OLG Koblenz, Urteil vom 31.05.2019, Az: 6 U 1075/18

Ein Dach­de­cker (AN) deckt das Dach eines Senio­ren­zen­trums. Der Auf­trag umfasst auch die Her­stel­lung eines Unter­da­ches. Der AN ver­sieht das Dach mit einem regen­si­che­ren Unter­dach der Klas­se 3 und schließt die Arbei­ten im Novem­ber 2012 ab. Zu die­sem Zeit­punkt ent­spricht das Unter­dach dem Regel­werk des Zen­tral­ver­bands des Deut­schen Dach­de­cker­hand­werks. Im Dezem­ber 2012 wird das Regel­werk ver­schärft. Danach hät­te der AN ein was­ser­dich­tes Unter­dach der Klas­se 1 aus­füh­ren müs­sen. Daher ver­wei­gert der AG die Abnah­me und macht gel­tend, die Dach­ein­de­ckung sei nicht abnah­me­r­eif, da das Unter­dach ledig­lich regen­si­cher, nicht aber was­ser­dicht ist. Der AN klagt sei­nen Rest­werk­lohn ein und macht gel­tend, dass die nach­träg­li­che Kor­rek­tur des Unter­da­ches wegen unver­hält­nis­mä­ßig hoher Kos­ten nicht zumut­bar sei. Bei einer Bau­sum­me von ca. 280.000,00 € ver­ur­sa­che die nach­träg­li­che Her­stel­lung eines was­ser­dich­ten Unter­da­ches Kos­ten in Höhe von ca. 160.000,00 €.

Ohne Erfolg!

Eine Werk­leis­tung muss zum Abnah­me­zeit­punkt den all­ge­mein aner­kann­ten Regeln der Tech­nik ent­spre­chen. Als das Regel­werk ver­schärft wur­de, war die Werk­leis­tung noch nicht abge­nom­men. Vor Abnah­me gilt für die Beur­tei­lung der Fra­ge, ob dem AN wegen eines unver­hält­nis­mä­ßig hohen Auf­wands ein Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs­recht zusteht, § 275 Abs. 2 BGB. Die Anfor­de­run­gen die­ser Bestim­mun­gen sind wesent­lich schär­fer als die des § 635 BGB. Die Gren­ze gro­ber Unver­hält­nis­mä­ßig­keit ist erst dann erreicht, wenn offen­sicht­lich kein ver­nünf­ti­ger Mensch dar­an den­ken wür­de, unter den gege­be­nen Umstän­den eine Man­gel­be­sei­ti­gung durch­zu­füh­ren. Die­se Schwel­le ist hier nicht erreicht.

Hin­weis:

Die Ent­schei­dung ent­spricht den stren­gen Maß­stä­ben der Recht­spre­chung zur Unver­hält­nis­mä­ßig­keit. Sobald ein objek­tiv berech­tig­tes Inter­es­se des AG an einer ord­nungs­ge­mä­ßen Ver­trags­aus­füh­rung besteht – was prak­tisch immer der Fall ist, wenn die Funk­ti­ons­fä­hig­keit beein­träch­tigt ist –, kann die Aus­füh­rung einer fach­ge­rech­ten Leis­tung nicht wegen hoher Kos­ten ver­wei­gert werden.

Eine ganz ande­re Fra­ge ist, wer die mit der Ver­schär­fung der tech­ni­schen Regeln ver­bun­de­nen Mehr­kos­ten tra­gen muss. Dies dürf­te davon abhän­gen, ob und ggf. zu wel­chem Bau­ten­stand es der AN ver­säumt hat, den AG auf die (bevor­ste­hen­de) Ver­schär­fung des tech­ni­schen Regel­werks hinzuweisen.

