Anmer­kung zu: OLG Köln, Beschluss vom 28.11.2011, Az: 17 U 141/10 — BGH, Beschluss vom 25.10.2012, Az: VII ZR 233/11

Der AG beauf­tragt den AN mit der Erbrin­gung von Stahl­be­ton­ar­bei­ten im Rah­men der Brand­schutz­sa­nie­rung eines Schul­zen­trums. Bei der Aus­füh­rung erge­ben sich erheb­li­che Mehr­men­gen und Zusatz­leis­tun­gen. Die­se Mehr­leis­tun­gen wer­den vom AG im Wesent­li­chen nach gestell­ten Nach­trä­gen des AN bezahlt. Der AN macht jedoch anschlie­ßend dar­über hin­aus Mehr­auf­wand für das Vor­hal­ten der Bau­lei­tung wäh­rend der ein­ge­tre­te­nen Bau­zeit­ver­län­ge­rung von 2 Jah­ren in Höhe von 284.000,00 € gel­tend. Der AN benennt für sei­nen Anspruch meh­re­re Anspruchs­grund­la­gen, weist jedoch weder deren Vor­aus­set­zun­gen, noch den kon-kre­ten Mehr­auf­wand nach. Nach­dem das Land­ge­richt die Kla­ge abge­wie­sen hat, legt der AN Beru­fung ein.

Ohne Erfolg!

Da der Haupt­teil der zusätz­li­chen Bau­lei­tungs­kos­ten auf § 2 Nr. 6 VOB/B gestützt wird, setzt dies natur­ge­mäß vor­aus, dass die Mehr­kos­ten vor Leis­tungs­er­brin­gung ange­kün­digt wer­den. Dies ist vor­lie­gend nicht erfolgt. Eine Aus­nah­me von der Ankün­di­gungs­frist ist nur gege­ben, soweit die Zusatz­ar­bei­ten offen­kun­dig ver-gütungs­pflich­tig sind oder eine Ver­säu­mung der Ankün­di­gung ander­wei­tig ent-schuld­bar ist. Dies trifft vor­lie­gend nicht zu. Dar­über hin­aus stell­te sich der AG auf den Stand­punkt, dass die Kos­ten der Bau­lei­tung mit den gestell­ten Nach­trä­gen abge­gol­ten sei­en. War­um der AN nicht auf die zusätz­li­chen Bau­lei­tungs­kos­ten hin-gewie­sen hat, kann er nicht erklären.

Hin­weis:
Wenn, wie im vor­lie­gen­den Fall, erheb­li­che Mehr­leis­tun­gen bzw. Men­gen­meh-run­gen zur Ver­län­ge­rung der Bau­zeit füh­ren und wäh­rend der Aus­füh­rung ent-spre­chen­de Nach­trä­ge gestellt wer­den, ist bei dar­über hin­aus­ge­hen­den zu erwar-ten­den Kos­ten, z.B. aus Bau­zeit­ver­län­ge­rung, ein ent­spre­chen­der Vor­be­halt bei den Nach­trä­gen zu ver­mer­ken bzw. sind die zu erwar­ten­den Mehr­kos­ten in einer sepa­ra­ten Anzei­ge gegen­über dem Auf­trag­ge­ber anzu­kün­di­gen. Die Aus­nah­me von der Ankün­di­gungs­pflicht, d.h. bei Offen­kun­dig­keit der Tat­sa­che, dass die Zusatz­ar­bei­ten ver­gü­tungs­pflich­tig sind, greift nur in Aus­nah­me­fäl­len ein. Vor­lie­gend konn­te der AG zu Recht dar­auf ver­trau­en, dass die ver­han­del­ten Nach­trä­ge eine abschlie­ßen­de Reg­lung darstellen.

