OLG Düs­sel­dorf, Urteil vom 19.12.2019, Az: 5 U 52/19

 

Der AN erstellt ein WDVS. Als Arbeits­be­ginn ist der 30.08.2010 fest­ge­legt. Da ein Vor­ge­werk neu aus­ge­schrie­ben wer­den muss, ver­schiebt sich der Bau­be­ginn um drei Mona­te, wofür der AN eine Mehr­ver­gü­tung aus § 2 Abs. 5 VOB/B in Höhe von 88.400,00 € verlangt.

Ohne Erfolg!

Es kann dahin­ge­stellt blei­ben, ob hier eine Leis­tungs­än­de­rung i.S.v. § 2 Abs. 5 VOB/B vor­liegt. Die gel­tend gemach­te Unter­de­ckung der AGK und der gel­tend gemach­te Anteil für Wag­nis und Gewinn stel­len kei­ne Mehr­kos­ten i.S.v. § 2 Abs. 5 VOB/B dar. Bei der Ermitt­lung der geän­der­ten Ver­gü­tung für Leis­tungs­än­de­run­gen nach § 2 Abs. 5 VOB/B ist die Ent­schei­dung des BGH vom 08.08.2019 zu dem inso­weit wort­glei­chen § 2 Abs. 3 VOB/B zu beach­ten. Dem­nach ist, wenn kei­ne Eini­gung der Par­tei­en zur ergän­zen­den Ver­gü­tung vor­liegt, eine Abwä­gung der bei­der­sei­ti­gen Inter­es­sen der Par­tei­en vor­zu­neh­men. Dabei sind die tat­säch­lich erfor­der­li­chen Kos­ten zuzüg­lich ange­mes­se­ner Zuschlä­ge maß­geb­lich. Ange­sichts des inso­weit iden­ti­schen Wort­lauts von § 2 Abs. 3 VOB/B und § 2 Abs. 5 VOB/B sind die vom BGH auf­ge­stell­ten Grund­sät­ze auch für § 2 Abs. 5 VOB/B maß­geb­lich, so dass es für die Preis­an­pas­sung auf die tat­säch­lich erfor­der­li­chen Mehr­kos­ten ankommt. Dass dem AN auf­grund der Ver­schie­bung der Leis­tungs­zeit tat­säch­lich nicht abge­gol­te­ne Mehr­kos­ten ent­stan­den sind, hat er nicht dar­ge­legt. Ins­be­son­de­re hat er kei­ne Vor­hal­te­kos­ten für Per­so­nal oder Gerä­te behauptet.

Hin­weis:

Nach der neu­en Recht­spre­chung erfolgt die Ermitt­lung der Ver­gü­tung für Nach­trä­ge nicht mehr unter Fort­schrei­bung der Ange­bots­kal­ku­la­ti­on („Guter Preis bleibt guter Preis, schlech­ter Preis bleibt schlech­ter Preis“), son­dern unter Zugrun­de­le­gung der für die Nach­trags­leis­tung tat­säch­lich ange­fal­le­nen Mehrkosten.

OLG Mün­chen, Urteil vom 26.09.2017, Az: 28 U 2834/09

 

Der AN wird wäh­rend der Bau­pha­se mit ver­schie­de­nen Ände­rungs- und Zusatz­leis­tun­gen beauf­tragt. Hier­zu reicht er jeweils Nach­trags­an­ge­bo­te ein, die der AG auch annimmt. Der AN mel­det aber weder Behin­de­rung an, noch ent­hal­ten sei­ne Nach­trags­an­ge­bo­te Hin­wei­se auf die mit der Aus­füh­rung der Nach­trags­leis­tun­gen ver­bun­de­nen Bau­zeit­ver­län­ge­run­gen. Nach Abschluss der Arbei­ten macht er Mehr­kos­ten infol­ge von Bau­ab­lauf­stö­run­gen in Höhe von ca. 1,8 Mio. € geltend.

Ohne Erfolg!

