OLG Stuttgart, Urteil vom 30.12.2020, Az: 10 U 202/20

Der Auftragnehmer (AN) eines VOB/B-Vertrages macht restlichen Werklohn geltend. Der Auftraggeber (AG) verteidigt sich damit, er habe den geschlossenen Bauvertrag aus wichtigem Grund gekündigt, weshalb ihm ein Anspruch auf Erstattung der Ersatzvornahmekosten zustehe. Die schriftliche Kündigungserklärung hat der AG eingescannt und per E-Mail an den AN geschickt. Das Landgericht gibt der Klage des AN statt.

Auch die Berufung des AG hat keinen Erfolg. Ein Anspruch auf Erstattung der Ersatzvornahmekosten setzt voraus, dass der Bauvertrag wirksam gekündigt wurde. Das in § 8 Abs. 6 VOB/B geregelte Schriftformerfordernis wird durch eine Kündigung per E-Mail nicht eingehalten, denn die Kündigung ist schriftlich zu erklären. Gemäß § 126 Abs. 1 BGB ist in den Fällen, in denen durch Gesetz die Schriftform vorgeschrieben ist, die Urkunde eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens zu unterzeichnen.

Da die VOB kein Gesetz, sondern eine Allgemeine Geschäftsbedingung ist, war die Rechtslage nach altem Recht so, dass § 127 Abs. 2 BGB anwendbar war, wonach zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form auch die telekommunikative Übermittlung, also eine E-Mail, ausreichte. Der ab 01.01.2018 geltende § 650h BGB regelt jedoch, dass die Kündigung des Bauvertrages der Schriftform bedarf. Es gilt also seit diesem Zeitpunkt eine gesetzliche Formvorgabe, wonach eine telekommunikative Übermittlung nicht mehr ausreichend ist.

Die Schriftform kann gemäß § 126 Abs. 3 BGB durch elektronische Form ersetzt werden. Dazu muss der Aussteller der Erklärung seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Eine einfache E-Mail reicht bei Bauverträgen also, sofern die Bauverträge nach dem 01.01.2018 abgeschlossen wurden, nicht mehr.

KG, Urteil vom 24.05.2022, Az: 21 U 156/21

Der Bauträger kommt mit der Herstellung der Bezugsfertigkeit in Verzug. Diese war zum 30.06.2018 geschuldet. Tatsächlich kann der Bauträger die Wohnung erst am 06.07.2020 übergeben. Gegen die Forderung nach Ausgleich der Verzögerungsschäden wendet der Bauträger ein, dass coronabedingt ab März 2020 die Handwerker mangels Einreiseerlaubnis die Wohnung nicht bezugsreif hätten erstellen können.

Das lässt das Gericht nicht gelten. Der Bauträger hat sich in Verzug befunden. Es sei – so das Gericht – zwar zutreffend, dass der Bauträger die Verspätung seiner Leistung unter Umständen nicht zu verantworten hat, soweit sie auf einem unabwendbaren Ereignis beruhen. Es reicht aber nicht die abstrakte Möglichkeit derartiger Erschwernisse, zumal sich der Bauträger nach der gesetzlichen Beweislastverteilung entlasten muss.

Er muss also konkret darlegen, wie sich der schwerwiegende unvorhersehbare Umstand, auf den er sich beruft, auf den Ablauf des Bauvorhabens auswirkte, sog. bauablaufbezogene Darlegungen. Diesen Anforderungen genügt der Sachvortrag des Bauträgers nicht.

OLG Bamberg, Beschluss vom 09.10.2019, Az: 4 U 185/18

Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer (AN) schließen einen Vertrag über die Errichtung eines Rohbaus einschließlich des erforderlichen Bodenaushubs. Der Vertrag enthält keine Einschränkungen bezüglich der Bodenklasse. Der AN geht bei Angebotserstellung von einer Bodenklasse III – V aus, stellt aber nach Beginn der Ausführung fest, dass eine höhere Bodenklasse vorliegt und macht Anspruch auf zusätzliche Vergütung geltend.

Ohne Erfolg!

Der Baugrundaushub ist vom Leistungssoll umfasst und deshalb ohne zusätzliche Vergütung zu erbringen. Das Angebot des AN enthält bezüglich der Bodenklasse keine Einschränkungen. Es lagen hierzu zum Zeitpunkt der Angebotserstellung auch keine konkreten Erkenntnisse vor. Damit sind bestimmte Bodenverhältnisse nicht zum Vertragsinhalt geworden. Es liegt damit keine Soll-Ist-Abweichung vor, die zu einer Mehrvergütung berechtigt.