 

Anmer­kung zu: OLG Düs­sel­dorf, Urteil vom 23.10.2012, Az: 23 U 112/11

Ein Bau­trä­ger (BT) errich­tet Rei­hen­häu­ser. Es wird Woh­nungs­ei­gen­tum gebil­det. Die Trenn­wän­de zwi­schen den Rei­hen­häu­sern wer­den ein­scha­lig aus­ge­führt. Dies steht auch so in der Bau­be­schrei­bung. Die Woh­nungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft (WEG) bemän­gelt unzu­rei­chen­den Schall­schutz und ver­klagt den BT auf Zah­lung von Scha­dens­er­satz. Der BT wen­det ein, er habe Woh­nungs­ei­gen­tum geschaf­fen und schul­det daher nur Woh­nungs­trenn­wän­de und damit kei­nen zwei­scha­li­gen Wand­auf­bau. Das LG ver­ur­teilt den Bau­trä­ger zum Schadensersatz.

Die vom BT ein­ge­leg­te Beru­fung hat kei­nen Erfolg.

Nach OLG Düs­sel­dorf kön­nen durch die recht­li­che Aus­ge­stal­tung als Woh­nungs-eigen­tum nach dem WEG nicht die Anfor­de­run­gen an den Schall­schutz im Ge-schoss­woh­nungs­bau aus­ge­he­belt wer­den. Der durch­schnitt­li­che Erwer­ber kann als Laie davon aus­ge­hen, dass die Woh­nun­gen nach den Regeln der Tech­nik errich­tet wer­den. Für einen Lai­en ist nicht ersicht­lich, dass die gemäß Bau­be­schrei­bung in ein­scha­li­ger Bau­wei­se errich­te­ten Trenn­wän­de nicht den Regeln der Tech­nik ent-sprechen.

Hin­weis:
Der BGH hat in einer ver­gleich­ba­ren Ent­schei­dung (IBR 2013, 154) ähn­lich ent-schie­den. Danach kann das nach den aner­kann­ten Regeln der Tech­nik ein­zuhal-ten­de Schall­schutz­ni­veau im Geschoss­woh­nungs­bau nicht durch irgend­wie gear-tete ver­trag­li­che Rege­lun­gen umgan­gen wer­den. Das Abwei­chen von den all­ge­mein aner­kann­ten Regeln der Tech­nik erfor­dert einen ein­deu­ti­gen Hin­weis für die Erwer­ber. Die­ser liegt nicht bereits in der blo­ßen Ver­ein­ba­rung einer Baubeschreibung.

 

Anmer­kung zu: LSG Baden-Würt­tem­berg, Urteil vom 16.10.2012, Az. L 11 KR 19/11

Die Deut­sche Ren­ten­ver­si­che­rung (DRV) for­der­te Anfang 2008 bei einem Bau­un­ter­neh­mer (B) Bei­trä­ge zur Sozi­al­ver­si­che­rung nach. B hat­te über eine Bau­dienst­leis­tungs­ge­sell­schaft fünf Polen mit dem Aus­fu­gen von Sicht­mau­er­werk beschäf­tigt. Die Bau­dienst­leis­tungs­ge­sell­schaft hat­te kei­ne Geneh­mi­gung zur Arbeit­neh­mer­über­las­sung. Die pol­ni­schen Arbei­ter wur­den wöchent­lich nach Maß­ga­be der geleis­te­ten Arbeits­stun­den zu einem bestimm­ten Stun­den­lohn ver­gü­tet. Alle Arbei­ten führ­ten die pol­ni­schen Arbei­ter mit Mate­ri­al und Werk­zeug des B aus. B ging davon aus, dass die Polen für einen Nach­un­ter­neh­mer tätig wer­den und dass mit der Bau­dienst­leis­tungs­ge­sell­schaft ein Werk­ver­trag besteht.

Das Sozi­al­ge­richt hat­te zunächst der Kla­ge des B gegen den Bescheid der Ren­ten­ver­si­che­rung statt­ge­ge­ben. Die DRV leg­te hier­ge­gen Beru­fung ein.

Mit Erfolg!

