LG Ber­lin, Urteil vom 18.12.2020, Az: 22 O 366/16

Der AN erneu­ert im Auf­trag des AG die Beton­fahr­bahn­de­cke eines Auto­bahn­ab­schnit­tes. Nach Abnah­me tre­ten Ris­se und Aus­brü­che auf. Nach erfolg­lo­ser Frist­set­zung lässt der AG einen Teil der Schä­den durch Drit­te behe­ben und ver­langt die Kos­ten vom AN.

Die Män­gel an der Fahr­bahn wur­den durch eine Alka­li-Kie­sel­säu­re-Reak­ti­on (AKR) ver­ur­sacht. AKR tritt bei Ver­wen­dung bestimm­ter Zuschlag­stof­fe auf. Im Ver­trag hat­te der AG vor­ge­se­hen, die Fahr­bahn gemäß ZTV Beton-StB 01 her­zu­stel­len und Zuschlag­stof­fe gemäß AKR-Richt­li­nie zu verwenden.

Die vom AN ver­wen­de­ten Zuschlag­stof­fe ent­spra­chen den betref­fen­den Anfor­de­run­gen bei Abnah­me im Jahr 2005. Spä­ter wur­den die­se Anfor­de­run­gen ver­schärft. Den ver­schärf­ten Anfor­de­run­gen ent­spre­chen die vom AN ver­wen­de­ten Zuschlag­stof­fe nicht.

Die Kla­ge hat Erfolg. Es liegt ein Man­gel vor. Es kann offen­blei­ben, ob die Fahr­bahn der ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Beschaf­fen­heit und den zur Zeit der Abnah­me all­ge­mein aner­kann­ten Regeln der Tech­nik ent­spricht. Ent­schei­dend ist, dass sich die Fahr­bahn nicht für den gewöhn­li­chen und ver­trag­lich vor­aus­ge­setz­ten Gebrauch eig­net. § 13 Nr. 1 VOB/B (2002) ent­las­tet den AN nicht. Die vom AG ver­trag­lich vor­ge­ge­be­ne Bau­aus­füh­rung ist grund­sätz­lich aner­kannt und tech­nisch beherrsch­bar. Dass beglei­ten­de Hin­wei­se des AG zur AKR-Ver­mei­dung nicht aus­ge­reicht haben, ent­las­tet den AN nicht. Das Risi­ko, dass sich die ver­wen­de­ten Ver­fah­ren oder Bau­stof­fe im Nach­hin­ein als unge­eig­net erwei­sen, trägt der AN, sofern der AG ledig­lich Min­dest­an­for­de­run­gen beschreibt und in dem so gesteck­ten Rah­men auch eine man­gel­freie Her­stel­lung mög­lich war.

Hin­weis:

Die­se Ent­schei­dung ent­spricht der herr­schen­den Mei­nung. Danach ist von einer Erfolgs­haf­tung des Unter­neh­mers aus­zu­ge­hen, die weit über den Wort­laut des § 13 Abs. 1 VOB/B und § 633 Abs. 2 BGB hinausgeht.

Gegen das Urteil wur­de aller­dings Beru­fung eingelegt.

OLG Ros­tock, Beschluss vom 23.09.2020, Az: 4 U 86/19

Der AG beauf­tragt den AN mit der Erstel­lung eines sog. „Warm­da­ches“. Das soll ein nicht belüf­te­tes Dach sein, bei dem sich Holz oder Holz­werk­stof­fe zwi­schen Dach­ab­dich­tung und dif­fu­si­ons­hem­men­der Schicht befin­den. Die­ser Dach­auf­bau war durch ein Holz­schutz­gut­ach­ten, das der AG erstel­len ließ, vor­ge­ge­ben. Spä­ter wur­den noch ohne Betei­li­gung des AN Dach­fens­ter und ein Schorn­stein in das fer­tig­ge­stell­te Dach ein­ge­baut. Es zei­gen sich dann Durch­feuch­tun­gen, wes­halb der AG den AN auf Kos­ten der Man­gel­be­sei­ti­gung in Höhe von 45.000,00 € in Anspruch nimmt.

