OLG Bam­berg, Beschluss vom 09.10.2019, Az: 4 U 185/18

Der Auf­trag­neh­mer (AN) gibt ein Ange­bot für Roh­bau­ar­bei­ten ab, die der Auf­trag­ge­ber (AG) durch­füh­ren will. Grund­la­ge des Ange­bo­tes sind die vom Archi­tek­ten des AG erstell­ten Plä­ne. Die Addi­ti­on der Posi­ti­ons­prei­se ergibt einen Gesamt­be­trag in Höhe von ca. 145.000,00 € (brut­to). Im Ver­trag, den Bei­de spä­ter schlie­ßen, wird als „Pau­schal­ver­gü­tung“ ein Betrag in Höhe von 136.850,00 € (brut­to) genannt.

Der AN stellt bei der Aus­füh­rung des Auf­tra­ges fest, dass er erheb­li­che Mehr­men­gen aus­füh­ren muss, die nicht auf ange­ord­ne­te Nach­trags­leis­tun­gen zurück­zu­füh­ren sind. Er misst daher sei­ne Leis­tun­gen auf und macht ein Nach­trags­an­ge­bot für die Mehr­men­gen. Der AG lehnt das Nach­trags­an­ge­bot unter Hin­weis auf den ver­ein­bar­ten Pau­schal­preis ab. Der AN ist der Auf­fas­sung, man habe kei­ne Pau­schal­ver­gü­tung ver­ein­bart. Statt­des­sen habe er dem AG ledig­lich einen Nach­lass in Höhe von 6,18% auf die ursprüng­lich ange­bo­te­nen Ein­heits­prei­se gewährt.

Dem AN steht kei­ne Mehr­ver­gü­tung zu, da die Mehr­ver­gü­tung ledig­lich Leis­tun­gen betrifft, die bereits im Ange­bot des AN ent­hal­ten sind. Grund­la­ge des Ange­bo­tes sind die vom Archi­tek­ten des AG erstell­ten Plä­ne. Aus ver­gü­tungs­recht­li­cher Sicht beschränkt sich das Leis­tungs­soll daher nicht auf die im Ange­bot erwähn­ten Mengen.

Wenn dem so wäre, wür­de die Ver­ein­ba­rung einer Pau­schal­ver­gü­tung für den AG letzt­end­lich kei­nen Sinn erge­ben, da der AN bei Men­gen­über­schrei­tun­gen Anspruch auf eine zusätz­li­che Ver­gü­tung hat, ohne dass bei Min­der­men­gen ein Abzug erfol­gen müss­te. Etwas ande­res gilt nur dann, wenn kein Pau­schal­preis­ver­trag abge­schlos­sen wer­den soll, son­dern der AN tat­säch­lich nur einen Nach­lass gewährt hat. Gegen die Ver­ein­ba­rung eines Nach­las­ses spricht der ein­deu­ti­ge Wort­laut im Ver­trag („Pau­schal­ver­gü­tung“). Außer­dem ist es kaum nach­voll­zieh­bar, dass ein der­art „krum­mer Betrag“ von 6,18% gewährt wor­den sein soll, wäh­rend der Bau­ver­trag eine „run­de“ Pau­schalsum­me ausweist.

Hin­weis:

Ob ein Pau­schal­preis ver­ein­bart wur­de, ist durch Aus­le­gung der Ver­trags­un­ter­la­gen zu ermit­teln. Die Abrun­dung eines auf der Basis von Ein­heits­prei­sen ange­bo­te­nen Gesamt­prei­ses kann auch ein sog. akqui­si­to­ri­scher Nach­lass sein. Wenn aller­dings der Begriff „pau­schal“ ver­wen­det wird, dürf­te von einer Pau­schalsum­me aus­zu­ge­hen sein.

OLG Ham­burg, Urteil vom 27.11.2020, Az: 8 U 7/20

Der AN soll Boden­be­lags­ar­bei­ten zu einem Pau­schal­preis aus­füh­ren. Die Leis­tun­gen sol­len spä­tes­tens Ende März bzw. Anfang Mai 2015 vom AG abge­ru­fen wer­den. Wegen ver­zö­ger­ter Vor­ge­wer­ke kann der AN die Arbei­ten erst ab Febru­ar 2016 aus­füh­ren. Er ver­langt des­halb wegen gestie­ge­ner Mate­ri­al­prei­se eine um 7,5 % erhöh­te Vergütung.

