OLG Hamm, Beschluss vom 05.09.2019, Az: 21 U 110/17

 

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) verlangt u.a. wegen Nichteinhaltung des Mindestradius der Tiefgarageneinfahrt vom Bauträger Minderung.

Der Bauträger beruft sich darauf, dass die Tiefgarageneinfahrt mit den tatsächlichen Abmessungen in der Baubeschreibung und in den Teilungsplänen eingezeichnet ist und daher die tatsächliche Beschaffenheit nicht von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit abweicht.

Der Bauträger dringt hiermit nicht durch. Die Einfahrt entspricht aufgrund eines zu geringen Innenradius der Kurve nicht den anerkannten Regeln der Technik. Eine hiervon abweichende Vereinbarung in der Baubeschreibung kann nicht dahin ausgelegt werden, dass von einem üblicherweise zu erwartenden Mindeststandard abgewichen werden soll, wenn nicht auf eine solche Bedeutung ausdrücklich hingewiesen worden ist oder der Erwerber dies aus anderen Gründen (z.B. eigene Fachkunde) weiß.

Hinweis:

Will ein Bauträger von den üblichen Qualitäts- und Komfortmaßstäben abweichen, muss er den Erwerber hierauf deutlich hinweisen und ihn über die Folgen einer solchen Bauweise für die Wohnqualität aufklären.

Der bloße Verweis auf technische Normen oder technische Werte genügt also nicht. Ungeklärt ist, ob AGB-rechtlich überhaupt von den anerkannten Regeln der Technik wirksam abgewichen werden kann.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.12.2019, Az: 5 U 52/19

 

Der AN erstellt ein WDVS. Als Arbeitsbeginn ist der 30.08.2010 festgelegt. Da ein Vorgewerk neu ausgeschrieben werden muss, verschiebt sich der Baubeginn um drei Monate, wofür der AN eine Mehrvergütung aus § 2 Abs. 5 VOB/B in Höhe von 88.400,00 € verlangt.

Ohne Erfolg!

Es kann dahingestellt bleiben, ob hier eine Leistungsänderung i.S.v. § 2 Abs. 5 VOB/B vorliegt. Die geltend gemachte Unterdeckung der AGK und der geltend gemachte Anteil für Wagnis und Gewinn stellen keine Mehrkosten i.S.v. § 2 Abs. 5 VOB/B dar. Bei der Ermittlung der geänderten Vergütung für Leistungsänderungen nach § 2 Abs. 5 VOB/B ist die Entscheidung des BGH vom 08.08.2019 zu dem insoweit wortgleichen § 2 Abs. 3 VOB/B zu beachten. Demnach ist, wenn keine Einigung der Parteien zur ergänzenden Vergütung vorliegt, eine Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien vorzunehmen. Dabei sind die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge maßgeblich. Angesichts des insoweit identischen Wortlauts von § 2 Abs. 3 VOB/B und § 2 Abs. 5 VOB/B sind die vom BGH aufgestellten Grundsätze auch für § 2 Abs. 5 VOB/B maßgeblich, so dass es für die Preisanpassung auf die tatsächlich erforderlichen Mehrkosten ankommt. Dass dem AN aufgrund der Verschiebung der Leistungszeit tatsächlich nicht abgegoltene Mehrkosten entstanden sind, hat er nicht dargelegt. Insbesondere hat er keine Vorhaltekosten für Personal oder Geräte behauptet.

Hinweis:

Nach der neuen Rechtsprechung erfolgt die Ermittlung der Vergütung für Nachträge nicht mehr unter Fortschreibung der Angebotskalkulation („Guter Preis bleibt guter Preis, schlechter Preis bleibt schlechter Preis“), sondern unter Zugrundelegung der für die Nachtragsleistung tatsächlich angefallenen Mehrkosten.

