Abweichung von Leistungsverzeichnis und Angebotsplänen

Anmerkung zu: OLG Naumburg, Urteil vom 13.10.2014, Az. 12 U 110/14 – BGH, Beschluss vom 13.07.2016, Az. VII ZR 274/14

Der AN soll eine Fußgängerbrücke instandsetzen. Laut LV sind die Spalten zwischen den Brückensegmenten mit wasserdichten Vollaluminium-Profilen zu überbrücken. Dem entsprechen auch die Angebotspläne. Im Zuge der geschuldeten Ausführungsplanung stellt der AN fest, dass sich diese Profile nicht eignen. Stattdessen gelangt auf der Basis angepasster Ausführungspläne eine teurere Sonderkonstruktion zum Einsatz. Der AN verlangt hierfür eine zusätzliche Verfügung.

Ohne Erfolg!

Die verbaute Sonderkonstruktion gehört zur vertraglich geschuldeten Leistung und ist mit den vereinbarten Preisen abgegolten. Dass der Bauvertrag statt dieser Sonderkonstruktion Vollaluminium-Profile vorsieht, steht dem nicht entgegen. Der AN hätte den Darstellungen in den Angebotsplänen entnehmen können und müssen, dass die ausgeschriebenen Profile nicht geeignet seien. Da der AN den AG hierauf in der Angebotsphase nicht hingewiesen habe, sei der Bauvertrag zugunsten des AG auszulegen.

Hinweis:

Der Sachverständige hat in diesem Verfahren ausgesagt, dass die fehlende Eignung der Vollaluminium-Profile sich einem durchschnittlichen Bieter hätte gerade nicht aufdrängen müssen. Trotzdem bejaht das OLG eine Hinweispflicht und begründet das damit, dass dem AN auch die Ausführungsplanung übertragen worden sei. Es habe hier eine Verschiebung der Planungsverantwortung stattgefunden, die bei der Auslegung des Bauvertrages zu berücksichtigen sei. Das OLG überspannt hier die Anforderungen an die Prüf- und Hinweispflicht des Bieters. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, hätte der Bieter bereits in der Angebotsphase einen wesentlichen Teil der Ausführungsplanung zu erbringen gehabt, obwohl er diese erst nach Zuschlag schuldet. Außerdem entbindet eine derart weitreichende Prüf- und Hinweispflicht den AG von seiner Verantwortung für das von ihm erstellte Leistungsverzeichnis. Für die Erstellung des Leistungsverzeichnisses steht dem AG viel mehr Zeit zur Verfügung als dem Bieter für die Angebotserstellung.

Die Entscheidung des OLG mahnt jeden Bieter zur Vorsicht, insbesondere dann, wenn er die Ausführungsplanung schuldet.