Erfolg­los!

Ein Mehr­ver­gü­tungs­an­spruch steht dem AN bereits des­halb nicht zu, weil die Stö­rung des Ver­tra­ges wegen der Ver­zö­ge­rung der Bau­aus­füh­rung nicht als Anord­nung des AG gewer­tet wer­den kann. Der AN hat des­halb kei­nen Mehr­ver­gü­tungs­an­spruch aus § 1 Abs. 3 i. V. m. § 2 Abs. 5 VOB/B.

Glei­ches gilt für die Mit­tei­lung des AG, es lägen ver­än­der­te Bau­zeit­um­stän­de vor.

Es besteht auch kein Scha­dens­er­satz­an­spruch, weil die­ser Ver­schul­den des AG vor­aus­set­zen wür­de. Der AG muss sich aber das Ver­schul­den des Vor­un­ter­neh­mers nicht zurech­nen lassen.

Ein Ent­schä­di­gungs­an­spruch nach § 642 BGB schei­tert dar­an, dass die­ser Ent­schä­di­gungs­an­spruch nicht die Mehr­kos­ten umfasst, die erst nach Been­di­gung der Bau­ab­lauf­stö­rung anfallen.

Hin­weis:

Bau­zeit­nach­trä­ge sind regel­mä­ßig sehr schwie­rig durch­zu­set­zen. Der AN soll­te des­halb auch eine Kün­di­gung des Ver­tra­ges wegen Annah­me­ver­zug (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B) in Betracht zie­hen. Die­se Kün­di­gungs­mög­lich­keit besteht neben der Kün­di­gungs­mög­lich­keit aus § 6 Abs. 7 VOB/B und setzt kei­ne drei­mo­na­ti­ge Unter­bre­chung vor­aus. Die Kün­di­gung ist gemäß § 9 Abs. 2 S. 2 VOB/B erst zuläs­sig, wenn dem AG ohne Erfolg eine ange­mes­se­ne Frist zur Ver­trags­er­fül­lung gesetzt und die Kün­di­gung ange­droht wurde.

OLG Mün­chen, Beschluss vom 23.10.2020, Az: 27 U 2211/20 Bau

Der Erwer­ber eines im Rah­men eines Bau­trä­ger­ver­tra­ges errich­te­ten Rei­hen­hau­ses stellt Män­gel fest und lässt die­se Män­gel durch Pri­vat­gut­ach­ten doku­men­tie­ren. Die Män­gel wer­den vom Bau­trä­ger nicht besei­tigt. Vom Kauf­preis in Höhe von 420.000,00 € macht der Erwer­ber des­halb 33.800,00 € Ein­be­halt gel­tend und ver­langt Über­tra­gung des Eigen­tums. Der Bau­trä­ger bestrei­tet die Män­gel und ist der Mei­nung, dass der Ein­be­halt von der Kauf­preis­for­de­rung erheb­lich sei und er des­halb gegen­über dem Anspruch des Erwer­bers auf Eigen­tums­über­tra­gung ein Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs­recht habe.

Der Erwer­ber erhebt dar­auf­hin Klage.

Mit Erfolg!

Der Erwer­ber hat zwar ledig­lich 92 % des Kauf­prei­ses bezahlt. Das Gericht erach­tet den 8%igen Ein­be­halt als „gering­fü­gig“ i. S. d. § 320 Abs. 2 BGB. Bei der gebo­te­nen Ein­zel­fall­ab­wä­gung ist ange­sichts des Pri­vat­gut­ach­tens das Vor­han­den­sein der Män­gel nicht von vorn­her­ein ausgeschlossen.

Einer abschlie­ßen­den Beweis­auf­nah­me zu jeder ein­zel­nen Man­gel­fra­ge bedarf es nicht, zumal der Bau­trä­ger meh­re­re Män­gel bzw. von ihm nicht erbrach­te Leis­tun­gen nicht in Abre­de stellt, son­dern nur die erfor­der­li­chen Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten. Es ist des­halb eine umfas­sen­de Beweis­auf­nah­me zur exak­ten Ermitt­lung der genau­en Höhe der Gegen­an­sprü­che entbehrlich.

