Auf Inge­nieur­ver­trä­ge kann Werk- oder Dienst­ver­trags­recht anwend­bar sein

Anmer­kung zu: OLG Jena, Urteil vom 07.05.2014, Az. 2 U 17/13 BGH, Beschluss vom 04.01.2017, Az. VII ZR 133/14 (Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de zurückgewiesen)

Ein Inge­nieur wird mit schrift­li­chen Ver­trag mit fol­gen­den For­mu­lie­run­gen von dem Bau­herrn beauftragt: 

„Kon­ti­nu­ier­li­che Kon­trol­le von Bau­leis­tun­gen auf Über­ein­stim­mung mit den vor­lie­gen­den Plä­nen, der aus­ge­schrie­be­nen Qua­li­tä­ten und den ver­ein­bar­ten Ter­mi­nen“… „Ter­min­kon­trol­le zusätz­lich zur Objekt­be­wa­chung“ und der „Kon­trol­le der Män­gel­be­sei­ti­gung (bei Erfordernis)“. 

Ergän­zend wird auf die Bestim­mun­gen der HOAI und die Vor­schrif­ten über den Werk­ver­trag ver­wie­sen. Der Bau­herr nimmt den Inge­nieur nach Fer­tig­stel­lung wegen behaup­te­ter Über­wa­chungs­feh­ler in Anspruch. Im Pro­zess ver­tritt der Inge­nieur die Auf­fas­sung, er hät­te nur eine dienst­ver­trag­li­che Ver­pflich­tung übernommen. 

Sämt­li­che Gerich­te tei­len die­se Auf­fas­sung nicht. Die Abgren­zung zwi­schen Dienst- und Werk­ver­trag hat nach dem ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Leis­tungs­bild zu erfolgen. 

Nach gefes­tig­ter Recht­spre­chung des BGH ist es für die Anwen­dung von Werk­ver­trags­recht nicht not­wen­dig, dass aus­schließ­lich erfolgs­ori­en­tier­te Pflich­ten über­nom­men wer­den. Es kann aus­rei­chen, wenn ein Bün­del von ver­schie­de­nen Auf­ga­ben über­nom­men wird und dies­be­züg­lich die erfolgs­ori­en­tier­ten Auf­ga­ben der­ma­ßen über­wie­gen, dass sie den Ver­trag prä­gen. Im Rah­men der Aus­le­gung sind sämt­li­che in die­sem Fall befass­ten Gerich­te zum Ent­schluss gekom­men, dass die ver­ein­bar­te Leis­tungs­pa­let­te so aus­ge­rich­tet war, dass das Bau­werk man­gel­frei erstellt wer­den soll. Daher war das Ver­trags­werk erfolgs­ori­en­tiert geprägt. Damit war Werk­ver­trags­recht anzuwenden. 

Hin­weis:

In der Pra­xis ist sel­ten von Dienst­ver­trags­recht aus­zu­ge­hen. Denk­bar ist dies allen­falls bei Beauf­tra­gung ein­zel­ner Grund- oder Beson­de­rer Leistungen. 

Ab dem 01.01.2018 dürf­te der dann neu gel­ten­de § 650 p Abs. 1 BGB maß­geb­lich sein. Der Gesetz­ge­ber hat dort ver­sucht, ver­trags­ty­pi­sche Pflich­ten für Archi­tek­ten oder Inge­nieu­re zu nor­mie­ren. Gegen­stand eines Archi­tek­ten- oder Inge­nieur­ver­tra­ges sind dem­nach Leis­tun­gen, die nach dem jewei­li­gen Stand der Pla­nung oder Aus­füh­rung des Bau­werks oder der Außen­an­la­ge erfor­der­lich sind, um die zwi­schen den Par­tei­en ver­ein­bar­ten Pla­nungs- und Über­wa­chungs­zie­le zu errei­chen. Sofern sol­che Pla­nungs- und Über­wa­chungs­zie­le noch nicht ver­ein­bart sind, ist eine Pla­nungs­grund­la­ge zur Ermitt­lung die­ser Zie­le zu erstel­len. Sind die tat­säch­lich getrof­fe­nen Ver­ein­ba­run­gen die­sen Vor­ga­ben unter­zu­ord­nen, dürf­te es sich dann um einen Archi­tek­ten- bzw. Inge­nieur­ver­trag nach der neu­en Rege­lung im BGB- Werks­ver­trags­recht handeln. 

Die dies­be­züg­li­che Ent­wick­lung in der Recht­spre­chung bleibt abzuwarten.