OLG Frank­furt, Beschluss vom 10.05.2019, Az: 21 U 64/18

Ein Maler führt Putz­ar­bei­ten aus; zeit­gleich wird die Atti­ka durch einen Dach­de­cker ver­grö­ßert. Nach Fer­tig­stel­lung zei­gen sich Fle­cken auf der Putz­fas­sa­de, die auf einem zu gerin­gen Dach­über­stand und der damit ver­bun­de­nen Beauf­schla­gung der Fas­sa­de durch Was­ser beru­hen. Die­se Fle­cken hät­ten durch einen grö­ße­ren Dach­über­stand oder die Aus­wahl eines ande­ren Außen­put­zes ver­mie­den wer­den kön­nen. Der AG ver­langt Vor­schuss für die Man­gel­be­sei­ti­gung. Der Maler wen­det ein, dass der aus­ge­führ­te Außen­putz man­gel­frei sei und er für den zu gerin­gen Dach­über­stand nicht haf­te. Ob er den Bau­herrn auf den erfor­der­li­chen Dach­über­stand hät­te hin­wei­sen müs­sen, sei irrele­vant, da die Ver­let­zung einer sol­chen Hin­weis­pflicht kei­nen Vor­schuss­an­spruch recht­fer­ti­gen könne.

Das OLG spricht dem AG einen Vor­schuss­an­spruch zu, da der Außen­putz man­gel­haft ist. Das Man­gel­sym­ptom (Fle­cken) hat sei­ne Ursa­che dar­in, dass der Außen­putz zu viel Was­ser auf­nimmt, weil der Dach­über­stand nur weni­ge Zen­ti­me­ter beträgt. Die­se Man­gel­ur­sa­che war auch bereits zum Zeit­punkt der Abnah­me vor­han­den. Bereits bei Aus­füh­rung der Putz­ar­bei­ten betrug der Dach­über­stand nur weni­ge Zen­ti­me­ter. Des­halb durf­te der Maler nicht dar­auf ver­trau­en, dass der Bau­herr nach­träg­lich den Dach­über­stand ver­grö­ßern wür­de. Er hat den Bau­herrn nicht dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der Dach­über­stand ver­grö­ßert wer­den muss: Der Bau­herr muss dar­auf hin­ge­wie­sen wer­den, dass mit den im LV vor­ge­se­he­nen Leis­tun­gen der ange­streb­te Erfolg nicht erreicht wer­den kann. Nur durch Erfül­lung die­ser Hin­weis­pflicht hät­te sich der Maler von sei­ner Man­gel­haf­tung befrei­en kön­nen. Also haf­tet der Maler für den Man­gel, weil er kei­nen Hin­weis erteilt hat. Des­halb hat der Bau­herr einen Vorschussanspruch.

Hin­weis:

Jeder Beden­ken­hin­weis muss beweis­bar doku­men­tiert wer­den. Ansons­ten haf­tet der AN auch dann nicht, wenn der Man­gel eines Vor­ge­werks oder der Pla­nung für ihn nicht erkenn­bar ist oder wenn der Bestel­ler einem (hypo­the­ti­schen) Hin­weis nicht gefolgt wäre.

OLG Karls­ru­he, Urteil vom 27.08.2020, Az: 8 U 49/19

Der AN soll Par­kett­ar­bei­ten im Zeit­raum vom 09.05.2016 bis zum 08.07.2016 aus­füh­ren. Da der Est­rich nicht bele­greif war, konn­ten der AN erst ab 13.09.2016 mit sei­nen Arbei­ten begin­nen. Er bean­sprucht des­halb eine Ent­schä­di­gung und bekommt vom LG ca. 30.000,00 € zuge­spro­chen. Dabei wur­de von der nach der Kal­ku­la­ti­on dar­ge­leg­ten Gesamt­stun­den­zahl der Stun­den­auf­wand für Sams­tags­ar­beit und die Erle­di­gung inter­ner Auf­ga­ben in Abzug gebracht. AN und AG legen gegen das Urteil des Land­ge­richts Beru­fung ein.