Der Nach­for­de­rungs­be­scheid war zu Recht ergan­gen. B haf­tet für die Zah­lung des Gesamt­so­zi­al­ver­si­che­rungs­bei­tra­ges wegen ille­ga­ler Arbeit­neh­mer­über­las­sung. Es lag kein Werk­ver­trags­ver­hält­nis vor. Das LSG Baden-Würt­tem­berg hat­te Werk­un­ter­neh­mer­schaft und ille­ga­le Arbeit­neh­mer­über­las­sung abzu­gren­zen. Dabei ist abzu­stel­len auf den tat­säch­li­chen Geschäfts­in­halt und nicht auf die durch die Betei­lig­ten gewähl­ten Ver­trags­be­zeich­nun­gen an sich. Die vor­lie­gen­den tat­säch­li­chen Sach­ver­halts­mo­men­te spra­chen für Arbeit­neh­mer­über­las­sung. Die aus­ge­führ­ten Arbei­ten wur­den vom B täg­lich vor Ort kon­trol­liert und ggf. vom Polier des B sofort bean­stan­det. Es wur­de nach Stun­den abge­rech­net und nicht ent­spre­chend des erziel­ten Erfolges.

Nach der Ansicht des LSG Baden-Würt­tem­berg hät­te sich dem B auf­drän­gen müs­sen, dass der Ent­lei­her, also die Bau­dienst­leis­tungs­ge­sell­schaft, außer der Über­las­sung von Arbeit­neh­mern kei­ne Werk­leis­tun­gen erbrach­te und erbrin­gen konnte.

Hin­weis:
Die Ver­jäh­rungs­frist für die Erhe­bung von Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­gen beträgt vier Jah­re nach Ablauf des Kalen­der­jah­res ihrer Fäl­lig­keit. Sicher­heits­hal­ber soll­te bei Zwei­feln dar­an, ob tat­säch­lich ein Nach­un­ter­neh­mer­ein­satz oder ille­ga­le Arbeit­neh­mer­über­las­sung vor­liegt, eine Anfra­ge an die Kran­ken­kas­se oder den Ren­ten­ver­si­che­rungs­trä­ger gerich­tet werden.

 

Anmer­kung zu: OLG Köln, Beschluss vom 20.09.2012, Az. 19 U 79/12

Im Jahr 1984 errich­te­te der Bau­trä­ger (B) eine Wohn­an­la­ge. Abwei­chend von der Bau­ge­neh­mi­gung wur­den die Abstell­räu­me den Woh­nun­gen zuge­wie­sen. Dies führ­te dazu, dass die Dach­ge­schoss­räu­me ent­ge­gen den Vor­schrif­ten der Lan­des­bau­ord­nung nicht über einen zwei­ten Ret­tungs­weg ver­füg­ten. Die­se Abwei­chung von der Bau­ge­neh­mi­gung wird erst am 09.04.2008 fest­ge­stellt. Die Eigen­tü­mer­ge­mein­schaft ver­langt von B Scha­dens­er­satz in Höhe des Betra­ges, den die erfor­der­li­chen Umbau­maß­nah­men gekos­tet haben. B erhebt die Ein­re­de der Verjährung.

Ohne Erfolg!

B wird antrags­ge­mäß auf Scha­dens­er­satz ver­ur­teilt. Die von der Bau­ge­neh­mi­gung abwei­chen­de Zuord­nung der Abstell­räu­me zu den Woh­nun­gen führt dazu, dass Wohn­ei­gen­tum bau­rechts­wid­rig ver­äu­ßert wur­de. Dies stellt eine uner­laub­te Hand­lung im Sin­ne von § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. den ein­schlä­gi­gen Vor­schrif­ten der Lan­des­bau­ord­nung dar. Danach müs­sen Auf­ent­halts­räu­me im Dach­ge­schoss über einen zwei­ten Ret­tungs­weg ver­fü­gen. Die in nahe­zu allen Lan­des­bau­ord­nun­gen vor­han­de­ne Rege­lung stellt ein Schutz­ge­setz i. S. des § 823 Abs. 2 BGB dar. Die Scha­dens­er­satz­an­sprü­che waren noch nicht verjährt.

Hin­weis:
Auch nach neu­em Recht haf­tet ein Bauträger/Bauunternehmer bis zu 30 Jah­re für wis­sent­li­che Abwei­chun­gen von der Bau­ge­neh­mi­gung. Dabei wird gemäß § 199 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf das scha­den­aus­lö­sen­de Ereig­nis bzw. die Pflicht­ver­let­zung oder die Bege­hung der Hand­lung abgestellt.

