OLG Düs­sel­dorf, Urteil vom 19.12.2019, Az: 5 U 52/19

 

Der AN erstellt ein WDVS. Als Arbeits­be­ginn ist der 30.08.2010 fest­ge­legt. Da ein Vor­ge­werk neu aus­ge­schrie­ben wer­den muss, ver­schiebt sich der Bau­be­ginn um drei Mona­te, wofür der AN eine Mehr­ver­gü­tung aus § 2 Abs. 5 VOB/B in Höhe von 88.400,00 € verlangt.

Ohne Erfolg!

Es kann dahin­ge­stellt blei­ben, ob hier eine Leis­tungs­än­de­rung i.S.v. § 2 Abs. 5 VOB/B vor­liegt. Die gel­tend gemach­te Unter­de­ckung der AGK und der gel­tend gemach­te Anteil für Wag­nis und Gewinn stel­len kei­ne Mehr­kos­ten i.S.v. § 2 Abs. 5 VOB/B dar. Bei der Ermitt­lung der geän­der­ten Ver­gü­tung für Leis­tungs­än­de­run­gen nach § 2 Abs. 5 VOB/B ist die Ent­schei­dung des BGH vom 08.08.2019 zu dem inso­weit wort­glei­chen § 2 Abs. 3 VOB/B zu beach­ten. Dem­nach ist, wenn kei­ne Eini­gung der Par­tei­en zur ergän­zen­den Ver­gü­tung vor­liegt, eine Abwä­gung der bei­der­sei­ti­gen Inter­es­sen der Par­tei­en vor­zu­neh­men. Dabei sind die tat­säch­lich erfor­der­li­chen Kos­ten zuzüg­lich ange­mes­se­ner Zuschlä­ge maß­geb­lich. Ange­sichts des inso­weit iden­ti­schen Wort­lauts von § 2 Abs. 3 VOB/B und § 2 Abs. 5 VOB/B sind die vom BGH auf­ge­stell­ten Grund­sät­ze auch für § 2 Abs. 5 VOB/B maß­geb­lich, so dass es für die Preis­an­pas­sung auf die tat­säch­lich erfor­der­li­chen Mehr­kos­ten ankommt. Dass dem AN auf­grund der Ver­schie­bung der Leis­tungs­zeit tat­säch­lich nicht abge­gol­te­ne Mehr­kos­ten ent­stan­den sind, hat er nicht dar­ge­legt. Ins­be­son­de­re hat er kei­ne Vor­hal­te­kos­ten für Per­so­nal oder Gerä­te behauptet.

Hin­weis:

Nach der neu­en Recht­spre­chung erfolgt die Ermitt­lung der Ver­gü­tung für Nach­trä­ge nicht mehr unter Fort­schrei­bung der Ange­bots­kal­ku­la­ti­on („Guter Preis bleibt guter Preis, schlech­ter Preis bleibt schlech­ter Preis“), son­dern unter Zugrun­de­le­gung der für die Nach­trags­leis­tung tat­säch­lich ange­fal­le­nen Mehrkosten.

BGH, Urteil vom 21.11.2019, Az: VII ZR 10/19

  

Der AN errich­tet eine Natur­stein­fas­sa­de ein­schließ­lich Fas­sa­den­däm­mung. Sei­ne Schluss­rech­nung wird auf­grund von Men­gen­meh­run­gen um ca. 162.000,00 € gekürzt, da der AG meint, der ver­ein­bar­te Ein­heits­preis sei zumin­dest um den dort ent­hal­te­nen Anteil der AGK her­ab­zu­set­zen. Der AN klagt und obsiegt beim Kam­mer­ge­richt. Nach Ansicht des Kam­mer­ge­richts ist Vor­aus­set­zung für den Anspruch auf Her­ab­set­zung des Ein­heits­prei­ses, dass sich Kos­ten­er­spar­nis­se ein­ge­stellt hät­ten, was der AG nicht bewie­sen habe. Auch ein Abschlag um den Anteil der AGK kom­me nicht in Betracht, weil die AGK zur geplan­ten Gesamt­leis­tung des AN gehö­ren wür­den. Dem­zu­fol­ge könn­ten alle Her­stel­lungs­kos­ten, auch die für die Mehr­men­gen, mit AGK beauf­schlagt wer­den. Hier­ge­gen legt der AG Revi­si­on ein.

Mit Erfolg!

Der BGH hebt die Ent­schei­dung auf und ver­weist den Rechts­streit an das Kam­mer­ge­richt zurück, weil mit der vom Kam­mer­ge­richt gege­be­nen Begrün­dung ein Anspruch des AG auf Ver­ein­ba­rung eines neu­en Ein­heits­prei­ses nicht abge­lehnt wer­den kann. Die­ser Anspruch setzt kei­ne auf die Men­gen­än­de­rung kau­sal zurück­zu­füh­ren­de Ver­än­de­rung der Kos­ten vor­aus, wenn die Vor­aus­set­zun­gen des § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B vor­lie­gen. Bei Über- oder Unter­schrei­tung des ver­trag­li­chen Men­gen­an­sat­zes um mehr als 10% und Ver­lan­gen auf Preis­an­pas­sung ist ein neu­er EP zu ver­ein­ba­ren. Das Ver­lan­gen einer Preis­an­pas­sung begrün­det einen ver­trag­li­chen Anspruch auf Ein­wil­li­gung in den neu­en Ein­heits­preis, da die Par­tei­en zur Koope­ra­ti­on ver­pflich­tet sind. Kann kei­ne Eini­gung gefun­den wer­den, ist der neue Ein­heits­preis im Streit­fall vom Gericht zu bestim­men. Bei Bil­dung des neu­en Ein­heits­prei­ses ist ein ange­mes­se­ner Zuschlag für AGK auf die erfor­der­li­chen Kos­ten der über 10% lie­gen­den Mehr­men­gen zu berück­sich­ti­gen. Fer­ner unter­streicht der BGH, dass das Gericht bei der Bestim­mung der Höhe gemäß § 287 Abs. 2 ZPO schät­zen soll.

