Der Architekt ist nicht der Vertreter des Bauherrn!

Anmerkung zu: OLG Brandenburg, Urteil vom 08.12.2016, Az. 12 U 192/15

Der mit der Ausführung von Rohbauarbeiten beauftragte AN verlangt eine zusätzliche Vergütung für vom Architekten zusätzlich in Auftrag gegebene Direkt- und Notüberläufe.

Voraussetzung für einen Mehrvergütungsanspruch nach § 2 Abs. 5 oder Abs. 6 VOB/B wäre, dass die geänderte oder zusätzliche Leistung auf eine Anordnung des AG zurückzuführen ist. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Insbesondere ist der Architekt nicht bereits aufgrund seiner Beauftragung dazu bevollmächtigt, den AG beim Abschuss von Verträgen zu vertreten oder rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben, die dem AG eine Verpflichtung auferlegen. Da vorliegend im Vertrag die Vollmacht des Architekten für jedwede Erteilung von Zusatzaufträgen ausdrücklich ausgeschlossen war, stellt sich auch die Frage nicht, inwieweit der Architekt möglicherweise bevollmächtigt war, geringfügige Zusatzaufträge zu erteilen. Aus diesem Grund kommt auch keine Anscheins- oder Duldungsvollmacht in Betracht, da dem AN aufgrund der vertraglichen Regelungen bekannt war, dass der Architekt keine Vollmacht zur Vergabe von Nachtragsaufträgen hatte.

Infrage kommt allerdings, dass der AN einen Anspruch nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag hat (§ 2 Abs. 8 VOB/B bzw. §§ 677 ff. BGB).

Hinweis:

Viele Auftragnehmer sind nach wie vor der Meinung, dass der Architekt Vertreter des Bauherrn ist und deshalb geänderte und zusätzliche Leistungen in Auftrag geben kann, die der AG dann zusätzlich zu bezahlen hat.

Diese Vorstellung ist falsch.

Die Architektenvollmacht endet grundsätzlich dort, wo der Geldbeutel des AG anfängt. Der Architekt darf also keine Zusatzaufträge erteilen, Anordnungen treffen oder den Bauentwurf ändern, wenn die Folge davon eine Erhöhung der Zahlungsverpflichtung des Bauherrn ist.

Ein Vertreter ohne Vertretungsmacht (in diesem Fall der Architekt) würde dem AN normalerweise haften, wenn der Vertretene (AG) die Genehmigung der Nachtragsbeauftragung verweigert. Dieser allgemeine Rechtsgrundsatz gilt in der Baubranche aber nicht, denn es wird davon ausgegangen, dass einem Bauunternehmen bekannt sein muss, dass ein Architekt ohne ausdrückliche Vollmacht nicht dazu befugt ist, Änderungsaufträge zu vergeben, die zu einer Kostensteigerung führen. Die Inanspruchnahme des Architekten auf Schadensersatz ist in solchen Fällen also auch nicht möglich.