OLG München, Urteil vom 26.09.2017, Az: 28 U 2834/09

 

Der AN wird während der Bauphase mit verschiedenen Änderungs- und Zusatzleistungen beauftragt. Hierzu reicht er jeweils Nachtragsangebote ein, die der AG auch annimmt. Der AN meldet aber weder Behinderung an, noch enthalten seine Nachtragsangebote Hinweise auf die mit der Ausführung der Nachtragsleistungen verbundenen Bauzeitverlängerungen. Nach Abschluss der Arbeiten macht er Mehrkosten infolge von Bauablaufstörungen in Höhe von ca. 1,8 Mio. € geltend.

Ohne Erfolg!

Bei vereinbarten Nachträgen sind etwaige Kosten einer verlängerten Bauzeit als in der Regel mit der Nachtragsvereinbarung abgegolten anzusehen. Demzufolge muss sich der AN etwaige Mehrvergütungsansprüche für die verlängerte Bauzeit bereits bei Abschluss der Nachtragsvereinbarung erkennbar vorbehalten. Tut er dies nicht, kann der AG das Nachtragsangebot so verstehen, dass mit diesem Angebot alle mit der Leistungsänderung oder -ergänzung entstehenden Kosten abgedeckt sein sollen. Das Argument des AN, dass im Moment des Nachtrags die verzögerungsbedingten Schäden noch nicht abgeschätzt werden können, greift nicht durch. Würde man dem folgen, würde das Kalkulationsrisiko einseitig auf den AG abgewälzt werden, der erst recht nicht weiß, welche Auswirkungen die Umsetzung des Nachtrags auf die Arbeitsabläufe haben.

Hinweis:

Der Grundsatz „Kein Nachtrag zum Nachtrag“ ist ständige Rechtsprechung. Dementsprechend sollte bei Nachtragsangeboten seitens des AN ein entsprechender Vorbehalt erfolgen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.12.2019, Az: 5 U 52/19

 

Der AN soll mit seinen Fassadenarbeiten am 30.08.2010 beginnen. Es sind verschiedene Vorgewerke nicht fertiggestellt. Deshalb verschiebt der AG den Baubeginn. Der AN kann mit seinen Arbeiten erst ab dem 21.11.2011 beginnen. Das sind 310 Tage Verzögerung. Dafür verlangt der AN eine Entschädigung nach § 642 BGB für nicht erwirtschaftete AGK bzw. Wagnis und Gewinn. Das LG spricht ihm rund 26.000,00 € zu. Der AG geht in Berufung.

Mit Erfolg!

Das OLG meint, dass zwar die Tatbestandsvoraussetzungen für den Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB vorliegen. Es gibt insbesondere keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der AN nicht leistungsfähig und bereit gewesen ist. Allerdings sind die geltend gemachten Positionen nicht vom Sinn und Zweck des § 642 BGB umfasst – so das OLG.

§ 642 BGB gewährt eine Kompensation dafür, dass Personal, Geräte und Kapital bereitgehalten werden. Die Entschädigung wird also für die Wartezeiten gezahlt. Wird der AN aber gerade dafür bezahlt, dass er Kapital und Arbeitskraft bereithält, ist nach Auffassung des OLG kein Raum für eine vom tatsächlichen Bereithalten von Produktionsmitteln abgekoppelte Entschädigung für AGK. Der AN würde ansonsten für das bloße Vorhandensein eines Geschäftsbetriebs entschädigt. Der AN hat aber nicht konkret dargelegt, dass ein Mehraufwand durch nutzloses Vorhalten von Personal oder Gerätschaften angefallen ist und welcher AGK-Aufschlag hierauf entfällt.

Hinweis:

§ 642 BGB erfordert eine Abwägungsentscheidung des Gerichts auf der Grundlage der im Gesetz genannten Kriterien. Im Kern hat sich die Entschädigungshöhe an den unproduktiv bereitgehaltenen Produktionsmitteln und den hierauf entfallenden Vergütungsanteilen einschließlich Anteile für AGK sowie Wagnis und Gewinn zu orientieren. Werden keine Produktionsmittel unproduktiv bereitgehalten, gibt es auch keinen Vergütungsanteil, auf den AGK-Anteile entfallen.