht belüftetes Dach sein, bei dem sich Holz oder Holzwerkstoffe zwischen Dachabdichtung und diffusionshemmender Schicht befinden. Dieser Dachaufbau war durch ein Holzschutzgutachten, das der AG erstellen ließ, vorgegeben. Später wurden noch ohne Beteiligung des AN Dachfenster und ein Schornstein in das fertiggestellte Dach eingebaut. Es zeigen sich dann Durchfeuchtungen, weshalb der AG den AN auf Kosten der Mangelbeseitigung in Höhe von 45.000,00 € in Anspruch nimmt.

Das LG geht davon aus, dass ein Warmdach schon 2010 nicht mehr den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprochen habe. Hieran äußert das OLG Zweifel. Wenn das Dach nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik (a.R.d.T.) entspricht, liegt ein Mangel vor, ohne dass es einer zusätzlichen Beeinträchtigung des Bauwerks bedürfe. Es ist dem AG nicht zuzumuten, solange zu warten, bis sich tatsächlich ein Schaden zeigt. Es genügt, dass durch die Abweichung von den a.R.d.T. das Schadensrisiko erhöht ist.

Eine technische Regel ist allgemein anerkannt, wenn sie der Richtigkeitsüberzeugung der technischen Fachleute im Sinne einer allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung entspricht und darüber hinaus in der Praxis erprobt und bewährt ist. Nach Auffassung des OLG spricht eine Vermutung dafür, dass kodifizierte technische Normen, wie z.B. die DIN, die a.R.d.T. wiedergeben, weil diese Regelwerke aufgrund der vorherrschenden Ansicht der technischen Fachleute erstellt worden sind.

Diese Vermutung ist jedoch widerlegbar. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Norm veraltet oder überholt ist. Warmdächer sind – so das OLG – nach der DIN 4108:2001-07 zur Zeit der Abnahme im Jahr 2010 noch ohne Einschränkung zulässig gewesen. Allerdings geht der Gerichtssachverständige aufgrund eigener langjähriger Erfahrungen mit vielfältigsten Schadensfällen, die u.a. auch auf diese grundsätzliche Konstruktion zurückgeführt werden müssen, sowie einer seit mindestens 15 – 20 Jahren andauernden kontroversen Diskussion in der Fachwelt davon aus, dass die Ausführung nach DIN in keiner Weise fehlertolerant und unter Baustellenbe-dingungen deshalb kaum herstellbar sei.

Das reicht jedoch nach Auffassung des OLG nicht aus, die Vermutungswirkung, dass die DIN die a.R.d.T. widerspiegelt, zu erschüttern. Falls doch, sei zu Lasten des AG ein Mitverschulden zu berücksichtigen, da diese Konstruktion durch das von ihm eingeholte Gutachten vorgegeben gewesen ist.

Die Einschätzung des OLG Rostock deckt sich mit der Einschätzung des OLG Hamm in einem vergleichbaren Fall. Allerdings wird die Vermutungswirkung der DIN-Normen zunehmend kritisch gesehen. Man sollte also auch bei einer Bauausführung nach den DIN-Normen kritisch hinterfragen, ob diese DIN-Norm tatsächlich noch der Richtigkeitsüberzeugung der technischen Fachleute entspricht und als AN im Zweifel Bedenken anmelden.