Bei ver­ein­bar­ten Nach­trä­gen sind etwa­ige Kos­ten einer ver­län­ger­ten Bau­zeit als in der Regel mit der Nach­trags­ver­ein­ba­rung abge­gol­ten anzu­se­hen. Dem­zu­fol­ge muss sich der AN etwa­ige Mehr­ver­gü­tungs­an­sprü­che für die ver­län­ger­te Bau­zeit bereits bei Abschluss der Nach­trags­ver­ein­ba­rung erkenn­bar vor­be­hal­ten. Tut er dies nicht, kann der AG das Nach­trags­an­ge­bot so ver­ste­hen, dass mit die­sem Ange­bot alle mit der Leis­tungs­än­de­rung oder ‑ergän­zung ent­ste­hen­den Kos­ten abge­deckt sein sol­len. Das Argu­ment des AN, dass im Moment des Nach­trags die ver­zö­ge­rungs­be­ding­ten Schä­den noch nicht abge­schätzt wer­den kön­nen, greift nicht durch. Wür­de man dem fol­gen, wür­de das Kal­ku­la­ti­ons­ri­si­ko ein­sei­tig auf den AG abge­wälzt wer­den, der erst recht nicht weiß, wel­che Aus­wir­kun­gen die Umset­zung des Nach­trags auf die Arbeits­ab­läu­fe haben.

Hin­weis:

Der Grund­satz „Kein Nach­trag zum Nach­trag“ ist stän­di­ge Recht­spre­chung. Dem­entspre­chend soll­te bei Nach­trags­an­ge­bo­ten sei­tens des AN ein ent­spre­chen­der Vor­be­halt erfolgen.

OLG Düs­sel­dorf, Urteil vom 19.12.2019, Az: 5 U 52/19

 

Der AN soll mit sei­nen Fas­sa­den­ar­bei­ten am 30.08.2010 begin­nen. Es sind ver­schie­de­ne Vor­ge­wer­ke nicht fer­tig­ge­stellt. Des­halb ver­schiebt der AG den Bau­be­ginn. Der AN kann mit sei­nen Arbei­ten erst ab dem 21.11.2011 begin­nen. Das sind 310 Tage Ver­zö­ge­rung. Dafür ver­langt der AN eine Ent­schä­di­gung nach § 642 BGB für nicht erwirt­schaf­te­te AGK bzw. Wag­nis und Gewinn. Das LG spricht ihm rund 26.000,00 € zu. Der AG geht in Berufung.

Mit Erfolg!

Das OLG meint, dass zwar die Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen für den Ent­schä­di­gungs­an­spruch aus § 642 BGB vor­lie­gen. Es gibt ins­be­son­de­re kei­ne kon­kre­ten Anhalts­punk­te dafür, dass der AN nicht leis­tungs­fä­hig und bereit gewe­sen ist. Aller­dings sind die gel­tend gemach­ten Posi­tio­nen nicht vom Sinn und Zweck des § 642 BGB umfasst – so das OLG.

§ 642 BGB gewährt eine Kom­pen­sa­ti­on dafür, dass Per­so­nal, Gerä­te und Kapi­tal bereit­ge­hal­ten wer­den. Die Ent­schä­di­gung wird also für die War­te­zei­ten gezahlt. Wird der AN aber gera­de dafür bezahlt, dass er Kapi­tal und Arbeits­kraft bereit­hält, ist nach Auf­fas­sung des OLG kein Raum für eine vom tat­säch­li­chen Bereit­hal­ten von Pro­duk­ti­ons­mit­teln abge­kop­pel­te Ent­schä­di­gung für AGK. Der AN wür­de ansons­ten für das blo­ße Vor­han­den­sein eines Geschäfts­be­triebs ent­schä­digt. Der AN hat aber nicht kon­kret dar­ge­legt, dass ein Mehr­auf­wand durch nutz­lo­ses Vor­hal­ten von Per­so­nal oder Gerät­schaf­ten ange­fal­len ist und wel­cher AGK-Auf­schlag hier­auf entfällt.