Das OLG spricht dem AN eine Ent­schä­di­gung von ca. 42.000,00 € zu und führt aus, dass § 642 BGB eine Abwä­gungs­ent­schei­dung auf Grund­la­ge der in § 642 Abs. 2 BGB genann­ten Kri­te­ri­en erfor­de­re. Die Vor­schrift sehe kei­ne exak­te Berech­nung des Anspruchs vor. Viel­mehr habe der Rich­ter im Rah­men der erfor­der­li­chen Abwä­gung einen Ermes­sens­spiel­raum. Es steht fest, dass der AN eige­ne Arbeits­kräf­te und Gerä­te als Pro­duk­ti­ons­mit­tel vor­ge­hal­ten habe. Für die Ent­schä­di­gung sei weder eine Vor­hal­tung der Pro­duk­ti­ons­mit­tel auf der Bau­stel­le noch eine bau­ab­lauf­be­zo­ge­ne Dar­stel­lung erfor­der­lich, da die Arbei­ten unstrei­tig nicht ter­min­ge­mäß auf­ge­nom­men wer­den konn­ten. Bei der Schät­zung der Ent­schä­di­gungs­hö­he hat der Senat auf die tat­säch­li­che Dau­er des Annah­me­ver­zugs abge­stellt, der nicht mit dem ver­ein­bar­ten Fer­tig­stel­lungs­ter­min ende­te. Soweit die Arbeits­kräf­te pro­duk­tiv für die Erle­di­gung inter­ner Auf­ga­ben ein­ge­setzt wer­den konn­ten, ver­neint der Senat eine pro­duk­ti­ons­lo­se Vor­hal­tung. Die Bemes­sung der Ent­schä­di­gung erfolg­te auf der Grund­la­ge der Kal­ku­la­ti­on des AN. AGK und Wag­nis + Gewinn berück­sich­tigt der Senat im Wege eines pro­zen­tua­len Zuschlags.

Hin­weis:

Mit die­sem Urteil wird – soweit ersicht­lich – erst­mals die neue BGH-Recht­spre­chung umge­setzt. Der Ansatz des OLG Karls­ru­he ist anders als der des KG, wonach der AN ver­pflich­tet sein soll, im Inter­es­se des AG Vor­hal­te­kos­ten abzubauen.

OLG Mün­chen, Beschluss vom 08.07.2019, Az: 27 U 3203/18 Bau

Es wird ein sog. Detail-Pau­schal­ver­trag geschlos­sen. Nach dem vom AG erstell­ten LV hat der AN 188 t Bau­stahl zu ver­bau­en. Der AN baut aber nur ca. 170 t Bau­stahl ein, was sta­tisch aber aus­rei­chend ist. Der AG nimmt wegen die­ser Min­der­men­gen einen Abzug von der Werk­lohn­for­de­rung vor. Der AN klagt den Abzugs­be­trag ein.

Mit Erfolg!

Es gilt § 2 Abs. 7 VOB/B. Abwei­chun­gen, die zu einem Aus­gleich füh­ren kön­nen, kom­men nur in Betracht, wenn die aus­ge­führ­te Leis­tung von der ver­trag­lich vor­ge­se­he­nen Leis­tung so erheb­lich abweicht, dass ein Fest­hal­ten an der Pau­schalsum­me nicht zumut­bar ist. Es müss­te ein objek­tiv fest­stell­ba­res Miss­ver­hält­nis zwi­schen Leis­tung und Gegen­leis­tung bestehen, was für den AG uner­träg­lich ist und nicht vor­her­seh­bar war. Die­se Stö­rung der Geschäfts­grund­la­ge wird ange­nom­men, wenn ein Abwei­chen von der Gesamt­auf­trags­sum­me im Bereich von über 20% vor­liegt. Die­se Gren­ze ist hier bei wei­tem nicht erreicht.

Hin­weis:

§ 2 Abs. 7 VOB/B fin­det bei Mehr­men­gen zuguns­ten des AN und bei Min­der­men­gen zuguns­ten des AG Anwendung.

