Anmerkung zu: Urteil OLG Düsseldorf vom 29.07.2016, Az: 22 U 24/16

Ein Mieter von Geschäftsräumen (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) mit der Wartung der Heizungs- und Lüftungsanlage. Ein eingefrorenes Heizregister verursacht in zwei Wintern erhebliche Schäden und Betriebsunterbrechungen. Die Ursache ist streitig. Der AG meint, der AN habe bei seinen Wartungsarbeiten übersehen, dass der Frostschutzregler falsch eingestellt gewesen sei. Der AN wendet ein, dies könne der AG nicht beweisen. Darüber hinaus sei die ganze Anlage falsch konstruiert. Der AG verklagt den AN auf Schadenersatz.

Das Landgericht wies die Klage ab. Der AG hätte die Schadensursachen nicht bewiesen.

Auf die Berufung des AG hob das OLG das Urteil auf und verwies es zur Klärung der Schadensursache an das LG zurück. Das LG hatte die Beweislast verkannt. Grundsatz ist, dass jeder Geschädigte beweisen muss, dass er durch eine fremde Pflichtverletzung geschädigt wurde. Dieser Grundsatz wird eingeschränkt, wenn der Vertragspartner als Vertragssoll das reibungslose Funktionieren einer technischen Anlage zu gewähren hat.

Wer dieses Vertragssoll schuldet, muss sich entlasten, wenn ein Schaden eintritt, welcher durch eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung hätte verhindert werden können. Dies gilt für die Problematik der Einstellung des Frostschutzreglers.

Maßgeblich war dann aber noch die Einwendung des AG, dass die Anlage fehlerhaft konstruiert sei. Der Schaden konnte mithin auch auf dieser Ursache beruhen. Der AN haftet mithin erst dann, wenn der AG ihm nachgewiesen hat, dass er zumindest mit ursächlich auch für eine fehlerhafte Konstruktion haftet.

Daher war der Sachverhalt an das LG zurückzuverweisen. Das LG muss klären, ob die Havarien (auch) auf einem Konstruktionsfehler beruhen.

Anmerkung zu: OLG Köln, Urteil vom 28.07.2016, Az. 7 U 179/15

Der AG führt für seinen Bauherrn den Umbau und die Sanierung eines Bürogebäudes durch. Der AN erstellt als sein Nachunternehmer eine Aluminiumfassadenkonstruktion mit raumhoher Verglasung. Im Verhandlungspro-tokoll zum Nachunternehmervertrag vereinbaren die Parteien eine Gewähr-leistungsfrist von 123 Monaten für die „Dichtigkeit der Fassade“. Der AN beruft sich nun auf Verjährung. Er meint, bei dem Verhandlungsprotokoll handele es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung des AG. Die dort vereinbarte Gewährleistungsfrist von 123 Monaten sei eine unangemessene Verlängerung der gesetzlichen Verjährung und deshalb unwirksam.

Das OLG verneint dies!

Durch Individualvereinbarung könne die gesetzliche Verjährung bis zur Grenze von 30 Jahren verlängert werden. Ob es sich bei dem Verhandlungsprotokoll um eine AGB des AG handelt, ist irrelevant, da diese Klausel den AN nicht unangemessen benachteiligt. Der BGH hat bereits im Jahr 1996 einer formularmäßigen Verlängerung der Verjährung auf 121 Monate im Hinblick auf das erhöhte Bedürfnis einer ausreichenden Bemessung der Frist als wirksam erachtet und das damit begründet, dass bei Flachdacharbeiten Ausführungs- wie auch Planungsmängel häufig vorkommen und erfahrungsgemäß erst später als fünf Jahre nach Abnahme aufträten. Nach Auffassung des OLG Köln sind diese vom BGH aufgestellten Grundsätze auf die betroffene Glasfassade zu übertragen.

Außerdem unterliegt der AG im Verhältnis zu seinem Bauherrn ebenfalls einer Verjährung von 120 Monaten. Es sei anerkannt, dass ein Bedürfnis für eine angemessene Verlängerung der Frist bestehe, weil ein Generalunternehmer die Abnahme erst später erlange, als seine Nachunternehmer.

Deshalb sei die Vereinbarung einer Verjährungsfrist zwischen dem AG und dem AN, die diejenige, die der AG mit seinem Bauherrn verabredet habe, um drei Monate überschreite, sachgerecht.