Das LG geht davon aus, dass ein Warm­dach schon 2010 nicht mehr den all­ge­mein aner­kann­ten Regeln der Tech­nik ent­spro­chen habe. Hier­an äußert das OLG Zwei­fel. Wenn das Dach nicht den all­ge­mein aner­kann­ten Regeln der Tech­nik (a.R.d.T.) ent­spricht, liegt ein Man­gel vor, ohne dass es einer zusätz­li­chen Beein­träch­ti­gung des Bau­werks bedür­fe. Es ist dem AG nicht zuzu­mu­ten, solan­ge zu war­ten, bis sich tat­säch­lich ein Scha­den zeigt. Es genügt, dass durch die Abwei­chung von den a.R.d.T. das Scha­dens­ri­si­ko erhöht ist.

Eine tech­ni­sche Regel ist all­ge­mein aner­kannt, wenn sie der Rich­tig­keits­über­zeu­gung der tech­ni­schen Fach­leu­te im Sin­ne einer all­ge­mei­nen wis­sen­schaft­li­chen Aner­ken­nung ent­spricht und dar­über hin­aus in der Pra­xis erprobt und bewährt ist. Nach Auf­fas­sung des OLG spricht eine Ver­mu­tung dafür, dass kodi­fi­zier­te tech­ni­sche Nor­men, wie z.B. die DIN, die a.R.d.T. wie­der­ge­ben, weil die­se Regel­wer­ke auf­grund der vor­herr­schen­den Ansicht der tech­ni­schen Fach­leu­te erstellt wor­den sind.

Die­se Ver­mu­tung ist jedoch wider­leg­bar. Das ist ins­be­son­de­re dann der Fall, wenn es Anhalts­punk­te dafür gibt, dass die Norm ver­al­tet oder über­holt ist. Warm­dä­cher sind – so das OLG – nach der DIN 4108:2001–07 zur Zeit der Abnah­me im Jahr 2010 noch ohne Ein­schrän­kung zuläs­sig gewe­sen. Aller­dings geht der Gerichts­sach­ver­stän­di­ge auf­grund eige­ner lang­jäh­ri­ger Erfah­run­gen mit viel­fäl­tigs­ten Scha­dens­fäl­len, die u.a. auch auf die­se grund­sätz­li­che Kon­struk­ti­on zurück­ge­führt wer­den müs­sen, sowie einer seit min­des­tens 15 – 20 Jah­ren andau­ern­den kon­tro­ver­sen Dis­kus­si­on in der Fach­welt davon aus, dass die Aus­füh­rung nach DIN in kei­ner Wei­se feh­ler­to­le­rant und unter Bau­stel­len­be-din­gun­gen des­halb kaum her­stell­bar sei.

Das reicht jedoch nach Auf­fas­sung des OLG nicht aus, die Ver­mu­tungs­wir­kung, dass die DIN die a.R.d.T. wider­spie­gelt, zu erschüt­tern. Falls doch, sei zu Las­ten des AG ein Mit­ver­schul­den zu berück­sich­ti­gen, da die­se Kon­struk­ti­on durch das von ihm ein­ge­hol­te Gut­ach­ten vor­ge­ge­ben gewe­sen ist.

Die Ein­schät­zung des OLG Ros­tock deckt sich mit der Ein­schät­zung des OLG Hamm in einem ver­gleich­ba­ren Fall. Aller­dings wird die Ver­mu­tungs­wir­kung der DIN-Nor­men zuneh­mend kri­tisch gese­hen. Man soll­te also auch bei einer Bau­aus­füh­rung nach den DIN-Nor­men kri­tisch hin­ter­fra­gen, ob die­se DIN-Norm tat­säch­lich noch der Rich­tig­keits­über­zeu­gung der tech­ni­schen Fach­leu­te ent­spricht und als AN im Zwei­fel Beden­ken anmelden.

