Anmerkung zu: OLG Zweibrücken, Urteil vom 03.12.2013, Az: 8 U 32/11 – BGH, Beschluss vom 27.04.2016, Az: VII ZR 345/13 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) mit dem Einbau einer Heizungs- und Lüftungsanlage in einem Geschäftshaus. Darin befand sich ein Fitnessstudio. Der AN hatte ein Konzept für eine neue Anlage erstellt und ein Angebot erarbeitet. Nach Errichtung der Anlage entstanden in einigen Trainingsräumen so hohe Raumtemperaturen, dass mehrere Kunden die Verträge mit dem Fitnessstudio kündigten. Auf Aufforderung hin verweigerte der AN die Mangelbeseitigung. Den Einbau einer ursprünglich mit angebotenen Klimaanlage hatte der AG wegen zu hoher Kosten abgelehnt. Darauf, dass die Anlage nicht die Funktion einer Klimaanlage ersetze, hat der AN den AG hingewiesen. Der AG klagte daraufhin auf Gewährung von Schadensersatz.

Mit Erfolg!

Das OLG Zweibrücken hat in Einklang mit der Rechtsprechung des BGH hinsichtlich des geschuldeten Erfolges nicht nur auf die vereinbarte Ausführungsart abgestellt, sondern entscheidend auf die Funktionstauglichkeit der Anlage für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch. In dieser Hinsicht war das Werk nicht funktions-tauglich. Die Anlage sollte die Luftqualitäten in einem Fitnessstudio sicherstellen. Dies war mit der vereinbarten Ausführungsart nach den Feststellungen des Sach-verständigen überhaupt nicht möglich. Der AN hat es pflichtwidrig unterlassen, auf die Erforderlichkeit des Einbaus weiterer Technik hinzuweisen, nämlich aufgrund dessen, dass in unterschiedlichen Räumen unterschiedliche Nutzlasten angesetzt werden müssen. Im vorliegenden Fall kürzt das Gericht den Schadensersatz im Rahmen der sog. Vorteilsausgleichung. Dies bedeutet, es werden die Mehrkosten in Abzug gebracht, um die die Bauleistung bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer gewesen wäre.

Hinweis:

Es besteht mittlerweile eine breite obergerichtliche Rechtsprechung zur Funktionstauglichkeit eines Werkes. Danach genügt es grundsätzlich nicht, die einzelnen Positionen eines Leistungsverzeichnisses abzuarbeiten, um eine mangelfreie Leistung abzuliefern. Im Blickwinkel muss stets die Funktionstaug-lichkeit des geschuldeten Bauwerkes sein, gemessen am vertraglich vorausge-setzten Gebrauch.

 

Anmerkung zu: KG, Urteil vom 15.04.2014, Az. 7 U 57/13 – BGH, Beschluss vom 27.04.2016, Az. VII ZR 105/14 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Der AN hat Beschichtungsarbeiten an zwei Bodenfilteranlagen durchgeführt. Die förmliche Abnahme ist vereinbart und wird im August 2004 vom AN beantragt. Daraufhin fand am 06.09.2004 die Abnahmebegehung statt. Das Abnahmeprotokoll datiert vom 21.12.2004. Darin steht, dass die Verjährungsfrist für Mängelansprüche am 21.12.2009 endet. Dem hat der AN nicht widersprochen. Als der AG wegen Mängeln am 05.10.2009 Klage einreicht, wendet der AN Verjährung ein.

Ohne Erfolg!

Eine wirksame Abnahme und eine wirksame Verständigung über die Verjährungsfrist ist erst mit Zugang des Abnahmeprotokolls am 21.12.2004 erfolgt. Diesem Termin hätte der AN nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens widersprechen müssen. Erhält der AN zeitnah zur Verhandlung über einen bereits geschlossenen Vertrag das darüber erstellte Protokoll und ist aus diesem eine Abänderung des Vertrages zu erkennen, ist er verpflichtet, den Änderungen genauso zu widersprechen, wie er diesen Änderungen widersprechen müsste, wenn er nach der Vertragsverhandlung ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben über das Ergebnis der Verhandlungen erhalten hätte. Wird nicht unverzüglich widersprochen, gilt sein Schweigen als nachträgliche konkludente Genehmigung.

Diese Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens sind zwar nicht direkt anwendbar, da ein Protokoll über eine nach Vertragsabschluss durchgeführte Verhandlung kein kaufmännisches Bestätigungsschreiben ist. Es kommt einem solchen Schreiben jedoch inhaltlich und seinem Zweck nach so nahe, dass gerechtfertigt ist, die Grundsätze zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben entsprechend anzuwenden.

Schreiben, auf die die Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben Anwendung finden, kommen häufig vor, z.B. in Gestalt von Baustellenverhandlungs-protokollen, Auftragsbestätigungen oder auch einfachen Briefen oder wie hier bei Abnahmeprotokollen. Enthält irgendein Schriftstück aus Sicht des Empfängers unrichtige Festlegungen, sollte deshalb spätestens innerhalb von drei Tagen beweisbar widersprochen werden.

