Anmerkung zu: OLG Karlsruhe, Urteil vom 31.10.2013, 9 U 84/12

Der Auftragnehmer (AN) legt Fliesen in der Abfüllhalle einer Kelterei. Dies aller-dings fehlerhaft, so dass sich die Fliesen lösen und der gesamte Bodenbelag erneuert werden muss. Hierzu müssen die in der Halle befindlichen Maschinen ab- und wieder aufgebaut und die Halle für einige Zeit geräumt werden. Die Kosten für den Nutzungsausfall muss der AN als Schadensersatz ersetzen. Er will diesen Schaden von seinem Betriebshaftpflichtversicherer erstattet erhalten.

Ohne Erfolg!

Nach Ziffer 1.1 ARB 2008 besteht eine Versicherung nur für Personen oder Sachschäden. Sachschäden sind Schäden an Gegenständen, die nicht gleichzeitig Gegenstand der vertraglichen Werkleistung sind. Dieses ist weder für die Auf- noch für die Abbaukosten noch für den Nutzungsausfall der Fall. Es handelt sich jedoch vorliegend um einen Vermögensschaden, der von der Versicherung nur umfasst ist, wenn er Folge eines anderweitigen Personen- oder Sachschadens ist. Ziffer 1.21.4.1 BB Teil B der Besonderen Bedingungen zur Haftpflichtversicherung für Bauhandwerker schränkt die Haftung für Vermögensschäden ein. Nach dieser Ausschlussklausel haftet der Versicherer nicht für Vermögensschäden durch von Versicherungsnehmer hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse, erbrachte Arbeiten oder sonstige Leistungen. Damit sind sämtliche Vermögensschäden ausgeschlossen, die durch die mangelhafte Werkleistung des AN verursacht worden sind.

Hinweis:
Die Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (ARB) bilden die Grundlage der meisten Haftpflichtversicherungsverträge. Es erfolgt oft eine Ergänzung durch die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen (B). Zur Feststellung der Deckung ist die Prüfung beider Bedingungswerke zwingend erforderlich. Obwohl die wechselseitigen Deckungserweiterungen und Ausschlüsse komplex sind, sind die Regelungen nicht intransparent und scheitern daher nicht an § 305c BGB.

Anmerkung zu: OLG München, Urteil vom 29.10.2013, Az: 9 U 773/13 – BGH, Beschluss vom 10.07.2014, Az: VII ZR 322/13

Erwerber und Bauträger streiten darüber, ob die Erwerber das durch Bauträger-vertrag erworbene Gemeinschaftseigentum bereits abgenommen haben. Es fanden zwei Abnahmetermine statt, zu denen je ein von den Erwerbern unter-zeichnetes Abnahmeprotokoll angefertigt wurde. Die Erwerber hingegen meinen, in diesen beiden Terminen sei es im Wesentlichen nur um die Abnahme der im Sondereigentum gelegenen Teile des Gemeinschaftseigentums gegangen. Die ver-traglichen Regelungen für die Abnahme des übrigen Gemeinschaftseigentums seien nicht eingehalten worden. Hinzu komme, dass das Gemeinschaftseigentum im ersten Termin noch gar nicht fertiggestellt war.

Das OLG München und letztendlich auch der BGH geben dem Bauträger Recht. Das im ersten Termin erstellte und unterzeichnete Abnahmeprotokoll bekundet aus-drücklich die Abnahme des Gemeinschaftseigentums bis auf im Protokoll aufge-führte Restarbeiten, die ihrerseits ausweislich eines weiteren Abnahmeprotokolls im zweiten Termin abgenommen worden seien. Die aufgelisteten Mängel hätten die Erwerber nicht davon abgehalten, eine umfassende Abnahme zu erklären. Selbst wenn die Abnahme wegen Mängeln und Restleistungen objektiv verfrüht gewesen wäre, wäre sie wirksam und könne jedenfalls nicht wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung angefochten werden.

Hinweis:
Es steht dem Besteller frei, auch ein nicht abnahmereifes Werk abzunehmen.

Dies hat der BGH erst kürzlich wieder bestätigt. Umstritten ist, ob die Abnahme auch gegen den Willen des Unternehmers erklärt werden kann, z.B. um in den Anwendungsbereich der Mängelrechte des § 634 BGB zu gelangen.

