Verzicht auf die Ausführung von LV-Positionen – Freie Kündigung
OLG Celle, Beschluss vom 08.10.2020, Az: 16 U 34/20
Der Auftraggeber (AG) erteilt dem Auftragnehmer (AN) unter Einbeziehung der VOB/B den Auftrag für Erd-, Entwässerungskanal- und Verkehrswegebauarbeiten. Mit E-Mail vom 20.04.2018 teilt der AG mit, dass zwei Positionen des LV nicht ausgeführt werden sollen und beauftragt eine neue LV-Position.
Mit seiner Schlussrechnung fordert der AN ca. 26.000,00 € Vergabegewinn für die gekündigten LV-Positionen.
Der AN hat recht!
Der von ihm geltend gemachte Anspruch ist auf Grundlage des § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B zu berechnen und nicht nach § 2 Abs. 3 VOB/B. § 2 Abs. 3 VOB/B sei eine spezielle Regelung für die ansonsten als Wegfall der Geschäftsgrundlage einzuordnende Mengenänderung, so das Gericht. Sinn dieser Regelung sei, den Vergütungsanspruch des AN den Unwägbarkeiten zu entziehen, die sich aus einer falschen Einschätzung der erforderlichen Mengen ergäben. Damit wird dem Risiko Rechnung getragen, dass Mengenschätzungen zum Zeitpunkt der Ausschreibung naturgemäß ungenau sind. Deshalb ist § 2 Abs. 3 VOB/B nur dann anwendbar, wenn sich das Risiko dieser Fehleinschätzung verwirkliche, weil im Hinblick auf die Mengen andere Verhältnisse vorgefunden worden seien, als sie in das LV Eingang gefunden haben. Diese Regelung sei nicht anwendbar, wenn sich die Leistungen durch Anordnungen des AG ändert oder der AG einen Teil der Leistungen kündigt. Bei der gebotenen Abrechnung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B kann dieser Vergabegewinn, den der AN erzielt hätte, wenn der AG die freie Kündigung nicht erklärt hätte, abgerechnet werden.