Der BGH hat aller­dings ent­schie­den, dass die 20%-Grenze nicht gilt, wenn es ohne Ein­grif­fe des AG zu einer deut­li­chen Men­gen­stei­ge­rung kommt und sich die unzu­tref­fen­den Men­gen­an­ga­ben des AG im LV der­art auf die ver­ein­bar­te Ver­gü­tung aus­wir­ken, dass das finan­zi­el­le Gesamt­ergeb­nis des Ver­tra­ges nicht nur den Gewinn des AN auf­zehrt, son­dern sogar zu Ver­lus­ten führt. In einem sol­chen Fall ist das Fest­hal­ten an der Preis­ver­ein­ba­rung für den AN in der Regel unzu­mut­bar und zwar unab­hän­gig von der 20%-Grenze.

BGH, Urteil vom 03.07.2020, Az: VII ZR 144/19

Die öffent­li­che Aus­schrei­bung über Stra­ßen­bau­ar­bei­ten ver­zö­gert sich. Der Bie­ter erklärt sich mit der Ver­län­ge­rung der Bin­de­frist vom 09.03.2018 auf den 04.05.2018 ein­ver­stan­den. Am 13.04.2018 erteilt der AG dem Bie­ter den Zuschlag. Im Zuschlags­schrei­ben heißt es: „Die Ver­trags­fris­ten (…) wer­den wie folgt neu fest­ge­legt: Beginn der Aus­füh­rung frü­hes­tens am 04.05.2018 (…), Voll­endung spä­tes­tens am 15.08.2018. (…) Ich for­de­re Sie auf, sich (…) unver­züg­lich über die Annah­me des vor­lie­gen­den Zuschlags­schrei­ben zu erklä­ren.“. Der Bie­ter bedankt sich für die Zuschlags­er­tei­lung und teilt mit, der gewünsch­te Rea­li­sie­rungs­zeit­raum kön­ne der­zeit nicht bestä­tigt wer­den. Der AG ist der Mei­nung, sein modi­fi­zier­tes Ange­bot habe der Bie­ter nicht akzep­tiert und hebt die Aus­schrei­bung auf. Damit ist der Bie­ter nicht ein­ver­stan­den. Er will fest­ge­stellt wis­sen, dass ein Ver­trag mit dem AG zustan­de gekom­men ist, hilfs­wei­se ver­langt er Schadensersatz.

Der BGH meint, dass der Bie­ter das Ange­bot des AG nicht unver­än­dert ange­nom­men habe, so dass es nicht zu einem Ver­trags­ab­schluss gekom­men ist. Zwar kann nach der Recht­spre­chung des BGH ein Zuschlag selbst dann zu den ange­bo­te­nen Fris­ten erfol­gen, wenn die­se nicht mehr ein­ge­hal­ten wer­den kön­nen. Das gilt jeden­falls dann, wenn der Zuschlag erfolgt, ohne dass er aus­drück­li­che Erklä­run­gen zur Anpas­sung der vor­ge­se­he­nen Rege­lun­gen zur Bau­zeit oder zur hier­von abhän­gi­gen Ver­gü­tung ent­hält. Wenn der AG in sol­chen Fäl­len vom Ver­trags­wil­len des Bie­ters abwei­chen will, muss er dies in der Annah­me­er­klä­rung zum Aus­druck brin­gen. Fehlt es dar­an, kommt ein Ver­trag zu den Bedin­gun­gen des Ange­bots zustan­de. Hier ist aber für eine sol­che Aus­le­gung kein Raum, da sich aus dem Zuschlags­schrei­ben ein­deu­tig ergibt, dass die neue Bau­zeit Bestand­teil des Ver­tra­ges wer­den soll. Die Bau­zeit wur­de ein­sei­tig vor­ge­ge­ben und der Bie­ter hat­te nur noch die Mög­lich­keit, sie als Ver­trags­be­stand­teil anzu­neh­men. Dass das Vor­ge­hen des AG mög­li­cher­wei­se ver­ga­be­rechts­wid­rig ist, recht­fer­tigt kei­ne ande­re Beurteilung.