Anmerkung zu: BGH, Beschluss vom 11.10.2013, Az. VII ZR 97/13

Eine WEG beauftragt einen Architekten mit der Planung und Überwachung von Sanierungsarbeiten an einer Dachterrasse. Zum Jahreswechsel 1998/1999 waren die Sanierungsarbeiten fertiggestellt. Im Oktober 2005 stellte die WEG Feuchtigkeitserscheinungen unterhalb der Dachterrasse fest. In einem selbstständigen Beweisverfahren wird festgestellt, dass die schadensursächliche Schlechtleistung für jeden fachgerecht und sorgfältig handelnden Objektüberwacher erkennbar gewesen sei. Der Architekt wendet hingegen Verjährung ein. Die Verjährung habe im Jahr 1999 begonnen und sei deshalb 2004 abgelaufen.

Die Klage der WEG hat Erfolgt!

Der Architekt ist seiner in Anbetracht der gefahrträchtigen Arbeiten erhöhten Pflicht zur Überwachung und Prüfung der ausgeführten Flächenabdichtung nicht gerecht geworden. Wegen der besonders auffälligen Werkmängel sei davon auszugehen, dass der Architekt die Bauüberwachung der besonders gefahrenträchtigen Gewerke überhaupt nicht oder völlig unzureichend erledigte. Der Beweis des ersten Anscheins spräche dafür, dass bei sachgerechter Bauüberwachung die grob mangelhafte Bauausführung zu erkennen gewesen wäre. Diese Umstände wurden der WEG pflichtwidrig und arglistig verschwiegen. Die für die Arglist maßgebende Verjährungsfrist richtet sich nach der Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis von der mangelhaften Bauüberwachung. Kenntnis trat hier erst 2005 ein.

Hinweis:
Die Entscheidung liegt auf der Linie der einschlägigen Rechtsprechung zum Anscheinsbeweis und zur Arglist. Bei grob mangelhaften Ausführungen spricht zugunsten des Bauherrn der Beweis des ersten Anscheins für eine fehlerhafte Bauüberwachung. Dieser Beweis des ersten Anscheins kann nur erschüttert werden, wenn der Architekt seine Überwachungsmaßnahmen detailliert darlegt und beweist. Er muss im Einzelnen darlegen, wann er auf der Baustelle war und welche konkreten Arbeiten dabei von ihm überwacht wurden.

 

Anmerkung zu: BGH, Urteil vom 10.10.2013, Az. VII ZR 19/12

Eine Gemeinde beauftragt 1994 ein Ingenieurbüro mit den Leistungsphasen 5 bis 9 im Zusammenhang mit der Errichtung einer kommunalen Kläranlage. Nach dem vom Ingenieurbüro gestellten Formularvertrag soll die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen mit der letzten nach diesem Vertrag zu erbringenden Leistung, spätestens mit Abnahme der Leistungsphase 8 beginnen.

Nach Abschluss der Leistungsphase 8 wird Schlussrechnung gestellt. Diese wird umgehend und vollständig bezahlt. Das OLG sieht darin eine konkludente Abnahme der vom Ingenieur bis dahin erbrachten Leistungen und berechnet von diesem Zeitpunkt an die Verjährung der Mängelansprüche.

Der BGH sieht das anders. Er hebt das Urteil auf und verweist den Rechtsstreit an das OLG zurück. Wird ein Architekt oder Ingenieur mit Leistungen einschließlich der Leistungsphase 9 beauftragt, hat er seine Leistungen erst erbracht, wenn auch die Leistungen gemäß Leistungsphase 9 erfüllt sind. Erst zu diesem Zeitpunkt ist die Leistung abnahmereif und es kommt eine Billigung der Leistung als vertragsgemäß in Betracht.

Wenn bereits mit Abschluss der Leistungsphase 8 Schlussrechnung gelegt wird, ist in der vorzeitigen Bezahlung keine konkludente Abnahme zu sehen, auch keine Teilabnahme der bis zur Leistungsphase 8 erbrachten Leistungen. Eine Teilannahme setzt grundsätzlich eine vertragliche Vereinbarung voraus, in der der Wille zur vorgezogenen Abnahme wegen der schwerwiegenden Folgen der Abnahme klar zum Ausdruck kommen muss. Daran fehlt es, da die Vertragsklausel keine Teilabnahme regelt, sondern den Beginn der Verjährung.

Hinweis:
Architekten sollten in ihren Verträgen einen Anspruch auf Teilabnahme nach Abschluss der Leistungsphase 8 vereinbaren. Eine solche Regelung kann auch in einen Formularvertrag aufgenommen werden.
Es ist nach der Rechtsprechung des BGH außerdem zweifelhaft, ob lediglich in die Erklärung einer Teilabnahme oder eine vertragliche Regelung, die dies vorsieht, gleichzeitig die Vereinbarung dieser Teilabnahme hineininterpretiert werden kann.