OLG Hamm, Urteil vom 06.02.2023, Az: 2 U 78/22

Der Verkäufer verkauft an den Käufer ein Sportstudio für 35.000,00 €. Schriftlich wird festgehalten, dass ein Betrag in Höhe von 5.000,00 € gezahlt wird. Die übrigen 30.000,00 € sollten in bar gezahlt werden. Dann erklärt der Verkäufer den Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Käufer verklagt ihn auf Rückzahlung von 31.000,00  €. Er habe 1.000,00 € überwiesen und 30.000,00 € in bar übergeben. Das Landgericht verurteilt den Verkäufer auf Rückzahlung. Der Verkäufer legt hiergegen Berufung ein.

Mit Erfolg!

Der Vertrag ist nichtig, wenn mit ihm Steuern verkürzt werden sollten. Damit liegen die Voraussetzungen für das Entstehen eines Rückgewährschuldverhältnisses (wirksamer Kaufvertrag) nicht vor.

Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bausenats des BGH zur Schwarzarbeit verneint das OLG die Verpflichtung zur Rückzahlung der gezahlten Beträge. Verbotswidrige Vereinbarungen verdienen generell keinen Schutz und führen zur Nichtigkeit des Vertrages. Den Parteien eines verbotswidrig geschlossenen Vertrages stehen weder Primär- noch Sekundäransprüche gleich aus welchem Rechtsgrund zu.

Diese Schutzlosigkeit der Vertragspartner sei gewollt und diene der Eindämmung solcher Rechtsgeschäfte. Der vorliegende Fall sei auch deshalb mit Verstößen gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz vergleichbar, weil auch hier der Wettbewerb verzerrt wurde. Der Verkäufer habe höher dotierte Angebote abgelehnt und sich für das günstigere Barangebot entschieden. Durch die Geldannahme hat er gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, so dass die Rückforderung ausgeschlossen sei.

Der VII. Zivilsenat des BGH (Bausenat) hat die Rechtsprechung aufgegeben, wonach ein Behalten des Geldes nicht mit Treu und Glauben vereinbar sei. Dem folgt das OLG, da dies erforderlich sei, um die Zielsetzung des Gesetzgebers zu fördern, die Steuerhinterziehung und die damit einhergehende Wettbewerbsverzerrung einzudämmen.

Hinweis:

Das vom OLG Hamm genannte Argument der Wettbewerbsverzerrung dürfte auch auf Immobiliengeschäfte unter Gewerbetreibenden anzuwenden sein.

OLG Hamm, Urteil vom 22.09.2022, Az: 24 U 65/21

Es soll in einem Wohnhaus der Boden erneuert werden. Der Auftragnehmer (AN) ist für die Herstellung der Fußbodenheizung verantwortlich. Nachdem die Fußbodenheizung installiert und der Estrich verlegt ist, meldet das darauffolgende Gewerk Bedenken an,  da seiner Auffassung nach die Funktionalität des Bodenaufbaus nicht gegeben ist. Die Ursache für die Funktionslosigkeit liegt darin begründet, dass der vor dem AN ausführende Vorunternehmer keine Lastverteilungsplatten unter der Fußbodenheizung eingebaut hat. Der Auftraggeber (AG) verlangt daraufhin vom AN (nicht vom Vorgewerk) Schadensersatz für die Kosten der Mangelbeseitigung, da er keinen Bedenkenhinweis erteilt hat.

Mit Erfolg!

Der AN kann sich nicht darauf berufen, dass der Vorunternehmer und nicht er die Lastverteilungsplatten hätte verbauen müssen. Die Leistung des AN ist mangelhaft, wenn die geschuldete Funktion nicht gegeben ist. Der AN hätte vor Ausführung darauf hinweisen müssen, dass die vom Vorgewerk hergestellte Leistung, von der die Funktionsfähigkeit seiner Werkleistung abhängt, Fehler aufweist. Da der AN selbst Fachunternehmer ist, hätte er die Fehler des Vorgewerks erkennen und anzeigen müssen.