OLG Frank­furt, Urteil vom 30.09.2019,  Az: 29 U 133/18

In einer neu zu errich­ten­den Wohn­an­la­ge ereig­net sich im Herbst 2009 ein ers­ter Was­ser­scha­den, weil eine Druck­was­ser­lei­tung im Bade­zim­mer undicht war. Der zwei­te Scha­den tritt im April 2010 auf, als im Licht­hof des Unter­ge­schos­ses auf­ge­stau­tes Was­ser auf­grund unzu­rei­chen­der Abdich­tung der boden­tie­fen Fens­ter­ele­men­te in die Woh­nung eindringt.

Der Sach­ver­stän­di­ge des Haft­pflicht­ver­si­che­rers des Archi­tek­ten kam im ers­ten Gut­ach­ten zu einer Mit­ver­ant­wort­lich­keit des Archi­tek­ten, des Fens­ter­bau­ers und des Roh­bau­ers und schätz­te den Scha­den auf 26.000,00 €. Nach einem zwei­ten Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen wird ein Schim­mel­scha­den fest­ge­stellt und die Her­stel­lungs­kos­ten wer­den nun­mehr auf 50.500,00 € geschätzt. Der Erwer­ber lässt des­halb den gesam­ten Est­rich der Woh­nung ent­fer­nen und begehrt vom Bau­trä­ger bezugs­fer­ti­ge Her­stel­lung. Der Bau­trä­ger ver­wei­gert das, weil der Erwer­ber für den Schim­mel­scha­den auf­grund unzu­rei­chen­der Sanie­rung des ers­ten Was­ser­scha­dens in Eigen­re­gie selbst ver­ant­wort­lich ist.

Das OLG gibt dem Erwer­ber Recht. Der Bau­trä­ger haf­tet für bei­de Feuch­tig­keits­schä­den. Es ist daher uner­heb­lich, ob der Schim­mel­scha­den infol­ge des ers­ten oder des zwei­ten Was­ser­scha­dens ein­ge­tre­ten ist. Der Ein­wand einer unvoll­stän­di­gen Teil­sa­nie­rung des ers­ten Scha­dens ist nicht auf­klä­rungs­be­dürf­tig, da der Est­rich auf­grund des zwei­ten Was­ser­scha­dens erneut ins­ge­samt aus­ge­baut wer­den muss. Ein Nach­er­fül­lungs­an­spruch des Erwer­bers ist auch nicht dadurch unter­ge­gan­gen, dass er im Anschluss an die außer­ge­richt­li­chen Gut­ach­ten den Est­rich kom­plett ein­bau­en ließ. Das ist dem Erwer­ber nicht vor­werf­bar, da nach den Ein­schät­zun­gen des Sach­ver­stän­di­gen viel­mehr nahe­lag, dass der kom­plet­te Aus­bau des Est­richs erfor­der­lich wird.

Hin­weis:

Hin­sicht­lich der Erfor­der­lich­keit von Man­gel­be­sei­ti­gungs­maß­nah­men ist auf den Auf­wand und die Kos­ten abzu­stel­len, die der Auf­trag­ge­ber bei ver­stän­di­ger Wür­di­gung zum Zeit­punkt der Man­gel­be­sei­ti­gung als ver­nünf­ti­ger wirt­schaft­lich den­ken­der Bau­herr auf­grund sach­kun­di­ger Bera­tung für erfor­der­lich hal­ten durf­te und konn­te. Erstat­tungs­fä­hig sind daher auch sol­che Kos­ten, die für einen erfolg­lo­sen oder sich spä­ter als unver­hält­nis­mä­ßig teu­er her­aus­stel­len­den Ver­such auf­ge­wen­det wurden.

OLG Nürn­berg, Beschluss vom 28.10.2019, Az: 6 U 1114/18

Ein Bau­trä­ger errich­te­te ein Mehr­fa­mi­li­en­haus mit einer gepflas­ter­ten Hof­flä­che. Es besteht eine Höhen­dif­fe­renz von mehr als 15 cm zwi­schen Hof­flä­che und Stra­ßen­ni­veau. Daher ist eine unge­hin­der­te Zufahrt nicht gege­ben. Die Woh­nungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft (WEG) ver­wei­gert des­halb die Abnah­me und ver­langt, die Höhen­dif­fe­renz durch Anpas­sung des Niveaus zur Hof­flä­che zu besei­ti­gen. Dem hält der Bau­trä­ger ent­ge­gen, dass die Aus­füh­rung der Hof­flä­che den geneh­mig­ten Plä­nen ent­spre­che. Außer­dem sei zum Aus­gleich des Höhen­un­ter­schieds keil­för­mig Schot­ter auf­ge­schüt­tet worden.

