Putz­ar­bei­ten müs­sen stich­pro­ben­ar­tig über­wacht werden!

OLG Jena, Urteil vom 17.02.2022, Az: 8 U 1133/20

Ein Archi­tekt ist mit den Grund­leis­tun­gen der Leis­tungs­pha­sen 1 bis 9 beauf­tragt. Wegen man­gel­haf­ter Putz­ar­bei­ten (feh­len­der Haf­tungs­ver­bund) kommt es zu Ris­sen. Des­halb nimmt der Bau­herr den Archi­tek­ten wegen eines Bau­über­wa­chungs­feh­lers auf Scha­dens­er­satz in Anspruch. Das Land­ge­richt weist die Kla­ge des Bestel­lers ab mit der Begrün­dung, dass es sich bei Putz­ar­bei­ten um hand­werk­li­che Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten han­delt und der Archi­tekt in einem  sol­chen Fall kei­ne Über­wa­chungs­pflicht habe.

Der Bau­herr geht dar­auf­hin in Beru­fung. Mit Erfolg!

Die Annah­me des Land­ge­rich­tes trifft in die­ser All­ge­mein­heit nicht zu. Selbst bei ein­fa­chen Tätig­kei­ten, die für die Funk­tio­na­li­tät der Gesamt­werk­leis­tung nicht wich­tig sind, sind stich­pro­ben­ar­ti­ge Kon­trol­len erfor­der­lich. Gegen die­se Kon­troll­pflicht hat der Archi­tekt ver­sto­ßen, denn aus sei­ner Auf­fas­sung, die betrof­fe­nen Arbei­ten unter­lä­gen über­haupt kei­ner Über­wa­chungs­pflicht, folgt zugleich, dass er kei­ne Über­wa­chung durch­ge­führt hat. Es besteht kein Zwei­fel, dass bei ent­spre­chen­den Kon­trol­len für den Archi­tek­ten erkenn­bar gewe­sen wäre, dass kein Haf­tungs­ver­bund auf­ge­bracht wurde.

Hin­weis:

Auch ande­re Gerich­te haben ent­schie­den, dass Putz­ar­bei­ten nicht beson­ders über­wa­chungs­be­dürf­tig sind. Wer­den Putz­ar­bei­ten aller­dings regel­wid­rig bei zu nied­ri­gen Tem­pe­ra­tu­ren aus­ge­führt, muss der bau­lei­ten­de Archi­tekt das ver­hin­dern. Außer­dem ist er ver­pflich­tet – wie bei sämt­li­chen hand­werk­li­chen Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten – min­des­tens eine Ein­wei­sung, die Vor­nah­me von Stich­pro­ben und eine End­kon­trol­le durchzuführen.

Bei der Aus­füh­rung kri­ti­scher, weil scha­dens­an­fäl­li­ger Bau­werks­ar­bei­ten, muss der bau­über­wa­chen­de Archi­tekt in der Regel zwar nicht stän­dig auf der Bau­stel­le sein. Er ist jedoch zu erhöh­ter Auf­merk­sam­keit ver­pflich­tet und hat die Arbei­ten in ange­mes­se­ner und zumut­ba­rer Wei­se zu über­wa­chen. Dazu gehört auch, dass er sich durch häu­fi­ge Kon­trol­len zu ver­ge­wis­sern hat, dass sei­ne Anwei­sun­gen sach­ge­recht erle­digt wer­den. Über­wa­chungs­pflich­ten wer­den gestei­gert, wenn das aus­füh­ren­de Unter­neh­men erkenn­bar unzu­ver­läs­sig oder tech­nisch schwach ist.