Hin­weis:

§ 642 BGB erfor­dert eine Abwä­gungs­ent­schei­dung des Gerichts auf der Grund­la­ge der im Gesetz genann­ten Kri­te­ri­en. Im Kern hat sich die Ent­schä­di­gungs­hö­he an den unpro­duk­tiv bereit­ge­hal­te­nen Pro­duk­ti­ons­mit­teln und den hier­auf ent­fal­len­den Ver­gü­tungs­an­tei­len ein­schließ­lich Antei­le für AGK sowie Wag­nis und Gewinn zu ori­en­tie­ren. Wer­den kei­ne Pro­duk­ti­ons­mit­tel unpro­duk­tiv bereit­ge­hal­ten, gibt es auch kei­nen Ver­gü­tungs­an­teil, auf den AGK-Antei­le entfallen.

OLG Cel­le, Urteil vom 07.03.2019, Az: 6 U 71/18

 

Der AN for­dert Sicher­heit gemäß § 648a BGB a.F. (jetzt § 650f BGB) und erklärt, dass er bei frucht­lo­sem Ablauf der gesetz­ten Frist sei­ne Leis­tung ver­wei­gern will. Nach frucht­lo­sem Ablauf der Frist kün­digt der AN dem AG den Bau­ver­trag mit sofor­ti­ger Wir­kung. Eini­ge Tage nach Frist­ab­lauf geht dem AN eine Bürg­schaft zu. Es wird nun gestrit­ten, ob die erklär­te Kün­di­gung wirk­sam ist.

Das OLG Cel­le meint nein. Die Kün­di­gung sei unwirk­sam, weil sie auf wider­sprüch­li­chem Ver­hal­ten des AN beruht. Das Gesetz sieht nach frucht­lo­sem Ablauf der ange­mes­se­nen Frist ein Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs­recht vor und auch die Mög­lich­keit, den Ver­trag zu kün­di­gen. Dabei ist der AN nicht ver­pflich­tet, sich auf die Leis­tungs­ver­wei­ge­rung als das mil­de­re Mit­tel zu beschrän­ken, son­dern kann sogleich die Kün­di­gung aus­spre­chen. Es ist auch nicht erfor­der­lich, dass der AN die Frist­set­zung mit der Andro­hung der Ein­stel­lung der Arbei­ten bzw. der Kün­di­gung ver­bin­det. Der Bestel­ler muss jeder­zeit mit einer Kün­di­gung rech­nen, wenn er die Sicher­heit nicht leis­tet. Die Beson­der­heit lag hier aber dar­in, dass aus­drück­lich ange­kün­digt wor­den ist, die Leis­tung zu ver­wei­gern. An die­ser Erklä­rung, die ledig­lich eine Selbst­be­schrän­kung des AN dar­stellt, muss sich der AN fest­hal­ten las­sen. Der AN ver­hielt sich wider­sprüch­lich, da er nur eine Leis­tungs­ver­wei­ge­rung androh­te, aber nach Frist­ab­lauf ohne vor­he­ri­ge Andro­hung den Ver­trag kündigte.

Hin­weis:

Die Über­le­gun­gen des OLG sind nach­voll­zieh­bar, aber auch eine ande­re Ent­schei­dung wäre gut ver­tret­bar gewe­sen. Grund­sätz­lich soll­te bei der­ar­ti­gen Frist­set­zun­gen auf unnö­ti­ge, spä­ter dann Pro­ble­me berei­ten­de Zusät­ze ver­zich­tet werden.

OLG Düs­sel­dorf, Urteil vom 21.01.2020, Az: 21 U 34/19

 

Der Unter­neh­mer ver­langt vom Bestel­ler 275.000,00 € für im Zuge der Sanie­rung zwei­er Mehr­fa­mi­li­en­häu­ser durch­ge­führ­te Bau­ar­bei­ten. Aus dem Vor­trag der Par­tei­en erge­ben sich star­ke Indi­zi­en dafür, dass eine Schwarz­geld­ab­re­de vor­liegt. Es beruft sich aber kei­ne der Par­tei­en auf eine Schwarzgeldabrede.

