Bau­trä­ger­ver­trag: Unwe­sent­li­che Män­gel vor­han­den – Fer­tig­stel­lungs­ra­te fällig?

LG Mün­chen II, Urteil vom 20.04.2023, Az: 3 O 5314/19 Bau

Ein Bau­trä­ger ver­langt vom Erwer­ber Rest­ver­gü­tung in Höhe von ca. 6.000,00 €. Die Eigen­tums­woh­nung wur­de im Novem­ber 2016 unter Män­gel­vor­be­halt abge­nom­men. Die Besitz­über­ga­be erfolg­te im Dezem­ber 2016. Die Schluss­rech­nung des Bau­trä­gers datiert eben­falls vom Dezem­ber 2016. Dort wird die Fer­tig­stel­lungs­ra­te in Höhe von 3,5% gefor­dert.  Die Abnah­me des Gemein­schafts­ei­gen­tums erfolgt eben­falls unter Män­gel­vor­be­halt am 17.01.2017. Auf die Schluss­rech­nung zahl­te der Erwer­ber einen Abschlag in Höhe der Hälfte.

Das Gericht weist die Kla­ge des Bau­trä­gers ab. Die For­de­rung des Bau­trä­gers sei man­gels „voll­stän­di­ger Fer­tig­stel­lung“ nicht fäl­lig gewor­den. Voll­stän­di­ge Fer­tig­stel­lung liegt nach Ansicht des Gerichts dann vor, wenn alle wesent­li­chen und auch die unwe­sent­li­chen bei der Abnah­me gerüg­ten Män­gel, sog. Pro­to­koll­män­gel, besei­tigt sind.

Der Sach­ver­stän­di­ge hat im Gerichts­ver­fah­ren das Vor­han­den­sein der Pro­to­koll­män­gel bestä­tigt und Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten im Son­der­ei­gen­tum in Höhe von ca. 5.500,00 € und im Gemein­schafts­ei­gen­tum in Höhe von ca. 20.000,00 € fest­ge­stellt. Auch wenn die Män­gel im Gemein­schafts­ei­gen­tum mög­li­cher­wei­se unwe­sent­li­che Män­gel sind, darf sich der Erwer­ber hier­auf beru­fen und zwar auch dann, wenn die Woh­nungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft die Man­gel­ver­fol­gung an sich gezo­gen hat. Die Ein­re­de der feh­len­den Fäl­lig­keit unter­liegt zudem kei­ner betrags­mä­ßi­gen Begren­zung auf die Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten oder einer Miteigentumsquote.

Hin­weis:

Es han­delt sich um die erst­in­stanz­li­che Ent­schei­dung eines Land­ge­rich­tes. Das Land­ge­richt hat sich aller­dings mit sei­ner sehr aus­führ­lich begrün­de­ten Ent­schei­dung mit dem Mei­nungs­stand zur „voll­stän­di­gen Fer­tig­stel­lung“ aus­ein­an­der­ge­setzt, wes­halb der Ent­schei­dung zuzu­stim­men ist.

Die­se Ent­schei­dung zur sog. Fer­tig­stel­lungs­ra­te ist auch über­trag­bar auf die Fäl­lig­keit des 5%-igen Sicherheitseinbehaltes.

Erwer­ber soll­ten vor Zah­lung des Sicher­heits­ein­be­hal­tes in Höhe von 5% und der Fer­tig­stel­lungs­ra­te prü­fen, ob der Bau­trä­ger tat­säch­lich Zah­lung ver­lan­gen kann und sich hier­zu ggf. auch bera­ten las­sen. Erfah­rungs­ge­mäß ist die Nei­gung des Bau­trä­gers zur Man­gel­be­sei­ti­gung gering, wenn von den Erwer­bern kei­ne oder nur noch gerin­ge Zah­lun­gen zu erwar­ten sind.