Die WEG obsiegt. Die Eigen­tü­mer haben Anspruch auf Her­stel­lung eines man­gel­frei­en Bau­werks. Der der­zei­ti­ge Zustand der Hof­flä­che ent­spricht dem nicht, denn laut Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten dürf­te der Höhen­un­ter­schied zwi­schen der Hof­flä­che und der öffent­li­chen Stra­ße 5 cm nicht über­schrei­ten. Wenn ein man­gel­frei­es Werk mit den geneh­mig­ten Plä­nen nicht zu errei­chen ist, müs­sen die Plä­ne geän­dert wer­den. Auch der auf­ge­schüt­te­te Schot­ter­keil ent­las­tet den Bau­trä­ger nicht, denn die­ser stellt ein Pro­vi­so­ri­um dar, auf wel­ches sich die WEG nicht ein­las­sen muss.

OLG Frank­furt, Urteil vom 28.10.2020, Az: 29 U 146/19

Ein Fer­tig­haus­an­bie­ter ver­sucht es in sei­nem Ver­trags­mus­ter mit einer Ände­rungs­klau­sel mit Zustim­mungs­vor­be­halt, der aber vor­sieht, dass die Zustim­mung nur aus wich­ti­gem Grund ver­wei­gert wer­den darf und schreibt in sein Ver­trags­mus­ter: „Der Auf­trag­neh­mer kann die in den Ver­trags­un­ter­la­gen genann­ten Fabri­ka­te und Mate­ria­li­en durch gleich­wer­ti­ge erset­zen, wenn der Auf­trag­ge­ber dem zustimmt. Der Auf­trag­ge­ber darf sei­ne Zustim­mung nur aus wich­ti­gem Grund verweigern.“

Die Klau­sel ver­stößt gegen § 308 Nr. 4 BGB. Die­se Bestim­mung ver­bie­tet eine Leis­tungs­än­de­rungs­klau­sel, wenn die Ände­rung unter Berück­sich­ti­gung der Inter­es­sen des Ver­wen­ders für den ande­ren Ver­trags­teil nicht zumut­bar ist. Zumut­bar­keit ist dann gege­ben, wenn die Inter­es­sen des Ver­wen­ders die typi­schen Inter­es­sen des ande­ren Ver­trags­teils über­wie­gen oder ihnen zumin­dest gleich­wer­tig sind. Außer­dem müs­sen Klau­seln in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen klar und ver­ständ­lich sein. Das setzt eine kon­kre­ti­sie­ren­de Fas­sung der Klau­sel unter Anga­be eines trif­ti­gen Grun­des vor­aus, der ein gewis­ses Maß an Kal­ku­lier­bar­keit ermög­licht. Schwie­rig­kei­ten bei der Aus­ge­stal­tung der Klau­sel gehen zu Las­ten des Ver­wen­ders. Klau­seln wie „aus zwin­gen­dem betrieb­li­chen Anlass“ oder „wenn die Umstän­de dies erfor­dern“ wur­den durch die Recht­spre­chung bereits kas­siert. Die Klau­seln drän­gen den Kun­den in eine Recht­fer­ti­gungs­not, die er nach dem Gesetz nicht hat.

Prak­tisch jeder Haus­bau- oder Bau­trä­ger­ver­trag ent­hält sol­che Ände­rungs­klau­seln, die aber in den aller­meis­ten Fäl­len unwirk­sam sind. Die Anfor­de­run­gen der Recht­spre­chung des BGH sind inso­fern sehr streng. Ins­be­son­de­re der Ände­rungs­vor­be­halt wegen behörd­li­cher Auf­la­gen ist pro­ble­ma­tisch. Eine behörd­li­che Auf­la­ge erfolgt aus öffent­lich-recht­li­chen Bestim­mun­gen und ist daher vor­her­seh­bar. Die­se Klau­sel beinhal­tet in ers­ter Linie ein Pla­nungs­feh­ler­pri­vi­leg zu Guns­ten des Klauselverwenders.