Hinweis:

Es herrscht leider immer noch die Fehlvorstellung vor, dass sämtliche mit dem Baugrund einhergehenden Probleme Auftraggeber-Probleme seien, weil der AG Grundstückseigentümer ist und deshalb das Baugrundrisiko trage. Das ist nicht richtig.

Es gibt im Werkvertragsrecht keine allgemeine Sphärentheorie. Deshalb müssen die Baugrundrisiken differenziert betrachtet werden, was im Ergebnis häufig zum Nachteil des AN ausfällt.

Anders verhält es sich dann, wenn der AG den Baugrund beschreibt und der AN dann auf andere Verhältnisse trifft. Ist der Boden im LV dagegen nicht beschrieben, ist der Aushub des jeweils vorgefundenen Bodens geschuldet und von der getroffenen Preisvereinbarung umfasst.

Es gibt also kein allgemeines Baugrundrisiko. Maßgeblich ist in erster Linie der durch Auslegung zu ermittelnde Vertragsinhalt.

OLG Brandenburg, Urteil vom 12.05.2022, Az: 12 U 141/21

Der Auftragnehmer (AN) macht restliche Vergütungsansprüche gegen den Auftraggeber (AG) geltend und zwar u.a. wegen einer Nachtragsforderung, wobei der Anspruchsgrund unstreitig ist. Streit besteht lediglich über die Höhe der Einheitspreise einzelner Positionen.

Das Landgericht gibt der Klage teilweise statt und spricht dem AN einen restlichen Vergütungsanspruch zu. Begründet wird dies damit, dass der AN mit seinen Nachtragsangeboten jeweils die zugrunde gelegte Kalkulation vorgelegt habe. Außerdem habe der AG der Ausführung der Leistungen nicht widersprochen und die Leistungen sogar abgenommen. Das Landgericht geht deshalb von einer konkludenten Abnahme der Einheitspreise des Nachtragsangebotes aus.

Das Oberlandesgericht entscheidet ebenfalls, dass eine vertragliche Vereinbarung über die Höhe der Einheitspreise aus dem Nachtragsangebot zustande gekommen ist. Schweigen auf ein Angebot sei zwar grundsätzlich nicht als stillschweigende Zustimmung zu werten. Etwas anderes kann jedoch dann gelten, wenn nach Treu und Glaube und der Verkehrssitte ein Widerspruch des Angebotsempfängers erforderlich gewesen wäre und der andere Teil das Verhalten so verstehen konnte, dass der Empfänger den Vertrag auf der Grundlage des Angebotes schließen wollte.

Ferner würde aus der besonderen Kooperationspflicht von Parteien eines Werkvertrages folgen, dass der AG zu einem alsbaldigen Widerspruch verpflichtet sei, wenn er die dem Nachtragsangebot zugrunde liegenden Preise nicht gegen sich gelten lassen will. Außerdem sei es dem AG bei einer Zeitspanne von nahezu zwei Monaten möglich und zumutbar gewesen, auf die Nachtragsangebote zu reagieren.

Hinweis:

Die weit verbreitete Praxis, Nachtragsangebote ohne Widerspruch entgegenzunehmen und die Leistungen ausführen zu lassen, kann zu nachteiligen Folgen für den AG führen. Um eine konkludente Annahme des Nachtragsangebotes zu vermeiden, sollte der AG dieses zeitnah inhaltlich prüfen und Stellung nehmen.

OLG Celle, Beschluss vom 08.10.2020, Az: 16 U 34/20

Der Auftraggeber (AG) erteilt dem Auftragnehmer (AN) unter Einbeziehung der VOB/B den Auftrag für Erd-, Entwässerungskanal- und Verkehrswegebauarbeiten. Mit E-Mail vom 20.04.2018 teilt der AG mit, dass zwei Positionen des LV nicht ausgeführt werden sollen und beauftragt eine neue LV-Position.

Mit seiner Schlussrechnung fordert der AN ca. 26.000,00 € Vergabegewinn für die gekündigten LV-Positionen.

Der AN hat recht!

