Ansichziehung von Mängelansprüchen – Bleibt WEG prozessführungsbefugt?

BGH, Urteil vom 11.11.2022, Az: V ZR 213/21

Im Jahr 2014 und 2015 zieht die WEG Mängelansprüche wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum an sich (§ 10 Abs. 6 S. 2 Halbsatz 2 WEG a. F.). Ab 01.12.2020 regelt jedoch § 9a Abs. 2 WEG nur noch das, was früher als „geborene Ausübungsbefugnis“ bezeichnet wurde. Es stellt sich daher die Frage der „alten“ Beschlüsse der WEG und ferner die Frage, ob die WEG noch die umfassende Beschlusskompetenz zur Verfolgung von Mängelansprüchen gegen den Bauträger besitzt. Das OLG München hat das bejaht.

Der BGH bestätigt das!

Die Prozessführungsbefugnis folgt aus den Beschlüssen aus den Jahren 2014 und 2015. Diese Beschlussfassung war damals erforderlich, weil kein Fall der geborenen Ausübungsbefugnis vorliegt. Diese bezieht sich nur auf die Ansprüche auf Minderung und Schadensersatz. Nach altem Recht konnte die WEG auch die Ansprüche auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums durch Mehrheitsbeschluss an sich ziehen, insbesondere auch die Ansprüche auf Erfüllung und Nacherfüllung.

Durch den neuen § 9a Abs. 2 WEG wurde dieses Konzept aufgegeben. Der Unterschied zwischen geborener und gekorener Ausübungsbefugnis entfällt fortan. Indes führe diese Gesetzesänderung nicht zu einem Entfall der Prozessführungsbefugnis der WEG.

Die auf Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten Ansprüche der Erwerber fallen zwar nicht unter die Ausübungsbefugnis des § 9a Abs. 2 WEG. Allerdings kann die WEG nach wie vor gemäß §§ 18 Abs. 1, 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG durch Mehrheitsbeschluss die Durchsetzung an sich ziehen. Außerdem soll nach dem Willen des Gesetzgebers die bisherige Rechtsprechung zur Vergemeinschaftung von auf das Gemeinschaftseigentum bezogenen Erfüllungs- und Mängelansprüche beibehalten werden.