Da der AN das (neue) Ange­bot des AG nicht ange­nom­men hat, ist auch kein Ver­trag zustan­de gekommen.

Hin­weis:

Wenn also der Bie­ter die vom AG ver­bind­lich vor­ge­ge­be­ne neue Bau­zeit nicht akzep­tiert, gilt sei­ne „Annah­me­er­klä­rung“ als Ableh­nung des Ange­bo­tes ver­bun­den mit einem neu­en Antrag, den der AG anneh­men kann, aber nicht muss. Wenn sich der Bie­ter den Auf­trag nicht ent­ge­hen las­sen will, muss er das modi­fi­zier­te Ange­bot unein­ge­schränkt akzep­tie­ren und kann in Bezug auf die Ter­mi­ne ledig­lich ein Ände­rungs­an­ge­bot unterbreiten.

OLG Bran­den­burg, Urteil vom 20.05.2020, Az: 11 U 74/18

Der AN ist ein Unter­neh­men für Hei­zung und Sani­tär und wird vom AG mit der Instal­la­ti­on von Rohr­lei­tungs­lüf­tun­gen auf Holz­bau­ele­men­ten, die der AG her­stellt, beauf­tragt. Der Archi­tekt des AG ver­langt, die Rohr­be­lüf­ter so anzu­brin­gen, dass sie in die Wän­de der ein­zel­nen Bäder ein­ge­baut wer­den kön­nen. Dage­gen erhebt der AN Beden­ken, führt die Arbei­ten aber ent­spre­chend den geän­der­ten Archi­tek­ten­zeich­nun­gen aus. Nach Fer­tig­stel­lung stellt sich her­aus, dass die Leis­tun­gen des AN man­gel­haft sind: Es kommt zu Geruchs­bil­dun­gen in den Woh­nun­gen. Der AN meint, er habe sich an die ver­än­der­te Lüf­tungs­art gehal­ten und Beden­ken ange­mel­det. Es sei aus­rei­chend, wenn der AG die Ernst­haf­tig­keit der vom AN befürch­te­ten Män­gel­ri­si­ken nach­voll­zie­he und Anlass sehe, auf die Beden­ken tat­säch­lich ein­zu­ge­hen. Die Erklä­run­gen müss­ten nicht voll­stän­dig und deut­li­cher sein, als für das Ver­ständ­nis des Bestel­lers erforderlich.

Der Beden­ken­hin­weis war nicht aus­rei­chend: Der AN muss nach­wei­sen, dass er Beden­ken ange­mel­det hat und dass dies in der gebo­te­nen Form mit der not­wen­di­gen Klar­heit und gegen­über dem rich­ti­gen Adres­sa­ten erfolgt. In der Beden­ken­an­mel­dung muss der AN unver­züg­lich, zutref­fend, inhalt­lich klar, voll­stän­dig und erschöp­fend sowie kon­kret die nach­tei­li­gen Fol­gen der ver­än­der­ten Abwas­ser­rohr­lüf­tung und die sich dar­aus erge­ben­den Gefah­ren dar­le­gen, damit auch die Trag­wei­te der Nicht­be­fol­gung sei­nes Hin­wei­ses klar erkenn­bar wird. Erklä­run­gen pau­scha­len Inhalts sind unzureichend.

Eine Beden­ken­an­mel­dung mit der For­mu­lie­rung, „dass die­se Aus­füh­rung so nicht funk­tio­nie­ren kann“ reicht dazu nicht aus. Der AN hät­te die nach­tei­li­gen Fol­gen der ver­än­der­ten Abwas­ser­rohr­lüf­tung und die sich dar­aus erge­ben­den Gefah­ren kon­kret dar­le­gen sol­len. Auch wenn in die­sem Fall der AG selbst Bau­un­ter­neh­mer sei – so das OLG –, könn­ten von ihm Kennt­nis­se hin­sicht­lich mög­li­cher Lüf­tungs­va­ri­an­ten eines Abwas­ser­roh­res nicht erwar­tet werden.

