OLG Hamburg, Urteil vom 27.11.2020, Az: 8 U 7/20

Der AG beauftragt beim AN Parkettlegerarbeiten. Es wird ein Pauschalvertrag abgeschlossen. Die Arbeiten sollen bis zum 26.03.2015 abgerufen und danach binnen 138 Werktagen abgeschlossen werden. Es kommt zu Verzögerungen von Vorgewerken, weshalb der Parkettleger erst im Februar 2016 beginnen kann. Er teilt daher dem AG mit, dass sich die Preise um 7,5 % erhöhen. Der AG fordert einen Kalkulationsnachweis, woraufhin der AN das Schreiben seines Lieferanten vorlegt, wonach sich die Materialpreise um 7,5 % erhöht hätten. Der AG antwortet nicht. Es kommt keine ausdrückliche Einigung zustande. Der AN will nun die Preiserhöhung in Höhe von rund 42.000,00 € durchsetzen und beruft sich auf eine konkludente Vereinbarung. Er meint, dass der AG grundsätzliche Bereitschaft habe erkennen lassen, eine Preiserhöhung zu akzeptieren und schließlich auch alle Abschlagsrechnungen bezahlt hätte. Die Abschlagsrechnungen hätten ab der zweiten Rechnung erhöhte Einheitspreise ausgewiesen.

Das Gericht gibt dem AG Recht. Durch die Abschlagszahlungen hat der AG weder einer Vertragsänderung zugestimmt, noch eine Preiserhöhung anerkannt. Die Bezahlung einer Verbindlichkeit stellt in aller Regel kein Schuldanerkenntnis dar.

Zudem tragen Abschlagszahlungen nur vorläufigen Charakter, da hierüber noch eine endgültige Abrechnung zu erfolgen hat. Deshalb rechtfertigen Abschlagszahlungen nicht die Annahme eines Anerkenntnisses. Hinzukommt, dass ein Pauschalvertrag abgeschlossen wurde und der Bauherr daher keinen Anlass hatte, die angesetzten Preise zu überprüfen und mit den Angebotspreisen zu vergleichen.

Hinweis:

Ein Besteller kann Leistungen nachträglich bestreiten, auch wenn er hierfür Abschlagszahlungen erbracht hat. Abschlagszahlungen haben immer vorläufigen Charakter und stellen nie ein Anerkenntnis dar. Der Besteller muss also nicht befürchten, durch eine Abschlagszahlung eine Rechtsposition zu verlieren. Auf der anderen Seite ist der AN nicht auf der sicheren Seite, wenn der AG Abschlagszahlungen leistet.

OLG Celle, Beschluss vom 26.02.2021, Az: 4 U 37/20

Der AN erhält nach öffentlicher Ausschreibung den Zuschlag. Es sind verschiedene Vertragstermine vorgesehen. In der Bauanlaufberatung wird vereinbart, dass die Gesamtbaumaßnahme im Dezember 2016 fertiggestellt werden soll. Es ergibt sich ferner aus dem Protokoll der Bauanlaufbesprechung, dass sämtliche vertragsrelevanten Termine zwingend einzuhalten sind.

Als sich abzeichnet, dass der AN den vereinbarten Fertigstellungstermin nicht einhalten kann, kündigt der AG den Vertrag aus wichtigem Grund. Der AN meint, es sei kein Fertigstellungstermin festgelegt worden, sodass er nicht in Verzug geraten sei.

Das Gericht gibt dem AG Recht. Es wurde in der Bauanlaufbesprechung vereinbart, dass der Gesamtfertigstellungstermin zwingend einzuhalten ist. Dies ergebe sich, so das Gericht, aus dem Protokoll. Hätte der AN eine solche zusätzliche Vertragsfrist nicht vereinbaren wollen, hätte er nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens, die hier analog anzuwenden sein sollen, unverzüglich widersprechen müssen, was er jedoch nicht getan hat.

Erhält der AN zeitnah zur Verhandlung über den bereits geschlossenen Vertrag das erstellte Protokoll und ist aus diesem Protokoll die Abänderung des Vertrages zu erkennen, ist er in gleicher Weise, wie er es bei einem Kaufmann als Vertragspartner wäre, verpflichtet, den Änderungen zu widersprechen. Er muss also der Vereinbarung, die sein Mitarbeiter getroffen hat, nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens unverzüglich widersprechen, um zu verhindern, dass sein Schweigen wie eine nachträgliche Genehmigung behandelt wird und die Vereinbarung mit diesem Inhalt zustande kommt.

Hinweis:

Die zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben entwickelten Grundsätze sind also nicht nur im Rechtsverkehr unter Kaufleuten anzuwenden, sondern auch auf Personen, die wie ein Kaufmann selbständig sind und in größerem Umfang am Rechtsverkehr teilnehmen, wie bspw. Gemeinden und Behörden im fiskalischen Tätigkeitsbereich.