Es kommt auch keine Einschränkung der Haftung wegen Mitverschuldens des AG in Betracht, denn der Vorunternehmer ist nicht Erfüllungsgehilfe des AG. Auch der Einwand des Mitverschuldens, da eine für die Ausführung erforderliche Planungsunterlage nicht vorgelegen habe, führt zu keinem anderen Ergebnis. Selbst wenn die Planung vom AG nicht beigebracht wurde, hätte der AN diesbezüglich Bedenken anmelden müssen, was nicht geschehen.

Hinweis:

Die Entscheidung ist richtig. Die Werkleistung des AN ist nicht funktionsfähig und daher mangelhaft. Wenn dafür eine fehlerhafte Leistung des Vorunternehmers verantwortlich ist und er es hätte erkennen müssen, haftet er für seine fehlerhafte Werkleistung uneingeschränkt.

OLG Hamm, Urteil vom 09.02.2023, Az: 24 U 77/21

Der Auftragnehmer (AN) soll auf der Grundlage eines BGB-Vertrages Putzarbeiten an einer Gartenmauer ausführen. Die Fläche wird vom Auftraggeber (AG) mit ca. 102,86 m² angegeben. Als Werklohn werden 5.355,00 € vereinbart. Vor Ausführung kommt es zu Planungsänderungen bezüglich der Mauer. Nach deren Errichtung sollen die Putzarbeiten ausgeführt werden. Der AN meldet wegen unzureichender Vorarbeiten Bedenken an. Unter Berücksichtigung der geringfügig veränderten Fläche der Gartenmauer unterbreitet der AN ein Nachtragsangebot über 5.980,00 €. Er macht die Arbeiten von der Beauftragung des Nachtragsange-botes abhängig. Der AG erklärt daraufhin die Kündigung und verlangt Erstattung der Mehrkosten, die durch die Beauftragung eines anderen Putzers entstehen.

Der AN ist nicht berechtigt gewesen, seine Leistungen einzustellen bzw. gar nicht erst mit der Leistung zu beginnen. Soweit Vorarbeiten nicht ordnungsgemäß erfolgt sind, berechtigt und verpflichtet das zu einem Bedenkenhinweis. Der AN hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass der AG seinen Bedenken Rechnung trägt. Vielmehr besteht seine Leistungspflicht grundsätzlich fort, soweit der AG trotz der geäußerten Bedenken die Ausführung der Leistung verlangt. Dass die Ausführung der Leistung für den AN unzumutbar gewesen sei, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch in Bezug auf die Änderungsanordnung war der AN nicht zur Leistungsverweigerung berechtigt.

Es kann zwar unzumutbar sein, dass der AN mit seinen Leistungen beginnt, wenn der AG eine tatsächlich bestehende zusätzliche Vergütungspflicht von vornherein endgültig in Abrede stellt und deshalb davon auszugehen ist, dass die Vergütung vom AN gerichtlich durchgesetzt werden muss.

Dabei ist aber eine Abwägung der wechselseitigen Interessen vorzunehmen. Tatsächlich dürfte eine derartige Leistungsverweigerung nur in seltenen Fällen möglich sein.

Hinweis:

Entstehen während der Vertragsdurchführung Meinungsverschiedenheiten müssen aufgrund des bestehenden Kooperationsgebotes die Vertragspartner grundsätzlich zunächst versuchen, ihre Differenzen auf dem Verhandlungsweg beizulegen. Bei strittigen Nachträgen gilt zudem der Grundsatz, dass Baufortschritt vor Vergütungssicherheit geht. Der AN sollte deshalb sorgfältig überlegen, ob er tatsächlich seine Arbeiten wegen einer nicht erfolgten Nachtragsbeauftragung einstellt. Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass er dazu nicht berechtigt gewesen ist, riskiert er wegen einer eventuellen Vertragskündigung des AG hohe Schadensersatzansprüche.

