OLG Nürnberg, Beschluss vom 29.04.2022, Az. 13 U 4656/21
Der Bauträger hat die vollständige Fertigstellung der vom Erwerber erworbenen Eigentumswohnung bis zum 31.01.2016 zugesichert. Die Abnahme erfolgte jedoch erst am 15.08.2016, die Übergabe der Wohnung erst am 24.10.2017, nachdem der Bauträger trotz vorhandener Mängel und trotz entstandenem Verzugsschaden zunächst auf den vollständigen Ausgleich des Erwerbspreises bestanden hatte. Der Erwerber klagt auf Eigentumsumschreibung und obsiegt vor dem Landgericht.
Das OLG Nürnberg misst der Berufung des Bauträgers gegen diese Entscheidung keine Erfolgsaussichten bei. Nach erfolgter Aufrechnung bestehe mit ca. 2,3 % nur noch ein geringfügiger restlicher Erwerbspreis Die Verweigerung der Auflassung verstoße daher gegen Treu und Glauben, zumal der Bauträger die vertragliche Abwicklung erheblich verzögert hat. Das OLG Nürnberg verweist zutreffend auf die einschlägige BGH-Rechtsprechung sowie zwei Entscheidungen des OLG München.
Hinweis:
Grundsätzlich setzt die Eigentumsumschreibung die vollständige Zahlung des Kaufpreises voraus. Der Erwerber kann jedoch Teile der Kaufpreisforderung durch Aufrechnung, z. B. mit Verzugsschaden oder einem Vorschuss auf Mangelbeseitigungskosten, zum Erlöschen bringen.
Außerdem kann der Erwerber auch bei Vorliegen eines Zurückbehaltungsrechts wegen vorhandener Mängel die Eigentumsumschreibung verlangen, insbesondere dann, wenn der Bauträger trotz wiederholter Mahnungen die Mängel nicht beseitigt.
In letzter Zeit häufen sich Fälle, in denen Bauträger die letzten bis zur vollständigen Fertigstellung des Gebäudes zu erbringenden Restleistungen nur zögerlich erbringen und dadurch verursachen, dass die letzte Kaufpreisrate nicht fällig wird. Auch bei derartigen Konstellationen besteht u. U. ein Anspruch auf Eigentumsumschreibung vor vollständiger Kaufpreiszahlung.