KG, Urteil vom 04.04.2019, Az: 27 U 111/18

Vor der nota­ri­el­len Beur­kun­dung hat­ten sich Erb­wer­ber und Bau­trä­ger auf Abwei­chun­gen der Bau­aus­füh­rung von der Bau­be­schrei­bung und den Bau­plä­nen geei­nigt. Die­se Abwei­chun­gen wur­den nicht nota­ri­ell beur­kun­det. Gegen­stand des Ver­tra­ges waren aus­weis­lich der Prä­am­bel die ursprüng­li­che Bau­be­schrei­bung und die ursprüng­li­chen Plä­ne. Der Bau­trä­ger ver­wei­gert nun die Auf­las­sung und beruft sich dar­auf, dass der Ver­trag nicht wirk­sam zustan­de gekom­men ist, da er unrich­tig beur­kun­det wurde.

Ent­schei­dung:

Der Bau­trä­ger kann sich vor­lie­gend nicht auf die Form­nich­tig­keit des Ver­tra­ges beru­fen. Die Rechts­fol­gen im Fal­le einer unrich­ti­gen Beur­kun­dung rich­ten sich danach, ob die Par­tei­en bewusst oder unbe­wusst Unrich­ti­ges beur­kun­det haben. Haben alle Betei­lig­ten eine Erklä­rung über­ein­stim­mend in dem­sel­ben Sin­ne ver­stan­den, so geht der wirk­li­che Wil­le des Erklä­ren­den dem Wort­laut vor und eine abwei­chen­de Aus­le­gung des Ver­trags kommt nicht infrage.

Bei­de Par­tei­en woll­ten vor­lie­gend, dass die Bau­aus­füh­rung den vor der Beur­kun­dung abge­spro­che­nen Ände­run­gen ent­spricht. Außer­dem hat der Bau­trä­ger in Kennt­nis, dass für die Bau­aus­füh­rung noch kei­ne Geneh­mi­gung vor­lag, die bereits geneh­mig­ten Plä­ne der nota­ri­el­len Beur­kun­dung zugrun­de gelegt und sei­ne Bau­leis­tun­gen ent­spre­chend den getrof­fe­nen Abspra­chen erbracht. Hält eine Par­tei die ande­re vom Abschluss eines form­gül­ti­gen Ver­tra­ges ab und nimmt die­se Par­tei dar­auf­hin an, dass eine form­lo­se Ver­ein­ba­rung genü­ge, ver­stößt die Par­tei gegen Treu und Glau­ben, wenn sie sich auf die Form­nich­tig­keit des Ver­tra­ges beruft.

Hin­weis:

Nach­träg­li­che Son­der­wün­sche der Erwer­ber sind Ände­run­gen des bestehen­den Ver­tra­ges und nur dann form­frei mög­lich, wenn die Auf­las­sung bereits im Bau­trä­ger­ver­trag beur­kun­det wur­de. Wur­de die Auf­las­sung noch nicht beur­kun­det, muss der Son­der­wunsch­ver­trag nota­ri­ell beur­kun­det wer­den, ansons­ten ist er formnichtig.

OLG Cel­le, Urteil vom 07.03.2019, Az: 6 U 71/18

Der AN for­dert vom AG eine Sicher­heit gemäß § 648a BGB a.F. und teilt mit, dass er bei frucht­lo­sem Ablauf der gesetz­ten Frist sei­ne Leis­tung ver­wei­gern will. Nach Frist­ab­lauf kün­digt er den Vertrag.

Die Par­tei­en strei­ten dar­über, ob die erklär­te Kün­di­gung wirk­sam ist.

Das ist sie nach Auf­fas­sung des OLG nicht, da die­se Kün­di­gung auf wider­sprüch­li­chem Ver­hal­ten beruht. Der Unter­neh­mer hat nach Frist­ab­lauf die Wahl zwi­schen Kün­di­gung und Leis­tungs­ver­wei­ge­rung. Er ist nicht ver­pflich­tet, sich auf die Leis­tungs­ver­wei­ge­rung als das mil­de­re Mit­tel zu beschrän­ken, son­dern kann sogleich die Kün­di­gung aussprechen.

