Anmerkung zu: OLG Jena, Urteil vom 26.11.2015 – 1 U 209/15

Der AN war zur schlüsselfertigen Erstellung eines Shoppingcenters mit Parkhaus verpflichtet. Die Geltung der VOB/B war vereinbart. Die Gewährleistungsfrist beträgt 5 Jahre und die Abnahme erfolgte am 10.03.2008.

Der AG verlangt nun Kostenvorschuss für Mangelbeseitigung in Höhe von 100.000,00 €. Das LG weist die Klage wegen Verjährung ab. Bei Einreichung der Anspruchsbegründung am 28.10.2013 sei die Verjährungsfrist bereits abgelaufen gewesen. Es liege auch keine rechtzeitige schriftliche Aufforderung zur Mangelbeseitigung vor. Die E-Mail des AN vom 20.08.2012 stellte kein schriftliches Mangelbeseitigungsverlangen im Sinne von § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B dar.

Hiergegen wendet sich der AG mit seiner Berufung.

Ohne Erfolg!

Das OLG ist der Meinung, eine Verlängerung der Verjährungsfrist gem. § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B sei nicht eingetreten. Nach dieser Bestimmung verjähren Mängel, die gerügt werden, erst in zwei Jahren nach Zugang des schriftlichen Verlangens auf Mangelbeseitigung (Quasiunterbrechung). Der AG habe nicht bewiesen, dass eine unterschriebene Mängelrüge zugegangen sei. Die E-Mail erfülle nicht das Schriftformerfordernis, da hierfür gem. § 126 BGB eine eigenhändige Namensunterschrift erforderlich ist. Auch wenn diese Form nach § 126 Abs. 3 BGB durch die in § 126a BGB geregelte elektronische Form ersetzt werden könne, genüge die E-Mail diesen Anforderungen nicht. Sie sei unstreitig nicht unterschrieben worden und habe keine elektronische Signatur.

Hinweis:

Die Entscheidung des OLG Jena ist problematisch. Gem. § 127 Abs. 2 BGB genügt zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form die telekommunikative Übermittlung. Dazu reicht eine E-Mail. Außerdem ist die Kommunikation per E-Mail im Baugeschehen üblich, sodass sich die Beteiligten möglicherweise konkludent auf diese Form der schriftlichen Kommunikation geeinigt haben.

Gleichwohl zeigt diese Entscheidung wiederum, wie risikobehaftet die Kommunikation lediglich per E-Mail sein kann.

 

Anmerkung zu: OLG Frankfurt, Urteil vom 12.11.2015, Az: 3 U 4/14

Auf Grundlage eines Verkaufsprospektes erwarb ein Ehepaar im Jahr 2008 von ei-nem Bauträger (BT) eine neu errichtete Eigentumswohnung. Im Verkaufsprospekt wurde die Wohnung als „Skyline-Wohnkonzept“ angepriesen. Es wurde mit einem unverbaubaren Skyline-Blick geworben. Auf der Südterrasse wurden die Sichtver-hältnisse dergestalt beschrieben, dass „die Türme der Stadt fest im Blick“ sind.

Nach Übergabe baute der BT auf dem Nachbargrundstück ein dreigeschossiges Wohngebäude. Dem Ehepaar war die Sicht auf die Frankfurter Skyline fortan ver-sperrt. Das Ehepaar trat vom Vertrag zurück und verlangte Rückabwicklung.

Das LG gibt der Klage nahezu vollständig statt. Das OLG Frankfurt bestätigt die Entscheidung.

Das Verkaufsprospekt war als Werbung i.S.v. § 434 Abs. 1 S. 3 BGB anzusehen. Damit war als Beschaffenheit vereinbart, dass von den Wohn- und Außenbe-reichen ein unverbauter Blick auf die Frankfurter Skyline vorliegt. Die nachfol-gende Bebauung hat die Sicht des Ehepaares auf die Frankfurter Skyline jedoch erheblich verdeckt. Die nachträgliche Nachbarbebauung durch den BT war somit eine nachvertragliche, von diesem zu vertretene Pflichtverletzung, die das Ehepaar zur Rückabwicklung des Vertrages berechtigte.

