Kein Schadensersatz trotz Verstoß gegen DIN-Normen?

Anmerkung zu: OLG Dresden, Urteil vom 02.02.2016, Az.: 6 O 1271/15

Der AG beauftragt den AN unter Einbeziehung der VOB/ mit der Lieferung und dem Einbau von zwei Schließanlagen (Insassen- und Technikschließanlage) in eine JVA. Nach Einbau und Abnahme gelang es Gefangenen, die Schließzylinder mit Manipulationswerkzeugen (Kugelschreiberbügeln) zu öffnen. Der AG forderte den AN erfolglos zur Mangelbeseitigung auf und ließ die Schließanlage schließlich im Wege der Ersatzvornahme austauschen. Er verlangt nun die Kosten der Ersatzvornahme.

Ohne Erfolg!

Der Sachverständige hat zwar festgestellt, dass beiden Schließanlagen die nach DIN 18252 notwendige Parazentrizität fehle. Die Ersatzansprüche scheitern aber daran, dass dieser Mangel nicht ursächlich für die Manipulationsmöglichkeiten sei. Eine Manipulation z.B. durch Kugelschreiberbügel sei – so der Sachverständige – auch bei Vorhandensein der Parazentrizität nicht zu verhindern. Ein Mangel der Schließanlage liege also nicht darin, dass diese bezogen auf die notwendige Funktionalität nicht geeignet sei. Der AN habe auch unter Berücksichtigung des Einsatzortes ohne besondere Vereinbarung keine Schließanlage mit besonderen sicherheitsrelevanten Funktionen anbieten müssen. Außerdem habe der AG darauf hingewiesen, dass ein „Bohr- und Zehschutz“ nicht gefordert wäre, sodass der AN nicht mit besonderen Vorkehrungen gegen Manipulation rechnen musste.

Hinweis:

Die Argumentation des OLG Dresden zweifelhaft. Es stellen sich folgende Fragen:

1. Wieso ist bei Einsatz in einer JVA nicht grundsätzlich immer ein besonderer Schutz vor Manipulationen durch Gefangene erforderlich?
2. Ein Verstoß gegen die Bedenkenhinweispflicht begründet nicht die Haftung des AN. Haftungsgrund ist alleine der Mangel. Das Erfüllen der Bedenkenhinweispflicht lässt die Haftung entfallen.