Das OLG stellt fest, dass der AN kei­nen wei­te­ren Werk­lohn ver­lan­gen kann, weil der Ver­trag nich­tig ist. Das OLG hat es als erwie­sen ange­se­hen, dass jeden­falls still­schwei­gend eine Schwarz­geld­ab­re­de zustan­de gekom­men ist. Dabei spielt es nach Auf­fas­sung des OLG kei­ne Rol­le, dass weder der AG noch der AN sich auf die­sen Gesichts­punkt beru­fen und bei­de sogar über­ein­stim­mend eine Schwarz­geld­ab­re­de leug­nen, da die Indi­zi­en drü­ckend sind. Es sind hohe Bar­zah­lun­gen ohne Aus­hän­di­gung einer Quit­tung erfolgt und ord­nungs­ge­mä­ße Rech­nun­gen erst nach dem Schei­tern der Ver­hand­lun­gen aus­ge­stellt worden.

Hin­weis:

Bei der aus § 134 BGB fol­gen­den Nich­tig­keit des Ver­tra­ges han­delt es sich nicht um eine von den Par­tei­en gel­tend zu machen­de Ein­re­de, son­dern um eine vom Gericht von Amts wegen zu berück­sich­ti­gen­de rechts­hin­dern­de Ein­wen­dung. Wenn das Gericht auf Indi­zi­en gestützt von einer Schwarz­geld­ab­re­de aus­geht, hat das für die Par­tei­en unan­ge­neh­me Fol­gen: Der AN hat kei­nen ver­trag­li­chen Ver­gü­tungs­an­spruch und auch kei­nen Zah­lungs­an­spruch aus sons­ti­gen in Fra­ge kom­men­de Anspruchs­grund­la­gen. Umge­kehrt sind aber auch die Män­gel­an­sprü­che des AG ausgeschlossen.

BGH, Urteil vom 21.11.2019, Az: VII ZR 10/19

  

Der AN errich­tet eine Natur­stein­fas­sa­de ein­schließ­lich Fas­sa­den­däm­mung. Sei­ne Schluss­rech­nung wird auf­grund von Men­gen­meh­run­gen um ca. 162.000,00 € gekürzt, da der AG meint, der ver­ein­bar­te Ein­heits­preis sei zumin­dest um den dort ent­hal­te­nen Anteil der AGK her­ab­zu­set­zen. Der AN klagt und obsiegt beim Kam­mer­ge­richt. Nach Ansicht des Kam­mer­ge­richts ist Vor­aus­set­zung für den Anspruch auf Her­ab­set­zung des Ein­heits­prei­ses, dass sich Kos­ten­er­spar­nis­se ein­ge­stellt hät­ten, was der AG nicht bewie­sen habe. Auch ein Abschlag um den Anteil der AGK kom­me nicht in Betracht, weil die AGK zur geplan­ten Gesamt­leis­tung des AN gehö­ren wür­den. Dem­zu­fol­ge könn­ten alle Her­stel­lungs­kos­ten, auch die für die Mehr­men­gen, mit AGK beauf­schlagt wer­den. Hier­ge­gen legt der AG Revi­si­on ein.

Mit Erfolg!

Der BGH hebt die Ent­schei­dung auf und ver­weist den Rechts­streit an das Kam­mer­ge­richt zurück, weil mit der vom Kam­mer­ge­richt gege­be­nen Begrün­dung ein Anspruch des AG auf Ver­ein­ba­rung eines neu­en Ein­heits­prei­ses nicht abge­lehnt wer­den kann. Die­ser Anspruch setzt kei­ne auf die Men­gen­än­de­rung kau­sal zurück­zu­füh­ren­de Ver­än­de­rung der Kos­ten vor­aus, wenn die Vor­aus­set­zun­gen des § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B vor­lie­gen. Bei Über- oder Unter­schrei­tung des ver­trag­li­chen Men­gen­an­sat­zes um mehr als 10% und Ver­lan­gen auf Preis­an­pas­sung ist ein neu­er EP zu ver­ein­ba­ren. Das Ver­lan­gen einer Preis­an­pas­sung begrün­det einen ver­trag­li­chen Anspruch auf Ein­wil­li­gung in den neu­en Ein­heits­preis, da die Par­tei­en zur Koope­ra­ti­on ver­pflich­tet sind. Kann kei­ne Eini­gung gefun­den wer­den, ist der neue Ein­heits­preis im Streit­fall vom Gericht zu bestim­men. Bei Bil­dung des neu­en Ein­heits­prei­ses ist ein ange­mes­se­ner Zuschlag für AGK auf die erfor­der­li­chen Kos­ten der über 10% lie­gen­den Mehr­men­gen zu berück­sich­ti­gen. Fer­ner unter­streicht der BGH, dass das Gericht bei der Bestim­mung der Höhe gemäß § 287 Abs. 2 ZPO schät­zen soll.