 

Anmer­kung zu: OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 06.09.2012, Az: 10 U 192/12

Der GU schloss mit dem AN einen Rah­men­ver­trag über die Instal­la­ti­on von Pho­to-vol­ta­ik­an­la­gen. Der AN erteil­te dar­auf­hin dem NU den Auf­trag zur Instal­la­ti­on ent­spre­chen­der Anla­gen auf dem Gebäu­de des Eigen­tü­mers. Bei Aus­füh­rung der Leis­tun­gen bricht der NU durch ein Dach­ele­ment und ver­letzt sich schwer. Er nimmt den GU in Anspruch und meint, die­ser hät­te im Rah­men der Ver­kehrs­si­che­rungs­pflicht Absturz­si­che­run­gen anzu­brin­gen gehabt.

Ohne Erfolg!

Das Gericht meint, dass der GU gegen­über dem NU nicht ver­kehrs­si­che­rungs-pflich­tig gewe­sen ist. Eine sol­che Pflicht ergä­be sich nicht aus sei­ner Stel­lung als GU und auch nicht aus dem Nach­un­ter­neh­me­r­auf­trag. Soweit es um die Sicher­heit der beauf­trag­ten Arbei­ten gehe, sei allein der fach­kun­di­ge Nach­un­ter­neh­mer ver­ant­wort­lich. Ver­kehrs­si­che­rungs­pflich­ten fol­gen aus der Eröff­nung von Gefah­ren­quel­len oder der Sach­herr­schaft über eine Gefah­ren-quel­le. Soweit aber der NU Arbei­ten auf dem Dach zu erbrin­gen habe, habe die­ser die tat­säch­li­che Herr­schaft über das Bau­ge­sche­hen und die Bau­stel­le gehabt.

Hin­weis:
Für die Bau­stel­len­si­cher­heit ist der Nach­un­ter­neh­mer als der die Gefahr Eröff­nen­de ver­ant­wort­lich. Aller­dings bleibt ein GU ver­pflich­tet, die Arbei­ten des NU jeden­falls zu über­wa­chen und die­se gege­be­nen­falls zu stop­pen. Selbst der Bau­herr kann noch zum per­sön­li­chen Ein­grei­fen ver­pflich­tet sein, wenn er beson­de­re Ge-fah­ren erkannt und die Gefah­ren­quel­len durch eige­ne Anwei­sun­gen hät­te abstel­len kön­nen. Auch der bau­über­wa­chen­de Archi­tekt kann haf­ten, wenn ihm An-halts­punk­te dafür vor­lie­gen, dass ein Unter­neh­mer nicht genü­gend sach­kun­dig oder zuver­läs­sig ist. Greift er ins Bau­ge­sche­hen ein und schafft damit erst die Gefah­ren­quel­le, ist er sogar pri­mär verkehrssicherungspflichtig.

 

Anmer­kung zu: OLG Düs­sel­dorf, Urteil vom 01.06.2012, Az. 22 U 159/11

In einem Bau­ver­trag wur­de fol­gen­des vereinbart:

Der Bestel­ler darf Sicher­heit in Höhe von 5 % der Brut­to­schluss­rech­nungs­sum­me für die Dau­er der “Gewähr­leis­tungs­zeit” ein­be­hal­ten. Der Unter­neh­mer kann die­sen Ein­be­halt durch eine Gewähr­leis­tungs­bürg­schaft ablösen.

Der Unter­neh­mer (U) klagt auf Aus­zah­lung des Ein­be­hal­tes Zug um Zug gegen Stel­lung einer ent­spre­chen­den Bürg­schaft. Der Bestel­ler (B) wen­det ein, der Unter­neh­mer sei vor­leis­tungs­pflich­tig und kön­ne den Ein­be­halt erst nach Stel­lung der Bürg­schaft verlangen.