Auf­trag­ge­ber kön­nen also sehr oft erfolg­reich ver­su­chen, der­ar­ti­ge Klau­seln aus­zu­he­beln und Auf­trag­neh­mer soll­ten sich dar­auf ein­stel­len, dass die von ihnen Ver­wen­de­te Klau­sel den stren­gen Anfor­de­run­gen der Recht­spre­chung nicht standhält.

OLG Schles­wig, Urteil vom 24.05.2019, Az: 1 U 71/18

Der AG gibt Abdich­tungs­ar­bei­ten in Auf­trag. Nach Fer­tig­stel­lung wer­den Feuch­tig­keits­ein­trit­te fest­ge­stellt, wor­auf­hin der AG den Man­gel rügt und den AN zur Nach­bes­se­rung auf­for­dert. Der AN ver­wei­gert die Nach­bes­se­rung, falls er hier­für nicht zusätz­lich ver­gü­tet wird, da sei­ne Man­gel­ver­ant­wort­lich­keit zu die­sem Zeit­punkt noch nicht geklärt ist. Der AG for­dert aber nach Aus­füh­rung der Nach­bes­se­rung vom AN die­se Zah­lung zurück, weil zwi­schen­zeit­lich geklärt ist, dass der AN für den Man­gel ver­ant­wort­lich ist.

Das OLG Schles­wig stellt fest, dass der AG nicht auf sei­ne Män­gel­rech­te ver­zich­tet hat, nur weil er den AN vor­be­halt­los und unent­gelt­lich beauf­tragt hat, den Man­gel zu besei­ti­gen. Ange­sichts der Trag­wei­te eines sol­chen Ver­zichts muss die Erklä­rung ein­deu­tig sein. Des­halb – so das OLG – sei trotz der ent­gelt­li­chen Beauf­tra­gung der Nach­bes­se­rung nicht davon aus­zu­ge­hen, dass der AG auf sei­ne Man­gel­rech­te ver­zich­ten woll­te. Dies gilt umso mehr, wenn über die Man­gel­ver­pflich­tung gestrit­ten wird.

Hin­weis:

Oft bleibt dem AG nichts ande­res übrig, als den AN, der sei­ne Ver­ant­wort­lich­keit bestrei­tet, mit der Nach­bes­se­rung ent­gelt­lich beauf­tra­gen. Ansons­ten kann er erst nach erfolg­lo­sem Ablauf einer ange­mes­se­nen Frist einen Drit­ten mit der Nach­bes­se­rung beauf­tra­gen. Das ist ins­be­son­de­re dann ein Pro­blem, wenn der Man­gel zeit­nah besei­tigt wer­den muss.

Die­sen berech­tig­ten Inter­es­sen wür­de es zuwi­der­lau­fen, wenn man den AG an der ent­gelt­li­chen Beauf­tra­gung fest­hal­ten würde.

OLG Koblenz, Urteil vom 31.05.2019, Az: 6 U 1075/18

Ein Dach­de­cker (AN) deckt das Dach eines Senio­ren­zen­trums. Der Auf­trag umfasst auch die Her­stel­lung eines Unter­da­ches. Der AN ver­sieht das Dach mit einem regen­si­che­ren Unter­dach der Klas­se 3 und schließt die Arbei­ten im Novem­ber 2012 ab. Zu die­sem Zeit­punkt ent­spricht das Unter­dach dem Regel­werk des Zen­tral­ver­bands des Deut­schen Dach­de­cker­hand­werks. Im Dezem­ber 2012 wird das Regel­werk ver­schärft. Danach hät­te der AN ein was­ser­dich­tes Unter­dach der Klas­se 1 aus­füh­ren müs­sen. Daher ver­wei­gert der AG die Abnah­me und macht gel­tend, die Dach­ein­de­ckung sei nicht abnah­me­r­eif, da das Unter­dach ledig­lich regen­si­cher, nicht aber was­ser­dicht ist. Der AN klagt sei­nen Rest­werk­lohn ein und macht gel­tend, dass die nach­träg­li­che Kor­rek­tur des Unter­da­ches wegen unver­hält­nis­mä­ßig hoher Kos­ten nicht zumut­bar sei. Bei einer Bau­sum­me von ca. 280.000,00 € ver­ur­sa­che die nach­träg­li­che Her­stel­lung eines was­ser­dich­ten Unter­da­ches Kos­ten in Höhe von ca. 160.000,00 €.