BGH, Urteil vom 08.08.2019, Az: VII ZR 34/18

 

Der AN wird mit Abbruch­ar­bei­ten beauf­tragt. Die VOB/B ist ver­ein­bart. Der AN hat­te für die Ent­sor­gung von Bau­schutt einen Ein­heits­preis von 462,00 €/t ange­bo­ten. Statt der aus­ge­schrie­be­nen Men­ge von 1 t muss­ten ca. 84 t ent­sorgt wer­den. Hier­für bean­sprucht der AN den ver­ein­bar­ten Ein­heits­preis von 462,00 €/t. Der AG errech­net auf der Basis der vom AN mit­ge­teil­ten tat­säch­li­chen Kos­ten einen Ein­heits­preis in Höhe von 109,88 €/t und ver­wei­gert die Zah­lung des dar­über hin­aus­ge­hen­den Betra­ges. Der AN nimmt den AG auf Zah­lung in Anspruch. Das OLG Cel­le hat einen Ein­heits­preis von 150,40 €/t für die über 110 % hin­aus­ge­hen­de Mehr­men­ge als berech­tigt ange­se­hen (ver­än­der­te Trans­port- und Ent­sor­gungs­kos­ten zzgl. Zuschlag von 20% sowie der unver­än­der­ten Ver­la­de­kos­ten in Höhe von 40,00 €/t). Gegen die­se Ent­schei­dung geht der AN in Revision.

Ohne Erfolg!

Der BGH stellt fest, dass § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B nicht regelt, wie die Ver­gü­tungs­an­pas­sung bei Mehr- oder Min­der­men­gen vor­zu­neh­men ist. Die Klau­sel sieht kei­ne vor­kal­ku­la­to­ri­sche Preis­fort­schrei­bung vor, son­dern legt die Ver­ant­wor­tung für die neue Preis­be­stim­mung in die Hän­de der Ver­trags­par­tei­en. Erfolgt kei­ne Eini­gung, ent­hält der Ver­trag eine Lücke, wel­che im Wege der ergän­zen­den Ver­trags­aus­le­gung geschlos­sen wer­den muss. Dabei ist ent­schei­dend, was die Ver­trags­part­ner bei ange­mes­se­ner Abwä­gung ihrer Inter­es­sen als red­li­che Ver­trags­part­ner ver­ein­bart hät­ten, wenn sie den nicht gere­gel­ten Fall bedacht hätten.

Die­se ergän­zen­de Ver­trags­aus­le­gung ergibt nach Auf­fas­sung des BGH, dass der neue EP für Mehr­men­gen nach den tat­säch­lich erfor­der­li­chen Kos­ten zzgl. ange­mes­se­ner Zuschlä­ge zu bemes­sen ist. Folg­lich erhält der AN für die rele­van­ten Mehr­men­gen eine aus­kömm­li­che Ver­gü­tung. Nach Auf­fas­sung des BGH wider­spricht es Treu und Glau­ben, wenn der AN auf­grund der Men­gen­meh­rung auf Kos­ten des AG einen über ange­mes­se­ne Zuschlä­ge hin­aus­ge­hen­den Gewinn erwirt­schaf­ten könn­te oder der AG von einem für den AN unaus­kömm­li­chen Preis pro­fi­tie­ren wür­de. Eines Rück­griffs auf die vor­kal­ku­la­to­ri­sche Preis­fort­schrei­bung bedarf es daher nicht. Die im Wett­be­werb zustan­de gekom­me­ne Ver­gü­tungs­ver­ein­ba­rung bleibt unan­ge­tas­tet (ver­trag­lich ver­ein­bar­te Men­ge zzgl. Tole­ranz­zu­schlag von 10%). Inso­fern ver­bleibt es bei der ver­ein­bar­ten Vergütung.

