Ausschluss einer fiktiven oder konkludenten Abnahme durch Vereinbarung der förmlichen Abnahme

OLG München, Beschluss vom 25.09.2017, Az: 9 U 1847/17 Bau

Die Parteien sind durch VOB/B-Bauvertrag miteinander verbunden. Im Vertrag ist vereinbart, dass die Leistung des Auftragnehmers nach Fertigstellung förmlich abzunehmen und eine Abnahme durch Ingebrauchnahme ausgeschlossen ist. Der Auftragnehmer schickt nach Durchführung der Arbeiten dem Auftraggeber eine Fertigstellungsanzeige. Der Auftraggeber hält die Zahlung zurück, weil die vertraglich vereinbarte Dokumentation seitens des Auftragnehmers noch nicht vorgelegt worden ist. Der Auftraggeber hält daher die Leistung des Auftragnehmers nicht für abnahmereif und widerspricht. Der Auftragnehmer er-hebt Klage auf Zahlung von Werklohn. Das Landgericht weist die Klage mangels erfolgter Abnahme und nicht gegebener Abnahmereife als derzeit unbegründet ab. Der Auftragnehmer legt gegen das Urteil des Landgerichts Berufung ein.

Die Berufung des Auftragnehmers bleibt erfolglos. Die Forderung des Auftrag-nehmers ist nicht fällig. Auch das Berufungsgericht stellt fest, dass es sowohl an einer Abnahme, als auch an der Abnahmereife fehlt. Durch die Fertigstellungs-anzeige ist die Abnahme nicht eingetreten. Die Parteien haben eine förmliche Abnahme vereinbart, weshalb andere Formen der Abnahme ausgeschlossen sind. Wird die förmliche Abnahme vereinbart, ist die Abnahmeerklärung des Auftraggebers formbedürftig. Ferner sind auch die Abnahmevoraussetzungen nicht gegeben, weil der Auftragnehmer die vertraglich geschuldete Dokumen-tation noch nicht übergeben hat.

Hinweis:

Die Vereinbarung einer förmlichen Abnahme schließt die Möglichkeit einer schlüssigen Abnahme (beispielweise durch Ingebrauchnahme) nicht von vornherein aus. Die Parteien können nämlich auf eine vereinbarte förmliche Abnahme einvernehmlich auch verzichten. Ein solcher Verzicht ist beispielsweise dann anzunehmen, wenn der Auftragnehmer die Schlussrechnung stellt und der Auftraggeber die fertiggestellte Bauleistung in Benutzung nimmt, ohne dass eine der Parteien deutlich macht, dass noch auf die vereinbarte förmliche Abnahme zurückzukommen ist. Unerheblich ist hierbei, ob sich die Parteien der Tatsache bewusst waren, dass eine förmliche Abnahme vertraglich vereinbart ist oder ob dies lediglich vergessen worden ist. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Berechtigung der Abnahme wegen einer fehlenden Dokumentation zu verweigern nicht abstrakt zu beantworten, sondern anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen ist. Im Rahmen der Abnahmeerklärung ist weiter von Bedeutung, dass es sich bei der Abnahme um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Auftraggebers handelt. Die Leistung ist auch dann abgenommen, wenn nur der Auftraggeber das Abnahmeprotokoll unterschreibt und der Auftragnehmer seine Unterschrift verweigert.