Ohne Erfolg!

Eine Werk­leis­tung muss zum Abnah­me­zeit­punkt den all­ge­mein aner­kann­ten Regeln der Tech­nik ent­spre­chen. Als das Regel­werk ver­schärft wur­de, war die Werk­leis­tung noch nicht abge­nom­men. Vor Abnah­me gilt für die Beur­tei­lung der Fra­ge, ob dem AN wegen eines unver­hält­nis­mä­ßig hohen Auf­wands ein Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs­recht zusteht, § 275 Abs. 2 BGB. Die Anfor­de­run­gen die­ser Bestim­mun­gen sind wesent­lich schär­fer als die des § 635 BGB. Die Gren­ze gro­ber Unver­hält­nis­mä­ßig­keit ist erst dann erreicht, wenn offen­sicht­lich kein ver­nünf­ti­ger Mensch dar­an den­ken wür­de, unter den gege­be­nen Umstän­den eine Man­gel­be­sei­ti­gung durch­zu­füh­ren. Die­se Schwel­le ist hier nicht erreicht.

Hin­weis:

Die Ent­schei­dung ent­spricht den stren­gen Maß­stä­ben der Recht­spre­chung zur Unver­hält­nis­mä­ßig­keit. Sobald ein objek­tiv berech­tig­tes Inter­es­se des AG an einer ord­nungs­ge­mä­ßen Ver­trags­aus­füh­rung besteht – was prak­tisch immer der Fall ist, wenn die Funk­ti­ons­fä­hig­keit beein­träch­tigt ist –, kann die Aus­füh­rung einer fach­ge­rech­ten Leis­tung nicht wegen hoher Kos­ten ver­wei­gert werden.

Eine ganz ande­re Fra­ge ist, wer die mit der Ver­schär­fung der tech­ni­schen Regeln ver­bun­de­nen Mehr­kos­ten tra­gen muss. Dies dürf­te davon abhän­gen, ob und ggf. zu wel­chem Bau­ten­stand es der AN ver­säumt hat, den AG auf die (bevor­ste­hen­de) Ver­schär­fung des tech­ni­schen Regel­werks hinzuweisen.

OLG Frank­furt, Beschluss vom 10.05.2019, Az: 21 U 64/18

Ein Maler führt Putz­ar­bei­ten aus; zeit­gleich wird die Atti­ka durch einen Dach­de­cker ver­grö­ßert. Nach Fer­tig­stel­lung zei­gen sich Fle­cken auf der Putz­fas­sa­de, die auf einem zu gerin­gen Dach­über­stand und der damit ver­bun­de­nen Beauf­schla­gung der Fas­sa­de durch Was­ser beru­hen. Die­se Fle­cken hät­ten durch einen grö­ße­ren Dach­über­stand oder die Aus­wahl eines ande­ren Außen­put­zes ver­mie­den wer­den kön­nen. Der AG ver­langt Vor­schuss für die Man­gel­be­sei­ti­gung. Der Maler wen­det ein, dass der aus­ge­führ­te Außen­putz man­gel­frei sei und er für den zu gerin­gen Dach­über­stand nicht haf­te. Ob er den Bau­herrn auf den erfor­der­li­chen Dach­über­stand hät­te hin­wei­sen müs­sen, sei irrele­vant, da die Ver­let­zung einer sol­chen Hin­weis­pflicht kei­nen Vor­schuss­an­spruch recht­fer­ti­gen könne.