Im Rah­men des § 320 BGB geht es nicht dar­um, die Ansprü­che des Erwer­bers betrags­mä­ßig exakt zu beziffern.

Hin­weis:

Die Ent­schei­dung ent­spricht der Recht­spre­chung. Das OLG Ham­burg hat sogar 10 % als „gering­fü­gig“ beur­teilt. Dabei hat es zu Guns­ten des Erwer­bers in die Waag­scha­le gewor­fen, dass es dem Bau­trä­ger wäh­rend eines Zeit­rau­mes von nahe­zu acht Jah­ren nicht gelun­gen war, den gerüg­ten Man­gel zu beseitigen.

OLG Ham­burg, Urteil vom 27.11.2020, Az: 8 U 7/20

Der AG beauf­tragt beim AN Par­kett­le­ger­ar­bei­ten. Es wird ein Pau­schal­ver­trag abge­schlos­sen. Die Arbei­ten sol­len bis zum 26.03.2015 abge­ru­fen und danach bin­nen 138 Werk­ta­gen abge­schlos­sen wer­den. Es kommt zu Ver­zö­ge­run­gen von Vor­ge­wer­ken, wes­halb der Par­kett­le­ger erst im Febru­ar 2016 begin­nen kann. Er teilt daher dem AG mit, dass sich die Prei­se um 7,5 % erhö­hen. Der AG for­dert einen Kal­ku­la­ti­ons­nach­weis, wor­auf­hin der AN das Schrei­ben sei­nes Lie­fe­ran­ten vor­legt, wonach sich die Mate­ri­al­prei­se um 7,5 % erhöht hät­ten. Der AG ant­wor­tet nicht. Es kommt kei­ne aus­drück­li­che Eini­gung zustan­de. Der AN will nun die Preis­er­hö­hung in Höhe von rund 42.000,00 € durch­set­zen und beruft sich auf eine kon­klu­den­te Ver­ein­ba­rung. Er meint, dass der AG grund­sätz­li­che Bereit­schaft habe erken­nen las­sen, eine Preis­er­hö­hung zu akzep­tie­ren und schließ­lich auch alle Abschlags­rech­nun­gen bezahlt hät­te. Die Abschlags­rech­nun­gen hät­ten ab der zwei­ten Rech­nung erhöh­te Ein­heits­prei­se ausgewiesen.

Das Gericht gibt dem AG Recht. Durch die Abschlags­zah­lun­gen hat der AG weder einer Ver­trags­än­de­rung zuge­stimmt, noch eine Preis­er­hö­hung aner­kannt. Die Bezah­lung einer Ver­bind­lich­keit stellt in aller Regel kein Schuld­an­er­kennt­nis dar.

Zudem tra­gen Abschlags­zah­lun­gen nur vor­läu­fi­gen Cha­rak­ter, da hier­über noch eine end­gül­ti­ge Abrech­nung zu erfol­gen hat. Des­halb recht­fer­ti­gen Abschlags­zah­lun­gen nicht die Annah­me eines Aner­kennt­nis­ses. Hin­zu­kommt, dass ein Pau­schal­ver­trag abge­schlos­sen wur­de und der Bau­herr daher kei­nen Anlass hat­te, die ange­setz­ten Prei­se zu über­prü­fen und mit den Ange­bots­prei­sen zu vergleichen.

Hin­weis:

Ein Bestel­ler kann Leis­tun­gen nach­träg­lich bestrei­ten, auch wenn er hier­für Abschlags­zah­lun­gen erbracht hat. Abschlags­zah­lun­gen haben immer vor­läu­fi­gen Cha­rak­ter und stel­len nie ein Aner­kennt­nis dar. Der Bestel­ler muss also nicht befürch­ten, durch eine Abschlags­zah­lung eine Rechts­po­si­ti­on zu ver­lie­ren. Auf der ande­ren Sei­te ist der AN nicht auf der siche­ren Sei­te, wenn der AG Abschlags­zah­lun­gen leistet.