Hinweis:

Demgegenüber ist eine Verkürzung der Verjährungsfrist in AGB regelmäßig unwirksam.

 

Anmerkung zu: Urteil OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2016, Az: 22 U 54/16

Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) mit der Errichtung eines Einfamilienhauses. Der AN stellt den Bauvertrag. Darin enthalten sind bezüglich des Fertigstellungstermins Formulierungen mit „oder“  bzw. „und/oder“. Das Einfamilienhaus wird verspätet fertiggestellt. Der AG verlangt Schadenersatz.

Ohne Erfolg!

Der AG konnte nicht darlegen, dass der AN mit der Fertigstellung seiner Leistungen in Verzug war. Es war kein Fertigstellungstermin wirksam vereinbart. Die vom AN vorformulierten Klauseln waren nicht hinreichend klar und verständlich und deshalb unwirksam.

Ist ein Fertigstellungstermin nicht wirksam vereinbart – wie vorliegend – ist § 271 BGB anwendbar. Nach § 271 BGB ist im Sinne der Fälligkeit der Leistung darauf abzustellen, in welcher Zeit nach dem vom Bauvertrag vorausgesetzten Bauablauf die Fertigstellung möglich war.

Darüber hinaus muss sich – wenn dieser Zeitraum verstrichen ist – der AN in Verzug mit der Leistung befinden. Der AG hätte den AN daher insbesondere durch eine Mahnung nach Ablauf der für die Errichtung eines Einfamilienhauses notwendigen Bauzeit in Verzug setzen müssen. Eine solche Mahnung hatte der AG nicht ausgesprochen. Es lag kein Verzug seitens des AN vor.

Hinweis:

Die Bestimmung des maßgeblichen Zeitraumes im Sinne des § 271 BGB kann in der Praxis nur im Einzelfall entschieden werden. Meist erfolgt dies auf Grundlage eines baubetrieblichen Sachverständigengutachtens. Ist der so ermittelte angemessene Herstellungszeitraum überschritten, muss noch zusätzlich eine Mahnung ausgesprochen werden.

Anmerkung zu: LG Koblenz, Urteil vom 25.07.2016, Az: 4 O 283/15

Ein Bedachungsunternehmen (AN) schließt mit einer gemeindeeigenen GmbH (AG) einen VOB/B-Vertrag. Die Arbeiten werden am 08.09.2011 abgenommen. Am 27.09.2011 erstellt der AN die Schlussrechnung. Am 30.09.2011 erstellt der AN eine zweite Rechnung über Mehrkosten. Der AG fordert daraufhin den AN auf, beide Rechnungen in einer zusammenzufassen. Der AN storniert daraufhin beide Rechnungen. Die zusammengefasste neue Rechnung geht am 10.11.2011 an den AG. Im Januar und März 2012 berechnet der AN noch weitere Positionen nach. Der AG gleicht die Forderungen nicht aus. Der AN wendet sich daher mit Schreiben vom 18.12.2014 an den Bürgermeister der Gemeinde, welche Gesellschafterin des AG ist, und beantragt die Durchführung eines Verfahrens nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B. Nachdem der Bürgermeister dies abgelehnt hat, beantragt der AN unter dem 27.03.2015 einen Mahnbescheid. Nach Widerspruch erhebt der AG im streitigen Verfahren hinsichtlich aller Forderungen die Einrede der Verjährung.

Zu Recht!

Durch Übersendung der ersten Schlussrechnung am 27.09.2011 ist Fälligkeit noch im Jahr 2011 eingetreten und damit zum Ende des Jahres 2011 die Verjährungsfrist in Gang gesetzt worden. Diese einmal eingetretene Fälligkeit und der in Gang gesetzte Lauf der Verjährungsfrist wird nicht durch Änderungswünsche und durch Stornierungen wieder außer Kraft gesetzt bzw. rückwirkend beseitigt. Die Ende 2011 eingetretene Fälligkeit umfasst auch Forderungen, die nachberechnet werden. Damit war die Forderung zum Ablauf des Jahres 2014 verjährt. Daran ändert auch nichts der Antrag an den Bürgermeister der Gemeinde, das Verfahren nach § 18 Abs. 2 S. 1 VOB/B durchzuführen. Das Verfahren nach § 18 Abs. 2 S. 1 VOB/B kann nicht bei Verträgen mit juristischen Personen des Privatrechts angewendet werden. Der Anwendungsbereich erstreckt sich nur auf Behörden. Damit hat der unzulässige Antrag auch nicht zu einer Verjährungshemmung geführt.

