Ausschluss des § 770 Abs. 2 BGB hat Unwirksamkeit der AGB-Sicherungsabrede zur Folge!
Anmerkung zu: BGH, Urteil vom 24.10.2017 – XI ZR 600/16
In einer vom Auftraggeber (AG) gestellten Vertragsklausel ist vorgegeben, dass der AG als Sicherheit für Gewährleistungsansprüche Werklohn in Höhe von 5 % einbehalten kann, die der Auftragnehmer (AN) wiederum durch eine Bürgschaft gemäß eines vom AG vorgegebenen Musters ablösen kann. Der vorgegebene Bürgschaftstext schreibt vor, dass der Bürge unter anderem „auf die Rechte aus § 770 BGB“ verzichten muss. Dieses Muster ist dem Vertrag bei Unterschriftsleistung durch AG und AN allerdings nicht beigefügt. Nach Vertragsabwicklung stellt der AN über einen Bürgen (B) eine Gewährleistungsbürgschaft aus. Gemäß dieser verzichtet der B auf die Einrede der Aufrechenbarkeit nicht für unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen des AN. Der AG klagt gegen B.
Ohne Erfolg!
Die vom AG gestellte Sicherungsabrede ist nach § 307 Abs. 1 BGB insgesamt unwirksam. B kann diese Unwirksamkeit über § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB seiner Inanspruchnahme entgegenhalten.
Im Verhältnis zwischen AG und AN ist es unschädlich, dass das vom AG gestellte Bürgschaftsmuster dem Vertrag nicht beigefügt war. AG und AN sind Unternehmer. Allerdings ergibt die Auslegung der Sicherungsabrede, dass die Einrede der Aufrechenbarkeit vollständig und ohne Einschränkung abbedungen werden sollte. Dies benachteiligt den AN unangemessen. Dem AN wird kein – von der Rechtsprechung geforderter – fairer Ausgleich dafür zugestanden, dass er den Werklohn nicht sofort ausgezahlt erhält, er das Bonitätsrisiko des Bestellers für die Dauer der Gewährleistungsfrist zu tragen hat und ihm darüber hinaus die Verzinsung des Werklohns vorbehalten wird. In dem Bürgschaftsmuster hatte der AG eine Ablösung des Sicherheitseinbehalts durch eine Bürgschaft verlangt, die der AN nicht wirksam stellen kann, weil sie einen gegenüber dem B unzulässigen Regelungsinhalt hätte.
Damit entscheidet der BGH eine bisher höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage. Sicherungsabreden, die einen formularmäßigen Ausschluss der Einrede der Aufrechenbarkeit, der auch unbestrittene oder auch rechtskräftig festgestellte Forderungen des Hauptschuldners umfasst, enthalten, sind mithin unwirksam. Dies ist bei Vertragsgestaltung zu beachten.