OLG Jena, Urteil vom 17.02.2022, Az: 8 U 1133/20

Ein Architekt ist mit den Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 beauftragt. Wegen mangelhafter Putzarbeiten (fehlender Haftungsverbund) kommt es zu Rissen. Deshalb nimmt der Bauherr den Architekten wegen eines Bauüberwachungsfehlers auf Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht weist die Klage des Bestellers ab mit der Begründung, dass es sich bei Putzarbeiten um handwerkliche Selbstverständlichkeiten handelt und der Architekt in einem  solchen Fall keine Überwachungspflicht habe.

Der Bauherr geht daraufhin in Berufung. Mit Erfolg!

Die Annahme des Landgerichtes trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Selbst bei einfachen Tätigkeiten, die für die Funktionalität der Gesamtwerkleistung nicht wichtig sind, sind stichprobenartige Kontrollen erforderlich. Gegen diese Kontrollpflicht hat der Architekt verstoßen, denn aus seiner Auffassung, die betroffenen Arbeiten unterlägen überhaupt keiner Überwachungspflicht, folgt zugleich, dass er keine Überwachung durchgeführt hat. Es besteht kein Zweifel, dass bei entsprechenden Kontrollen für den Architekten erkennbar gewesen wäre, dass kein Haftungsverbund aufgebracht wurde.

Hinweis:

Auch andere Gerichte haben entschieden, dass Putzarbeiten nicht besonders überwachungsbedürftig sind. Werden Putzarbeiten allerdings regelwidrig bei zu niedrigen Temperaturen ausgeführt, muss der bauleitende Architekt das verhindern. Außerdem ist er verpflichtet – wie bei sämtlichen handwerklichen Selbstverständlichkeiten – mindestens eine Einweisung, die Vornahme von Stichproben und eine Endkontrolle durchzuführen.

Bei der Ausführung kritischer, weil schadensanfälliger Bauwerksarbeiten, muss der bauüberwachende Architekt in der Regel zwar nicht ständig auf der Baustelle sein. Er ist jedoch zu erhöhter Aufmerksamkeit verpflichtet und hat die Arbeiten in angemessener und zumutbarer Weise zu überwachen. Dazu gehört auch, dass er sich durch häufige Kontrollen zu vergewissern hat, dass seine Anweisungen sachgerecht erledigt werden. Überwachungspflichten werden gesteigert, wenn das ausführende Unternehmen erkennbar unzuverlässig oder technisch schwach ist.

OLG Koblenz, Urteil vom 09.03.2023, Az: 2 U 63/22

Ein Verbraucherschutzverein findet die zitierte Klausel in einem Vertragsformular eines Fertighausanbieters und klagt dagegen.

Im Ergebnis ist die Klausel unwirksam. Sie entspricht nicht den Anforderungen des § 650k Abs. 3 S. 1 BGB, wonach ein Verbrauchervertrag gemäß § 650i BGB verbindliche Angaben zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Werks oder, wenn dieser Zeitpunkt bei Abschluss des Vertrages nicht angegeben werden kann, zur Dauer der Bauausführung enthalten muss. Diese Bestimmung kann gemäß § 650o BGB durch Vereinbarung nicht zum Nachteil eines Verbrauchers abbedungen oder umgangen werden.

Die Klausel erfüllt die geforderten Angaben nicht, was bei Ca.-Angaben grundsätzlich nicht der Fall ist. Der Zeitpunkt bis zur abnahmefähigen Fertigstellung muss konkret und nicht nur ungefähr angegeben werden.

Hinweis:

§ 650k Abs. 3 S. 2 BGB bestimmt, dass in Ermangelung einer Angabe zur Bauzeit die vorvertraglich in der Baubeschreibung übermittelten Angaben Vertragsinhalt werden.

Zweifel bei der Auslegung eines Vertrages, der eine Allgemeine Geschäftsbedingung ist, gehen im Übrigen zu Lasten des Verwenders. Der Klauselverwender, also der Fertighausanbieter, kann sich nach Treu und Glauben nicht auf die Unwirksamkeit seiner Klausel berufen.