OLG Cel­le, Beschluss vom 26.02.2021, Az: 4 U 37/20

Der AN erhält nach öffent­li­cher Aus­schrei­bung den Zuschlag. Es sind ver­schie­de­ne Ver­trags­ter­mi­ne vor­ge­se­hen. In der Bau­an­lauf­be­ra­tung wird ver­ein­bart, dass die Gesamt­bau­maß­nah­me im Dezem­ber 2016 fer­tig­ge­stellt wer­den soll. Es ergibt sich fer­ner aus dem Pro­to­koll der Bau­an­lauf­be­spre­chung, dass sämt­li­che ver­trags­re­le­van­ten Ter­mi­ne zwin­gend ein­zu­hal­ten sind.

Als sich abzeich­net, dass der AN den ver­ein­bar­ten Fer­tig­stel­lungs­ter­min nicht ein­hal­ten kann, kün­digt der AG den Ver­trag aus wich­ti­gem Grund. Der AN meint, es sei kein Fer­tig­stel­lungs­ter­min fest­ge­legt wor­den, sodass er nicht in Ver­zug gera­ten sei.

Das Gericht gibt dem AG Recht. Es wur­de in der Bau­an­lauf­be­spre­chung ver­ein­bart, dass der Gesamt­fer­tig­stel­lungs­ter­min zwin­gend ein­zu­hal­ten ist. Dies erge­be sich, so das Gericht, aus dem Pro­to­koll. Hät­te der AN eine sol­che zusätz­li­che Ver­trags­frist nicht ver­ein­ba­ren wol­len, hät­te er nach den Grund­sät­zen des kauf­män­ni­schen Bestä­ti­gungs­schrei­bens, die hier ana­log anzu­wen­den sein sol­len, unver­züg­lich wider­spre­chen müs­sen, was er jedoch nicht getan hat.

Erhält der AN zeit­nah zur Ver­hand­lung über den bereits geschlos­se­nen Ver­trag das erstell­te Pro­to­koll und ist aus die­sem Pro­to­koll die Abän­de­rung des Ver­tra­ges zu erken­nen, ist er in glei­cher Wei­se, wie er es bei einem Kauf­mann als Ver­trags­part­ner wäre, ver­pflich­tet, den Ände­run­gen zu wider­spre­chen. Er muss also der Ver­ein­ba­rung, die sein Mit­ar­bei­ter getrof­fen hat, nach den Grund­sät­zen des kauf­män­ni­schen Bestä­ti­gungs­schrei­bens unver­züg­lich wider­spre­chen, um zu ver­hin­dern, dass sein Schwei­gen wie eine nach­träg­li­che Geneh­mi­gung behan­delt wird und die Ver­ein­ba­rung mit die­sem Inhalt zustan­de kommt.

Hin­weis:

Die zum kauf­män­ni­schen Bestä­ti­gungs­schrei­ben ent­wi­ckel­ten Grund­sät­ze sind also nicht nur im Rechts­ver­kehr unter Kauf­leu­ten anzu­wen­den, son­dern auch auf Per­so­nen, die wie ein Kauf­mann selb­stän­dig sind und in grö­ße­rem Umfang am Rechts­ver­kehr teil­neh­men, wie bspw. Gemein­den und Behör­den im fis­ka­li­schen Tätigkeitsbereich.

OLG Cel­le, Urteil vom 12.01.2022, Az: 14 U 111/21

Die Par­tei­en schlie­ßen einen Werk­ver­trag über den Ein­bau einer neu­en Wär­me­pum­pe nebst Puf­fer­spei­cher. Der Ver­trag wird im Wohn­haus des Ver­brau­chers abge­schlos­sen. Nach­dem der AN sei­ne Leis­tun­gen erbracht hat und der AG hier­für Abschlags­zah­lun­gen leis­te­te, erklär­te der AG den Wider­ruf des Ver­tra­ges. Der AN ver­langt Zah­lung des rest­li­chen Werk­loh­nes. Im Wege der Wider­kla­ge macht der AG Rück­zah­lung der geleis­te­ten Abschlags­zah­lun­gen geltend.

Das Gericht gab dem AG Recht und stell­te fest, dass der AG den Ver­trag wirk­sam wider­ru­fen hat. Der Ver­trag wur­de im Wohn­haus des AG abge­schlos­sen. Folg­lich hat der AG ein Wider­rufs­recht nach §§ 312g Abs. 1, 355 BGB. Dabei wird nicht danach unter­schie­den, ob sich der Ver­brau­cher bei Ver­trags­ab­schluss in einer kon­kret indi­vi­du­el­len Über­rum­pe­lungs­si­tua­ti­on befun­den hat.