Das OLG spricht dem AG einen Vor­schuss­an­spruch zu, da der Außen­putz man­gel­haft ist. Das Man­gel­sym­ptom (Fle­cken) hat sei­ne Ursa­che dar­in, dass der Außen­putz zu viel Was­ser auf­nimmt, weil der Dach­über­stand nur weni­ge Zen­ti­me­ter beträgt. Die­se Man­gel­ur­sa­che war auch bereits zum Zeit­punkt der Abnah­me vor­han­den. Bereits bei Aus­füh­rung der Putz­ar­bei­ten betrug der Dach­über­stand nur weni­ge Zen­ti­me­ter. Des­halb durf­te der Maler nicht dar­auf ver­trau­en, dass der Bau­herr nach­träg­lich den Dach­über­stand ver­grö­ßern wür­de. Er hat den Bau­herrn nicht dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der Dach­über­stand ver­grö­ßert wer­den muss: Der Bau­herr muss dar­auf hin­ge­wie­sen wer­den, dass mit den im LV vor­ge­se­he­nen Leis­tun­gen der ange­streb­te Erfolg nicht erreicht wer­den kann. Nur durch Erfül­lung die­ser Hin­weis­pflicht hät­te sich der Maler von sei­ner Man­gel­haf­tung befrei­en kön­nen. Also haf­tet der Maler für den Man­gel, weil er kei­nen Hin­weis erteilt hat. Des­halb hat der Bau­herr einen Vorschussanspruch.

Hin­weis:

Jeder Beden­ken­hin­weis muss beweis­bar doku­men­tiert wer­den. Ansons­ten haf­tet der AN auch dann nicht, wenn der Man­gel eines Vor­ge­werks oder der Pla­nung für ihn nicht erkenn­bar ist oder wenn der Bestel­ler einem (hypo­the­ti­schen) Hin­weis nicht gefolgt wäre.

OLG Mün­chen, Beschluss vom 08.07.2019, Az: 27 U 3203/18 Bau

Es wird ein sog. Detail-Pau­schal­ver­trag geschlos­sen. Nach dem vom AG erstell­ten LV hat der AN 188 t Bau­stahl zu ver­bau­en. Der AN baut aber nur ca. 170 t Bau­stahl ein, was sta­tisch aber aus­rei­chend ist. Der AG nimmt wegen die­ser Min­der­men­gen einen Abzug von der Werk­lohn­for­de­rung vor. Der AN klagt den Abzugs­be­trag ein.

Mit Erfolg!

Es gilt § 2 Abs. 7 VOB/B. Abwei­chun­gen, die zu einem Aus­gleich füh­ren kön­nen, kom­men nur in Betracht, wenn die aus­ge­führ­te Leis­tung von der ver­trag­lich vor­ge­se­he­nen Leis­tung so erheb­lich abweicht, dass ein Fest­hal­ten an der Pau­schalsum­me nicht zumut­bar ist. Es müss­te ein objek­tiv fest­stell­ba­res Miss­ver­hält­nis zwi­schen Leis­tung und Gegen­leis­tung bestehen, was für den AG uner­träg­lich ist und nicht vor­her­seh­bar war. Die­se Stö­rung der Geschäfts­grund­la­ge wird ange­nom­men, wenn ein Abwei­chen von der Gesamt­auf­trags­sum­me im Bereich von über 20% vor­liegt. Die­se Gren­ze ist hier bei wei­tem nicht erreicht.

Hin­weis:

§ 2 Abs. 7 VOB/B fin­det bei Mehr­men­gen zuguns­ten des AN und bei Min­der­men­gen zuguns­ten des AG Anwendung.

Der BGH hat aller­dings ent­schie­den, dass die 20%-Grenze nicht gilt, wenn es ohne Ein­grif­fe des AG zu einer deut­li­chen Men­gen­stei­ge­rung kommt und sich die unzu­tref­fen­den Men­gen­an­ga­ben des AG im LV der­art auf die ver­ein­bar­te Ver­gü­tung aus­wir­ken, dass das finan­zi­el­le Gesamt­ergeb­nis des Ver­tra­ges nicht nur den Gewinn des AN auf­zehrt, son­dern sogar zu Ver­lus­ten führt. In einem sol­chen Fall ist das Fest­hal­ten an der Preis­ver­ein­ba­rung für den AN in der Regel unzu­mut­bar und zwar unab­hän­gig von der 20%-Grenze.