Anmer­kung zu: OLG Dres­den, Urteil vom 27.04.2017, Az: 10 U 881/14

Der Auf­trag­neh­mer (AN) ist mit Ver­klin­ke­rungs- und Ver­fu­gungs­ar­bei­ten beauf­tragt wor­den. Er ver­langt eine zusätz­li­che Ver­gü­tung für das Aus­füh­ren von Anschluss­fu­gen mit einer Mehr­stär­ke bis 30 mm. Laut LV ist ledig­lich das Abdich­ten von Anschluss­fu­gen mit einer Brei­te von max. 10 – 20 mm vor­ge­se­hen. Der Auf­trag­ge­ber (AG) ver­wei­gert die Zah­lung der zusätz­li­chen Ver­gü­tung mit der Begrün­dung, der AN habe den Anspruch auf Zusatz­ver­gü­tung nicht vor Beginn der Arbei­ten angekündigt.

Das OLG spricht dem AN die zusätz­li­che Ver­gü­tung aus­nahms­wei­se zu. Die Ankün­di­gung nach § 2 Abs. 6 Nr. 1 S. 2 VOB/B ist aus­nahms­wei­se ent­behr­lich, wenn sie im kon­kre­ten Fall für den Schutz des Auf­trag­ge­bers nicht erfor­der­lich und daher ohne Funk­ti­on war. Für den AG war ohne Wei­te­res ersicht­lich, dass das Abdich­ten von Anschluss­fu­gen mit einer Fugen­brei­te von mehr als 20 mm zwangs­läu­fig erfor­der­lich ist.

Hin­weis:

Bei ange­ord­ne­ten Zusatz­leis­tun­gen (§ 1 Abs. 4 i.V.m. § 2 Abs. 6 VOB/B ist eine Ankün­di­gung des Ver­gü­tungs­an­spruchs erfor­der­lich. Bei einer Ände­rung des Bau­ent­wurfs (§ 1 Abs. 3 VOB/B) folgt der Anspruch auf Preis­an­pas­sung auto­ma­tisch aus § 2 Abs. 5 VOB/B.

Nach wel­chen Kri­te­ri­en die Unter­schei­dung zu erfol­gen hat, ist umstrit­ten. Nach Ansicht des BGH sind nicht ver­ein­bar­te Leis­tun­gen i.S.v. § 1 Abs. 4 S. 1 VOB/B zur Errich­tung eines funk­ti­ons­taug­li­chen und zweck­ent­spre­chen­den Wer­kes erfor­der­li­che, aber nicht in der Leis­tungs­be­schrei­bung ent­hal­te­ne Leistungen.

Der AN soll­te, damit sein Anspruch nicht an For­ma­li­en schei­tert, einen Anspruch auf Mehr­ver­gü­tung immer ankün­di­gen und zwar unab­hän­gig davon, ob die­ser auf einer geän­der­ten oder einer zusätz­li­chen Leis­tung beruht. Zudem soll­te die Ankün­di­gung einen Hin­weis auf mög­li­che Bau­zeit­ver­län­ge­rungs­an­sprü­che enthalten.

Die Ankün­di­gung nach § 2 Abs. 6 Nr. 1 VOB/B ist ech­te Tat­be­stands­vor­aus­set­zung für den beson­de­ren Vergütungsanspruch.

Anmer­kung zu: BGH, Beschluss vom 04.11.2015 – VII ZR 282/14

Der Ver­trag über die Errich­tung einer Lärm­schutz­wand ent­hält fol­gen­de Klausel:

„Mas­sen­än­de­run­gen – auch über 10 % — sind vor­be­hal­ten und berech­ti­gen nicht zur Preiskorrektur.“

Bei Aus­füh­rung der Leis­tun­gen zeig­te sich, dass teil­wei­se erheb­lich gerin­ge­re Men­gen als aus­ge­schrie­ben aus­ge­führt wur­den, ins­be­son­de­re wur­de die Bau­stra­ße nur mit 650 m² statt wie im LV ent­hal­ten mit 9.750 m² zurück­ge­baut. Der AN mach­te mit sei­ner Schluss­rech­nung rund 55.000,00 € wegen der Unter­de­ckung sei­ner All­ge­mei­nen Geschäfts­kos­ten unter kal­ku­la­to­ri­schen Auf­schlä­gen für Wag­nis und Gewinn gel­tend. Der AG wand­te ein, eine Preis­kor­rek­tur sei wegen der oben zitier­ten Klau­sel ausgeschlossen.

Nach­dem das OLG dem AG Recht gege­ben hat­te, hebt der BGH die Ent­schei­dung des OLG auf. Die Klau­sel, bei der es sich um eine All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung han­delt, die der AG gestellt hat, sei unwirk­sam. Bei ihr wird mit der gebo­te­nen kun­den­feind­lichs­ten Aus­le­gung nicht nur eine Preis­an­pas­sung nach § 2 Abs. 3 VOB/B aus­ge­schlos­sen (was zuläs­sig ist), son­dern dar­über hin­aus auch eine Preis­an­pas­sung zuguns­ten des AN nach den Grund­sät­zen über die Stö­rung der Geschäfts­grund­la­ge. Dies, so der BGH benach­tei­ligt den AN unangemessen.