Hinweis:

Nach der Gesetzesbegründung spielen Werbeaussagen bei der Herstellung von Sachen eigentlich keine Rolle; § 434 Abs. 1 S. 3 BGB ist damit eigentlich nicht auf Bauträgerverträge anwendbar. Rechtsprechung und Literatur sehen dies jedoch größtenteils einheitlich anders. Inhalt und Umfang der Pflichten eines Bauträgers ergeben sich nicht nur aus der Baubeschreibung, sondern auch aus Prospektma-terial, das die berechtigten Erwartungshaltungen des Erwerbers bestimmen kann. Es sind sogar einseitige Vorstellungen des Erwerbers bezüglich des Inhaltes des Vertrages maßgeblich, wenn der Bauträger aufgrund eigener oder ihm zurechen-barer Kenntnis des Willens des Erwerbers den Vertrag abschließt. Solche Vorstellungen können durch Äußerungen von Vertriebsmitarbeitern hervorgeru-fen werden. Erst wenn sich der Bauträger konkret schriftlich von Zusicherungen oder Äußerungen Dritter in Bezug auf die konkrete Bauausführung distanziert, dürfte er nicht für eventuell beim Erwerber gebildete einseitige Vorstellungen haften.

Anmerkung zu: OLG Brandenburg, Urteil vom 12.11.2015, Az: 12 U 176/13

Der Auftragnehmer (AN) hatte Installationsarbeiten in einer Wohnung vorgenom-men. Wegen einer gebrochenen Übergangsmuffe kam es zu einem Wasser-schaden. Es bildete sich Kondensat an Wänden, Scheuerleisten und Möbeln und es trat Schimmelpilzbefall auf. Ein Vor-Ort-Termin mit einem Sachverständigen fand statt. Im Rahmen dieses Termins wurde ein „Maßnahmenprotokoll“ erstellt. Darin wurde festgehalten, dass der Wasserschaden auf den Bruch der Muffe zurückzu-führen ist. Festgelegt wurden die Maßnahmen zur Schadensbeseitigung inklusive Zeitplan und Kostenübernahme durch den AN. Der AN hielt den Zeitplan nicht ein. Die Bauherren ließen den Schimmelpilz in Eigenregie beseitigen. Der AN verwei-gerte in der Folgezeit die Kostenübernahme. Die Versicherungen traten für die Bauherren ein und nahmen den AN gerichtlich in Anspruch.

Die Klage vor dem LG hatte Erfolg. Die vom AN hiergegen eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg.

Sowohl LG als auch OLG sahen in dem „Maßnahmenprotokoll“ das Vorliegen eines sog. „deklaratorischen Schuldanerkenntnisses“. Der AN hatte gegenüber den Bau-herren anerkannt, den Schimmelbefall verursacht zu haben. Das Maßnahmen-protokoll enthielt weder eine Festlegung zur nochmaligen Aufklärung der Mangel-ursache, noch einen Kostenvorbehalt des AN für den Fall, dass sich nachträglich eine andere Ursache für den Schimmelpilzbefall als die unzureichende Trocknung durch den AN herausstellt. Anerkannt hat der AN damit die Verantwortlichkeit dem Grunde nach und die Übernahme der Kosten dem Grunde nach.

Hinweis:

Die Folgen eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses sind bei Unterzeichnung meist nicht abzusehen. Der Anerkennende begibt sich grundsätzlich jeglicher Einwendungen gegen die Haftung. Der Adressat des Schuldanerkenntnisses muss die vom Anerkenntnis erfassten Behauptungen später nicht (mehr) beweisen. Will der Anerkennende den Nachweis der Unrichtigkeit seines deklaratorischen Schuld-anerkenntnisses erbringen, trifft ihn dafür die volle Beweislast. Dies gelingt in den seltensten Fällen.

Anmerkung zu: BGH, Beschluss vom 04.11.2015 – VII ZR 282/14

Der Vertrag über die Errichtung einer Lärmschutzwand enthält folgende Klausel:

„Massenänderungen – auch über 10 % – sind vorbehalten und berechtigen nicht zur Preiskorrektur.“

Bei Ausführung der Leistungen zeigte sich, dass teilweise erheblich geringere Mengen als ausgeschrieben ausgeführt wurden, insbesondere wurde die Baustraße nur mit 650 m² statt wie im LV enthalten mit 9.750 m² zurückgebaut. Der AN machte mit seiner Schlussrechnung rund 55.000,00 € wegen der Unterdeckung seiner Allgemeinen Geschäftskosten unter kalkulatorischen Aufschlägen für Wagnis und Gewinn geltend. Der AG wandte ein, eine Preiskorrektur sei wegen der oben zitierten Klausel ausgeschlossen.

Nachdem das OLG dem AG Recht gegeben hatte, hebt der BGH die Entscheidung des OLG auf. Die Klausel, bei der es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, die der AG gestellt hat, sei unwirksam. Bei ihr wird mit der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung nicht nur eine Preisanpassung nach § 2 Abs. 3 VOB/B ausgeschlossen (was zulässig ist), sondern darüber hinaus auch eine Preisanpassung zugunsten des AN nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage. Dies, so der BGH benachteiligt den AN unangemessen.