Der von ihm geltend gemachte Anspruch ist auf Grundlage des § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B zu berechnen und nicht nach § 2 Abs. 3 VOB/B. § 2 Abs. 3 VOB/B sei eine spezielle Regelung für die ansonsten als Wegfall der Geschäftsgrundlage einzuordnende Mengenänderung, so das Gericht. Sinn dieser Regelung sei, den Vergütungsanspruch des AN den Unwägbarkeiten zu entziehen, die sich aus einer falschen Einschätzung der erforderlichen Mengen ergäben. Damit wird dem Risiko Rechnung getragen, dass Mengenschätzungen zum Zeitpunkt der Ausschreibung naturgemäß ungenau sind. Deshalb ist § 2 Abs. 3 VOB/B nur dann anwendbar, wenn sich das Risiko dieser Fehleinschätzung verwirkliche, weil im Hinblick auf die Mengen andere Verhältnisse vorgefunden worden seien, als sie in das LV Eingang gefunden haben. Diese Regelung sei nicht anwendbar, wenn sich die Leistungen durch Anordnungen des AG ändert oder der AG einen Teil der Leistungen kündigt. Bei der gebotenen Abrechnung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B kann dieser Vergabegewinn, den der AN erzielt hätte, wenn der AG die freie Kündigung nicht erklärt hätte, abgerechnet werden.

OLG Bamberg, Beschluss vom 09.10.2019, Az: 4 U 185/18

Der Auftragnehmer (AN) gibt ein Angebot für Rohbauarbeiten ab, die der Auftraggeber (AG) durchführen will. Grundlage des Angebotes sind die vom Architekten des AG erstellten Pläne. Die Addition der Positionspreise ergibt einen Gesamtbetrag in Höhe von ca. 145.000,00 € (brutto). Im Vertrag, den Beide später schließen, wird als „Pauschalvergütung“ ein Betrag in Höhe von 136.850,00 € (brutto) genannt.

Der AN stellt bei der Ausführung des Auftrages fest, dass er erhebliche Mehrmengen ausführen muss, die nicht auf angeordnete Nachtragsleistungen zurückzuführen sind. Er misst daher seine Leistungen auf und macht ein Nachtragsangebot für die Mehrmengen. Der AG lehnt das Nachtragsangebot unter Hinweis auf den vereinbarten Pauschalpreis ab. Der AN ist der Auffassung, man habe keine Pauschalvergütung vereinbart. Stattdessen habe er dem AG lediglich einen Nachlass in Höhe von 6,18% auf die ursprünglich angebotenen Einheitspreise gewährt.

Dem AN steht keine Mehrvergütung zu, da die Mehrvergütung lediglich Leistungen betrifft, die bereits im Angebot des AN enthalten sind. Grundlage des Angebotes sind die vom Architekten des AG erstellten Pläne. Aus vergütungsrechtlicher Sicht beschränkt sich das Leistungssoll daher nicht auf die im Angebot erwähnten Mengen.

Wenn dem so wäre, würde die Vereinbarung einer Pauschalvergütung für den AG letztendlich keinen Sinn ergeben, da der AN bei Mengenüberschreitungen Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung hat, ohne dass bei Mindermengen ein Abzug erfolgen müsste. Etwas anderes gilt nur dann, wenn kein Pauschalpreisvertrag abgeschlossen werden soll, sondern der AN tatsächlich nur einen Nachlass gewährt hat. Gegen die Vereinbarung eines Nachlasses spricht der eindeutige Wortlaut im Vertrag („Pauschalvergütung“). Außerdem ist es kaum nachvollziehbar, dass ein derart „krummer Betrag“ von 6,18% gewährt worden sein soll, während der Bauvertrag eine „runde“ Pauschalsumme ausweist.

Hinweis:

Ob ein Pauschalpreis vereinbart wurde, ist durch Auslegung der Vertragsunterlagen zu ermitteln. Die Abrundung eines auf der Basis von Einheitspreisen angebotenen Gesamtpreises kann auch ein sog. akquisitorischer Nachlass sein. Wenn allerdings der Begriff „pauschal“ verwendet wird, dürfte von einer Pauschalsumme auszugehen sein.

OLG Hamburg, Urteil vom 27.11.2020, Az: 8 U 7/20

Der AN soll Bodenbelagsarbeiten zu einem Pauschalpreis ausführen. Die Leistungen sollen spätestens Ende März bzw. Anfang Mai 2015 vom AG abgerufen werden. Wegen verzögerter Vorgewerke kann der AN die Arbeiten erst ab Februar 2016 ausführen. Er verlangt deshalb wegen gestiegener Materialpreise eine um 7,5 % erhöhte Vergütung.

