Entschädigungshöhe für Bauzeitverzögerungen wird geschätzt!

OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.08.2020, Az: 8 U 49/19

Der AN soll Parkettarbeiten im Zeitraum vom 09.05.2016 bis zum 08.07.2016 ausführen. Da der Estrich nicht belegreif war, konnten der AN erst ab 13.09.2016 mit seinen Arbeiten beginnen. Er beansprucht deshalb eine Entschädigung und bekommt vom LG ca. 30.000,00 € zugesprochen. Dabei wurde von der nach der Kalkulation dargelegten Gesamtstundenzahl der Stundenaufwand für Samstagsarbeit und die Erledigung interner Aufgaben in Abzug gebracht. AN und AG legen gegen das Urteil des Landgerichts Berufung ein.

Das OLG spricht dem AN eine Entschädigung von ca. 42.000,00 € zu und führt aus, dass § 642 BGB eine Abwägungsentscheidung auf Grundlage der in § 642 Abs. 2 BGB genannten Kriterien erfordere. Die Vorschrift sehe keine exakte Berechnung des Anspruchs vor. Vielmehr habe der Richter im Rahmen der erforderlichen Abwägung einen Ermessensspielraum. Es steht fest, dass der AN eigene Arbeitskräfte und Geräte als Produktionsmittel vorgehalten habe. Für die Entschädigung sei weder eine Vorhaltung der Produktionsmittel auf der Baustelle noch eine bauablaufbezogene Darstellung erforderlich, da die Arbeiten unstreitig nicht termingemäß aufgenommen werden konnten. Bei der Schätzung der Entschädigungshöhe hat der Senat auf die tatsächliche Dauer des Annahmeverzugs abgestellt, der nicht mit dem vereinbarten Fertigstellungstermin endete. Soweit die Arbeitskräfte produktiv für die Erledigung interner Aufgaben eingesetzt werden konnten, verneint der Senat eine produktionslose Vorhaltung. Die Bemessung der Entschädigung erfolgte auf der Grundlage der Kalkulation des AN. AGK und Wagnis + Gewinn berücksichtigt der Senat im Wege eines prozentualen Zuschlags.

Hinweis:

Mit diesem Urteil wird – soweit ersichtlich – erstmals die neue BGH-Rechtsprechung umgesetzt. Der Ansatz des OLG Karlsruhe ist anders als der des KG, wonach der AN verpflichtet sein soll, im Interesse des AG Vorhaltekosten abzubauen.