Auf­trag­ge­ber ruft Leis­tung nicht ab: Wann kann der Auf­trag­neh­mer kündigen?

Anmer­kung zu: OLG Frank­furt, Urteil vom 28.04.2017, Az: 29 U 166/16

Der Auf­trag­ge­ber (AG) beauf­tragt den Auf­trag­neh­mer (AN) mit der Aus­füh­rung von Flie­sen­ar­bei­ten auf der Grund­la­ge eines VOB/B‑Bauvertrages. Gemäß den Beson­de­ren Ver­trags­be­din­gun­gen (BVB) des AG ist die­ser zur Fest­le­gung des Aus­füh­rungs­be­gin­nes befugt. Der Ver­trag wur­de am 22.04.2013/29.04.2013 unter­zeich­net. Nach­dem der AG die Arbei­ten des AN nicht abge­ru­fen hat­te, kün­dig­te der AN den Bau­ver­trag am 05.08.2013. Dar­auf­hin for­der­te der AG den AN auf, bis 08.08.2013 zu erklä­ren, dass er den Ver­trag erfül­len wird. Der AN wies dies am 07.08.2013 zurück. Der AG kün­dig­te sei­ner­seits am 08.08.2013. Der AG ver­langt vom AN schließ­lich Vor­schuss für Fertigstellungsmehrkosten.

Mit Erfolg!

Die Kün­di­gung des AN war unwirk­sam und lös­te für den AG einen wich­ti­gen Kün­di­gungs­grund aus. Der AN hat­te vor Ablauf der 3‑Monatsfrist des § 6 Abs. 7 VOB/B gekün­digt. Der AG durf­te nach sei­nen BVB den Leis­tungs­be­ginn nach bil­li­gem Ermes­sen bestimmen.

Die Rege­lung in den BVB hat den AN auch nicht gemäß § 307 BGB unan­ge­mes­sen benach­tei­ligt. Im Ver­trag war als vor­aus­sicht­li­cher Zeit­punkt der Leis­tungs­auf-for­de­rung April/Mai 2013 genannt.

Auch unter Berück­sich­ti­gung des Auf­trags­vo­lu­mens (Errich­tung von drei Mehr­fa­mi­li­en­häu­sern) stand dem AN im vor­lie­gen­den Fall ein wei­te­rer Dis­po­si­ti­ons­zeit­raum von drei Mona­ten ab Ende Mai zum Leis­tungs­a­bruf zur Ver­fü­gung. Der AG befand sich mit­hin auch nicht in Ver­zug. Inso­fern greift auch die Rege­lung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B nicht. Da der AN sich am 07.08.2013 aus­drück­lich wei­ger­te, sei­ne Leis­tung zu erbrin­gen, war die Kün­di­gung des AG rechtmäßig.

Pro­ble­ma­tisch im vor­lie­gen­den Fall war die Ent­schei­dung des Beru­fungs­ge­rich­tes hin­sicht­lich des zuer­kann­ten Vor­schuss­an­spru­ches betref­fend die Fer­tig­stel­lungs-mehr­kos­ten. Zu einem der­ar­ti­gen Anspruch hat sich der BGH bis­lang nicht positioniert.

Hin­sicht­lich der Ver­wen­dung vor­for­mu­lier­ter Rege­lun­gen zur ein­sei­ti­gen Bestim-mung des Leis­tungs­be­ginns wird den­noch zur Vor­sicht gera­ten. Ent­schei­dend ist jeweils die kon­kre­te Aus­ge­stal­tung des Ein­zel­fal­les – gera­de auch im Hin­blick auf das Auftragsvolumen.