Erfolglos!

Ein Mehrvergütungsanspruch steht dem AN bereits deshalb nicht zu, weil die Störung des Vertrages wegen der Verzögerung der Bauausführung nicht als Anordnung des AG gewertet werden kann. Der AN hat deshalb keinen Mehrvergütungsanspruch aus § 1 Abs. 3 i. V. m. § 2 Abs. 5 VOB/B.

Gleiches gilt für die Mitteilung des AG, es lägen veränderte Bauzeitumstände vor.

Es besteht auch kein Schadensersatzanspruch, weil dieser Verschulden des AG voraussetzen würde. Der AG muss sich aber das Verschulden des Vorunternehmers nicht zurechnen lassen.

Ein Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB scheitert daran, dass dieser Entschädigungsanspruch nicht die Mehrkosten umfasst, die erst nach Beendigung der Bauablaufstörung anfallen.

Hinweis:

Bauzeitnachträge sind regelmäßig sehr schwierig durchzusetzen. Der AN sollte deshalb auch eine Kündigung des Vertrages wegen Annahmeverzug (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B) in Betracht ziehen. Diese Kündigungsmöglichkeit besteht neben der Kündigungsmöglichkeit aus § 6 Abs. 7 VOB/B und setzt keine dreimonatige Unterbrechung voraus. Die Kündigung ist gemäß § 9 Abs. 2 S. 2 VOB/B erst zulässig, wenn dem AG ohne Erfolg eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung gesetzt und die Kündigung angedroht wurde.

OLG München, Beschluss vom 23.10.2020, Az: 27 U 2211/20 Bau

Der Erwerber eines im Rahmen eines Bauträgervertrages errichteten Reihenhauses stellt Mängel fest und lässt diese Mängel durch Privatgutachten dokumentieren. Die Mängel werden vom Bauträger nicht beseitigt. Vom Kaufpreis in Höhe von 420.000,00 € macht der Erwerber deshalb 33.800,00 € Einbehalt geltend und verlangt Übertragung des Eigentums. Der Bauträger bestreitet die Mängel und ist der Meinung, dass der Einbehalt von der Kaufpreisforderung erheblich sei und er deshalb gegenüber dem Anspruch des Erwerbers auf Eigentumsübertragung ein Leistungsverweigerungsrecht habe.

Der Erwerber erhebt daraufhin Klage.

Mit Erfolg!

Der Erwerber hat zwar lediglich 92 % des Kaufpreises bezahlt. Das Gericht erachtet den 8%igen Einbehalt als „geringfügig“ i. S. d. § 320 Abs. 2 BGB. Bei der gebotenen Einzelfallabwägung ist angesichts des Privatgutachtens das Vorhandensein der Mängel nicht von vornherein ausgeschlossen.

Einer abschließenden Beweisaufnahme zu jeder einzelnen Mangelfrage bedarf es nicht, zumal der Bauträger mehrere Mängel bzw. von ihm nicht erbrachte Leistungen nicht in Abrede stellt, sondern nur die erforderlichen Mangelbeseitigungskosten. Es ist deshalb eine umfassende Beweisaufnahme zur exakten Ermittlung der genauen Höhe der Gegenansprüche entbehrlich.

Im Rahmen des § 320 BGB geht es nicht darum, die Ansprüche des Erwerbers betragsmäßig exakt zu beziffern.

Hinweis:

Die Entscheidung entspricht der Rechtsprechung. Das OLG Hamburg hat sogar 10 % als „geringfügig“ beurteilt. Dabei hat es zu Gunsten des Erwerbers in die Waagschale geworfen, dass es dem Bauträger während eines Zeitraumes von nahezu acht Jahren nicht gelungen war, den gerügten Mangel zu beseitigen.