Vor­lie­gend ist das Wider­rufs­recht auch nicht nach § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB a. F. aus­ge­schlos­sen, da es sich hier­bei nicht um eine erheb­li­che Umbau­maß­nah­me im Sin­ne die­ser Vor­schrift han­delt. Nach einem Wider­ruf sind die Par­tei­en an ihre bei Abschluss des Ver­tra­ges abge­ge­be­nen Erklä­run­gen nicht mehr gebun­den. Des­halb hat das Gericht die Kla­ge des AN auf Zah­lung des Werk­loh­nes abgewiesen.

Bei einem Wider­ruf sind die emp­fan­ge­nen Leis­tun­gen zurück­zu­ge­wäh­ren, wes­halb der AG als Ver­brau­cher Anspruch auf Rück­zah­lung sei­ner Abschlags­zah­lun­gen hat.

Das aller­dings unter der Ein­schrän­kung, dass der AG dem AN Zug um Zug die ein­ge­bau­te Wär­me­pum­pe zurück­ge­ben und deren Aus­bau ermög­li­chen muss. Da hier ein Aus­bau mög­lich ist, sind die Vor­aus­set­zun­gen des Wer­ter­sat­zes nach § 357 Abs. 8 BGB nicht gegeben.

Unter­neh­mer sind gut bera­ten, wenn sie den Bestel­ler ord­nungs­ge­mäß schrift­lich über sei­ne Wider­rufs­mög­lich­keit beleh­ren und mit dem Beginn der Arbei­ten den Ablauf der Wider­rufs­frist abwar­ten. Erfolgt kei­ne Wider­rufs­be­leh­rung, ist die­se aber nötig, kann ein Ver­brau­cher von sei­ner Wider­rufs­mög­lich­keit ein Jahr und 14 Tage Gebrauch machen, unab­hän­gig davon, ob mit der Aus­füh­rung der Arbei­ten bereits begon­nen wur­de oder nicht.

OLG Düs­sel­dorf, Urteil vom 14.01.2021, Az: 5 U 18/20

Der Auf­trag­ge­ber (AG) beauf­tragt umfang­rei­che Sanie­rungs­ar­bei­ten mit einem Auf­trags­vo­lu­men von über 50.000,00 €. Es gibt weder ein schrift­li­ches Ange­bot, noch einen schrift­li­chen Ver­trag. Abschlags­zah­lun­gen leis­tet der AG aus­schließ­lich in bar. Schrift­li­che Quit­tun­gen gibt es nur für einen Teil der Abschlags­zah­lun­gen. Dann gera­ten die Par­tei­en in Streit und die Arbei­ten wer­den nicht fer­tig­ge­stellt. Im Lau­fe der ers­ten Instanz erstellt der Auf­trag­neh­mer (AN) sei­ne Schluss­rech­nung, in der die Abschlags­zah­lun­gen nicht berück­sich­tigt wer­den. Der AG ver­langt Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten in Höhe von 80.000,00 €, Gut­ach­ter­kos­ten in Höhe von rund 90.000,00 € und Rück­zah­lung der Abschlags­zah­lun­gen in Höhe von 50.000,00 €. Der AN ver­langt Rest­werk­lohn in Höhe von 75.000,00 €.

Bei­de Par­tei­en blei­ben erfolg­los, da der Werk­ver­trag wegen Ver­sto­ßes gegen das Schwarz­ar­beits­be­kämp­fungs­ge­setz nich­tig ist. Das ist immer dann der Fall, wenn der Unter­neh­mer gegen das Schwarz­ar­beits­be­kämp­fungs­ge­setz ver­stößt und der Bestel­ler den Ver­stoß kennt und bewusst zum eige­nen Vor­teil ausnutzt.

Ein Ver­stoß gegen das Schwarz­ar­beits­be­kämp­fungs­ge­setz ist vom Gericht von Amts wegen zu berück­sich­ti­gen, d. h. auch dann, wenn sich kei­ne der Par­tei­en hier­auf beruft. Im vor­lie­gen­den Fall war das Feh­len eines schrift­li­chen Ver­tra­ges und Bar­zah­lun­gen ohne Quit­tung gewich­ti­ge Indi­zi­en für eine „Ohne-Rech­nung-Abre­de“.