Hinweis:

Hinsichtlich Fälligkeit und Verjährung einer Schlussrechnungsforderung ist immer auf den Zeitpunkt der erstmaligen Erstellung und Übersendung der Schluss-rechnung an den AG abzustellen.

Nachträgliche Korrekturen, Stornierungen und Neuausstellungen der Rechnung sollten bei Berechnung des Zeitpunkts des Eintrittes von Verjährung grundsätzlich unberücksichtigt bleiben.

 

Anmerkung zu: OLG Naumburg, Urteil vom 13.10.2014, Az. 12 U 110/14 – BGH, Beschluss vom 13.07.2016, Az. VII ZR 274/14

Der AN soll eine Fußgängerbrücke instandsetzen. Laut LV sind die Spalten zwischen den Brückensegmenten mit wasserdichten Vollaluminium-Profilen zu überbrücken. Dem entsprechen auch die Angebotspläne. Im Zuge der geschuldeten Ausführungsplanung stellt der AN fest, dass sich diese Profile nicht eignen. Stattdessen gelangt auf der Basis angepasster Ausführungspläne eine teurere Sonderkonstruktion zum Einsatz. Der AN verlangt hierfür eine zusätzliche Verfügung.

Ohne Erfolg!

Die verbaute Sonderkonstruktion gehört zur vertraglich geschuldeten Leistung und ist mit den vereinbarten Preisen abgegolten. Dass der Bauvertrag statt dieser Sonderkonstruktion Vollaluminium-Profile vorsieht, steht dem nicht entgegen. Der AN hätte den Darstellungen in den Angebotsplänen entnehmen können und müssen, dass die ausgeschriebenen Profile nicht geeignet seien. Da der AN den AG hierauf in der Angebotsphase nicht hingewiesen habe, sei der Bauvertrag zugunsten des AG auszulegen.

Hinweis:

Der Sachverständige hat in diesem Verfahren ausgesagt, dass die fehlende Eignung der Vollaluminium-Profile sich einem durchschnittlichen Bieter hätte gerade nicht aufdrängen müssen. Trotzdem bejaht das OLG eine Hinweispflicht und begründet das damit, dass dem AN auch die Ausführungsplanung übertragen worden sei. Es habe hier eine Verschiebung der Planungsverantwortung stattgefunden, die bei der Auslegung des Bauvertrages zu berücksichtigen sei. Das OLG überspannt hier die Anforderungen an die Prüf- und Hinweispflicht des Bieters. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, hätte der Bieter bereits in der Angebotsphase einen wesentlichen Teil der Ausführungsplanung zu erbringen gehabt, obwohl er diese erst nach Zuschlag schuldet. Außerdem entbindet eine derart weitreichende Prüf- und Hinweispflicht den AG von seiner Verantwortung für das von ihm erstellte Leistungsverzeichnis. Für die Erstellung des Leistungsverzeichnisses steht dem AG viel mehr Zeit zur Verfügung als dem Bieter für die Angebotserstellung.

Die Entscheidung des OLG mahnt jeden Bieter zur Vorsicht, insbesondere dann, wenn er die Ausführungsplanung schuldet.

 

Anmerkung zu: OLG Oldenburg, Urteil vom 09.10.2013, Az. 3 U 5/13 – BGH, Beschluss vom 13.07.2016, Az. VII ZR 305/13 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Der private Auftraggeber (AG) möchte für sein Einfamilienhaus den Betrieb seiner Heizungsanlage optimieren. Der Auftragnehmer (AN) plant ein individuell zugeschnittenes Wärmepumpenkonzept. Der AG geht bei Beauftragung davon aus, dass er seine alte Ölheizung stilllegen und somit Heizkosten sparen kann. Die Erwartung trifft nicht ein. Der AG verlangt Rückabwicklung. Der AN behauptet, er sei davon ausgegangen, der AG würde sein Einfamilienhaus weiter energetisch sanieren, um dadurch Heizkosten zu sparen.

Die Einwendungen des AN haben keinen Erfolg.