OLG Hamburg, Urteil vom 27.11.2020, Az: 8 U 7/20

Der AG beauftragt beim AN Parkettlegerarbeiten. Es wird ein Pauschalvertrag abgeschlossen. Die Arbeiten sollen bis zum 26.03.2015 abgerufen und danach binnen 138 Werktagen abgeschlossen werden. Es kommt zu Verzögerungen von Vorgewerken, weshalb der Parkettleger erst im Februar 2016 beginnen kann. Er teilt daher dem AG mit, dass sich die Preise um 7,5 % erhöhen. Der AG fordert einen Kalkulationsnachweis, woraufhin der AN das Schreiben seines Lieferanten vorlegt, wonach sich die Materialpreise um 7,5 % erhöht hätten. Der AG antwortet nicht. Es kommt keine ausdrückliche Einigung zustande. Der AN will nun die Preiserhöhung in Höhe von rund 42.000,00 € durchsetzen und beruft sich auf eine konkludente Vereinbarung. Er meint, dass der AG grundsätzliche Bereitschaft habe erkennen lassen, eine Preiserhöhung zu akzeptieren und schließlich auch alle Abschlagsrechnungen bezahlt hätte. Die Abschlagsrechnungen hätten ab der zweiten Rechnung erhöhte Einheitspreise ausgewiesen.

Das Gericht gibt dem AG Recht. Durch die Abschlagszahlungen hat der AG weder einer Vertragsänderung zugestimmt, noch eine Preiserhöhung anerkannt. Die Bezahlung einer Verbindlichkeit stellt in aller Regel kein Schuldanerkenntnis dar.

Zudem tragen Abschlagszahlungen nur vorläufigen Charakter, da hierüber noch eine endgültige Abrechnung zu erfolgen hat. Deshalb rechtfertigen Abschlagszahlungen nicht die Annahme eines Anerkenntnisses. Hinzukommt, dass ein Pauschalvertrag abgeschlossen wurde und der Bauherr daher keinen Anlass hatte, die angesetzten Preise zu überprüfen und mit den Angebotspreisen zu vergleichen.

Hinweis:

Ein Besteller kann Leistungen nachträglich bestreiten, auch wenn er hierfür Abschlagszahlungen erbracht hat. Abschlagszahlungen haben immer vorläufigen Charakter und stellen nie ein Anerkenntnis dar. Der Besteller muss also nicht befürchten, durch eine Abschlagszahlung eine Rechtsposition zu verlieren. Auf der anderen Seite ist der AN nicht auf der sicheren Seite, wenn der AG Abschlagszahlungen leistet.

OLG Celle, Beschluss vom 26.02.2021, Az: 4 U 37/20

Der AN erhält nach öffentlicher Ausschreibung den Zuschlag. Es sind verschiedene Vertragstermine vorgesehen. In der Bauanlaufberatung wird vereinbart, dass die Gesamtbaumaßnahme im Dezember 2016 fertiggestellt werden soll. Es ergibt sich ferner aus dem Protokoll der Bauanlaufbesprechung, dass sämtliche vertragsrelevanten Termine zwingend einzuhalten sind.

Als sich abzeichnet, dass der AN den vereinbarten Fertigstellungstermin nicht einhalten kann, kündigt der AG den Vertrag aus wichtigem Grund. Der AN meint, es sei kein Fertigstellungstermin festgelegt worden, sodass er nicht in Verzug geraten sei.

Das Gericht gibt dem AG Recht. Es wurde in der Bauanlaufbesprechung vereinbart, dass der Gesamtfertigstellungstermin zwingend einzuhalten ist. Dies ergebe sich, so das Gericht, aus dem Protokoll. Hätte der AN eine solche zusätzliche Vertragsfrist nicht vereinbaren wollen, hätte er nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens, die hier analog anzuwenden sein sollen, unverzüglich widersprechen müssen, was er jedoch nicht getan hat.

Erhält der AN zeitnah zur Verhandlung über den bereits geschlossenen Vertrag das erstellte Protokoll und ist aus diesem Protokoll die Abänderung des Vertrages zu erkennen, ist er in gleicher Weise, wie er es bei einem Kaufmann als Vertragspartner wäre, verpflichtet, den Änderungen zu widersprechen. Er muss also der Vereinbarung, die sein Mitarbeiter getroffen hat, nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens unverzüglich widersprechen, um zu verhindern, dass sein Schweigen wie eine nachträgliche Genehmigung behandelt wird und die Vereinbarung mit diesem Inhalt zustande kommt.

Hinweis:

Die zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben entwickelten Grundsätze sind also nicht nur im Rechtsverkehr unter Kaufleuten anzuwenden, sondern auch auf Personen, die wie ein Kaufmann selbständig sind und in größerem Umfang am Rechtsverkehr teilnehmen, wie bspw. Gemeinden und Behörden im fiskalischen Tätigkeitsbereich.