Es ist auch nicht erfor­der­lich, dass der AN die Frist­set­zung mit der Andro­hung der Ein­stel­lung der Arbei­ten bzw. der Kün­di­gung ver­bin­det. Der Bestel­ler muss also mit der Kün­di­gung rech­nen, wenn bis zum Ablauf der gesetz­ten Frist kei­ne Sicher­heit geleis­tet wird.

Die Beson­der­heit besteht hier dar­in, dass der AN aus­drück­lich ankün­dig­te, nach frucht­lo­sem Frist­ab­lauf sei­ne Leis­tun­gen zu ver­wei­gern. Hier­an muss er sich nach Auf­fas­sung des Gerichts fest­hal­ten las­sen. Durch die aus­ge­spro­che­ne Kün­di­gung ver­hielt er sich widersprüchlich.

Hin­weis:

Die Über­le­gun­gen sind auch auf den heu­ti­gen § 650f BGB über­trag­bar und über­zeu­gen zunächst. Es wäre aber auch eine ande­re Ent­schei­dung als die, die das OLG traf, gut ver­tret­bar gewe­sen, denn mög­li­cher­wei­se tritt das in der Tat wider­sprüch­li­che Ver­hal­ten des AN hin­ter das nach Frist­ab­lauf ent­stan­de­ne Wahl­recht zurück.

Kon­se­quenz die­ser Ent­schei­dung: Ein Unter­neh­mer soll­te auf unnö­ti­ge und mög­li­cher­wei­se Pro­ble­me berei­ten­de Zusät­ze in sei­ner Frist­set­zung gemäß § 650f BGB verzichten.

OLG Mün­chen, Urteil vom 17.10.2018, Az: 27 U 1156/18 Bau


Der AN soll alte Tra­pez­ble­che demon­tie­ren und neue vom AG gelie­fer­te Panee­le ver­le­gen. Nach Fer­tig­stel­lung stellt der AG Feuch­tig­keits­schä­den fest. Der Sach­ver­stän­di­ge stellt einen Her­stel­lungs­feh­ler der vom AG gelie­fer­ten Dach­pa­nee­le fest. Ein Aus­füh­rungs­feh­ler liegt nicht vor. Aller­dings hät­te ein fach­kun­di­ges Ver­le­ge­un­ter­neh­men die Mate­ri­al­män­gel (zu dün­ne Dicht­bän­der, Aus­schäu­mungs­män­gel) wäh­rend der Aus­füh­rung erken­nen und Beden­ken anmel­den müs­sen. Dies hat der AN nicht getan. Des­halb haf­tet er für die man­gel­haf­ten Paneele.

Die Sanie­rung kann durch das Auf­brin­gen von Blech­strei­fen bzw. eine nach­träg­li­che Abdich­tung mit einem Dicht­band erfol­gen. Dabei wer­den aber War­tungs­fu­gen entstehen.

Der AN bie­tet eine Sanie­rung auf Grund­la­ge der Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen an. Dies lehnt der AG unter Hin­weis auf die ent­ste­hen­den War­tungs­fu­gen ab und ver­langt den kom­plet­ten Rück­bau des Daches. Das weist der AN als unver­hält­nis­mä­ßig zurück.

Mit Erfolg!

Das OLG stellt klar, dass die vom Sach­ver­stän­di­gen vor­ge­schla­ge­nen Nach­bes­se­rungs­maß­nah­men für den AN zumut­bar sind. Ein War­tungs­er­for­der­nis nach erfolg­ter Man­gel­be­sei­ti­gung begrün­det nicht zwangs­läu­fig den Ein­wand der Unzu­mut­bar­keit der Nach­bes­se­rung. Eine War­tung bedeu­tet nicht eine voll­stän­di­ge Wie­der­ho­lung der Nach­bes­se­rungs­ar­bei­ten, son­dern ist viel­mehr häu­fig nur auf eine opti­sche Sicht­kon­trol­le beschränkt. Sofern durch die­se zusätz­li­che War­tungs­in­ter­val­le kei­ne mess­ba­ren Kos­ten ent­ste­hen, bleibt die Nach­bes­se­rung für den AG zumutbar.