Hin­weis:

Ein Werk­ver­trag mit einer „Ohne-Rech­nung-Abre­de“ unter­liegt dem Anwen­dungs­be­reich des Schwarz­ar­beits­be­kämp­fungs­ge­set­zes mit der Fol­ge, dass der gesam­te Ver­trag wegen Ver­sto­ßes gegen § 134 BGB nich­tig ist. Wenn der Ver­trag nich­tig ist, hat kei­ne der Par­tei­en Ansprü­che, also weder der AN einen Anspruch auf Bezah­lung, noch der AG Män­gel­an­sprü­che oder Anspruch auf Rück­zah­lung geleis­te­ter Zahlungen.

OLG Hamm, Beschluss vom 01.12.2020, Az: 24 U 143/19

Der Käu­fer (K) erwirbt vom Bau­trä­ger (B) eine Eigen­tums­woh­nung. Als B zur Abnah­me auf­for­dert, ver­wei­gert K die­se wegen eines Man­gels an Tief­ga­ra­ge und Kel­ler. Er lehnt die Abnah­me „zur Zeit“ wegen die­ses Man­gels ab. Die Abnah­me des Son­der­ei­gen­tums stellt er in Aus­sicht. Dar­auf­hin tritt B wegen Zah­lungs­ver­zu­ges und Wei­ge­rung der Abnah­me vom Ver­trag zurück. Die Rate wird dann durch K begli­chen. Danach strei­ten die Par­tei­en, ob der Ver­trag rück­ab­zu­wi­ckeln ist, wobei K im Pro­zess unstrei­tig stellt, dass der gerüg­te Man­gel nicht vor­han­den ist.

Der Rück­tritt des B ist wirk­sam und zwar unab­hän­gig davon, ob K mit der Zah­lung einer Rate in Ver­zug war oder nicht, da K die Abnah­me ernst­haft und end­gül­tig ver­wei­gert hat­te. B muss­te des­halb auch kei­ne Frist zur Abnah­me set­zen. Dar­an ändert auch nichts, dass K die Abnah­me der Gara­ge nur „zur Zeit“ abge­lehnt hat­te. Er hat sich auf einen Man­gel beru­fen, der zu kei­ner Zeit vorlag.

Hin­weis:

Bau­trä­ger haben wegen stei­gen­der Bau­kos­ten und Kauf­prei­se mit­un­ter durch­aus Inter­es­se an einer Rück­ab­wick­lung von Verträgen.

Frag­lich ist, ob B hier ohne Frist­set­zung zurück­tre­ten durf­te, da eigent­lich, bevor der Rück­tritt wirk­sam erklärt wer­den kann, eine zuvor gesetz­te Frist erfolg­los abge­lau­fen sein muss. Dies ist aller­dings u.a. dann ent­behr­lich, wenn der Schuld­ner die Leis­tung ernst­haft und end­gül­tig ver­wei­gert. Da K die Abnah­me „zur Zeit“ ver­wei­gert hat, ist frag­lich, ob von einer end­gül­ti­gen Abnah­me­ver­wei­ge­rung aus­ge­gan­gen wer­den kann.

Im Zwei­fel soll­te zur Sicher­heit eine Frist zur Abnah­me gesetzt wer­den. Dar­auf kommt es bei Bau­trä­ger­ver­trä­gen aller­dings oft nicht an, wenn sich der Erwer­ber auch in Zah­lungs­ver­zug befindet.

OLG Schles­wig, Beschluss vom 02.12.2020, Az: 12 U 66/20

Der AN soll in einem Wohn­haus einen Desi­gnest­rich aus­füh­ren. Nach der ver­trag­li­chen Leis­tungs­be­schrei­bung soll der Est­rich zur Beweh­rung Stahl­draht­fa­sern ent­hal­ten, was aber nicht der Fall ist. Nach erfolg­lo­ser Frist­set­zung ver­klagt der AG den AN auf Kos­ten­vor­schuss zur Man­gel­be­sei­ti­gung (Aus­tausch des vor­han­de­nen Est­richs gegen einen ver­trags­ge­rech­ten Estrich).

Der AN räumt das Feh­len der Stahl­draht­fa­sern ein, wen­det aber ein, dass der Est­rich trotz­dem gebrauchs­taug­lich und hin­rei­chend trag­fä­hig sei. Außer­dem sei ein voll­stän­di­ger Aus­tausch des funk­ti­ons­taug­li­chen Est­richs unverhältnismäßig.