Anmerkung zu: KG, Urteil vom 17.12.2013, Az. 7 U 203/12 BGH, Beschluss vom 27.04.2016, Az. VII ZR 24/14 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewi

Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) mit der Ausführung von Bauarbeiten an einer Autobahn. Die Angebotssumme beinhaltet Baustellengemein-kosten in Höhe von 6,3 % bezogen auf diese. Während der Ausführung der Arbeiten kommt es zu zahlreichen Änderungen und zusätzlichen Leistungen. Der AN stellt hierüber Nachträge in Höhe von insgesamt ca. 7,68 Mio. €. Diese Nachträge beaufschlagt der AN komplett mit Baustellengemeinkosten (BGK) von 6,3 %. Der AN argumentiert, dieser Anteil an BGK sei auch in der ursprünglichen Angebotssumme enthalten. Ihm stünde dieser Zuschlag somit auch für die gesondert zu vergütenden, geänderten und zusätzlichen Leistungen zu. Der AG zahlt den BGK-Aufschlag nicht. Der AN erhebt Klage.

Ohne Erfolg!

Gemäß § 2 Abs. 1 VOB/B werden durch die vereinbarten Preise alle Leistungen abgegolten, die zur vertraglichen Leistung gehören. In diese Preise einzukalkulieren sind die BGK ebenso wie die Allgemeinen Geschäftskosten (AGK). Ein zusätzlicher Anspruch auf Vergütung der BGK entsteht nur dann, wenn eine solche Vergütung gesondert vereinbart ist. Dies war im vorliegenden Fall weder hinsichtlich des Hauptauftrages, noch hinsichtlich der zusätzlichen Leistungen festzustellen. Die BGK waren vielmehr – ohne dies im Einzelnen zu erkennen – als Zuschläge auf die Einzelkosten der Teilleistungen aufgeschlagen. Es hatte sich im vorliegenden Fall weder die vertraglich vorgesehene Bauzeit verlängert. Der AN hatte auch nicht vorgetragen, dass sich seine Personalkosten durch die geänderten oder zusätzlichen Leistungen erhöht hatten.

Es ist auch nicht von einem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass im Fall der Umsatzerhöhung infolge zusätzlicher oder geänderter Leistungen zwangsläufig zusätzliche BGK entstehen.

Hinweis:

Entstehen infolge zusätzlicher oder geänderter Leistungen tatsächlich weitere Baustellengemeinkosten, sind diese im Nachtrag konkret als direkte Kosten auszuweisen. Die rein pauschale Geltendmachung von Baustellengemeinkosten z.B. durch Anwendung des rechnerisch ermittelten, prozentualen BGK-Zuschlages genügt nicht.

 

Anmerkung zu: OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.04.2016 – 21 U 145/13

In einer Produktionshalle fallen die Deckenplatten ab. Die entsprechenden Trockenausbauarbeiten waren im Mai 2001 abgenommen worden. Nach 10 Jahren löst sich ein großer Teil der Abhangdecke und fällt herunter. Der daraufhin vom Auftraggeber (AG) eingeschaltete Gutachter stellte schwere Befestigungsmängel mit Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 111.000,00 € fest. Der Auftragnehmer (AN) wendet Verjährung ein.

Ohne Erfolg!

Die Ansprüche sind nicht verjährt. Die 2-jährige Verjährungsfrist nach § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B gilt nicht, wenn Mängel arglistig verschwiegen werden. Es verbleibt dann bei der allgemeinen Verjährungsfrist des BGB.

Arglistig verschwiegen wird ein Mangel dann, wenn er den Mangel oder die hierfür ursächliche vertragswidrige Ausführung der Werkleistung kennt und treuewidrig nicht vor oder bei Abnahme offenbart. Deshalb kann Arglist dann vorliegen, wenn der AN bewusst von für die Ausführung wesentlichen Vorgaben des Bestellers abweicht. Hier war die explizit ausgeschriebene komplette Nachschraubung der vorhandenen Lattung gänzlich unterblieben. Deshalb weicht die Ausführung augenfällig vom geschuldeten Vertragsgegenstand ab. Daraus hat das OLG geschlossen, dass dem AN dieser gravierende Mangel bewusst war.

Der Einsatz eines Subunternehmers entlastet den AN nicht, denn dann hätte er die Verschraubung vor Anbringen der Folie überprüfen müssen, was unstreitig nicht erfolgte. Der AN hatte selbst vorgetragen, dass die vorhandene Verschraubung nicht mehr kontrolliert werden konnte, weil diese in einem Arbeitsgang zusammen mit dem Anbringen einer undurchsichtigen Folie von unten durchgeführt wurde.

Hinweis:

Die Durchbrechung der Verjährung zu Ungunsten des Werkunternehmers ist die Ausnahme. Auch gravierende Mängel lassen nicht ohne Weiteres den Schluss zu, dass der AN arglistig gehandelt hat. Davon wird allerdings immer dann auszugehen sein, wenn der Werkunternehmer eigenmächtig von der Baubeschreibung abgewichen ist.

