Anspruch auf Män­gel­be­sei­ti­gung bei anders, aber bes­ser aus­ge­führ­ter Leistung?

OLG Koblenz, Urteil vom 23.02.2017, Az. 6 U 150/16

 

Der AG beauf­tragt den AN mit der Errich­tung eines Dro­ge­rie­mark­tes. Der AN macht nach der Abnah­me mit sei­ner Schluss­rech­nung einen Rest­werk­lohn­an­spruch gel­tend. Der AG zahl­te nicht, weil der Flie­sen­be­lag abwei­chend von der Bau­be­schrei­bung nicht im Dünn­bett­ver­fah­ren ver­legt, son­dern zusätz­lich gerüt­telt wor­den war. Außer­dem gewähr­leis­te die Boden­plat­te nicht die ver-trag­lich ver­ein­bar­te Nutz­last von 5.000 kN/m². Der AG erklär­te die Auf­rech­nung mit einem Vor­schuss­an­spruch in Höhe der Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten. Die erklär­te Auf­rech­nung bleibt erfolg­los. Hin­sicht­lich der Ver­le­gung von Flie­sen und auch in Bezug auf die Nutz­last der Boden­plat­te ist zwar von der ver­ein­bar­ten Beschaf­fen­heit abge­wi­chen wor­den. Nach Treu und Glau­ben kön­nen je-doch kei­ne Gewähr­leis­tungs­an­sprü­che hier­aus her­ge­lei­tet wer­den, weil bei­de Abwei­chun­gen zu einer qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge­ren Aus­füh­rung geführt haben.

Durch das zusätz­li­che Ein­rüt­teln der Flie­sen ist deren Bruch­fes­tig­keit erhöht und auch die Belast­bar­keit der Boden­plat­te über­stei­ge mit 5.900 kN/m² den ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Wert.

Hin­weis:

Auf den ers­ten Blick scheint die Ent­schei­dung des Gerichts als selbst­ver­ständ­lich, weil eine höher­wer­ti­ge Aus­füh­rung als die ver­ein­bar­te kei­nen Man­gel dar­stel­len kön­ne. Es ist jedoch auf die Ge-set­zes­sys­te­ma­tik abzu­stel­len, die auf den ver­spro­che­nen Erfolg und damit letzt­lich auf die sub­jek­ti­ven Wün­sche des Bestel­lers und nicht auf die viel­leicht aus objek­ti­ver Sicht vor­zugs­wür­di­ge Aus-füh­rungs­art abstellt. Erst wenn es kei­ne Beschaf­fen­heits­ver­ein­ba­run­gen gibt, ist auf die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te oder die für die gewöhn­li­che Ver­wen­dung erfor­der­li­che Funk­ti­ons­taug-lich­keit des Werks abzu­stel­len. Jede noch so gerin­ge Abwei­chung von einer Beschaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung stellt damit einen Man­gel dar, selbst wenn es sich für den AG als tech­nisch oder wirt-schaft­lich vor­teil­haf­ter erweist. Der AN ist jedoch nicht schutz­los gestellt. Dem Bestel­ler kön­nen nach den Grund­sät­zen von Treu und Glau­ben die Beru­fung auf Gewähr­leis­tungs­an­sprü­che ver-wehrt wer­den. Ande­re OLG-Urtei­le stel­len zusätz­lich dar­auf ab, dass der Bestel­ler auf die ver­ein­bar­te Aus­füh­rungs­art u.U. kei­nen beson­de­ren Wert gelegt habe. Fer­ner sind die Par­tei­ver­ein­ba­run-gen der Aus­le­gung zugäng­lich. Im vor­lie­gen­den Fall konn­te die vor­lie­gen­de Bau­be­schrei­bung als blo­ße Min­dest­an­for­de­rung an die Her­stel­lung einer bestimm­ten Belast­bar­keit von Boden­plat­ten und Flie­sen­be­lag ver­stan­den wer­den. Eine höher­wer­ti­ge­re Aus­füh­rung stellt jedoch dann bereits kei­nen Ver­stoß gegen die Beschaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung dar.