Unberechtigte Einstellung der Arbeiten – keine Kündigung ohne Fristsetzung!

Anmerkung zu: OLG Koblenz, Urteil vom 04.02.2014, 3 U 819/13

Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) mit Elektroinstal-lationsarbeiten. Die VOB/B ist in das Vertragsverhältnis nicht einbezogen. Der AN verlangt mehrere Abschlagszahlungen, die der AG nur anteilig unter Verweis auf verschiedene Mängel begleicht. Nach vorausgegangener schriftlicher Mahnung verweigert der AN telefonisch die weitere Ausführung der Arbeiten bis zur vollständigen Bezahlung. Daraufhin kündigt der AG den Vertrag außerordentlich.

Das OLG meint hierzu, dass die außerordentliche Kündigung unzulässig ist und als ordentliche freie Kündigung eingeordnet werden muss. Es lag zwar ein wichtiger Grund vor, weil die Arbeitseinstellung unberechtigt war. Selbst wenn die Mängel nicht vorlagen, hatte der AN nicht dargelegt, dass die Abschlagsrechnungen in sich abgeschlossene Teile des Werkes (§ 632a BGB in der bis zum 01.01.2009 anwendbaren Fassung) betrafen und insofern ein Wertzuwachs eingetreten sei.

Damit lag mangels fertiger Werkleistungen ein Zahlungsverzug nicht vor, so dass die Leistungsverweigerung unberechtigt war. Dies würde jedoch eine sofortige fristlose Kündigung nicht rechtfertigen. Gestützt auf die entsprechende Anwen-dung von § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB ist das OLG der Auffassung, der AG hätte zu-nächst Frist zur Wiederaufnahme der Arbeiten setzen müssen. Diese Fristsetzung sei auch nicht entbehrlich gewesen, da der AN „offensichtlich“ von der Anwendbarkeit der VOB/B ausgegangen sei, bei der Abschlagsrechnungen auch für nicht in sich abgeschlossene Teile der Werkleistung verlangt werden dürfen. Der AG hätte daher dem AN Gelegenheit geben müssen, sich rechtlich beraten zu lassen und die Folgen seiner Weigerung zu überdenken.

Hinweis:
Die Berechtigung zu einer außerordentlichen Kündigung richtet sich beim BGB-Werkvertrag nach der Schwere der Pflichtverletzung und den Umständen des Einzelfalls. Grundsätzlich ist mangels einer gesetzlichen Regelung eine Abmahnung oder Nachfristsetzung nicht erforderlich. Bei Bauverträgen wird häufig § 314 BGB (Dauerschuldverhältnis) entsprechend angewendet, was durchaus zweifelhaft ist. Auch die Hilfserwägungen des OLG vermögen nicht zu überzeugen. Der AN hätte vor Arbeitseinstellung deren Berechtigung prüfen und sich beraten lassen können. Der AG sollte stets den sichersten Weg gehen und dem AN bei Arbeitseinstellung ohne Kündigungsandrohung eine angemessene Kündigungs- bzw. Wiederauf-nahmefrist setzen.