BGH, Urteil vom 03.07.2020, Az: VII ZR 144/19

Die öffent­li­che Aus­schrei­bung über Stra­ßen­bau­ar­bei­ten ver­zö­gert sich. Der Bie­ter erklärt sich mit der Ver­län­ge­rung der Bin­de­frist vom 09.03.2018 auf den 04.05.2018 ein­ver­stan­den. Am 13.04.2018 erteilt der AG dem Bie­ter den Zuschlag. Im Zuschlags­schrei­ben heißt es: „Die Ver­trags­fris­ten (…) wer­den wie folgt neu fest­ge­legt: Beginn der Aus­füh­rung frü­hes­tens am 04.05.2018 (…), Voll­endung spä­tes­tens am 15.08.2018. (…) Ich for­de­re Sie auf, sich (…) unver­züg­lich über die Annah­me des vor­lie­gen­den Zuschlags­schrei­ben zu erklä­ren.“. Der Bie­ter bedankt sich für die Zuschlags­er­tei­lung und teilt mit, der gewünsch­te Rea­li­sie­rungs­zeit­raum kön­ne der­zeit nicht bestä­tigt wer­den. Der AG ist der Mei­nung, sein modi­fi­zier­tes Ange­bot habe der Bie­ter nicht akzep­tiert und hebt die Aus­schrei­bung auf. Damit ist der Bie­ter nicht ein­ver­stan­den. Er will fest­ge­stellt wis­sen, dass ein Ver­trag mit dem AG zustan­de gekom­men ist, hilfs­wei­se ver­langt er Schadensersatz.

Der BGH meint, dass der Bie­ter das Ange­bot des AG nicht unver­än­dert ange­nom­men habe, so dass es nicht zu einem Ver­trags­ab­schluss gekom­men ist. Zwar kann nach der Recht­spre­chung des BGH ein Zuschlag selbst dann zu den ange­bo­te­nen Fris­ten erfol­gen, wenn die­se nicht mehr ein­ge­hal­ten wer­den kön­nen. Das gilt jeden­falls dann, wenn der Zuschlag erfolgt, ohne dass er aus­drück­li­che Erklä­run­gen zur Anpas­sung der vor­ge­se­he­nen Rege­lun­gen zur Bau­zeit oder zur hier­von abhän­gi­gen Ver­gü­tung ent­hält. Wenn der AG in sol­chen Fäl­len vom Ver­trags­wil­len des Bie­ters abwei­chen will, muss er dies in der Annah­me­er­klä­rung zum Aus­druck brin­gen. Fehlt es dar­an, kommt ein Ver­trag zu den Bedin­gun­gen des Ange­bots zustan­de. Hier ist aber für eine sol­che Aus­le­gung kein Raum, da sich aus dem Zuschlags­schrei­ben ein­deu­tig ergibt, dass die neue Bau­zeit Bestand­teil des Ver­tra­ges wer­den soll. Die Bau­zeit wur­de ein­sei­tig vor­ge­ge­ben und der Bie­ter hat­te nur noch die Mög­lich­keit, sie als Ver­trags­be­stand­teil anzu­neh­men. Dass das Vor­ge­hen des AG mög­li­cher­wei­se ver­ga­be­rechts­wid­rig ist, recht­fer­tigt kei­ne ande­re Beurteilung.

Da der AN das (neue) Ange­bot des AG nicht ange­nom­men hat, ist auch kein Ver­trag zustan­de gekommen.

Hin­weis:

Wenn also der Bie­ter die vom AG ver­bind­lich vor­ge­ge­be­ne neue Bau­zeit nicht akzep­tiert, gilt sei­ne „Annah­me­er­klä­rung“ als Ableh­nung des Ange­bo­tes ver­bun­den mit einem neu­en Antrag, den der AG anneh­men kann, aber nicht muss. Wenn sich der Bie­ter den Auf­trag nicht ent­ge­hen las­sen will, muss er das modi­fi­zier­te Ange­bot unein­ge­schränkt akzep­tie­ren und kann in Bezug auf die Ter­mi­ne ledig­lich ein Ände­rungs­an­ge­bot unterbreiten.