OLG Celle, Urteil vom 12.01.2022, Az: 14 U 111/21

Die Parteien schließen einen Werkvertrag über den Einbau einer neuen Wärmepumpe nebst Pufferspeicher. Der Vertrag wird im Wohnhaus des Verbrauchers abgeschlossen. Nachdem der AN seine Leistungen erbracht hat und der AG hierfür Abschlagszahlungen leistete, erklärte der AG den Widerruf des Vertrages. Der AN verlangt Zahlung des restlichen Werklohnes. Im Wege der Widerklage macht der AG Rückzahlung der geleisteten Abschlagszahlungen geltend.

Das Gericht gab dem AG Recht und stellte fest, dass der AG den Vertrag wirksam widerrufen hat. Der Vertrag wurde im Wohnhaus des AG abgeschlossen. Folglich hat der AG ein Widerrufsrecht nach §§ 312g Abs. 1, 355 BGB. Dabei wird nicht danach unterschieden, ob sich der Verbraucher bei Vertragsabschluss in einer konkret individuellen Überrumpelungssituation befunden hat.

Vorliegend ist das Widerrufsrecht auch nicht nach § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB a. F. ausgeschlossen, da es sich hierbei nicht um eine erhebliche Umbaumaßnahme im Sinne dieser Vorschrift handelt. Nach einem Widerruf sind die Parteien an ihre bei Abschluss des Vertrages abgegebenen Erklärungen nicht mehr gebunden. Deshalb hat das Gericht die Klage des AN auf Zahlung des Werklohnes abgewiesen.

Bei einem Widerruf sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren, weshalb der AG als Verbraucher Anspruch auf Rückzahlung seiner Abschlagszahlungen hat.

Das allerdings unter der Einschränkung, dass der AG dem AN Zug um Zug die eingebaute Wärmepumpe zurückgeben und deren Ausbau ermöglichen muss. Da hier ein Ausbau möglich ist, sind die Voraussetzungen des Wertersatzes nach § 357 Abs. 8 BGB nicht gegeben.

Unternehmer sind gut beraten, wenn sie den Besteller ordnungsgemäß schriftlich über seine Widerrufsmöglichkeit belehren und mit dem Beginn der Arbeiten den Ablauf der Widerrufsfrist abwarten. Erfolgt keine Widerrufsbelehrung, ist diese aber nötig, kann ein Verbraucher von seiner Widerrufsmöglichkeit ein Jahr und 14 Tage Gebrauch machen, unabhängig davon, ob mit der Ausführung der Arbeiten bereits begonnen wurde oder nicht.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.01.2021, Az: 5 U 18/20

Der Auftraggeber (AG) beauftragt umfangreiche Sanierungsarbeiten mit einem Auftragsvolumen von über 50.000,00 €. Es gibt weder ein schriftliches Angebot, noch einen schriftlichen Vertrag. Abschlagszahlungen leistet der AG ausschließlich in bar. Schriftliche Quittungen gibt es nur für einen Teil der Abschlagszahlungen. Dann geraten die Parteien in Streit und die Arbeiten werden nicht fertiggestellt. Im Laufe der ersten Instanz erstellt der Auftragnehmer (AN) seine Schlussrechnung, in der die Abschlagszahlungen nicht berücksichtigt werden. Der AG verlangt Mangelbeseitigungskosten in Höhe von 80.000,00 €, Gutachterkosten in Höhe von rund 90.000,00 € und Rückzahlung der Abschlagszahlungen in Höhe von 50.000,00 €. Der AN verlangt Restwerklohn in Höhe von 75.000,00 €.

Beide Parteien bleiben erfolglos, da der Werkvertrag wegen Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz nichtig ist. Das ist immer dann der Fall, wenn der Unternehmer gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verstößt und der Besteller den Verstoß kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt.

Ein Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz ist vom Gericht von Amts wegen zu berücksichtigen, d. h. auch dann, wenn sich keine der Parteien hierauf beruft. Im vorliegenden Fall war das Fehlen eines schriftlichen Vertrages und Barzahlungen ohne Quittung gewichtige Indizien für eine „Ohne-Rechnung-Abrede“.

Hinweis:

Ein Werkvertrag mit einer „Ohne-Rechnung-Abrede“ unterliegt dem Anwendungsbereich des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes mit der Folge, dass der gesamte Vertrag wegen Verstoßes gegen § 134 BGB nichtig ist. Wenn der Vertrag nichtig ist, hat keine der Parteien Ansprüche, also weder der AN einen Anspruch auf Bezahlung, noch der AG Mängelansprüche oder Anspruch auf Rückzahlung geleisteter Zahlungen.