Hin­weis:

Die die­ser Ent­schei­dung zugrun­de lie­gen­den Über­le­gun­gen sind auch auf geän­der­te und zusätz­li­che Leis­tun­gen über­trag­bar. § 2 Abs. 5 VOB/B stellt auf die Mehr- oder Min­der­kos­ten ab. § 2 Abs. 6 Nr. 2 VOB/B sieht zwar die Bemes­sung der Ver­gü­tung nach den Grund­la­gen der Preis­er­mitt­lung vor, aller­dings auch mit dem Zusatz: „ … und den beson­de­ren Kos­ten der gefor­der­ten Leis­tun­gen.“.

OLG Cel­le, Urteil vom 08.01.2020, Az. 14 U 96/19

 

Ein AG beauf­tragt einen Archi­tek­ten mit Arbei­ten im Zusam­men­hang mit der Sanie­rung eines Mehrfamilienhauses.

Nach mehr als einem Jahr und einer geleis­te­ten Zah­lung von Hono­rar­ab­schlä­gen über 90.000,00 € ver­ein­ba­ren sie auf Basis einer Hono­rar­er­mitt­lung des Archi­tek­ten ein Pau­schal­ho­no­rar in Höhe von 190.000,00 € net­to. Es erfolgt die außer­or­dent­li­che Kün­di­gung des Ver­trags­ver­hält­nis­ses. Der Archi­tekt ver­langt wegen Son­der­leis­tun­gen und abwei­chen­der Hono­rar­zo­nen das Min-destsatzhonorar.

Der AG begehrt hin­ge­gen die Rück­zah­lung über­zahl­ten Hono­rars, weil die Abschlä­ge wert­mä­ßig nicht dem bis zur Kün­di­gung erbrach­ten Leis­tungs­stand entsprechen.

Die Hono­rar­for­de­rung des Archi­tek­ten ist nicht begrün­det. Die in § 7 Abs. 5 HOAI 2013 gere­gel­ten Min­dest­sät­ze ver­sto­ßen gegen die Dienst­leis­tungs­richt­li­nie. Auf­grund des Vor­rangs des Euro­pa-rechts ent­fal­ten die Fest­stel­lun­gen des EuGH auch für natio­na­le Gerich­te das Ver­bot, die Min­dest- und Höchst­sät­ze wei­ter anzu­wen­den. Dies gilt auch in einem Rechts­streit zwi­schen Pri­va­ten, die sich auf ein abwei­chen­des Hono­rar geei­nigt haben. Ande­ren­falls wür­den die Gerich­te durch die wei­te­re Anwen­dung der HOAI in die­ses Rechts­ver­hält­nis ein­grei­fen. Fer­ner dient § 7 Abs. 1, Abs. 5 HOAI 2013 dem euro­pa­recht­lich nicht legi­ti­men Ziel, ein Abwei­chen von Min­dest- und Höchst­sät­zen zu erschwe­ren. Fer­ner gehe die Annah­me, der Min­dest­satz stel­le die übli­che Ver­gü­tung dar, fehl. Das OLG Cel­le führt aus, dass es sich hier­bei ledig­lich um eine blo­ße Unter­stel­lung han­deln würde.

Hin­weis:

Inner­halb der Recht­spre­chung ist es umstrit­ten, ob bei Rechts­strei­tig­kei­ten zwi­schen Pri­va­ten die Min­dest- und Höchst­sät­ze der HOAI nicht mehr von den natio­na­len Gerich­ten ange­wen­det wer-den dür­fen. Erst­mals hat ein Gericht aus­ge­ur­teilt, dass die Min­dest­sät­ze der HOAI nicht als Grund­la­ge für die Ermitt­lung der übli­chen Ver­gü­tung her­an­ge­zo­gen wer­den kön­nen. Üblich ist eine Ver­gü­tung, die zum Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses nach all­ge­mei­ner Auf­fas­sung der betei­lig­ten Krei­se am Ort der Werk­leis­tung gewährt zu wer­den pflegt. Dies lässt sich nur mit sach­ver­stän-diger Hil­fe fest­stel­len. Das OLG Cel­le hat die Revi­si­on zugelassen.

