Achtung Widerrufsrecht!

OLG München, Beschluss vom 19.04.2021, Az: 28 U 7274/20 Bau

Der Auftraggeber (AG) ist Verbraucher und widerruft einen vor 10 Monaten abgeschlossenen Vertrag über eine Dacheindeckung. Der Dachdecker (AN) hingegen klagt 25.000,00 € Restvergütung ein.

Das LG weist die Klage ab, da der AN den AG nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt habe.

Daraufhin legt der AN Berufung ein. Ohne Erfolg!

Die Parteien haben einen Außer-Geschäftsraum-Vertrag geschlossen. Mangels einer Widerrufsbelehrung bestand ein Widerrufsrecht für ein Jahr und 14 Tage ab Vertragsabschluss. Der Widerruf 10 Monate nach Vertragsabschluss erfolgte damit rechtzeitig. Durch den Widerruf gilt der Vertrag als nicht geschlossen. Mangels Belehrung erhält der AN für seine bis dahin erbrachten Leistungen auch keinen Wertersatz. Auch § 357e BGB hilft ihm nicht, da diese Vorschrift ausschließlich bei Widerruf eines Verbraucherbauvertrages gilt. Ein Verbraucherbauvertrag liegt aber nur dann vor, wenn der Unternehmer mit dem Bau eines neuen Gebäudes oder mit erheblichen Umbauarbeiten beauftragt wird und nicht bereits schon dann, wenn ein Verbraucher einen Werkunternehmer beauftragt. Dachdeckerleistungen stellen keine erheblichen Umbaumaßnahmen dar.

Der AN hat auch keinen Anspruch auf Herausgabe der verbauten Materialien, weil diese mit Montage wesentlicher Bestandteil des Gebäudes geworden sind und der AN hieran sein Eigentum von Gesetzes wegen verloren hat.

Hinweis:

Der Widerruf trifft den Unternehmer nirgends so hart wie im Werkvertragsrecht. Der Verbraucher kann die bis zum Widerruf erbrachte Leistung „umsonst einstreichen“, also auch Abschlagszahlungen zurückverlangen. Die Herausgabe der verbauten Materialien scheitert in der Regel an der Verbindung mit dem Gebäude und dem Eigentum des AG.

Besondere Vorsicht ist auch bei Baustellen-Nachträgen geboten. Diese unterliegen als „Außer-Geschäftsraum-Vertrag“ ebenfalls dem Widerrufsrecht.

Dem Unternehmer kann nur empfohlen werden, den Vertrag mit dem Verbraucher in den eigenen Geschäftsräumen zu schließen oder eben jeden Außer-Geschäftsraum- und jeden Fernabsatz-Vertrag einschließlich Nachträgen mit Widerrufsbelehrung zu versehen und die Erteilung zu dokumentieren.