Der AG obsiegt. Die Abwei­chung der Ist-Beschaf­fen­heit von der ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Soll-Beschaf­fen­heit begrün­det einen Sach­man­gel auch dann, wenn die Funk­ti­ons­taug­lich­keit nicht beein­träch­tigt wird.

Unver­hält­nis­mä­ßig ist der Aus­tausch des Est­richs auch nicht. Die Beweis­auf­nah­me hat erge­ben, dass Stahl­draht­fa­sern die Sta­bi­li­tät und die Halt­bar­keit des Est­richs erhö­hen. Zudem habe der AN die Stahl­draht­fa­sern „zumin­dest grob fahr­läs­sig“ weggelassen.

Hin­weis:

Sogar eine höher­wer­ti­ge Bau­aus­füh­rung kann einen Werk­man­gel dar­stel­len, wenn sie nicht den ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen ent­spricht. Fer­ner sind an die Mög­lich­keit, die Man­gel­be­sei­ti­gung wegen Unver­hält­nis­mä­ßig­keit zu ver­wei­gern, sehr hohe Anfor­de­run­gen zu stellen.

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 21.06.2021, Az: 3–15 O 3/20

Der AN führt Flie­sen­ar­bei­ten aus. Es ist ver­ein­bart, dass die Flie­sen­ar­bei­ten als Lohn­ar­bei­ten auf Auf­maß abzu­rech­nen sind und dass die Stun­den­lohn­zet­tel gemäß § 15 Abs. 3 VOB/B u.a. das Datum, die genaue Bezeich­nung des Aus­füh­rungs­or­tes, die Namen der Arbeits­kräf­te, die Art der Leis­tung, Beschrei­bung der Leis­tung und die geleis­te­ten Arbeits­stun­den je Arbeits­kraft ent­hal­ten sollen.

Nach­dem der AN sei­ne Schluss­rech­nung gelegt hat, kürzt der AG die Stun­den­lohn­ar­bei­ten auf Null, da die­se nicht nach­prüf­bar sei­en, weil die Stun­den­lohn­nach­wei­se nicht die ver­ein­bar­ten Anga­ben enthalten.

Auch der Ein­wand, dass man sich auf der Bau­stel­le dahin­ge­hend geei­nigt habe, dass es aus­rei­che, wenn die Stun­den­lohn­zet­tel vom jewei­li­gen Bau­lei­ter gegen­ge­zeich­net sei­en und nicht immer alle Arbei­ter mit Namen genannt wer­den wür­den, bringt den AN nicht wei­ter. Auch der Ein­wand, die Arbei­ten sei­en vor Ort ange­ord­net wor­den, hilft nicht.

Das LG weist die Werk­lohn­kla­ge zurück, da die Abrech­nung der Stun­den­lohn­ar­bei­ten unzu­rei­chend ist.

Die Stun­den­lohn­zet­tel ent­hal­ten nicht die Anga­ben gemäß § 15 Abs. 3 S. 2 VOB/B. Das LG weist dar­auf hin, dass die Arbei­ten so nach­voll­zieh­bar und detail­liert zu beschrei­ben sind, dass die Über­prü­fung des ange­setz­ten Zeit­auf­wands durch einen Sach­ver­stän­di­gen mög­lich ist. Da die ein­ge­reich­ten Stun­den­lohn­zet­tel der­art unzu­rei­chend sind, ist es nach Auf­fas­sung des LG auch ohne Belang, dass sie sei­tens des AG unter­zeich­net wor­den sind. Auch der Umstand, dass die Arbei­ten vor Ort ange­ord­net wor­den sei­en, ent­bin­de den AN nicht von sei­ner Dar­le­gungs- und Beweis­last für den tat­säch­lich erbrach­ten Aufwand.

Hin­weis:

Ent­schei­dend ist tat­säch­lich, ob die Stun­den­lohn­zet­tel von einem Sach­ver­stän­di­gen über­prüft wer­den kön­nen. Es muss also genau ersicht­lich sein, was, wo und mit wel­chem Auf­wand gemacht wor­den ist. Sum­ma­ri­sche Anga­ben rei­chen hier­für nicht aus.