Das OLG gibt U recht und ver­ur­teilt B antrags­ge­mäß. Es ist inner­halb der Recht­spre­chung umstrit­ten, ob der U mit der Stel­lung der Sicher­heit vor­leis­tungs­pflich­tig ist, oder nur Zug um Zug gegen Zah­lung zur Stel­lung der Bürg­schaft ver­pflich­tet ist. Nach der Recht­spre­chung des BGH wird mit der Ver­ein­ba­rung eines Sicher­heits­ein­be­hal­tes die Fäl­lig­keit des ent­spre­chen­den Werk­lohn­an­tei­les hin­aus­ge­scho­ben. Gleich­zei­tig nimmt der BGH die Ver­ein­ba­rung eines Zurück­be­hal­tungs­rech­tes an. Das OLG Düs­sel­dorf favou­ri­siert die dbzgl. Recht­spre­chung des BGH. Es soll ein effek­ti­ver Schutz des Unter­neh­mers gewähr­leis­tet sein, der nur durch eine Abwick­lung Zug um Zug zu errei­chen ist.

Hin­weis:
Von der Recht­spre­chung für unbe­denk­lich erach­tet kann auch wie folgt vor­ge­gan­gen werden:

Der Unter­neh­mer kann eine Män­gel­an­sprü­che­bürg­schaft mit einem Pas­sus ver­se­hen, dass die­se erst wirk­sam wird, wenn der Ein­be­halt auf das in der Bürg­schaft kon­kret bezeich­ne­te Kon­to bezahlt wor­den ist.

 

Anmer­kung zu: OLG Braun­schweig, Beschluss vom 24.05.2012, Az: 8 U 188/11

Ein Archi­tekt erbringt Pla­nungs­leis­tun­gen für ein Bau­vor­ha­ben, das spä­ter nicht rea­li­siert wird, weil sich für die geplan­ten Häu­ser kei­ne Käu­fer fin­den las­sen. Der vom Archi­tek­ten in Anspruch genom­me­ne Auf­trag­ge­ber wen­det gegen die Ho-norar­for­de­rung ein, der Archi­tek­ten­ver­trag habe unter der auf­schie­ben­den Be-din­gun­gen der Rea­li­sie­rung des Bau­vor­ha­bens gestan­den. Nach Auf­fas­sung des Archi­tek­ten han­delt sich hin­ge­gen bei der Ver­trags­ver­ein­ba­rung, “dass es zu einem Ver­kauf bzw. Bau kommt”, um eine blo­ße Fälligkeitsabrede.

Die Kla­ge des Archi­tek­ten hat kei­nen Erfolg!

Das OLG meint, der Archi­tekt habe, obwohl er beweis­be­las­tet ist, nicht nach­wei-sen kön­nen, dass die Ver­gü­tung sei­ner Leis­tung ohne jede Ein­schrän­kung erfol­gen soll­te. Bei der Aus­le­gung der Ver­trags­ver­ein­ba­rung hat das Gericht auf die objek­ti­ve Inter­es­sen­la­ge der Par­tei­en abge­stellt. Nur bei einer Rea­li­sie­rung des Bau­vor­ha­bens sei der Auf­trag­ge­ber auch in der Lage gewe­sen, die Archi­tek­ten-leis­tun­gen zu bezahlen.

Hin­weis:
Beweis­be­las­tet für den Ver­trags­ab­schluss ist immer der Archi­tekt. Aus dem Tätig­wer­den des Archi­tek­ten allein kann nicht zwin­gend der Abschluss eines Ver­tra­ges her­ge­lei­tet wer­den. Glei­ches gilt für die Ver­wer­tung der Archi­tek­ten-leis­tung. Beson­ders bei Abre­den, dass erst bei Rea­li­sie­rung des Bau­vor­ha­bens gezahlt wer­den sol­le, ist Vor­sicht gebo­ten. Der Archi­tekt über­nimmt hier ein außer­halb sei­nes Ein­fluss­be­rei­ches lie­gen­des Risiko.

 

Anmer­kung zu: OLG Naum­burg vom 21.03.2012, 5 U 226/11

Der Archi­tekt (A) plant auf der Grund­la­ge eines durch den von ihm beauf­trag­ten Trag­werks­pla­ner erstell­ten Stand­si­cher­heits­nach­wei­ses einen Tank­platz, der 40 t schwe­re Lkw aus­hal­ten muss. Nach Fer­tig­stel­lung tre­ten groß­flä­chi­ge Ris­se auf. Der Auf­trag­ge­ber (AG) nimmt den A auf Sanie­rungs­kos­ten in Höhe von 74.000,00 € in Anspruch. A beruft sich auf scha­densur­säch­li­che Feh­ler des Stand­si­cher­heits-nach­wei­ses. Die­ser habe unter meh­re­ren gro­ben und offen­sicht­li­chen Feh­lern gelitten.

