Erwerb einer „kernsanierten“ Immobilie – Mängelhaftung!

OLG München, Urteil vom 15.02.2022, Az: 28 U 2563/13 Bau

BGH, Beschluss vom 14.12.2022, Az: VII ZR 56/22

Die Verkäufer sanieren eine rund 50 Jahre alte Doppelhaushälfte. Neu installiert werden dabei ein Gasbrennwertkessel, eine Solaranlage, Heizkörper, die Fußbodenheizung, Hauswasserinstallation, Fenster, Haustür und Dacheindeckung. Anschließend bieten sie die Doppelhaushälfte als „kernsaniert“ an und schließen im Kaufvertrag – wie bei Grundstückskaufverträgen üblich – Mängelrechte des Käufers aus. Die Käufer machen nach Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens nach Werkvertragsrecht (nicht nach Kaufrecht) einen Kostenvorschussanspruch in Höhe von ca. 170.000,00 € geltend.

Mit Erfolg!

Das OLG München stellt fest, dass die Käufer Schadensersatzansprüche haben, da die Immobilien nicht die vertraglich geschuldete Beschaffenheit aufweist. Die Parteien hätten einen Vertrag abgeschlossen, der sowohl kauf- als auch werkvertragliche Elemente enthalte.

Zwar liege kein Bauträgervertrag vor, die Verkäufer hätten aber eine umfassende Sanierung versprochen, für deren Durchführung tiefe Eingriffe in die Bausubstanz erforderlich gewesen seien. In wirtschaftlicher Hinsicht würden die klassischen werkvertraglichen Komponenten des Vertrages die kaufvertraglichen Elemente überragen, weshalb die geltend gemachten Ansprüche nach Werkvertragsrecht zu beurteilen seien. Die Bezeichnung des Vertrages als „Kaufvertrag“ sei hierbei unschädlich.

Hinweis:

§ 650u BGB erfordert für das Vorliegen eines Bauträgervertrages keinen „erheblichen“ Umbau, weshalb das Gericht den vorliegenden Vertrag als Bauträgervertrag einordnet. Die Durchführung der Sanierungsarbeiten vor Abschluss des notariellen Vertrages steht der Anwendung von Werkvertragsrecht nicht entgegen (sog. Nachzügler-Rechtsprechung). Ferner kann ein Bauträgervertrag auch dann vorliegen, wenn auf der Veräußererseite ein Verbraucher handelt.