Stockende Zahlungen sind kein Indiz für Zahlungsunfähigkeit!

OLG Frankfurt, Beschluss vom 07.12.2020, Az: 22 W 56/20

Ein Baustoffhändler verkauft einem Bauunternehmer (BU) Baustoffe. Es kommt zu Zahlungsstockungen. Nachdem der BU trotz Mahnung die Rechnung nicht bezahlte, vereinbarten die Parteien eine Ratenzahlung. Danach meldet der BU Insolvenz an. Der Insolvenzverwalter behauptet, dass die Zahlungen, die auf die Ratenzahlungsvereinbarung hin bezahlt wurden, allesamt anfechtbar seien. Der Baustoffhändler habe Kenntnis gehabt, dass Zahlungsunfähigkeit des BU vorliegt, da es bereits zu Zahlungseinstellungen gekommen sei und die Zahlungen trotz Mahnung nicht wieder aufgenommen worden seien.

Der Insolvenzverwalter will diese Zahlungen anfechten.

Ohne Erfolg!

Das Prozesskostenhilfegesuch des Insolvenzverwalters wird zurückgewiesen, da nach Auffassung des Gerichts die Kenntnis des Baustoffhändlers von einer Zahlungsunfähigkeit des BU fehlt. § 133 Abs. 1 InsO setzt die Kenntnis des Gläubigers vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Insolvenzschuldners voraus. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners droht. An dieser Kenntnis habe es auf Seiten des Baustoffhändlers gefehlt, denn es sei gerade in der Baubranche im Zusammenhang mit kleinen und mittelständigen Firmen eine vorübergehende Zahlungsstockung, die sich in einem überschaubaren Zeitraum bewege, nicht unüblich. Auch die Höhe der offenen Zahlungen habe sich in keinem auffälligen Bereich bewegt. Daher sei aus der Nichtzahlung der Rechnungen trotz Mahnung kein Schluss auf die Kenntnis des Baustoffhändlers zu ziehen.

Hinweis:

Diese Entscheidung hat große Bedeutung für die Bauwirtschaft, denn das OLG stellt fest, dass in der Baubranche das bloße Ausbleiben von Zahlungen nicht ohne Weiteres den Schluss zulässt, dass der Baustofflieferant Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Baufirma hatte. Insbesondere da wegen des BauFordSiG Einnahmen aus verschiedenen Bauvorhaben nicht „quer“ verwendet werden dürfen und der Erwerb von Baustoffen in der Regel wegen der Vorleistungspflicht des Werkunternehmers vorfinanziert werden muss, ist das Zahlungsverhalten in der Baubranche nicht vergleichbar mit anderen Wirtschaftszweigen.