OLG Koblenz, Urteil vom 23.02.2017, Az. 6 U 150/16

 

Der AG beauf­tragt den AN mit der Errich­tung eines Dro­ge­rie­mark­tes. Der AN macht nach der Abnah­me mit sei­ner Schluss­rech­nung einen Rest­werk­lohn­an­spruch gel­tend. Der AG zahl­te nicht, weil der Flie­sen­be­lag abwei­chend von der Bau­be­schrei­bung nicht im Dünn­bett­ver­fah­ren ver­legt, son­dern zusätz­lich gerüt­telt wor­den war. Außer­dem gewähr­leis­te die Boden­plat­te nicht die ver-trag­lich ver­ein­bar­te Nutz­last von 5.000 kN/m². Der AG erklär­te die Auf­rech­nung mit einem Vor­schuss­an­spruch in Höhe der Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten. Die erklär­te Auf­rech­nung bleibt erfolg­los. Hin­sicht­lich der Ver­le­gung von Flie­sen und auch in Bezug auf die Nutz­last der Boden­plat­te ist zwar von der ver­ein­bar­ten Beschaf­fen­heit abge­wi­chen wor­den. Nach Treu und Glau­ben kön­nen je-doch kei­ne Gewähr­leis­tungs­an­sprü­che hier­aus her­ge­lei­tet wer­den, weil bei­de Abwei­chun­gen zu einer qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge­ren Aus­füh­rung geführt haben.

Durch das zusätz­li­che Ein­rüt­teln der Flie­sen ist deren Bruch­fes­tig­keit erhöht und auch die Belast­bar­keit der Boden­plat­te über­stei­ge mit 5.900 kN/m² den ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Wert.

Hin­weis:

Auf den ers­ten Blick scheint die Ent­schei­dung des Gerichts als selbst­ver­ständ­lich, weil eine höher­wer­ti­ge Aus­füh­rung als die ver­ein­bar­te kei­nen Man­gel dar­stel­len kön­ne. Es ist jedoch auf die Ge-set­zes­sys­te­ma­tik abzu­stel­len, die auf den ver­spro­che­nen Erfolg und damit letzt­lich auf die sub­jek­ti­ven Wün­sche des Bestel­lers und nicht auf die viel­leicht aus objek­ti­ver Sicht vor­zugs­wür­di­ge Aus-füh­rungs­art abstellt. Erst wenn es kei­ne Beschaf­fen­heits­ver­ein­ba­run­gen gibt, ist auf die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te oder die für die gewöhn­li­che Ver­wen­dung erfor­der­li­che Funk­ti­ons­taug-lich­keit des Werks abzu­stel­len. Jede noch so gerin­ge Abwei­chung von einer Beschaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung stellt damit einen Man­gel dar, selbst wenn es sich für den AG als tech­nisch oder wirt-schaft­lich vor­teil­haf­ter erweist. Der AN ist jedoch nicht schutz­los gestellt. Dem Bestel­ler kön­nen nach den Grund­sät­zen von Treu und Glau­ben die Beru­fung auf Gewähr­leis­tungs­an­sprü­che ver-wehrt wer­den. Ande­re OLG-Urtei­le stel­len zusätz­lich dar­auf ab, dass der Bestel­ler auf die ver­ein­bar­te Aus­füh­rungs­art u.U. kei­nen beson­de­ren Wert gelegt habe. Fer­ner sind die Par­tei­ver­ein­ba­run-gen der Aus­le­gung zugäng­lich. Im vor­lie­gen­den Fall konn­te die vor­lie­gen­de Bau­be­schrei­bung als blo­ße Min­dest­an­for­de­rung an die Her­stel­lung einer bestimm­ten Belast­bar­keit von Boden­plat­ten und Flie­sen­be­lag ver­stan­den wer­den. Eine höher­wer­ti­ge­re Aus­füh­rung stellt jedoch dann bereits kei­nen Ver­stoß gegen die Beschaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung dar.