Das OLG stellt eine Verletzung der den AN treffenden Hinweis- und Beratungspflichten im Rahmen der Angebotserstellung fest. Der AN hat es pflichtwidrig unterlassen, den AG darauf hinzuweisen, dass die erhofften Kosteneinsparungen nur im Zusammenhang mit umfangreichen und kostenaufwändigen Wärmedämmmaßnahmen der Fassade erreicht werden können.

Der AN hatte dies auch erkannt, jedoch den AG hierauf nicht hingewiesen.

Hinweis:

Prüf- und Hinweispflichten treffen den Unternehmer bereits bei Beratung im Rahmen der Angebotserstellung. Sie haben ihren Ursprung in dem gegenüber dem Interessenten vorhandenen höheren Fachwissen. Der Umfang der Aufklärungs- und Prüfpflichten ist nicht schematisch festzulegen. Er bemisst sich einerseits nach dem Beratungsbedarf des Auftraggebers und andererseits nach dem Fachwissen des Unternehmers. Begrenzt ist er jedenfalls auf den Gegenstand des Auftrages. In jedem Fall ist jedoch eine umfangreiche Dokumentation der erteilten Hinweise anzuraten, um gegebenenfalls späteren Behauptungen entgegenwirken zu können.

 

Anmerkung zu: OLG Frankfurt, Urteil vom 11.07.2016, Az. 21 U 2/16

Der AN führt Sanierungsarbeiten aus. Die VOB/B ist vereinbart. Der Vertrag regelt zusätzlich, dass Stundenlohnarbeiten nur auf Anordnung der Bauleitung durchzuführen sind. Die Arbeiten sind von dem beim AG angestellten Bauleiter angeordnet worden. Der Bauleiter hat die Stundenlohnzettel unterzeichnet und die Rechnungen die AN mit dem Prüfstempel als „fachlich und rechnerisch“ geprüft versehen. Der AN hat aber keine ausdrückliche Beauftragung mit Stunden-lohnarbeiten vorgetragen.

Das Landgericht hat deshalb wegen Fehlens einer Stundenlohnvereinbarung den Anspruch verneint.

Die Berufung hat keinen Erfolg!

Vergütungsvoraussetzung ist nach § 2 Abs. 10 i.V.m. § 15 Abs. 1 VOB/B eine Stundenlohnvereinbarung. Eine solche ist nicht erfolgt. Das Abzeichnen von Stundenlohnzetteln bescheinigt lediglich die Art und den Umfang der erbrachten Leistung. Der Prüfvermerk des Bauleiters ist lediglich eine Wissenserklärung dahingehend, dass die Rechnung fachlich und rechnerisch richtig ist und nicht eine auf Abschluss einer Stundenlohnvereinbarung gerichtete rechtsgeschäftliche Erklärung des AG gegenüber dem AN.

 

Der AN führt Sanierungsarbeiten aus. Die VOB/B ist vereinbart. Der Vertrag regelt zusätzlich, dass Stundenlohnarbeiten nur auf Anordnung der Bauleitung durchzuführen sind. Die Arbeiten sind von dem beim AG angestellten Bauleiter angeordnet worden. Der Bauleiter hat die Stundenlohnzettel unterzeichnet und die Rechnungen die AN mit dem Prüfstempel als „fachlich und rechnerisch“ geprüft versehen. Der AN hat aber keine ausdrückliche Beauftragung mit Stunden-lohnarbeiten vorgetragen.

 

Das Landgericht hat deshalb wegen Fehlens einer Stundenlohnvereinbarung den Anspruch verneint.

 

Die Berufung hat keinen Erfolg!

 

 

 

 

 

Vergütungsvoraussetzung ist nach § 2 Abs. 10 i.V.m. § 15 Abs. 1 VOB/B eine Stundenlohnvereinbarung. Eine solche ist nicht erfolgt. Das Abzeichnen von Stundenlohnzetteln bescheinigt lediglich die Art und den Umfang der erbrachten Leistung. Der Prüfvermerk des Bauleiters ist lediglich eine Wissenserklärung dahingehend, dass die Rechnung fachlich und rechnerisch richtig ist und nicht eine auf Abschluss einer Stundenlohnvereinbarung gerichtete rechtsgeschäftliche Erklärung des AG gegenüber dem AN.