 

Anmerkung zu: OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.04.2016, Az. 22 U 164/15

Der AN erbringt Abdichtungs- und Fliesenarbeiten in einem Schwimmbad. Im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens wird festgestellt, dass in einer umlaufenden Rinne 14 Abläufe hätten installiert werden müssen, was jedoch nicht erfolgt ist. Die Architektenplanung sieht zwar ein Abflussrohr vor, Details zu dessen Anschluss an die Rinne sind aber nicht dargestellt. Dieser Fehler war erkennbar und es ist unstreitig kein Bedenkenhinweis erfolgt. Der AN meint aber, dem AG sei ein Mitverschulden anzulasten, weil er eine ordnungsgemäße und mangelfreie Planung hätte beistellen müssen.

Das OLG weist zunächst darauf hin, dass ein Planungsfehler der vom AG beauftragten Planer diesem im Verhältnis zum AN zuzurechnen ist. Eine Mitverantwortung kann auch gegeben sein, wenn Teilbereiche überhaupt nicht geplant worden sind und der Mangel auf die unterlassene Planung zurückzuführen ist. Voraussetzung hierfür ist aber immer, dass den AG überhaupt Planungsverantwortung trifft. Übernimmt ein Unternehmer vertraglich die Ausführung von Werkleistungen in Kenntnis des Umstandes, dass der AG keine Ausführungsplanung zur Verfügung stellt, so kann er sich nach Meinung des OLG jedoch nicht mit Erfolg auf ein Mitverschulden des AG wegen der fehlenden Ausführungsplanung berufen. Die Beurteilung solcher Fälle ist aber immer von den Umständen des Einzelfalls abhängig, insbesondere vom Umfang und der Schwierigkeit der auszuführenden Arbeiten und von der Kenntnis des Werkunternehmers. Aus diesem Grund lastet das OLG dem AG im konkreten Fall ein Mitverschulden in Höhe von 50 % an.

 

Anmerkung zu: BGH, Urteil vom 07.04.2016, Az.: VII ZR 56/15

Der Auftraggeber (AG) beauftragt einen Generalunternehmer (GU) mit der Errichtung eines Geschäftshauses. Als Vergütung ist eine Pauschale von 1.660.000,00 € vereinbart. Der AG stellt die Vertragsbedingungen. Als Sicherheitsleistung wird Folgendes vereinbart:

„Der GU stellt eine Vertragserfüllungsbürgschaft zu 10 % der Auftragssumme. Die Vertragserfüllungsbürgschaft muss bis zur Auszahlung der ersten Abschlagsrechnung dem AG vorgelegt werden. Die Bürgschaft muss unbedingt, unbefristet und selbstschuldnerisch sein. Eine Rückgabe erfolgt im Austausch mit der Gewährleistungsbürgschaft.“

Der GU wird insolvent. Der AG nimmt den Bürgen in Anspruch. Er will die Bürgschaft in voller Höhe ziehen. Der Bürge argumentiert, dass sich der GU nicht wirksam zur Stellung der Vertragserfüllungsbürgschaft verpflichtet habe. Die Sicherungsabrede in Höhe von 10 % sei zu hoch.

Der BGH folgt der Argumentation des Bürgen nicht. Die Vereinbarung zwischen AG und GU ist nicht gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Der BGH hält insofern an seiner Rechtsprechung fest. Danach ist die in der Praxis gängige Größenordnung einer Sicherheitsleistung von 10 % nicht zu hoch. Im Falle einer insolvenzbedingten Kündigung entsteht typischerweise ein größerer Schaden. Der BGH hält an dieser Rechtsauffassung auch in Anbetracht der Neuregelung des § 632a BGB fest. Danach steht dem Verbraucher Anspruch auf Vertragserfüllungssicherheit in Höhe von 5 % zu, wenn der Unternehmer Abschlagszahlungen fordert. Dieser Bestimmung kann nicht entnommen werden, dass eine Vertragserfüllungssicherheit nicht mehr als 5 % betragen darf. Mit dieser Neuregelung sollte erstmals ein gesetzlicher Anspruch des Verbrauchers auf Bestellung einer Sicherheit normiert werden. Diese Vorschrift ist jedoch dispositiv und beinhaltet keine Obergrenzte einer zulässigen Sicherheitsleistung, sondern regelt nur den erforderlichen Mindestschutz eines Verbrauchers.

Hinweis:

Die Vereinbarung von Vertragserfüllungssicherheiten in Höhe von 10 % war in der Literatur umstritten. Das BGH-Urteil hat daher hohe praktische Bedeutung. Gleichwohl müssen stets sämtliche mit der Sicherheitsabrede in Zusammenhang stehenden Abreden überprüft werden. So kann nach wie vor die Kumulation von Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaften zur Unwirksamkeit der kompletten Sicherungsabrede führen, ebenso die neben einer Vertragserfüllungsbürgschaft vereinbarte Beschränkung von Abschlagszahlungen auf 90 %.