OLG Mün­chen, Beschluss vom 02.10.2018, Az. 18 U 4070/17

 

Der AG und der AN ste­hen in Ver­trags­ver­hand­lun­gen. Gegen­stand die­ser Ver­hand­lung ist die Ent­wick­lung und die Her­stel­lung eines Pro­to­typs eines Werks­hut­tles, das mit einem Schlep­per­fahr-zeug vom Typ LP 250 gezo­gen wer­den kann. Der AN weist in sei­nem Ange­bot dar­auf hin, dass ein Schlepp­fahr­zeug mit einer „Stütz­kupp­lung mit 2.500 kg“ erfor­der­lich ist. Im Rah­men der Bestel-lung beauf­tragt der AG den AN aus­drück­lich mit der Erstel­lung einer „Stütz­kupp­lung mit 25 kg Schlep­per LP 250“. Die­se Leis­tung ist als geson­der­te Posi­ti­on auf­ge­lis­tet und der Preis soll­te 4.600,00 € betra­gen. Bei die­ser Posi­ti­on fin­det sich der durch Fett­druck her­vor­ge­ho­be­ne Pas­sus „Hin­wei­se zur Posi­ti­on — bit­te in Lie­fer­schein über­neh­men“. Der AN wider­spricht dem nicht. Das vom AN ent­wi­ckel­te Werks­hut­tle kann wegen der an der Kupp­lung auf­tre­ten­den Stütz­las­ten nicht mit einem Schlepp­fahr­zeug vom Typ LP 250 betrie­ben wer­den. Der AG setz­te dem AN erfolg­los eine Frist zur Nach­er­fül­lung. Nach frucht­lo­sem Frist­ab­lauf erklär­te der AG den Rück­tritt vom Ver­trag und ver­langt vom AN die Rück­erstat­tung der geleis­te­ten Anzah­lung in Höhe von 127.000,00 €.

Der AG ist mit sei­ner Kla­ge erfolg­reich. Inhalt des geschlos­se­nen Werk­ver­tra­ges ist die Ent­wick­lung und die Her­stel­lung des Pro­to­typs eines Werks­hut­tles, das mit einem Schlep­per vom Typ LG 250 gezo­gen wer­den kann.

Zwar erfolg­te sei­tens AN in sei­nem Ange­bot der Hin­weis, dass ein Schlepp­fahr­zeug mit einer „Stütz­kupp­lung mit 2.500 kg“ erfor­der­lich sei. Nach Auf­fas­sung des Gerichts ist der Hin­weis auf die Erfor­der­lich­keit dahin­ge­hend zu ver­ste­hen, dass der AG ein die­ser Vor­ga­be genü­gen­des Zug­fahr­zeug bereit­zu­stel­len habe. In sei­nem Auf­trags­schrei­ben hat der AG den AN jedoch mit der Erstel-lung einer „Stütz­kupp­lung mit 2.500 kg Schlep­per LP 250“ zum Preis von 4.600,00 € beauf­tragt. Der AG hat den Lie­fer­um­fang gegen­über dem Ange­bot des AN erwei­tert, so dass in sei­ner Bestel-lung kei­ne Annah­me des Ange­bots des AN zu sehen ist, son­dern eine Ableh­nung ver­bun­den mit einem neu­en Ange­bot. Die­ses Ange­bot wur­de durch den AN durch schlüs­si­ges Ver­hal­ten ange­nom-men, indem er der Erwei­te­rung sei­nes Leis­tungs­um­fangs durch die Posi­ti­on „Stütz­kupp­lung mit 2.500 kg für Schlep­per LP 250“ nicht wider­spro­chen hat, son­dern die Ent­wick­lung des Pro­to­typs auf­ge­nom­men hat.

Hin­weis:

Das OLG Mün­chen legt bei der Beant­wor­tung der Fall­fra­ge all­ge­mei­ne zivil­recht­li­che Grund­sät­ze zugrun­de. Jedoch ist zu beach­ten, dass nach Ansicht des OLG Koblenz in der Durch­füh­rung der Bau­ar­bei­ten kei­ne schlüs­si­ge Annah­me eines abge­än­der­ten Ange­bo­tes vor­liegt, wenn das Auf­trags­schrei­ben so weit vom Inhalt der bis­he­ri­gen Ver­trags­ver­hand­lun­gen abweicht, dass der AG ver-nünf­ti­ger­wei­se nicht mit einem Ein­ver­ständ­nis des AN rech­nen kann. Dies ist wie so oft anhand des Ein­zel­falls zu beurteilen.