Der A wird in vol­ler Höhe zur Zah­lung von Scha­dens­er­satz ver­ur­teilt. Sei­ne Pla­nung ist man­gel­haft, da der Platz den ver­ein­bar­ten Las­ten nicht stand­hält. Er kann sich auf die sta­ti­schen Berech­nun­gen des von ihm beauf­trag­ten Trag­werks­pla­ners nur ver­las­sen, wenn die­ser allein über die beson­de­ren Fach­kennt­nis­se ver­fü­ge. Es sei für bestimm­te Berei­che oder Gewer­ke ein Son­der­fach­mann beauf­tragt, habe der A die Leis­tun­gen des ande­ren im Rah­men der von ihm zu erwar­ten­den Kennt­nis­se zu prü­fen. Die von A im Pro­zess selbst vor­ge­tra­ge­nen gro­ben Män­gel hät­ten dem Objekt­pla­ner nicht ver­bor­gen blei­ben dürfen.

Hin­weis:
Der Objekt­pla­ner muss sich regel­mä­ßig das Ver­schul­den des Trag­werks­pla­ners als Erfül­lungs­ge­hil­fen gegen­über dem Auf­trag­ge­ber zurech­nen lassen.

 

Anmer­kung zu: OLG Mün­chen, Urteil vom 13.03.2012, 9 U 2658/11

Der Unter­neh­mer (U) soll für den Auf­trag­ge­ber (AG) eine Hei­zungs­an­la­ge er-neu­ern. Zum Abnah­me­ter­min rügt ein Pri­vat­gut­ach­ter Män­gel an der Hei­zungs-anla­ge. Mit Anwalts­schrei­ben über­sen­det der AG dem U das Gut­ach­ten des Sach-ver­stän­di­gen und kün­digt zugleich das bestehen­de Ver­trags­ver­hält­nis frist­los. In die­sem Schrei­ben wird außer­dem ange­kün­digt, dass die Man­gel­be­sei­ti­gung von einem ande­ren Unter­neh­mer aus­ge­führt wird. Der AG ist der Mei­nung, dass eine noch­ma­li­ge Frist­set­zung zur Man­gel­be­sei­ti­gung ent­behr­lich ist, da U bereits erfolg­los Man­gel­be­sei­ti­gungs­ar­bei­ten durch­ge­führt hat. Bereits 14 Tage nach dem Kün­di­gungs­schrei­ben wer­den die Ersatz­vor­nah­me­ar­bei­ten ausgeführt.

Die Ersatz­vor­nah­me­kos­ten macht der AG erfolg­los gericht­lich gel­tend. Das OLG führt aus, dass die Vor­aus­set­zun­gen für die Erstat­tung von Selbst­vor­nah­me­kos­ten nicht vor­lie­gen, da der AG die nach § 637 Abs. 1 BGB erfor­der­li­che Frist zur Nach­er­fül­lung nicht gesetzt hat. Erst nach frucht­lo­sem Ablauf der ange­mes­se­nen Frist zur Nach­er­fül­lung kann der AG die sekun­dä­ren Män­gel­rech­te gel­tend machen.

Die Frist­set­zung war vor­lie­gend auch nicht ent­behr­lich. Es gab weder eine end-gül­ti­ge Ver­wei­ge­rung der Nach­er­fül­lung noch lag eine Unzu­mut­bar­keit der Nach-bes­se­rung vor. Jeden­falls hät­te der AG zur Dar­le­gung der Ent­behr­lich­keit einer Frist­set­zung vor­tra­gen müs­sen, wel­che kon­kre­ten Män­gel bereits gerügt wor­den waren, zu wel­chem Zeit­punkt die Män­gel­rü­ge erfolg­te und wel­che Tätig­keit der U dar­auf­hin ent­fal­te­te, um die genaue Zahl, Art und Schwe­re von Män­geln und die Reak­ti­on des U ver­läss­lich beur­tei­len zu können.