Hin­weis:

Die Ent­schei­dung ist nicht ver­all­ge­mei­ne­rungs­fä­hig und betrifft einen Son­der­fall. Im Regel­fall wird der Unter­neh­mer mit dem Ein­wand der Unver­hält­nis­mä­ßig­keit nicht durch­drin­gen. Er trägt ent­spre­chend der gesetz­li­chen Risi­ko­ver­tei­lung grund­sätz­lich das Erfül­lungs­ri­si­ko. Hier­von wird nur in sehr begrenz­ten Aus­nah­me­fäl­len abge­wi­chen. Eine Unver­hält­nis­mä­ßig­keit der Nach­bes­se­rung i.S.v. § 635 Abs. 3 BGB liegt nur vor, wenn einem objek­tiv gerin­gen Inter­es­se des AG an einer man­gel­frei­en Ver­trags­leis­tung ein ganz erheb­li­cher und des­halb ver­gleichs­wei­se unan­ge­mes­se­ner Auf­wand gegen­über­steht. Hat der AG ein objek­tiv berech­tig­tes Inter­es­se an einer ord­nungs­ge­mä­ßen Ver­trags­er­fül­lung, kann ihn der Unter­neh­mer regel­mä­ßig die Nach­bes­se­rung nicht wegen hoher Kos­ten ver­wei­gern. Von beson­de­rer Bedeu­tung ist hier­bei auch, ob der Unter­neh­mer den Man­gel ver­schul­det hat.

OLG Hamm, Beschluss vom 05.09.2019, Az: 21 U 110/17

 

Eine Woh­nungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft (WEG) ver­langt u.a. wegen Nicht­ein­hal­tung des Min­dest­ra­di­us der Tief­ga­ra­gen­ein­fahrt vom Bau­trä­ger Minderung.

Der Bau­trä­ger beruft sich dar­auf, dass die Tief­ga­ra­gen­ein­fahrt mit den tat­säch­li­chen Abmes­sun­gen in der Bau­be­schrei­bung und in den Tei­lungs­plä­nen ein­ge­zeich­net ist und daher die tat­säch­li­che Beschaf­fen­heit nicht von der ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Beschaf­fen­heit abweicht.

Der Bau­trä­ger dringt hier­mit nicht durch. Die Ein­fahrt ent­spricht auf­grund eines zu gerin­gen Innen­ra­di­us der Kur­ve nicht den aner­kann­ten Regeln der Tech­nik. Eine hier­von abwei­chen­de Ver­ein­ba­rung in der Bau­be­schrei­bung kann nicht dahin aus­ge­legt wer­den, dass von einem übli­cher­wei­se zu erwar­ten­den Min­dest­stan­dard abge­wi­chen wer­den soll, wenn nicht auf eine sol­che Bedeu­tung aus­drück­lich hin­ge­wie­sen wor­den ist oder der Erwer­ber dies aus ande­ren Grün­den (z.B. eige­ne Fach­kun­de) weiß.

Hin­weis:

Will ein Bau­trä­ger von den übli­chen Qua­li­täts- und Kom­fort­maß­stä­ben abwei­chen, muss er den Erwer­ber hier­auf deut­lich hin­wei­sen und ihn über die Fol­gen einer sol­chen Bau­wei­se für die Wohn­qua­li­tät aufklären.

Der blo­ße Ver­weis auf tech­ni­sche Nor­men oder tech­ni­sche Wer­te genügt also nicht. Unge­klärt ist, ob AGB-recht­lich über­haupt von den aner­kann­ten Regeln der Tech­nik wirk­sam abge­wi­chen wer­den kann.