Hin­weis:
Das Recht des U zur Nach­er­fül­lung wird nur in weni­gen Aus­nah­me­fäl­len ein­ge-schränkt. Die Beweis­last für die­se Aus­nah­me­fäl­le trägt regel­mä­ßig der AG. Aus die­sem Grund soll­te eine kon­kre­te Auf­for­de­rung zur Man­gel­be­sei­ti­gung immer mit einer Frist­set­zung ver­bun­den werden.

 

Anmer­kung zu: OLG Mün­chen, Beschluss vom 22.02.2012, 9 U 3562/11

Der Archi­tekt (A) soll eine beheiz­ba­re Tief­ga­ra­gen­ram­pe pla­nen, deren Boden-plat­te gegen drü­cken­des Was­ser abzu­dich­ten war. Die Hei­zung soll­te direkt in die Boden­plat­te ein­ge­baut wer­den. Um eine was­ser­un­durch­läs­si­ge Bau­wei­se zu er-rei­chen, soll­ten auf­tre­ten­de Ris­se zunächst hin­ge­nom­men und anschlie­ßend mit-tels Bohr­lochin­jek­tio­nen ver­presst wer­den. Eine riss­brei­ten­be­gren­zen­de Beweh-rung war nicht vorgesehen.

Es kommt zu Was­ser­ein­brü­chen in die­ser Ram­pe. Nach­träg­li­che Abdich­tungs-maß­nah­men, wie z. B. eine Bohr­lochin­jekta­ge, schei­den aus, weil sie die Hei­zung zer­stö­ren, oder – man­gels erfolg­ter Riss­brei­ten­be­schrän­kung – kei­ne siche­re Ab-dich­tung mehr gewährleisten.

A wird auf Scha­dens­er­satz für Abriss und Neu­her­stel­lung in Anspruch genom­men. Er ver­tei­digt sich damit, dass durch Ein­bau einer 15 cm star­ken Innen­wand und einer zusätz­li­chen Boden­plat­te die Ram­pe nach­bes­se­rungs­fä­hig sei.

Ohne Erfolg!

Die mit einem Rest­ri­si­ko behaf­te­te Werk­leis­tung wird der Erfolgs­haf­tung des A nicht gerecht. Er schul­det ein dau­er­haf­tes man­gel­frei­es und funk­ti­ons­taug­li­ches Werk. Der Bestel­ler braucht sich nicht auf eine Nach­bes­se­rung ein­zu­las­sen, für wel­che nicht sicher pro­gnos­ti­ziert wer­den kann, dass tat­säch­lich ein dich­tes Bau­werk ent­steht. Ob die Ram­pe mit­tels nach­träg­li­cher Innen­wand und zwei­ter Boden­plat­te abge­dich­tet wer­den kann, kann dahin­ste­hen, denn eine sol­che Maß­nah­me wei­che ekla­tant von den ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen ab und lie­fe auf eine Ver­trags­än­de­rung hin­aus, wel­che der Bestel­ler nicht akzep­tie­ren muss. Viel­mehr kann er dar­auf bestehen, dass alle Ein­zel­hei­ten der ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung durch Nach­bes­se­rung erfüllt wer­den. Daher ist Abriss und Neu­her­stel­lung gerechtfertigt.

Hin­weis:
Wenn das ver­trag­lich geschul­de­te Werk nur durch Neu­her­stel­lung her­ge­stellt wer­den kann, kommt eine ande­re Form der Nach­bes­se­rung nicht in Betracht. Der Bestel­ler kann ver­lan­gen, dass alle Ein­zel­hei­ten der ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung durch die Nach­bes­se­rung auch erfüllt wer­den und ist des­halb berech­tigt, von der ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Optik Abwei­chen­des abzu­leh­nen. Der man­gel­be­ding­te Min­der­wert kann nach den für die ver­trags­ge­mä­ße Her­stel­lung not­wen­di­gen Auf­wen­dun­gen berech­net wer­den. Des­halb sind auch die Kos­ten der Neu­her­stel­lung erstat­tungs­fä­hi­ger Schaden.